Künstliche Intelligenz, im Englischen „Artificial Intelligence“ oder genauer auch „Machine Learning“, ist momentan in aller Munde und hat offensichtlich auch die Fahrradbranche erreicht – zumindest hat Shimano in den USA ein Patent erteilt bekommen, in dem die Nutzung der Technologie für Radsportler*innen beschrieben wird. Wir haben die Offenlegungsschrift studiert.
Künstliche Intelligenz
Ganz allgemein beschreibt der Begriff technische Systeme, die intelligentes Verhalten oder eben maschinelles Lernen beherrschen. Heißt im Klartext: Ein Stück Software, welches durch sogenanntes Training einen Sachverhalt immer besser „versteht“ und daraus Erkenntnis gewinnt. Da Software im Allgemeinen nicht patentierbar ist, werden häufig die Anwendungen der Technologie geschützt – so jetzt auch im Fall von Shimano.
Die Anwendung von Shimano
Wie nutzt man am Fahrrad solche lernfähigen Systeme? Die Anwendung, die Shimano beschreibt, dient der Verschleißprädiktion. So soll es dem System gelingen, basierend auf Prädiktoren beispielsweise den Verschleiß der Bremsbeläge vorherzusagen – und zwar ohne eine direkte Messung. Vereinfacht gesagt kann man sich vorstellen, dass man nach Eingabe vieler Tausend Daten – beispielsweise Fahrergewichten, Verzögerungen, Streckenprofilen, Witterungsbedingungen und ähnlichem, was sich aus einem GPS, Beschleunigungssensor oder dergleichen gewinnen lässt – ein Muster ergibt: Wann müssen Bremsbeläge getauscht werden? Diese Information könnte dann – erneut basierend auf Sensordaten – an den Nutzer/die Nutzerin ausgespielt werden. Und zwar, ohne dass der konkrete Messwert (etwa die Bremsbelagsdicke) direkt gemessen werden muss.
Der Vorteil solcher Systeme: Einmal trainiert, können die Zusammenhänge ohne große Rechenoperationen bestimmt werden – in einigen Anwendungen sind die Ergebnisse dennoch von hoher Genauigkeit. Kunden könnte in Zukunft damit ein neuer Service geboten werden: Wann muss das Rad in die Werkstatt? Neben der Bremse sind zahlreiche Szenarios denkbar: Wann lohnt es sich, die Kette zu wechseln? Braucht die Gabel einen Service? Neben weniger versierten Radlern könnte die Technik für die Betreiber von Fahrrad-Flotten sehr attraktiv sein, damit beispielsweise Leihräder immer top in Schuss sind. Um mit dem Patent möglichst viel abzudecken, nennt Shimano konkret das gesamte Bremssystem, den Antrieb, das Fahrwerk, Beleuchtung, generell alle E-Bike-Komponenten und ungefähr alles, was sich an einem Fahrrad finden lässt.
Was bedeutet das für den Kunden, außer dass er möglicherweise in Zukunft überraschend darüber informiert wird, seine Bremsbeläge seien verschlissen, bevor er etwas davon merkt? Möglicherweise wartet hier ein weiteres Argument der Hersteller, ein Gesamtpaket zu verkaufen – also Federung, Antrieb, Bremsen und so weiter aus einer Hand. Weil nur dann alles wie vorgesehen funktioniert. Ob wir davon profitieren und das wollen? Warten wir ab, wie groß der Kundennutzen tatsächlich ist.
Stellt die Bestimmung des Wartungsbedarfs für euch eine Herausforderung dar? Und würdet ihr euch von einer App vorschreiben lassen, wann der nächste Service fällig ist?
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