Platz 20 in Winterberg, Platz 5 in Willingen, Platz 23 in Todtnau, Platz 9 in Tabarz, Platz 6 in Ilmenau und zum Saisonabschluss Platz 6 in Thale – diese mehr als soliden Platzierungen wäre Max Hartenstern in der Elite-Kategorie im German Downhill Cup 2015 eingefahren. Wäre, denn: Max ist gerade einmal 16 Jahre jung! Der Geringswalder, der für die MTB-Bande Schatzki an den Start geht, fährt bereits jetzt schon ein Tempo, mit dem er ohne Weiteres mit der Deutschen Downhill-Elite mithalten kann.
Umso mehr freuen wir uns, dass Max in dieser Saison in regelmäßigen Abständen auf MTB-News.de eine Kolumne über den Alltag eines Schülers, der nebenbei auch noch eines der größten Talente des Downhill-Sports ist, veröffentlichen wird. In der Kolumne wird Max über seine ersten Erfahrungen im Weltcup, über seine Schritte zum Downhill-Profi und über die Balance zwischen Abitur und Leistungssport berichten. Wir haben uns vorab mit Max getroffen, um auf seine Anfänge als Downhiller zurückzublicken und ihn nach seinen großen Ambitionen zu fragen.
MTB-News.de: Hallo Max! Stell dich doch bitte kurz unseren Lesern vor.
Max Hartenstern: Mein Name ist Max Hartenstern, ich bin 16 Jahre alt und wohne in Geringswalde, nördlich von Chemnitz. Ich fahre Downhill für die MTB-Bande Schatzki – bis zum letzten Jahr in der U17-Kategorie, ab diesem Jahr dann in der U19.
Was machst du, wenn du nicht gerade auf dem Fahrrad sitzt?
Aktuell besuche ich die 11. Klasse und mache nächstes Jahr mein Abitur, Leistungskurse Deutsch und Physik.
Das ist eine ungewöhnliche Kurswahl für einen angehenden Downhill-Profi. Kein Sport-Leistungskurs?
Das war etwas gezwungen. Am liebsten hätte ich natürlich Sport genommen, aber das geht auf meiner Schule nicht. Geschichte hätte ich noch wählen können, darauf hatte ich aber keine Lust. Und Englisch wollte ich nicht nehmen – ich bin nicht so der Sprachentyp. Für Sport hätte ich auf eine Sportschule wechseln müssen, aber der Aufwand wäre mir zu groß gewesen. Deshalb Deutsch und Physik!
Was sagen deine Lehrer eigentlich dazu, dass du Downhill fährst und häufig unterwegs zu Rennen bist?
Von Seiten der Schule werde ich zum Glück gut unterstützt! Meine Lehrer wissen Bescheid und ermöglichen mir, dass ich hin und wieder ein paar Tage in der Schule verpasse, wenn ich unterwegs zu Rennen bin. Ich weiß nicht, ob das ohne weiteres auf einer anderen Schule möglich wäre. Zum Glück bekomme ich die Unterstützung.
Wo trainierst du? Gibt’s bei dir zu Hause in der Gegend gute Downhill-Strecken?
Nein, nicht wirklich. Wir haben in der Nähe zwar einen kleinen Berg, auf dem man ein paar Abfahrten machen kann. Zum Downhill-Training fahre ich im Sommer aber nach Boží Dar in Tschechien. Das ist etwa eine Stunde von mir entfernt und die Hausstrecke von Erik Irmisch. Mit Irm bin ich letzten Sommer dort einige Male gefahren. Wobei: Besonders lang kann ich mit Irm nicht fahren. Dafür ist sein Fahrstil einfach viel zu krass! (lacht)
Wie bist du dann überhaupt zur Sportart gekommen? Hast du direkt mit dem Downhill Fahren angefangen?
„Auf der Sportschule wäre es eher so gewesen, dass die Kinder den Sport und die Eltern die Hausaufgaben machen. Darauf hatte ich ehrlich gesagt keinen Bock – meinen Abschluss will ich selbst machen.“
Ich bin früher sieben Jahre lang BMX Race gefahren. Nach fünf Jahren war ich an einem Punkt angelangt, wo ich auf die Sportschule nach Cottbus hätte gehen können. Ich habe mich aber dagegen entschieden. Dort wäre es eher so gewesen, dass die Kinder den Sport und die Eltern die Hausaufgaben machen. Darauf hatte ich ehrlich gesagt keinen Bock – meinen Abschluss will ich selbst machen. Ich bin danach noch zwei Jahre weitergefahren und habe mich durchgekämpft. Aber irgendwann hat mir das schlichtweg keinen Spaß gemacht und ich konnte nicht mehr mithalten.
Wie ging’s dann weiter?
In 2006 bin ich mit meinen Eltern zum Downhill-Weltcup nach Willingen gefahren und habe dort zum ersten Mal Downhill so richtig live gesehen. Mein Papa fand Downhill schon immer super. Danach bin ich ein paar Mal mit nach Winterberg zum Dirt Masters gefahren. Der Vater von einem ehemaligen Teamkollegen von mir ist dort Streckensprecher beim Downhill-Rennen. Vor vier Jahren sind meine Eltern auch mitgekommen. Eigentlich wollte ich in dem Jahr eine Probefahrt auf einem Downhill-Rad machen. Aber ich fand das alles sehr cool: Die Atmosphäre, das Feeling rundherum und die ganzen krassen Typen. Also haben mir meine Eltern das Rad zum Glück direkt gekauft.
Mein erstes Downhill-Rennen war der City Downhill in Meißen. Kurz danach habe ich David Schatzki kennengelernt, der seit einigen Jahren einen eigenen Fahrradladen und auch ein eigenes Rennteam – die MTB-Bande Schatzki – betreibt. David fand es cool, dass ich jung und motiviert bin. Es hat keine vier Monate gedauert und ich war im Team. Danach bin ich ein Jahr lang Rookies Cup gefahren und anschließend direkt in die U17 gewechselt.
Und seitdem fährst du für die MTB-Bande Schatzki?
Genau. David wohnt eine halbe Stunde von mir entfernt und wir fahren immer alle zusammen Fahrrad. Die Leute in meinem Team sind gute Freunde von mir, mit denen ich sehr oft und sehr gerne zusammen trainiere.
Wenn man sich deine Rennergebnisse aus den letzten Jahren anschaut gerät man schnell ins Staunen …
Ja, die letzte Saison ist sehr gut gelaufen. Ich bin erstmals auch bei European Downhill Cups an den Start gegangen. Das war eine coole Erfahrung, auch wenn ich etwas Lehrgeld zahlen musste.
Wie waren deine Erfahrungen im EDC?
Der Umstieg vom GDC auf den EDC ist mir recht schwer gefallen. Gerade die ersten Abfahrten in Leogang auf der sehr schnellen Strecke waren hart. Mein erster EDC war in Schladming. Dort hat es 4 Tage lang durchgeregnet – ausgerechnet auf so einer Strecke. Im Training bin ich in einem High Speed-Stück heftig gestürzt und hab dann den Seeding Run ausgelassen. Das Finale ist gut gelaufen, bis ich in einer der letzten Kurven gestürzt bin. Ohne den Sturz wäre ich wohl auf’s Podest gefahren.
Der EDC in Špičák war super. Ich hab die Quali gewonnen, obwohl ich das letzte Drittel mit plattem Reifen fahren musste. Und im Finale konnte ich mir den Sieg sichern. Der EDC in Leogang sollte ein gelungener Saisonabschluss werden. Anfangs hatte ich Probleme, mich mit der schnellen Strecke anzufreunden. Die Quali habe ich dann gewonnen. Mein Finale lief gut, bis es mich im Steilstück aufgestellt hat und ich frontal gegen einen Baum geprallt bin – ausgerechnet der einzige Baum weit und breit ohne Schutzmatte. Das war kein schönes Ende meiner Saison. Hätte ich dort gewonnen, wäre ich in der Gesamtwertung des EDC auf den dritten Platz gefahren. Aber: Hätte, hätte, Fahrradkette. Trotzdem ist meine Saison super gelaufen und ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen!
In Deutschland wärst du letztes Jahr mit deinen Zeiten regelmäßig in die Top 10 der Elite gefahren. Vergleichst du dich da überhaupt mit den anderen Fahrern aus der U17 oder U19?
Bei den deutschen Rennen schaue ich hinterher schon nach, welche Zeiten die Elite-Fahrer wie Benny Strasser, Jasper Jauch und Erik Irmisch hatten. In Ilmenau war ich zum Beispiel nur zwei Sekunden langsamer als Jasper – da guckst du dann natürlich auch mal, was für Zeiten die Elite-Fahrer ins Ziel bringen und was die im Training anders machen. Im EDC vergleiche ich mich ganz klar mit den Fahrern aus meiner Alterskategorie. Meistens gucke ich dann hinterher, ob ich mit meiner Zeit ins Super Finale der Elite gekommen wäre.
Hattest du vor der Saison nicht Überlegungen, in ein größeres Team zu wechseln?
Die Überlegungen und Möglichkeiten hatte ich, ja. Ich hatte beispielsweise ein Angebot von einem Weltcup-Team und mir ist es sehr schwer gefallen, da nein zu sagen. Natürlich wäre es cool gewesen, mit den Weltcup-Profis zusammen in einem Team zu fahren. Aber ich fühle mich sehr wohl in der MTB-Bande. Dort wäre es eher so gewesen, dass ich bei den Weltcups vielleicht mal ins Zelt schauen kann. Aber meine Teamkollegen hätte ich dann nur ein paar Mal im Jahr gesehen und wäre wahrscheinlich auch kein vollwertiger Teamfahrer gewesen.
Am Ende wäre das für mich im Prinzip auf dasselbe hinausgelaufen. Aktuell bekomme ich meine Fahrräder gestellt und werde von Atlantic bei meinen Reisekosten unterstützt. Hier habe ich meine ganzen Freunde, mit denen ich Rad fahren kann, die mir beim Schrauben helfen, mit denen ich gemeinsam trainieren kann. Das ist für mich letztlich das bessere Gesamtpaket.
Wer sind deine Lieblingsfahrer?
„Die ganze Atmosphäre in Ilmenau und das Drumherum sind der Hammer. Wenn die Leute mit der Kettensäge am Streckenrand stehen und dich anfeuern ist das ein geiles Gefühl!“
Auf jeden Fall Aaron Gwin und Troy Brosnan! Gwin ist meiner Meinung nach eine cooler Typ und ich liebe seinen Fahrstil – aggressiv und gleichzeitig total kontrolliert. Schade, dass er von Specialized weg ist. Als Newcomer finde ich auch Loïc Bruni super.
Hast du als Nachwuchsfahrer und amtierender Deutscher U17-Meister bislang viel mit dem BDR zu tun gehabt? Wie beurteilst du die Entwicklung in Deutschland?
Um ehrlich zu sein habe ich bislang noch nicht so richtig mit dem BDR zu tun gehabt. So, wie ich das mitbekomme, macht Fabian Waldenmaier sehr viel und kümmert sich. Ansonsten kommt aber vom BDR bislang keine Unterstützung. Bei der Deutschen Meisterschaft zum Beispiel haben alle Gewinner das Deutsche Nationaltrikot erhalten: Masters, U19, Elite, Männer und Frauen. Als Deutscher U17-Meister habe ich jedoch nix bekommen. Das lag wohl daran, dass die UCI für alle außer meiner Kategorie zuständig war. Die U17 ist jedoch Sache des BDR und da hat niemand etwas bekommen. Generell scheint die Regelung mit den Trikots ja eine etwas komplizierte Angelegenheit zu sein …
Welche Veränderungen wünschst du dir als junger Nachwuchsfahrer vom BDR?
Ein Trainingslager mit den schnellsten Deutschen Downhill-Fahrern wäre meiner Meinung nach eine tolle Sache. Aktuell macht jeder sein eigenes Ding. Wenn man ein Trainingslager mit den Deutschen Top-Fahrern – mit Fischi, Strasser, Jasper und so – organisieren würde, hätten wir Nachwuchsfahrer auf den Rennen auch mehr Kontakt zu den schnellen Leuten. Aktuell schaut man sich als Nachwuchsfahrer vielleicht mal eine Linie ab, sagt hallo, redet zwei Sätze – das war’s. Wenn man für uns alle gemeinsam so ein Trainingslager organisieren würde, wäre das ein ganz anderes Verhältnis.
Wie sehen deine Pläne für die kommende Saison aus?
Mein Fokus liegt im nächsten Jahr auf der kompletten EDC-Serie. Außerdem fahre ich in Winterberg, in Ilmenau und in Tabarz bei der Deutschen Meisterschaft mit. Das erste, was ich bei der Planung gesagt habe, war: „Von den deutschen Rennen fahre ich auf jeden Fall Ilmenau!“ Die ganze Atmosphäre und das Drumherum sind der Hammer. Wenn die Leute mit der Kettensäge am Streckenrand stehen und dich anfeuern ist das ein geiles Gefühl!
Außerdem werde ich in Leogang und in der Lenzerheide beim Weltcup an den Start gehen. Wenn’s klappt, würde ich natürlich gerne die Weltmeisterschaft in Val di Sole fahren. Eventuell fahre ich auch zum Weltcup nach Fort William – wenn es blöd läuft, sitzt man aber 20 Stunden im Auto, macht drei Abfahrten und schafft die Quali nicht. Deshalb steht das noch in den Sternen.
Was sind deine langfristigen Ziele? Berufswunsch: Downhillprofi?
Nächstes Jahr will ich gut in der Gesamtwertung des EDC abschneiden und erste Erfahrungen im Weltcup sammeln. Es wäre super, wenn ich da auch vorne mitfahren könnte, aber ich kann das Niveau noch nicht einschätzen. Langfristig will ich verletzungsfrei bleiben. Und auf jeden Fall ist es mein großes Ziel, Downhill-Profi zu werden und die Sportart beruflich auszuüben!
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der kommenden Saison!
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