Enduro-Rennen erleben einen gewaltigen Aufschwung. Kein Wunder also, dass immer mehr Deutsche den weiten Weg auf sich nehmen, um mit der Crème de la Crème des internationalen Enduro-Sports die wohl höchstdotierte Enduro-Rennserie zu bestreiten, die es momentan gibt – die Superenduro Serie in Italien. Während sich die DH-Elite am vergangenen Wochenende in Fort William einregnen ließ, trafen sich die Enduro-Spezialisten bei nicht besserem Wetter in Pogno/Piemont. Was das Rennen zu bieten hatte und wer die Entscheidung letzten Endes für sich gewinnen konnte, erzählen euch die beiden deutschen Enduro-Fachmänner Max Schumann und Tobi Woggon.

 

Superenduro Pogno – Erfahrungsbericht von Max Schumann feat. Tobias Woggon.

Wie fast Gesamt-Europa blieb auch das schöne Piemont in Norditalien am letzten Wochenende nicht vom schlechten Wetter verschont. Auf matschigen Strecken sicherte sich der französische Altmeister Nicolas Vouilloz den Sieg beim Superenduro PRO in Pogno, vor den Italienern Davide Sottocornola und Alex Lupato. Im Rahmen des Superenduro PRO Laufs in Pogono wurde gleichzeitig die Italienische Meisterschaft im Enduro ausgetragen. Wir deutschen Startern, Tobias Woggon, Julia Hofmann, Markus Reiser und Max Schumann spielten höchstens eine Nebenrolle. Platzierungen um Mitte 20 zeugen vom hohen fahrerischen Niveau der italienischen Enduro-Serie und davon, dass wieder einmal nicht alles optimal rund lief.


Team Deutschland – Tobi Woggon, Julia Hofmann und Max Schumann

Superenduro – Enduro auf italienisch

Superenduro steht für eine sehr gute Renn-Organisation und frühzeitige Markierungen auf den Strecken. Hinter jedem Superenduro-Event steht ein großes und motiviertes Team aus Angestellten und vor allem freiwilligen Locals, die die Strecken sichern, die Rennteilnehmer leiten, den Verkehr regeln und sich um das leibliche Wohl aller Beteiligten kümmern.

Alle sind mit Leidenschaft dabei. Vor allem Chef-Organisator und Kopf der Serie Enrico Guala ist mit vollem Einsatz, Herz und Seele am Werk. Er lebt den Enduro-Gedanken und ist absolut überzeugt von dem Renn-Format, das jedermann die Möglichkeit gibt unter fairen Bedingungen gegen die besten Enduro-Biker der Welt anzutreten. Pausenlos organisiert und moderiert er die ganze Veranstaltung. Er hat allzeit das Mikrofon in der Hand und einen flotten Spruch auf den Lippen. Enrico ist im engen Kontakt zur UCI. Die Planung für den nächstjährig geplanten World Cup laufen auf Hochtouren. Das Superenduro-Format ist dabei wohl sehr nah am künftigen World Cup-Format. Die Organisation – meiner Meinung nach auch jetzt schon Worldcup würdig. Die offiziellen Filmer und Fotografen sind außerdem allzeit unterwegs, um Stimmung, Action und Emotionen des Rennwochenendes einzufangen.

Wichtig für internationale Starter ist übrigens: Zum Start ist seit diesem Jahr eine offizielle UCI-Lizenz notwendig. Alternativ kann eine Tageslizenz gelöst werden, die allerdings nur bei Vorlage eines Zertifikats eines italienischen Sportmediziners ausgehändigt wird. Dieser Punkt hat uns am Samstag Nachmittag unmittelbar vor Rennbeginn wertvolle Stunden Rennvorbereitung und fast den letzten Nerv gekostet.


Im Interesse der Öffentlichkeit – die italienische Superenduro-Serie genießt hohes Ansehen

Sintflutartige Regenfälle prägen das Training und den Prolog am Samstag

Im Rahmen des Superenduro PRO Laufs in Pogono wurde außerdem die Italienische Meisterschaft im Enduro ausgetragen. Die Motivation der italienischen Fahrer war entsprechend hoch. Über 400 Fahrer fanden sich trotz der widrigen Witterungsbedingungen im verschlafenen Örtchen im Piemont ein. Außerdem waren einige namhafte internationale Fahrer wie Karim Amour (Kona, Fra), Alex Stock (Kona, UK), Lukas Anrig (Drift Racing und Nico Vouilloz (Lapierre) am Start.

Grundsätzlich bieten die unscheinbaren Hügel rund um Pogno ideale Bedingungen für ein großartiges Bikevergnügen. Eine motivierte Gruppe von Locals hat hier im Laufe der letzten Jahre eine große Anzahl flowiger Trails in den lehmig-sandigen Boden gegraben. Abwechslungsreiche Anlieger-Achterbahnen winden sich durch die Wälder, die allen Fahrern ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern.

Bereits während des Trainings am Freitag ließen allerdings starke Schauer die Strecken zunehmend an Griffigkeit verlieren. Die feuchter werdenden Bedingungen forderten vollen Körpereinsatz der Piloten.


rutschig, rutschiger, Pogno – Julia muss sich unbeabsichtigt von ihrem Bike trennen

Prolog

Im Training schon nass und rutschig, aber in gewisser Weise noch gut kontrollierbar, entwickelt sich die Strecke des Prologs, der als erste Wertungsprüfung am Samstag Nachmittag ausgetragen wurde, aufgrund immer heftiger werdender Regenfälle in eine gefährliche Rutschbahn. Der schmierige Untergrund bot kaum noch Halt. Einzig tiefe Anlieger und noch tiefere Spurrillen leiteten die Spur. Das Rennen wurde zur heiteren Rutschpartie. Ich verfluchte in dem Moment meine Reifen- und Pedalwahl. Spikereifen und Flatpedale hätten in diesem Chaos deutlich mehr Sicherheit gebracht.

Julia verpasste durch den, aufgrund der fehlenden Lizenz notwendigen Arztbesuchs leider unverschuldet ihren Start. Sie durfte nach dem letzten Mann auf die Strecke gehen. Musste aber neben den ohnehin schon widrigen Bedingungen noch Slalom um die Zuschauer fahren, die in der Annahme das Rennen sein vorbei, über die Strecke spazierten.

Am Ende entschied der spätere Sieger Nicolas Vouilloz den Prolog nach gut 6 Minuten Fahrzeit für sich – auf Trockenreifen. Der Mann erscheint nach wie vor außerirdisch.


Meister alle Klasse – Nico Vouilloz

Sonntag

Über Nacht dauerte das Gewitter an. Der Regen prasselte durchgehend auf das Dach von Tobis Lieferwagen, der an diesem Wochenende einmal wieder unser Heim bildete. Brutale Donnerschläge ließen uns immer wieder aufschrecken. Es graute uns schon vor weiteren Rutschpartien. Am nächsten Morgen zeigte sich das Wetter dann aber erstaunlich freundlich. Es war wieder einigermaßen trocken geworden. Dennoch wurde die zweite Prüfung abgesagt. Sie verlief zu großen Teilen identisch mit der Strecke des Prologs. In dem brutal ausgefahrenen Zustand wäre sie laut Veranstalter zu gefährlich gewesen.

Vorerst waren wir ein wenig erleichtert, erwartete uns nun doch weniger Arbeit und Mühe. Die schwierig-schmierige Abfahrt vom Vortag steckte uns noch in den Knochen und in den Bikes, die vor dem Start noch erweiterter Pflegemaßnahmen bedurften. Der Start erfolgte eine halbe Stunde verspätet. Chef-Organisator und Moderator Enrico hatte seine Stimme gut geölt und begrüßte fast jeden einzelnen Starter, den er auf die Strecke schickte, persönlich mit einem kleinen Interview. Als wir ca. 4 Stunden später wieder am Ausgangspunkt ankamen, schickte er gerade die letzten Starter los und moderierte weiter heiter vor sich hin.


ab durch die Mitte

Prüfung 3

Aufgrund der Verkürzung ging es anschließend also direkt zum Start der 3. Wertungsprüfung. Wir pedalierten gemütlich los. Die Zeitvorgabe reichte entspannt aus. Als wir am Start der ersten Prüfung ankamen, starteten gerade die ersten Fahrer in die Etappe. Wir hatten also ausreichend Zeit, noch einen Riegel zu essen, etwas zu trinken und uns noch ein bisschen warm zu halten.

Die Top-Fahrer starteten im Minuten-Abstand. Ab Startnummer 20 wurde im 30-Sekunden-Takt gestartet.

Es ging auf die Strecke. Aufgrund des sandigen Untergrunds und der steilen Hanglage konnten die Wassermassen gut abfließen. Die Bedingungen stellten sich als deutlich besser heraus als erwartet. Der Boden war überraschend griffig. Dennoch steckte die lange Prüfung voller gemeiner Überraschungen. Viele unübersichtliche Kurven und Kuppen, viele Wurzeln, Sprünge und Stufen forderten uns heraus. Tobi parkte einmal ungeschickt in einer Astgabel, ich rutschte in falscher Richtung vom Trail und so verloren wir wertvolle Sekunden. Den Rest der Etappe rollten wir beide mit Halbgas hinab, um weitere Gefahrensituation zu vermeiden. Lokalmatador Davide Sottocornola entschied die Etappe für sich und baute damit den entscheidenden Vorsprung im Kampf und den italienischen Meistertitel auf Alex Lupato aus.


Max kämpft mit den widrigen Bedingungen 

Nach der Etappe wartete eine erste Verpflegungsstation mit Obst, Kuchen und Wasser auf die Teilnehmer. Ums leibliche Wohl musste man sich während des Rennens keine Sorgen machen. Nach einer kurzen Stärkung ging es wieder den Berg hinauf. Gemütliche 500 Höhenmeter wollten hochpedaliert werden – über stetig schmaler werdende Straßen zum Start der 4. Wertungsprüfung. Diese lag am gleichen Hang wie der Prolog und die gecancelte 2. Prüfung, führte allerdings zum großen Teil entlang anderer Trails, die noch nicht so gefährlich ausgefahren waren. Auch hier stellten wir fest, dass die Strecke zwar weiterhin feucht und matschig war, aber lange nicht mehr in einem so spektakulär rutschigen Zustand wie am Vortag. Nachdem der obere, offenere Teil absolviert wurde, bei dem man doch auch heute noch das eine oder andere Mal den Fuß vom Pedal nehmen musste, schwang sich der Trail im dichten Wald wieder wunderschön flowig Richtung Ziel. Es ging über Kuppen, durch Steilabfahrten und enge Anlieger. In diesem Moment bedauerte ich es fast, dass das Rennen verkürzt werden musste. Langsam aber sicher fand ich so richtig Freude an der Strecke und der Spaß an der Sache kehrte zurück.

In dem offenen Serpentinen-Stück kurz vor dem Ziel standen dann die meisten Zuschauer und machten Lärm. Vor allem ihre lokalen Helden Davide Sottocornola und Mariann Uttini wurden lautstark mit Gashupen und Kettensägen angefeuert. Beiden gelang es, sich den italienischen Meistertitel auf der Heimstrecke zu sichern. Gegen Mittag erreichten wir wieder den Start- und Zielbereich, als die letzten Starter gerade erst auf die Strecke geschickt wurden. Wir machten uns über die als Mittagessen gebotene Pasta her und kümmerten uns anschließend um die dringend notwendige Pflege der Bikes.


Max Schumann kennt keinen Schmerz

Das Wochenende im teilweise nabentiefen Matsch hatte doch gröbere Spuren bei Material hinterlassen als gedacht. Und auch wenn es aus sportlicher Sicht nicht ganz ideal lief, am Ende waren wir mit unserer Platzierung nicht wirklich zufrieden, verließen wir Pogno doch mit einem sehr guten Gefühl.

SUPERENDURO ist eine hervorragend organisierte Spaßveranstaltung, die auch in sportlicher Hinsicht absolut zu überzeugen weiß. Von Profi bis Hobby-Endurist kommt hier jeder bergaborientierte Biker voll auf seine Kosten.

Wir freuen uns auf weitere Veranstaltungen. Eventuell beim nächsten PRO Rennen am 15. Juli in Madesimo, sicher aber beim Saisonabschluss in Finale Ligure werden wir wieder am Start stehen.

Viele Grüße, happy Trails!

Das Rennwochenende in Pogno in Bildern: 

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#3

Tobi Woggon
#Tobi Woggon

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# Max Schumann

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# Schlammschlacht

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Julia Hofmann
# Julia Hofmann

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# Pogno

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#Zwischenetappe

Das Rennen aus der Sicht von Fotograf Matt Wragg:

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Weitere Infos zur Superenduro-Serie findet ihr hier – bitte hier klicken! Die Ergebnisse des Rennens in Pogno gibt es unter diesem Link: Ergebnisse – bitte hier klicken!

Pogno PS4 Onboard with Manuel Ducci from Superenduro TV on Vimeo.

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Quelle: Text – Max Schumann & Tobi Woggon / Bilder: Superenduro Veranstalter & Matt Wragg

  1. benutzerbild

    LB Jörg

    dabei seit 12/2002

    Da taugt sowas ganz gut. Schränkt nur ein wenns richtig heiß wird, wegen der einen Schicht mehr. Hab ich im Winter immer drunter wenn viel Eis auf Tour unter die Stollen kommt oder auf harten Skipisten.
    Ansonsten geb ich dir recht...aber die Bedingungen waren doch so das ein Ausrutscher schon sehr wahrscheinlich warsmilie

    [Bild]

    G.smilie

  2. benutzerbild

    Makke

    dabei seit 08/2002

    @massiv_impact .... das ist was drann, ich habe mit den Ellbogenschonern auch meine Probleme, entweder sie klemmen und drücken oder man hat sie nach 5 min am Handgelenk.

  3. benutzerbild

    veganpunk

    dabei seit 05/2009

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    Ansonsten geb ich dir recht...aber die Bedingungen waren doch so das ein Ausrutscher schon sehr wahrscheinlich warsmilie

    smiliesmiliesmiliesmilie
  4. benutzerbild

    jan84

    dabei seit 08/2005

    Ich find, dass Ellebogenprotektoren einzeln und kombinierte Knie-/Schienbeinschoner beim Schnellfahren (Rennen) einfach nerven. Gerade wenns ums Sprinten, oder sehr winklige Strecken geht sitzt irgendwas irgendwann immer komisch.
    Für mich pers: Rücken immer, Knie immer, Ellenbogen nur wenn ich sowieso nen Jacket an habe. Is einfach ne Abwägung die jeder für sich selbst treffen muss, drüber nachdenken sollte man aber aufjedenfall.

    grüße,
    Jan

  5. benutzerbild

    rainozeros

    dabei seit 05/2004

    Danke für den Bericht! Absolut geniales Rennformat. Auch wenn ich nicht wissen möchte, wie die schönen Trails nach 100 Paar Reifen ausgesehen haben. Naturtrails und Massen-Abfahrtsevents...da hab ich so meine Bedenken... aber sonst ist die Sache top.

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