Zealous Division: Hardtails gibt es gefühlt schon ewig, sie waren der Beginn unseres geliebten Geländeradsports und vermutlich haben 99% aller Biker ihre Leidenschaft auf einem dieser ungefederten Bikes begonnen. Seit einiger Zeit erfährt diese Gattung eine Renaissance und wird auch in den trail- bzw. abfahrtslastigen Segmenten wieder populärer, Bikes wie das Last FastForward bilden die Speerspitze. Heute im Test: Das Zealous Division.
Das Division von der kleinen Schmiede Zealous ist ein weiterer Vertreter im neu erwachenden Hardtail-Segment, allerdings unterscheidet es sich in seiner Umsetzung grundlegend von den oben genannten Bikes. Nicht erst seit dem Brexit Referendum wird dem nordatlantischem Inselvolk ein gewisser Hang zu unorthodoxen Denk- und Handlungsweisen unterstellt, auch das Division ist so extrem einzigartig, dass man es zwangsläufig fahren muss, um überhaupt ein Urteil über das Konzept fällen zu können.
Erster Eindruck
Die Eigenständigkeit des Division erschließt sich auf den ersten Blick: sehr kompakt steht es da und im Vergleich zu den gewohnten Dimensionen etablierter Modelle wirkt es irgendwie „gestaucht“. Ein Blick in die Geometrietabelle unterstreicht diesen Eindruck: 29“ (oder 27+) Laufräder in Kombination mit einer 415 mm Kettenstrebe (horizontal) und 67,6° Lenkwinkel, was zum Teufel soll das? Langsam schweift der Blick über die Details, der Kopf versucht noch immer vorhandenes Wissen mit den Eindrücken in Einklang zu bekommen, ohne in reflexartiges Schütteln zu verfallen. Ein Teil des Hinterrades verschwindet in dem, aus Profilblechen bestehendem, Sitzrohr und das Vorderrad kommt der Pedale bedrohlich nahe, Radstand in Größe M 1111 mm.
Auch wenn die meisten Zealous Bikes von ihren Besitzern, auf den persönlichen Einsatz getrimmt, aufgebaut werden, den eigenständigen Look bringt die Konstruktion in jedem Fall mit sich. Geht man tiefer ins Detail, gefällt das Division mit sehr ordentlicher Verarbeitung und viel Detailliebe, dank austauschbarer DMR Ausfallenden und nahezu jeglicher möglichen Zugführungsoption kann der Besitzer bei der Komponentenwahl aus dem Vollen schöpfen. Der grob gebürstete Rahmen ist mit mattem Klarlack überzogen, so entsteht eine schicke Optik und lässt die Rahmendetails noch technischer wirken.
Geometrie
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Gabeleinbaulänge | 541 | 541 | 541 | 541 |
Gabel-Federweg | 130 | 130 | 130 | 130 |
Reach | 391 | 409 | 431 | 447 |
Stack | 624 | 633 | 643 | 643 |
Oberrohr | 588 | 608 | 634 | 649 |
Sitzrohrlänge | 413 | 433 | 471 | 509 |
Steuerrohrlänge | 90 | 100 | 110 | 110 |
Kettenstrebenlänge | 419 | 419 | 419 | 419 |
Tretlagerabsenkung | 52 | 52 | 52 | 52 |
Tretlagerhöhe | 317 | 317 | 317 | 317 |
Radstand | 1099 | 1120 | 1148 | 1161 |
Sitzwinkel | 72,6 | 72,6 | 72,6 | 72,6 |
Lenkwinkel | 67,6° | 67,6° | 67,6° | 67,6° |
Reifenfreiheit | 77 mm | 77 mm | 77 mm | 77 mm |
Auf dem Trail
Die ersten Meter mit dem Division gestalten sich nicht minder unkonventionell, egal welches Bike man gewohnt ist, man muss sich auf das Rad einlassen um es zu verstehen. Die Kombination aus extrem kurzen Kettenstreben, steilem Lenkwinkel und der kompakten Sitzposition (Reach 409mm) lässt das Bike schon auf dem Weg zum Trail Haken schlagen und der nervöse Grundcharakter lässt sich nicht verleugnen. Ein leichter Zupfer am Lenker reicht, um das Vorderrad in den Manual zu ziehen, wer hier ein langhubiges Enduro gewohnt ist, sollte besser den Finger an der rettenden Bremse haben. Auch der Bewegungsablauf für Bunnyhops benötigt nur einen Bruchteil der Zeit und des Kraftaufwands „normaler“ Bikes. Selbst (die mir bekannten) Dirtbikes agieren hier träger.
Ein Fahrgefühl, das irgendwo zwischen 180mm Federweg, Plusbereifung und Raketentechnik verloren ging!
Und dann endlich: Erde unter den Rädern. Zielstrebig und agil lässt sich das Bike bergauf treten, der Sitzwinkel ist mit 73° angenehm steil. Wie es die Geometrie vermuten lässt, befindet man sich in einem permanenten Kampf zwischen steigendem Vorderrad und durchdrehendem Hinterrad, da sich aber mit kleinster Variation der Haltung/ Sitzposition die gewünschte Veränderung herbeiführen lässt, ist dieser Kampf eher unterhaltsam als nervenraubend. Dieses Fahrgefühl bleibt auch bei forcierter Gangart auf Trails erhalten, zwar laufen die beiden Räder nur selten in Flucht und man ist permanent in Bewegung um das Bike auf dem Trail zu halten, aber das Division kündigt Rutscher eindeutig an und lässt sich mit minimalem Kraftaufwand wieder einfangen.
Sicherlich nicht die schnellste Art der Fortbewegung, aber hochgradig unterhaltsam und spaßig, ein Fahrgefühl das irgendwo in den letzten zehn Jahren zwischen 180 mm Federweg, Plusbereifung und Raketentechnik verloren ging! So richtig an die Grenzen der Geometrie kommt man eigentlich nur in sehr steilem und verblocktem Gelände, hier gehen aufgrund des steilen Lenkwinkels in Kombination mit der kompakten Haltung recht schnell die Reserven aus.
Stärken
- sehr verspielt und agil
- eigenständiges Konzept und Umsetzung
- qualitativ gut gemacht und sehr flexibel im Aufbau
- eignet sich nur mit Zugeständnissen als „eins für alles“ Bike
Schwächen
- Reifenkontakt (je nach Reifen) bei tief eingesteckter Sattelstütze
Fazit
Das Zealous Division ist in jeder Hinsicht extrem und eine Fahrmaschine erster Güte. Wer sich auf den Charakter eines 29er BMX einlässt wird mit Kurzweiligkeit belohnt, ganz nebenbei schult es Reflexe und Fahrtechnik. Und hier schließt sich dann auch der Kreis in Bezug auf die charakterlichen Eigenschaften unserer Freunde aus GB: Im Fall des Zealous Division ist es nötig sich dem Establishment und seinen Vorgaben zu entziehen, um ein Rad zu bauen, welches sich vielleicht nur einer kleinen Gemeinde Trailjunkies erschließt , diese aber mit einem fetten Grinsen aus dem Wald spuckt! Ähnliches kennt man im automobilen Sektor von fahrdynamischen Ikonen wie SuperSeven, Caterham oder Lotus Elise und diese kommen bekanntlich auch von einer gar nicht so kleinen Insel im Nordatlantik…well done!
Testablauf
Der Division-Rahmen wurde MTB-News.de für die Dauer des Tests zur Verfügung gestellt. Basti Tegtmeier fuhr das Bike 7 Monate und hat uns seine Erfahrungen zusammen gefasst. Als fester Bestandteil der Bike-Branche war er schon auf zahllosen Bikes unterwegs und damit prädestiniert, dieses besondere Bike auszuprobieren
Hier haben wir das Zealous Division getestet
- Bad Oeynhausen – Flowig, kurvig, abwechslungsreiche Sprünge
- Harz – Wurzlig
Weitere Informationen zum Zealous Division
Webseite: www.zealousbikeco.com
Text & Redaktion: S. Tegtmeier | MTB-News.de 2016
Bilder: Johannes Herden
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