Im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ wurde unter schottischer Federführung im Dezember 2021 eine Studie veröffentlicht, die interessante Einblicke zu den Themen Trailnutzung und Motivation europäischer Mountainbiker sowie deren Umwelteinstellung liefert. Wir haben hier für euch die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst und uns ein paar Gedanken gemacht, inwiefern diese Daten hilfreich für die Entwicklung unseres Lieblingssports sein könnten. 

Über die Studie

Laut Autoren war das Ziel, empirische Daten über die Vorlieben, Motivationen, Umwelteinstellungen und Verhaltensweisen europäischer Mountainbiker zu gewinnen. Denn für die sinnvolle Planung von Infrastruktur für Mountainbiker sei nicht nur wichtig, herauszufinden, wo Mountainbiker fahren, sondern auch warum und wann, während das Verständnis von Umwelteinstellungen und -verhaltensweisen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit des Sports haben kann. Die Originalstudie in englischer Sprache mit den genauen Ergebnissen samt allen Schaubildern ist hier zu finden.

In der Querschnittsstudie beteiligten sich zwischen März und Juli 2020 insgesamt 3.780 Mountainbiker aus verschiedenen europäischen Ländern per eigens entwickelter Online-Umfrage. Alle Teilnehmer mussten mindestens 16 Jahre alt sein und ihren Hauptwohnsitz in einem europäischen Land haben.

Ergebnisse – kurz und knapp

Wer nahm teil?

3.780 Teilnehmende erfüllten die erforderten Kriterien und beantworteten alle Fragen. Sie stammen aus 29 europäischen Ländern, sind zu 60 % männlich und die meisten von ihnen schätzten sich selbst als Fortgeschrittene (50,2 %) oder Experten (43,2 %) ein, während relativ wenige Anfänger (3,7 %) oder Profis (2,9 %) an der Umfrage teilnahmen. Über 50 % der Befragten waren zwischen 26 und 45 Jahren alt, während weniger als 10 % der Befragten unter 26 Jahre alt waren. Die meisten Befragten fahren seit mehr als zehn Jahren Mountainbike (52,9 %), mehr als ein Drittel nahm an Mountainbike-Wettkämpfen teil.

Mit über 30 % bezeichneten sich die meisten Teilnehmenden als Trailbike-Fahrer, gefolgt von 25,7 %, die sich selbst als Enduro-Fahrer betitelten. Spezifischere Disziplinen wie Downhill oder Cross Country spielen eher eine untergeordnete Rolle.

Warum fährt man Mountainbike?

Als Motivation, aufs Bike zu steigen, wurde „Bewegung/Gesundheit“ mit über 20 % am häufigsten genannt, gefolgt von der „Verbindung zur Natur“ (19,2 %). „Spiel und Spaß“ nannten mit 17 % auch noch vergleichsweise viele, während die „Leistung“ mit nur 1,3 % als genannte Motivationsquelle schon deutlich abfällt. Auch „Risiko“ als Grund, auf das Bike zu steigen, ist gewissermaßen nicht existent. Interessanterweise allerdings signifikant erhöht bei den Briten.

Welche Wege werden gefahren?

Die Antwort ist wenig überraschend: Über 90 % der Befragten fahren immer oder manchmal Singletrails, gefolgt von schweren Trails, Flowtrails und Forstwegen. Letztere dienen allerdings fast allen hauptsächlich als Transferstrecken, um zu den Trails zu gelangen.

Am liebsten werden Singletrails befahren
# Am liebsten werden Singletrails befahren - gefolgt von schweren Wegen und Flowtrails. | Bild: Eiermann
Alles, was ins Extreme, beziehungsweise sehr Schwere geht, landet weiter hinten. | Bild: Eiermann
# Alles, was ins Extreme, beziehungsweise sehr Schwere geht, landet weiter hinten. | Bild: Eiermann

Welche Probleme gibt es?

Signifikant häufiger als alle anderen fahren wir in Deutschland illegal herum.

In der Stichprobe geben deutlich über die Hälfte der Befragten an, gelegentlich oder häufig illegale Wege zu befahren. Die Aussagen sind dabei recht stark Herkunftsland abhängig: Während dänische Mountainbiker etwa die geringste Nutzung illegaler Trails angeben, ist bei uns Deutschen das Gegenteil der Fall. Signifikant häufiger als alle anderen fahren wir in Deutschland illegal herum. Laut Studienautoren hängt das mit dem Streckenangebot vor Ort zusammen: Wo es keine legalen Angebote gibt, wird illegalerweise gefahren.

Die Mehrheit der Befragten hat während der Ausübung des Hobbys schon soziale Konflikte erlebt, wobei negative Kommentare anderer Wegbenutzer mit 64,5 % die häufigste Form des Konfliktes darstellen. Zweithäufigste Form mit noch 37,6 % ist das Blockieren des Weges und Diskussionen. Es muss jedoch gesagt werden, dass beide Formen äußerst selten vorkommen. Weniger als 2 % der Befragten geben an, dass dies oft oder immer vorkommt. Am häufigsten in Konflikte geraten laut Studie übrigens die Schweizer Mountainbiker*innen.

Beeinflusst Mountainbiken das eigene Umweltverhalten?

Mit 90 % gibt eine große Mehrheit der Befragten an, dass sich ihre Wertschätzung für die Natur und ihre Bereitschaft, diese auch zu schützen, durch die Ausübung ihres Hobbys erhöht hat. 75 % geben sogar an, dass sie in Folge und durch die Beschäftigung mit dem Outdoorsport ihr Verhalten geändert haben, um die Umweltbelastung zu verringern.

Wer kümmert sich um Trails?

Fast alle der Befragten (98 %) finden, dass die Nachhaltigkeit von Mountainbiketrails wichtig sei, 75 % meinen zudem, ein gutes Verständnis davon zu haben, was eine nachhaltige Mountainbike-Strecke ausmacht. Immerhin noch 60 % der Teilnehmenden fühlen sich für ihre lokalen Wege verantwortlich, mehr sogar geben an, dass es wichtig sei, einen Beitrag zu Instandhaltung der Wege zu leisten. Über ein Drittel allerdings macht klar, dass sie persönlich nicht genug Zeit haben, um sich an der Wagenpflege zu beteiligen. 73 % aber wären bereit, dafür zu zahlen.

Wege müssen gebaut und instand gehalten werden, egal welche Schwierigkeit
# Wege müssen gebaut und instand gehalten werden, egal welche Schwierigkeit - dieses Verständnis scheint bei vielen Studienteilnehmern vorhanden zu sein. Selber Handanlegen möchten allerdings nur wenige.

Was ist ein nachhaltiger Trail?

Eine Freitextantwort gab es auf die Frage: „Was ist für Sie ein nachhaltiger Trail?“. Hier gaben 1.552 Teilnehmende Antworten, aus denen die Studienverfasser grob zwei Oberthemen auszumachen konnten: Zum einen die Nachhaltigkeit des Trails an und für sich sowie auf der anderen Seite ein breiteres Konzept der ökologischen Nachhaltigkeit. Auf den Trail bezogen, wurden fünf Kategorien gebildet:

  • Dauerhaftigkeit
  • Konstruktion
  • Instandhaltung
  • Benutzererfahrung
  • Gestaltungsmerkmale

Breiter betrachtet, wurde vor allem die Minimierung der Auswirkungen auf die Umwelt im Allgemeinen (etwa Verringerung der Erosion, Vermeidung von Schäden an Flora und Fauna und Schutz der Tiere) genannt. Ebenfalls gingen die Antworten auf die Integration des Weges in die Landschaft ein sowie auf eine Minimierung der Auswirkungen auf andere Waldnutzer.

Meinung @ MTB-News

Soviel direkt vorneweg: Die Ergebnisse zeigen, dass sich immer noch recht hartnäckig bestehende Klischees wie „Mountainbiker sind junge Adrenalinjunkies, die quer durch den Wald fräsen und überall illegal buddeln“, empirisch nicht bestätigen lassen. Die restlichen Daten sollten in unseren Augen für Mountainbike-affine Menschen wenig überraschend sein – denn viele der Aspekte bestätigen unser subjektives Bauchgefühl. Dafür reicht ein Blick in den Freundeskreis: Die Meisten fahren aus Spaß an der Freude und weil sie sich gerne in der Natur bewegen, Trails sind die bevorzugten Untergründe und potente Trailbikes werden gegenüber reinen DH- oder XC-Maschinen bevorzugt. Gibt es ein gutes legales Trailnetz, wird hauptsächlich dieses genutzt. Gibt es das nicht, wird auf Alternativen zurückgegriffen, die je nach Bundesland oftmals nicht dem offiziellen Waldgesetz entsprechen. Zeit, selber zu bauen und sich verstärkt ehrenamtlich zu engagieren, wollen oder können sich nur wenige nehmen.

Interessant ist, dass es offenbar sehr selten zu Konflikten zwischen Mountainbikern und anderen Waldnutzern kommt. Gerade hierzulande mag es sicherlich ein paar Hotspots geben, bei denen es aufgrund des massiven Nutzerdrucks vermehrt zu Streit kommt – etwa die Isar-Trails in München – doch die Regel scheint das in Europa nicht zu sein. Mountainbiking scheint also durchaus ohne große Probleme in die Waldnutzung integrierbar zu sein.

Komplizierter wird es, was das eigene Verhalten in puncto Ökologie angeht. Einerseits ist es natürlich schön zu sehen, dass offenbar durch den Sport in der Natur auch das Bewusstsein für ebendiese geschult wird und sogar ein großer Anteil der Befragten ihr Verhalten bewusster und nachhaltiger gestaltet. Insbesondere für alle Kinder- und Jugendgruppen ist dies relevant – oder breiter gedacht, ein gewichtiger Grund, auch im schulischen Leben vermehrt Outdoor-Sportarten anzubieten, möchte man ein ökologisches Bewusstsein schon von klein auf etablieren. Auf der anderen Seite ist der Mountainbikesport objektiv betrachtet sicherlich nicht sonderlich ressourcenschonend: Man benötigt einiges an Ausrüstung und Technik, die häufig nach wenigen Saisons ersetzt und aus Fernost her geschippert wird. Und natürlich braucht jeder Mountainbiker einen ausgebauten VW-Bus, um in den Bikeurlaub fahren zu können. Doch aller Anfang ist schwer – dass auch die Bikeindustrie nun verstärkt auf Nachhaltigkeit achtet, ist hoffentlich ein Schritt in die richtige Richtung. Aktuell erleichtert dies vermutlich in erster Hinsicht unser aller Gewissen, welches wir aber offenbar durch die Ausübung des Sports weiterentwickeln.

Geht es in Richtung Ausbau und Förderung unseres Sports, ist es wichtig, dass man auf empirische Erhebungen wie die obige zurückgreifen kann. So ist es etwa für die Bikeindustrie, Urlaubsdestinationen und Tourismusverbände sicherlich sinnvoll, mehr über die Altersstruktur und Motivation potenzieller Kunden zu erfahren, um ein passendes Angebot bieten zu können. Doch auch für alle engagierten Mountainbiker, sei es organisiert in Vereinen oder auch für Einzelpersonen oder kleine Gruppen, ist es wichtig, eine ausreichend belegbare Basis zum Argumentieren an der Hand zu haben.

Was sagt ihr zu den Ergebnissen?

  1. benutzerbild

    SerpentrasD

    dabei seit 09/2016

    Kann sein, wäre aber ein komischer Zufall.
    Zumal ja die 2mR nun auch nicht allen bekannt ist...
    Ich bezweifle stark das Mountainbiker die seid Jahren dabei sind und vor allem aus BW kommen davon nix gehört haben. Ich kenne Quasi niemand der das nicht weiß. Das wissen selbst die 13 jährigen hier.
  2. benutzerbild

    robzo

    dabei seit 11/2013

    Ich bezweifle stark das Mountainbiker die seid Jahren dabei sind und vor allem aus BW kommen davon nix gehört haben. Ich kenne Quasi niemand der das nicht weiß. Das wissen selbst die 13 jährigen hier.
    Viel interessanter finde ich, dass zumindest in meinem Bekanntenkreis die Nicht-MTBer fast komplett keine Ahnung von der 2-Meter-Regel hatten/haben. Teilweise können sie sich auch nicht mehr daran erinnern, wenn man schon mal darüber geredet hat.

    Und das sind alles Leute, die gern und viel wandern.

    Anscheinend ist also das Konfliktpotenzial auf den Wegen nicht gar so extrem, wie oft berichtet.

    Oder anders herum:
    Es kommt mir doch oft so vor, dass es dann zu Konflikten (bei mir bisher nur verbal) kommt, wenn zufälligerweise ein Wanderer von der Regel etwas gehört/sich damit (intensiver) befasst hat. Ansonsten arrangiert man sich meist ohne blöde Diskussionen.
    Rücksichtsvolles Verhalten vorausgesetzt.
  3. benutzerbild

    JensDey

    dabei seit 01/2016

    Ansonsten arrangiert man sich meist ohne blöde Diskussionen.
    Habe kürzlich mal wieder versucht mit einem Spaziergeher auf einem Weinbergwirtschaftsweg zu interagieren, welcher uns auf eine (seltsame) Sperrung für MTB hingewiesen hatte. Einfach stehen lassen ist für den nächsten Biker auch keine wirkliche Lösung.
  4. benutzerbild

    SerpentrasD

    dabei seit 09/2016

    Viel interessanter finde ich, dass zumindest in meinem Bekanntenkreis die Nicht-MTBer fast komplett keine Ahnung von der 2-Meter-Regel hatten/haben. Teilweise können sie sich auch nicht mehr daran erinnern, wenn man schon mal darüber geredet hat.

    Und das sind alles Leute, die gern und viel wandern.

    Anscheinend ist also das Konfliktpotenzial auf den Wegen nicht gar so extrem, wie oft berichtet.

    Oder anders herum:
    Es kommt mir doch oft so vor, dass es dann zu Konflikten (bei mir bisher nur verbal) kommt, wenn zufälligerweise ein Wanderer von der Regel etwas gehört/sich damit (intensiver) befasst hat. Ansonsten arrangiert man sich meist ohne blöde Diskussionen.
    Rücksichtsvolles Verhalten vorausgesetzt.
    Ja das ist interessant, darüber habe ich mit anderen tatsächlich nicht wirklich gesprochen.

    Konflikte kenne ich Quasi nicht. Die Zeit als ich auf Wanderwegen aber hauptsächlich gefahren bin ist eigentlich vorbei und deshalb wundert mich das jetzt auch nicht. In Freiburg habe ich bisher kein Stress gehabt weder bergauf oder ab. Man sollte sich evtl auch Zeiten heraus suchen wo einfach weniger los ist.
    Sonntag Mittag ist nicht gut 😆
  5. benutzerbild

    Zaskaringelb

    dabei seit 10/2020

    Wieder eine Studie die nur zur Toilettenlektüre taugt. Ich habe fast täglich mit Studien zu tun, beauftrage regelmäßig entsprechende Unternehmen und kann diese Studie hier nicht ernst nehmen. Eine Studie hat 2 häufige Auslöser: 1. ich kenne einen Markt/Gruppe nicht und erhoffe mir Aufschluss, dann muß ich quer streuen 2. Ich möchte eine Meinung pressetauglich machen und lasse die Studie in eine spitze Zielgruppe geben und befrage nach Wunsch. Das 2. ist hier der Fall und deshalb ist die Überschrift "über uns Mountainbiker" Müll, es wurde ja keine Grundgesamtheit erfasst. 60% für Trails verantwortlich??? haha, bei der Frage sagt doch jeder ja, aber min. 90% der Mountainbiker benutzen nie angelegte Trails/Parks.

    Wenn ich mich an einen Bikepark stelle und dort frage nennen sich halt alle Trailbiker etc., die Selbsteinschätzung ist immer hoch und das Fahrverhalten geht in eine Richtung.

    DEN Mountainbiker gibt es nicht! Wenn man alle, die sich selbst ein neues MTB gekauft haben auswertet, dann liegen wir bei mindestens 50% "Tourenfahrer" deren Strecken auch per Trekking/Gravel gefahren werden können. Rennfahrer, Endurofahrer (also Praxis-nicht nur das Rad) sind nur ein kleiner Teil.

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