Strömender Regen, Schnee, Kälte, Matsch – unter schwierigsten Bedingungen und bei einer wahren Schlammschlacht wurden vergangenes Wochenende die ersten offizielle Enduro Europameisterschaften der Geschichte ausgefahren. Das Tiroler Wetter präsentierte sich kurz vor dem offiziellen Sommerbeginn in seinen Extremen und wartete mit wahrlichen Wetterkapriolen auf. Beim Training am Samstag ließ Frau Holle die Fahrer mit Schneefall und Kälte kämpfen und der für den Abend geplante In-City-Prolog fiel sprichwörtlich ins Wasser.
Extrem nasse und schlammige Verhältnisse am Renntag brachten dann nicht nur die Athleten körperlich und mental an ihre Grenzen, der Wettersturz wurde auch zu einer wahren Herausforderung für Organisatoren und Material. Die Sonne ließ sich das ganze Wochenende über nicht wirklich blicken, trotzdem war die Stimmung unter den rund 198 Fahrern aus 18 Nationen heiter und nach einem extrem fordernden und spannenden Finale konnten die Namen der ersten offiziellen Enduro Europameister in die Mountainbike-Geschichtsbücher eingetragen werden!
Schon beim verpflichtenden Training am Samstag erinnerte nur wenig an den kurz bevorstehenden Sommerbeginn. Grau in grau statt Sonne und Höchsttemperaturen – und mit Schneefall auf den höher gelegenen Streckenabschnitten und strömendem Regen im unteren Bereich wurden die Enduristen bereits einen Tag vor dem Startschuss auf ihre Wettertauglichkeit getestet. Die Stimmung unter den Athleten war keineswegs so trüb wie das Wetter und der Trainingstag wurde voller Elan ausgenutzt, um sich die insgesamt 4 Stages für das Rennen einzuprägen.
Der alles entscheidenden Renntag wurde zu einer regelrechten Schlammschlacht, die Mensch und Sportgerät ans Limit und darüber hinaus brachte. Die Fahrer mussten auf den vier Stages – darunter der berühmte Gaisbergtrail, der Lisi Osl Trail und der 7 km lange Fleckalmtrail – ihr gesamtes fahrerisches Können auspacken und enormen Kampfgeist zeigen, um konkurrenzfähig ins Ziel zu kommen.
Die Konkurrenz in der Eliteklasse der Herren war ganz auf Jérôme Clementz und Remy Absalon aus Frankreich konzentriert, dicht gefolgt von Vid Persak aus Slowenien, der sich den dritten Platz sicherte. Mit Jérôme Clementz kürte sich der absolute Topfavorit zum ersten offiziellen Enduro Europameister des Sports und schrieb damit bereits zum wiederholten Male Endurogeschichte, nachdem er schon in der Vergangenheit bei der Erstaustragung der Enduro World Series triumphiert hatte.
„Bei den Verhältnissen hier war es unglaublich schwierig auf dem Bike zu bleiben und nicht zu stürzen. Und es war vor allem auch mental sehr anstrengend, den ganzen Tag im „Wettkampfmodus“ zu bleiben“, beschreibt Clementz die Herausforderungen auf der Rennstrecke. Als Favorit nach Kirchberg gekommen, hielt der 31-Jährige dem Druck und den hohen Erwartungen stand. „Wenn ich bei einem Rennen an den Start gehe, dann versuche ich immer zu gewinnen! Ich wollte auf dem Podium stehen, nun habe ich das offizielle Trikot des Enduro Europameisters an. Das ist natürlich toll!“ Für den wahrscheinlich besten Endurofahrer der Gegenwart war die Europameisterschaftspremiere auch ein weiterer Schritt in der positiven Entwicklung dieser noch jungen Mountainbike-Disziplin. „Der Sport entwickelt sich weiter. Es ist gut, dass Institutionen wie die UEC und die UCI langsam involviert werden. Für die Zukunft hoffe ich, dass auch die EWS mit der UCI zusammenarbeiten wird und die Serie damit offizieller wird.“
Mit einer offenen Rechnung war René Wildhaber aus der Schweiz nach Kirchberg angereist. Ein enttäuschender zweiter Rang bei einer Downhill Europameisterschaft im Jahre 1999 war noch im Kopf, der Kampfgeist für einen Enduro Europameisterschaftstitel erwacht. Der weltbeste Downhill-Marathon-Biker konnte seine Erfahrung und mentale Stärke bei den harten Bedingungen voll ausnützen und hat sich am Ende des Tages das Trikot des Enduro Europameisters der Klasse Men Masters 30 + übergezogen. „Der Schritt in die offiziellen Strukturen der UEC und UCI ist ganz wichtig, um den Endurosport weiterzubringen, auf nationaler und internationaler Ebene“, René Wildhaber sprach im Siegerinterview auch über die große Bedeutung der ersten offiziellen Enduro Europameisterschaften.
Nicht nur der Mensch war vergangenes Wochenende im Tiroler Kirchberg enorm gefordert, auch das Equipment hatte viel zu leisten. „Das Material war extrem wichtig und entscheidend. Das war bei dem ganzen Schlamm echt eine Herausforderung!“ ist sich Benedikt Purner sicher. Der Tiroler sorgte dafür, dass auch ein Lokalmatador auf dem Podium der ersten offiziellen Enduro Europameisterschaft stand, er sicherte sich hinter René Wildhaber den Titel des Vize-Enduro-Europameisters.
Einen Favoritensieg gab es an diesem Wochenende mit Anneke Beerten (NL) auch in der Damen Elite Klasse. Hinter der ersten Enduro Europameisterin jubelte Anita Gehrig aus der Schweiz über Platz zwei und die deutsche Nachwuchsfahrerin Raphaela Richter bewies mit dem dritten Rang ein weiteres Mal, dass sie eine vielversprechende Zukunft im Endurosport hat.
Für einen deutschen Triumph sorgte Frohnatur Antje Kramer in der Klasse Women Masters. Völlig überwältigt überstrahlte sie ganz oben auf dem Podium sogar das schlechte Wetter. „Also ich muss erstmal rückblickend sagen, es war eines der geilsten Rennen, das ich je gefahren bin, obwohl der Regen und der Matsch eigentlich nichts für mich sind!“ Die erste Europameisterin der Damen Masterklasse, die erst spät mit 30 Jahren ins Renngeschehen eingestiegen war, beendete mit diesem Karrierehöhepunkt auch gleichzeitig ihre aktive Rennlaufbahn.
Die Wetterverhältnisse bei den ersten Europameisterschaften des Sports hätten besser sein können, die Bedingungen waren extrem anspruchsvoll – da waren sich alle einig. Doch nichtsdestotrotz war es eine erfolgreiche Premiere für den Sport, bei der es nicht bleiben wird – im nächsten Jahr soll es laut UEC schon die zweite Enduro Europameisterschaft der Geschichte geben.
Weitere Infos und Ergebnisse unter http://europeanenduroseries.com
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