Eigentlich möchte ich nicht schon wieder dazu schreiben, zum Mountainbiken und der Stadt München. Aus aktuellen Anlass ist es jetzt jedoch dringend notwendig, dass wir hier noch einmal auf dieses so leidige Thema zu Sprechen kommen.

Ein kurzer Blick in die Geschichte der Thematik beginnt mit der Zerstörung des Bombenkraters; einem Akt, in dem nicht nur eine illegale Mountainbikestrecke dem Erdboden gleichgemacht, sondern auch ein Stich ins Herz einer über viele Jahre gewachsenen Mountainbikegemeinschaft gesetzt wurde. Im Anschluss daran haben wir viel berichtet, kommentiert und nach einem Jahr in einer Trauerfeier dem Bombenkrater gedacht. Obwohl es zu diesem Zeitpunkt schon so zu sein schien, als ob die Münchner Mountainbiker, die immer wieder stellvertretend für die Probleme unzähliger anderer Mountainbiker in unzähligen anderen Gemeinden Deutschlands stehen, tatsächlich ein neues Gebiet zur Verfügung gestellt bekommen würden. Es schien so zu sein. Schien, da bis zum heutigen Zeitpunkt trotz der millionenschweren Radelhauptstadt-Kampagne und unzähligen Facebookmeldungen und -protesten keine weiteren Meldungen zu hören gewesen sind, die Mut macht auf die Realisierung der dringend benötigten Trainingsmöglichkeiten für Mountainbiker. Und es ist ja nicht so, als ob die Deutschen nicht Mountainbiken würden…

50% aller Schweizer fahren Fahrrad und in München werden es kaum weniger sein. Gerade, da sich die Stadt gerade als „Radelhauptstadt“ profilieren will. Bei einer Umfrage in Zürich stellte sich jedoch heraus, dass das Radfahren das beliebteste Freizeitvergnügen der Bevölkerung ist. Auch aus diesem Grund hat es auch in Zürich lange Jahre illegale Trails am Hausberg „Uetliberg“ gegeben, die wie schon aus Deutschland bekannt nicht durch Verbote stillgelegt werden konnten. Und wie auch in München besteht Kontakt zwischen den Mountainbikern und ihren Vertretern sowie der zuständigen Stadtverwaltung. Swiss Cycling nennt sich diese Fahrradvertretung in der Schweiz und kümmert sich nicht um angesprayte Fahrräder in der Stadt, sondern darum, Alternativen zu schaffen. Als ersten Schritt ist eine 3,5km lange, legale Strecke angelegt worden, die sich in 108 Kurven den Berg hinab windet. Da jedoch die Zusammenarbeit darüber hinaus produktiv gewesen ist, hat sich die Stadt dazu entschieden, dem beliebten Hobby Steuergelder angedeihen zu lassen. Im April 2010 ist auf dem Zürichberg ein Pumptrack als Pilotprojekt aufgebaut worden. Jetzt heißt es gut zuhören, liebe Verantwortliche in und um München. Steuergelder werden dazu verwendet, die Freizeitbeschäftigung der Bevölkerung zu ermöglichen. Die Stadt kümmert sich um die Bedürfnisse der Bürger, obwohl diese zuvor grundsätzlich im illegalen gewandelt sind. Doch dieser Pumptrack ist mehr als ein Symbol für die mögliche Zusammenarbeit – er ist umweltfreundlich aus natürlichem Material hergestellt, von der Grün Stadt Zürich finanziert und mit hat den Segen der Beratungsstelle für Unfallverhütung auf die Fahrerinnen und Fahrer losgelassen worden. Das klingt zu gut, um wahr zu sein? Im Video zeigt Roger Rinderknecht, was auf der Strecke möglich ist und für alle Deutschen gibt es sogar Untertitel:

Biken im Pumptrack: Gewusst wie mit Roger Rinderknecht: im IBC TV ansehen

Somit bleibt also nur noch eine Frage: „Warum funktioniert, was in Zürich zur Freude aller gebaut wird, nicht auf woanders?“

Mit Sicherheit werden jetzt viele die üblichen Einwände präsentieren; an Versicherungen und Unfälle denken und rechtliche Bedenken anmelden. Hinzukommen Umweltschutz, „Störung der Wanderer“ und andere abgegriffene Argumente.

Selbstverständlich sind all diese Punkte auch und vielleicht gerade auch in der Schweiz ein Thema und so wird es am Dienstag, dem 7. September in Zürich das erste Schweizer Pumptrack Symposium geben, bei dem exakt diese Fragen diskutiert werden. Grob umrissen lautet das Thema „Pumptrack – der natürliche Zweiradspielplatz der Zukunft“, konkret werden aber die folgenden Themen referiert:

Der Pumptrack als sozialer Kitt, Pete Stutz, Swiss Cycling, Dept. Politik und Umwelt

Herausforderung im Städtebau, Stefan Studhalter, Grün Stadt Zürich, Leiter Stadtwald

Jugend braucht Bewegung und Begegnung, Ernesto Silvani, Präsident Schtifti

Der urbane Raum als Baustofflieferant, Harry Wirth, Holcim, Leiter GEOROC

Aspekte öffentlicher Haftpflicht, Roland Spicher, Mobliar Versicherungen

Pumptrack – Sicherer Betrieb durch Planung, Samuel Hubschmid, Beratungsstelle für Unfallverhügung BFU

Pumptrack fahren ist Erlebnisenergie, Roger Rinderknecht, BMX und MTB Profi

Lust bekommen? Die Schweizer scheuen sich nicht vor der Öffentlichkeit und bis zum 30. August kann sich via [email protected] jeder anmelden, der gerne mit von der Partie wäre und den Pumptrack besichtigen will. Vielleicht kommt ja auch eine Delegation aus München? Dafür müsste man sich jedoch für die Belange der Mountainbiker und die Bedürfnisse der Jugendlichen interessieren und den Blick ein bisschen weiter schweifen lassen als nur bis zur bayrischen Landesgrenze. Diese Erkenntnis, die auch Pete Stutz und Roger Rinderknecht sowie Ernesto Silvani in ihren Vorträgen thematisieren, scheint noch weit von vielen deutschen Entscheidungsträgern entfernt zu sein. Die Beobachtungen aus den letzten Monaten am Pumptrack Zürich zeigen, dass die Jugendlichen vor allem um der Gemeinschaft willen kommen und der Platz ein echter Treffpunkt geworden ist. Lediglich 20% der Zeit entfielen demnach auf das Radfahren selbst, während der Rest aus gemeinsamem Ausruhen, Zuschauen und Kommunikation bestehe. Wer selbst Mountainbike fährt, weiß, dass diese Zahlen mehr als nur realistisch sind aber bislang haben viel zu Wenige erkannt, dass Mountainbikeanlagen sozialen Halt, Leitung und Betreuung bieten können. Und das ohne Kita-Plätze, viel Geld und allerhand Verbote. Ein Mitarbeiter des Umweltamtes Radolfzell am Bodensee nannte vor einiger Zeit diese These „unsinnig und destruktiv“ doch die Züricher bieten noch mehr:

Für das Jahr 2011 ist ein 5000m2 großer Bikepark in Zürich geplant, der nicht nur gratis und öffentlich sein wird, sondern auch durch bezahlte Bikeprofis gebaut und unterhalten werden wird. Noch Fragen?

  1. benutzerbild

    Mudstud

    dabei seit 01/2005

    ...das wäre doch mal eine coole Sache. Den Pumptrack zum mitnehmen. Holzelemente zum zusammenstecken - Schulhof wir kommen!

    Wenn die Dachlatten, welche das Teil zusammen halten, entfernt werden, ist dieser Pumptrack ohne Probleme in einem Hänger transportabel.

    Er wird auf jeden Fall nächsten Mai an den BikeDays in Solothurn zum Einsatz kommen (da er sich im Besitz der FAF AG befindet, welche die BikeDays organisiert), dann wohl um einige Kurven und Wellen erweitert. Und Roger Rinderknecht hat grosses Interesse, das Teil als Wintertrainings-Anlage in einer leerstehenden Industriehalle in Winterthur (davon gibts einige) hinzustellen.

    Selbst hab ich gleich zu den Jungs von Pumptracks.ch gemeint, dass dieser Holz-Pumptrack auf eine Tournee gehört, durch Shoppingcenter und dergleichen in Frühjahr und Herbst, im Sommer auch an Freiluft-Events wie den SlowUps oder am Rande verschiedener Rennen.
  2. benutzerbild

    Athabaske

    dabei seit 08/2008

    ...Selbst hab ich gleich zu den Jungs von Pumptracks.ch gemeint, dass dieser Holz-Pumptrack auf eine Tournee gehört, durch Shoppingcenter und dergleichen in Frühjahr und Herbst, im Sommer auch an Freiluft-Events wie den SlowUps oder am Rande verschiedener Rennen.
    ...nicht nur das, baut die Elemente in Kleinserie und vertreibt die Teile! smilie
  3. benutzerbild

    Mudstud

    dabei seit 01/2005

    Hier noch der Bericht zum Pumptrack-Symposium in Zürich: CLICK

  4. benutzerbild

    Thomas

    dabei seit 09/2000

    Email aus Zürich:

    Gestern 4. Okt. 2010, durften zwei Zürcher Schulklassen zu ersten mal, je eine Doppellektion im Pumptrack Zürichberg erleben.

    Nach dem Aufwärmen und kleiner Einführung wichen anfängliche Angst und Skepsis schnell zu heller Begeisterung.

    Alle Jugendliche der 2. und 3. Sekundarschule drehten viele Runden und konnten immer sicherer mehr Energie aufbauen und um die Kurven drücken.

    Ausser einem eingewickeltem Schuhbändel gab es viele rote Backen vom pumpen.

    Vielen Dank den Schülern und Sportlehrer, dem Sportamt Zürich und dem Wetter!

    Pete Stutz
    Swiss Cycling
    dept. Umwelt & Politik

  5. benutzerbild

    clemson

    dabei seit 08/2001

    http://www.ride.ch/site/index.php/pumptrack-fahren-wird-in-zuerich-zum-schulsport.html

    Pumptrack-Fahren wird in Zürich zum Schulsport
    Der Pumptrack auf dem Zürichberg hat unterdessen Einzug in den offiziellen Schulsport der Stadt Zürich gefunden. Vergangene Woche haben sich bereits zwei Schulklassen in der jungen Mountainbike-Disziplin versucht.

    Die Dimensionen des Pumptrack-Fahrens nehmen in Zürich ungeahnte Dimensionen an. Das Sportartamt der Stadt Zürich hat an der Strecke gefallen gefunden und erstmals Schulklassen offiziell auf den Rundkurs geschickt. Konzipiert war der Pumptrack anfänglich für die lokalen Mountainbiker, nun steht dieser plötzliche im Zeichen der Nachwuchsförderung. Durch den Pumptrack auf dem Zürichberg finden Kinder einen spassigen und unkomplizierten Zugang zum Mountainbikesport. Nicht wenige von ihnen dürften auf diese Weise an der Sportart gefallen finden und ihr Treu bleiben.

    Pete Stutz und Fabian Vollrath haben die Jugendlichen der zweiten und dritten Sekundarstufe in zwei Doppellektionen ins Pumptrack-Fahren eingeführt. Die anfängliche Angst und Skepsis hat sich im Laufe der Lektion schnell in grosse Begeisterung verwandelt und die Sportlektion zur gelungenen Abwechslung werden lassen. «Die Unterstützung war super, ich musste eigentlich nicht viel machen, ausser mitfahren. Die Schüler wurden super an den Track herangeführt. Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen», meinte denn auch der Sportlehrer Sebastian Zigerli zur neuartigen Lektion.

    Dem Mountainbikesport bleibt zu wünschen, dass solche Aktionen rege Nachahmung finden.

    www.pumptracks.ch

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