Was es mit der zweiten Generation von Tektros TRP Evo12-Antrieb für Mountainbikes auf sich hat, hatten wir im Detail schon vorgestellt. Aber wie fährt sich diese Schaltung im Gelände? Im Rahmen eines internationalen Media Launchs konnte sich eine handverlesene Schar Fachjournalisten erste Eindrücke verschaffen – und MTB-News.de war mit von der Partie.
Wer die beiden MTB-Schaltungs-Platzhirsche Shimano und SRAM im Premium-Segment herausfordern will, muss ein technisch überzeugendes Produkt und Service auf hohem Niveau bieten. So geschehen am Anfang des Jahres, als TRP die Evo12 vorgestellt hat (alle Produkt-Details: Neue TRP Evo12 MTB-Schaltung). Im Idealfall wird Medien schon vor der Lancierung des neuen Antriebs eine Gelegenheit geboten, diesen auch in der Praxis auszuprobieren – und das nicht nur auf einer kurzen Runde auf dem Parkplatz, sondern im dafür vorgesehenen Einsatzbereich.
Dessen ist sich Tektro bewusst und darum wurde ein Dutzend Journalisten nach Taiwan eingeflogen – mit dem Vorteil, dass diese im Anschluss auch gleich die Taipei Cycle Show als Leitmesse Asiens besuchen konnten (Tapei Cycle Show meldet sich zurück). Unser Autor Laurens van Roijen dürfte vielen Lesern bereits für seine „Bike Biz Backstage“-Artikel voller spannender Industrie-News bekannt sein. Für den Industrie-Insider war der Trip nach Taiwan und die Teilnahme am TRP-Test eine Selbstverständlichkeit. Hier gibt’s seine ersten Testeindrücke der TRP Evo12-Schaltung.
TRP Evo12 – Infos & Preise
Bereits seit einigen Jahren hat TRP das TR12-Schaltwerk samt Schalthebel im Portfolio, das mit Schaltungs-Produkten anderer Hersteller kombiniert werden konnte. Nun bieten die Taiwanesen erstmals einen kompletten Antrieb bestehend aus Schaltwerk, Schalthebel, Kassette, Kurbel, Kettenblatt und Tretlager an. Nur die Kette wird bei KMC zugekauft. Die neue Gruppe nennt sich TRP Evo12 und ist mit goldenen oder silbernen Highlights sowie mit einer Alu- oder Carbon-Kurbel erhältlich. Zusätzlich zu den neuen Produkten wurden das Schaltwerk und der Schalthebel stark überarbeitet.
- erster vollständiger MTB-Antrieb von TRP
- Material Carbon, Aluminium
- Gänge 12
- Bandbreite 520 %
- Besonderheiten Hall Lock, optionaler Single-Shift-Modus
- Farben Schwarz, Gold, Silber
- Gewicht 301 g (Schaltwerk) | 372 g (Kassette) | 504 g (Kurbeln, alles Herstellerangaben)
- www.trpcycling.com
Preise (UVP) ab ca. 1.000 $ (komplette Gruppe) | Bikemarkt: TRP Evo12 kaufen
Testablauf: Durch den Dschungel auf Jungle Bunny und Burger Time
Am Tag nach der Produktpräsentation standen morgens eine Besichtigung des Hauptsitzes von Tektro und nachmittags Testfahrten auf dem Programm. Bei leicht bedecktem Himmel und hohen Temperaturen ging es per Shuttlebus zum Stadtrand von Taichung, wo ein Netz von Routen in den Dschungel geschlagen worden ist. Während es nicht an Anliegern, Tables und einigen Doubles mangelt, weisen die beiden Trails „Jungle Bunny“ und „Burger Time“ auch viele naturbelassene Abschnitte auf.
Abgesehen von einigen steinigen Abschnitten führen die Routen über Waldboden, der von den vielen Fahrten verdichtet ist und sich am Testtag sehr trocken, staubig und durchaus holprig präsentierte. An Wurzeln herrschte auch kein Mangel – gute Bedingungen also, um einen Antrieb auszuprobieren, der laut Tektro die Kette sicher in der Spur und schnell von Ritzel zu Ritzel bewegen soll.
TRPs Evo12-Schaltungen waren an einer Testrad-Flotte von Intense verbaut – einmal dem E-MTB „Tazer MX Alloy“ und einmal dem „Primer 29“-Trailbike. Der Autor spulte zunächst zwei Runden, die jeweils etwas über 20 Minuten dauerten, mit dem E-MTB und dann noch eine dritte Runde mit dem Trailbike ab. Die dritte Runde war dabei klar am aussagekräftigsten, denn mit dem E-MTB drückt man zur Not auch einmal eine steile Rampe in einem zu dicken Gang hoch, während der richtige Gang auf dem konventionellen Mountainbike darüber entscheidet, ob die Rampe fahrend oder im Schiebemodus bewältigt wird.
Andererseits deckt der zusätzliche Wumms vom Hilfsantrieb und der resultierende Zug auf der Kette eventuelle Schwächen einer Schaltung gnadenlos auf. Mit vielen Richtungswechseln und einigen wirklich steilen, unvermittelt nach Kurven lauernden Rampen erlaubten die beiden Teststrecken einige Aussagen zur Funktion.
TRP Evo12 – erster Test
Eines vorweg: Die bei der ersten Generation der TR12-Schaltung oft bemängelten, zu hohen Bedienkräfte sind kein Problem mehr. Denn die über einen (wohl zu) weiten Bereich justierbare Ratschenkupplung ist einem konventionellen Reibungsdämpfer gewichen. Die beiden großzügig dimensionierten Alu-Paddel am Schalthebel machen einen soliden Eindruck und bieten den Kuppen von Daumen und Zeigefinger dank strukturierter Oberfläche viel Grip – ob mit oder ohne Handschuhe.
Die Grundposition vom Daumenpaddel ist wie bei der ersten Generation einstellbar, wodurch sich die Hebel an verschiedene Handgrößen anpassen lassen. Den über einen kleinen „Shift Mode“-Schalter aktivierbaren Single-Shift-Modus habe ich selbst nur kurz ausgetestet – so grob waren die Teststrecken in Taichung nicht. Von TRP gesponserte Enduro-Piloten haben auf diese Option gedrängt, um in der Hitze der Sonderprüfungen immer in den genau richtigen Gang zu schalten, um aus Kurven raus kraftvoll antreten zu können – egal, wie arg es grade rumpelt.
Die Schaltvorgänge würde ich als blitzschnell und knackig bezeichnen. Die TRP Evo12 gibt ein klares, akustisches Feedback beim Gangwechsel, ohne dass darum über die Kurbeln ein irritierender Ruck im Antrieb zu spüren wäre. Damit liegt die Evo12 zwischen der Geschmeidigkeit von älteren Shimano-Schaltungen und den Antrieben von SRAM oder Shimanos neuen 12-Gang-Antrieben – ideal für Fahrten im Gelände.
Wie sich auf den Runden mit dem E-MTB zeigte, als der Autor noch nicht mit den Strecken vertraut war und fies steile Rampen unvermittelt auftauchten, klappen die Gangwechsel auch unter hoher Last präzise. Die Kombination von Hall Lock, Reibungsdämpfer und der Wave-Technologie mit den leicht seitlich versetzten Zähnen am Kettenblatt hielt die Kette sicher in der Spur – keiner der Medienschaffenden meldete Probleme mit einem abspringenden Antriebsstrang.
Mit den ebenso knackigen wie schnellen Gangwechseln und der auch in der Pampa einfach zu reparierenden, mechanischen Ansteuerung per Bowdenzug hat die TRP Evo12 einige Argumente auf ihrer Seite. Zudem ist das Schaltwerk trotz Positionierung im Premium-Bereich deutlich günstiger als die elektronisch angesteuerten Rivalen von SRAM und Shimano.
Keine schlechte Sache, wenn man bedenkt, dass so ein Schaltwerk bei einem Sturz auf die rechte Seite stark exponiert ist und rasch Schaden nehmen kann. Dazu passt, dass sich auch die beiden größten Ritzel der Kassette, die wohl schneller als der 10er-Block aus Stahl verschleißen dürften, einzeln austauschen lassen – gut fürs Budget sowie in puncto Nachhaltigkeit.
Was sich nach etwas über einer Stunde Fahrbetrieb ganz sicher nicht beurteilen lässt, ist die allgemeine Haltbarkeit des Antriebs – das wird die Zeit zeigen müssen. Und dafür wird MTB-News.de von Tektro ein Muster zugestellt bekommen, um der TRP Evo12 im Dauereinsatz auf die vielen Zähne fühlen zu können. Wer sich fragt, warum Tektro nicht gleich eine elektronische Schaltung auf den Markt bringt, sollte sich vielleicht noch ein wenig gedulden – in der Größenordnung von drei Monaten. Die Eurobike lässt grüßen.
Fazit – TRP Evo12-Schaltung
Knackige und schnelle Gangwechsel auch unter hoher Last, durch Verwendung eines konventionellen Reibungsdämpfers keine Probleme mehr mit den Bedienkräften und dazu ein Single-Shift-Modus, der nicht nur E-Biker, sondern auch Enduro-Rennfahrer in ruppigem Gelände glücklich machen kann. Der erneute Einstieg ins Premiumsegment von TRP scheint mit der Evo12 gelungen zu sein.
Wer von euch würde TRP eine Chance am eigenen Bike geben?
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