MTB-News.de: Hallo Steve! Vielleicht starten wir einfach damit, wie die Weltmeisterschaft in Val di Sole für dich lief?
Das WM-Wochenende lief wirklich gut, wir hatten zwei Fahrer in den Top 10 und einer davon auf dem obersten Treppchen, das hat es ein ganzes Stück besser gemacht!
Hast du mit diesem Ergebnis gerechnet?
Ja, wir erwarten immer, dass wir gewinnen! Aber zurzeit ist es schwer, du weißt nie, welche Fahrer durchkommen, welche wirklich ans Limit gehen und sich den Sieg schnappen. Ich wusste, dass Greg sich vor Val di Sole wohlgefühlt hat. Wir waren dort ein paar Wochen zuvor zum Testen und er sah auf der Strecke wirklich gut aus, also … die Daumen wurden gedrückt!

Es muss für ihn in diesem Alter wirklich besonders gewesen sein?
Ja, es war ein massiver Sieg – 39 Jahre alt, das ist wahnsinnig, eine Weltmeisterschaft in diesem Alter zu gewinnen. Die restlichen Jungs im Fahrerfeld heutzutage sind viel jünger und angstfrei. Und das Training ist vielleicht einfacher, der Körper erholt sich schneller und all dieses Zeug. Also Greg ist da einfach unglaublich, ein unglaublicher Athlet.
Du hast dir gegen Ende deiner Karriere selbst einen sehr besonderen Weltmeistertitel erkämpft. Was waren die Unterschiede, es als Team-Mitarbeiter zu erleben oder selbst zu siegen?
Es war unfassbar! Ich meine, ich war 35 Jahre alt, als ich meinen Titel gewonnen habe und ich bin bei 17 Weltmeisterschaften gewesen. Also offensichtlich ist meiner eine ganz andere Story als Gregs – er hat schon drei Weltmeisterschaften gewonnen, das war seine vierte. Trotzdem war es eine unglaubliche Leistung. Ich glaube, er ist ein bisschen über seinem Limit gefahren, er hat ein paar Lines genommen, die wir nie trainiert haben und er war an ein paar Stellen sogar komplett abseits jeder Linie. Aber er hat hart bis ins Ziel gepusht. Es war beeindruckend, es zu sehen!

Bleiben wir mal bei der Linienwahl: Was ist deine Aufgabe im Santa Cruz Syndicate? Verbringst du viel Zeit damit, für die Fahrer Linien zu suchen?
Ja, auf jeden Fall, ich bin bei einem World Cup den ganzen Tag auf dem Berg: Linien auschecken, den Jungs Feedback geben, über den Funk fragen, ob sie wollen, dass ich eine Sektion auschecke, ob sich was geändert hat, ein Stein sich bewegt hat oder so etwas in der Art. Ich bin auf dem Berg und helfe den Jungs, wo ich kann und liefer ihnen gute Lines!

Wie sieht ein typischer Tag auf einem World Cup für dich aus?
Ich erledige morgens ein paar E-Mails, komme in die Pits, helfe, die aufzubauen oder abzubauen und bin auf dem Berg. Obendrauf helfe ich etwas dabei, das Team zu managen. Kathy ist Team-Managerin, ich bin Head-Coach. Ich bin eigentlich in alles involviert, was mit dem Syndicate zu tun hat.
Hattest du als aktiver Fahrer einen Line-Coach?
Nein, wir hatten keinen Line-Guy, als ich gefahren bin. Wir hatten nicht wirklich so ein großes Team um uns herum, wo man sich auf die verschiedenen Dinge fokussiert hat. Einen Trainer beim Rennen dabei haben, all das Zeug, Line-Coach, wir hatten nichts davon. Jetzt scheint es so, dass jedes Team das hat. Und es ist die Zukunft, der Sport ist heutzutage so professionell, alle machen, was immer möglich ist. Wir brauchen diese Details!

Also glaubst du, es ist heutzutage unbedingt nötig, jemanden wie dich, der viel Erfahrung mit Linienwahl hat, vor Ort zu haben?
Ich glaube, es ist nötig, ja! Die Jungs müssen Vertrauen haben und voll auf ihren Run fokussiert sein, wenn sie im Starthaus sind. Und wenn sie die richtige Linie gewählt haben, ist das etwas, das sie abhaken können und wissen, dass sie das ganze Wochenende auf der besten und schnellsten Linie sind!
Du hast die letzten 30 Jahre auf oder neben einer Rennstrecke verbracht. Was hat sich geändert?
Alles ist auf alle Fälle wesentlich schneller geworden, denke ich! Das wurde von Red Bull, dem Fernsehen und der UCI gepusht, die wollen engere Zeiten und so weiter. Ich finde, die Rennen sehen heutzutage im Fernsehen super aus. Viele Fans kommen zur Strecke und schauen zu, weil es so gut aussieht.

Persönlich würde ich es bevorzugen, wenn die Strecken in ein paar Stellen etwas langsamer und technischer wären, damit die Fahrer tatsächlich mal die Bremse benutzen und ein paar Offcamber-Wurzeln und Felsen fahren müssen. Denn ich denke, das ist alles Teil des Mountainbikens.
Ist es durch die Geschwindigkeit auch gefährlicher geworden?
Ich meine – wir sind immer so schnell wir konnten den Berg runtergefahren. Ich denke, die Bikes erlauben es den Jungs, jetzt schneller zu fahren, dazu das Gelände und sie sind bessere Athleten und schneller, also … schwierig. Es gab viele Verletzungen zu meiner Zeit und das Equipment ist wahrscheinlich ein wenig besser heutzutage, also ist es vermutlich ähnlich. Ich denke, es ist nicht gefährlicher, die Strecken sind einfach etwas schneller.

Meinst du, Bikes würden anders aussehen, wenn alle Strecken aussehen würden wie Val di Sole? Sind sie für Bikepark-Strecken optimiert?
Ja, ich denke, Bikes sind aktuell dafür eingestellt, etwas schneller in Anliegern und schnellen Sektionen zu sein. Aber Val di Sole wurde über die Jahre stark begradigt: Es ist eine wirklich schnelle und ruppige Strecke. Die Bikes sind dafür eingestellt und funktionieren in den meisten Situationen auf der Strecke.
Welches Equipment nimmst du auf die Strecke mit?
Ich filme einfach Videos mit meinem Smartphone und rede mit den Jungs nach jedem Run über Funk, um zu checken, ob sie etwas von mir brauchen.

Greg hat mit fast 40 die WM gewonnen – glaubst du, du wärst im World Cup noch konkurrenzfähig?
Na ja, ich bin ja sieben Jahre älter als er, also … ich weiß es nicht. Ich habe tatsächlich dieses Jahr darüber nachgedacht, ob ich mich einfach so für einen World Cup qualifizieren könnte und ich weiß es nicht. Es ist so schnell und die Zeiten sind so eng, ich müsste hart trainieren!
Wir haben alle die Videos mit dir und Luca oder Loris gesehen und wir wart super schnell …
Ja, ich kann in kurzen Sektionen noch schnell fahren, aber wenn ich einen kompletten Run machen muss, werde ich gegen Ende müde, da fehlt heutzutage einfach das Training. Die Jungs sind trainiert, um Vollgas-Runs hinzulegen, also müsste ich daran etwas arbeiten.

Fährst du noch viel Downhill? Auf welchem Rad verbringst du heutzutage die meiste Zeit?
An der Strecke bin ich immer mit meinem E-Bike unterwegs. Ich fahre die Strecke hoch und runter und treffe die Fahrer in unterschiedlichen Sektionen. Dafür ist das E-Bike tatsächlich perfekt. Ich fahre mein V10 noch ab und an, wenn ich in Großbritannien Bikeparks besuche oder irgendwo eine gute Strecke finde. Ich liebe es immer noch, mein Downhill-Bike zu fahren, aber ich komme nicht genug dazu.
Klingt als wärst du häufig auf dem E-Bike unterwegs – was denkst du darüber?
E-Bikes sind super, ich mag mein E-Bike. Ich glaube, es hilft mir, mehr Trails zu entdecken, mehr Orte und mehr spaßige Runden einzubauen! Mein Santa Cruz Bullit fühlt sich auch in den Downhills super an, es hat ein top Fahrwerk, ausreichend Federweg, deshalb fühlt es sich echt gut an und ist spaßig zu fahren.

Fährst du damit auch zu Hause?
Ja, mach ich. Ich lebe in Sheffield und mein lokaler Wald, Wharncliff, ist relativ steil. Es sind technische Strecken – die ganzen Downhill-Strecken und so sind richtig gut, aber es sind steile, kleine Uphills. Deshalb kann man mit dem E-Bike mehr Runs mit dem steilen, technischen, spaßigen Kram machen. Und das Raufklettern auf diesen Tech-Strecken ist für mich, mit meinem Trials-Hintergrund, mit einem E-Bike super spaßig, ich mag das!
Vielen Dank für das Interview!
Was hältst du von Peatys neuer Rolle – und hättest du ihn gerne als Line-Coach dabei?
23 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumIch denke hier hat eine Mehrheit klargemacht dass sie das abgedroschene E-Bike Pushen der Industrie in diesem Fahrradforum nicht haben möchte. Trotzdem wird bei jeder Gelegenheit das Thema wieder gebracht. OK, hier ist es in einem Interview mit Peaty, also nicht ganz so schlimm. Und glaub mir, wenn Peaty nicht das E-Bike seines Brötchengebers pushen müsste und es erlaubt wäre, dann wäre er ziemlich sicher mit einem Trialmotorrad an der Strecke unterwegs. Was gäbe das ein Geheule wegen Umweltschutz wenn dies dann so ausführlich im Interview zur Sprache kommen würde.
Aber mit dem Trialmotorad gebe ich dir Recht, würde mich nicht überraschen und irgendwie passen
Nice m🧔♂️ustache
Schönes Interview, danke! Interessante Einblicke in was er da jetzt hauptberuflich tut. Eigentlich verrückt das es nicht schon eher solche Linecoaches gab.

Und zum Thema Ebike.. ich versteh seine Einstellung. Er hat halt Bock auf Downhillfahren...
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