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Heiße Temperaturen, Sonne und viel Action gab es bei der 12h MTB EM in Diessen
Heiße Temperaturen, Sonne und viel Action gab es bei der 12h MTB EM in Diessen
Die Ruhe vor dem Sturm
Die Ruhe vor dem Sturm
Der Weltmeister von 2015 Philipp Prangerl peitscht nach dem Startschuss sofort los
Der Weltmeister von 2015 Philipp Prangerl peitscht nach dem Startschuss sofort los
Das Starterfeld schlängelt sich durch die Wechselzone der Teamfahrer
Das Starterfeld schlängelt sich durch die Wechselzone der Teamfahrer
Philipp und Kai bilden schnell ein Führungs-Duo
Philipp und Kai bilden schnell ein Führungs-Duo
In der Führungsgruppe der Solofahrer wird sich nicht viel geschenkt
In der Führungsgruppe der Solofahrer wird sich nicht viel geschenkt
Nach einigen Runden wird das Tempo in der Spitzengruppe forciert
Nach einigen Runden wird das Tempo in der Spitzengruppe forciert
Die Singletrailpassagen werden immer glitschiger und bereiten einigen Teilnehmern zunehmend Probleme
Die Singletrailpassagen werden immer glitschiger und bereiten einigen Teilnehmern zunehmend Probleme
Nachdem mittlerweile einige Teilnehmer das Rennen wegen Defekten, Unterkühlung oder Stürzen beenden mussten, heißt es für den Rest weiter Gas geben
Nachdem mittlerweile einige Teilnehmer das Rennen wegen Defekten, Unterkühlung oder Stürzen beenden mussten, heißt es für den Rest weiter Gas geben
Auch Kai blieb vor Defekten nicht verschont und war nach einem Sturz gezwungen ohne Hinterradbremse das Rennen weiter zu fahren
Auch Kai blieb vor Defekten nicht verschont und war nach einem Sturz gezwungen ohne Hinterradbremse das Rennen weiter zu fahren
Der Weltmeister von 2014 Markus Ziegler kämpft sich auf den zweiten Rang nach vorne
Der Weltmeister von 2014 Markus Ziegler kämpft sich auf den zweiten Rang nach vorne
Frei nach dem Motto, ,,Wer bremst, verliert,, geht für Kai die Titeljagt weiter
Frei nach dem Motto, ,,Wer bremst, verliert,, geht für Kai die Titeljagt weiter
Heftiger Platzregen, scheint die Teilnehmer zeitweise sauber zu spühlen
Heftiger Platzregen, scheint die Teilnehmer zeitweise sauber zu spühlen
Bei diesen Schlammlöchern gestaltet sich die Suche nach der Ideallinie sehr schwirig
Bei diesen Schlammlöchern gestaltet sich die Suche nach der Ideallinie sehr schwirig
Nach vielen Stunden Dauerregen ist nicht nur die Strecke, sondern auch die Muskulatur aufgeweicht
Nach vielen Stunden Dauerregen ist nicht nur die Strecke, sondern auch die Muskulatur aufgeweicht
Jede Abfahrt wird zu einem Balanceact, der mittlerweile auch an der Konzentration nagt
Jede Abfahrt wird zu einem Balanceact, der mittlerweile auch an der Konzentration nagt
Die Strecke gleicht mehr einem Truppenübungsplatz
Die Strecke gleicht mehr einem Truppenübungsplatz
Der Modder legt sich wie ein Hauch von Kamuflaj auf Mensch und Maschine und lässt beides mit der Natur verschmelzen
Der Modder legt sich wie ein Hauch von Kamuflaj auf Mensch und Maschine und lässt beides mit der Natur verschmelzen
Weil die Bedingungen immer verherender wurden, entschied sich der Veranstalter nach 10,5 Stunden zum Rennabbruch
Weil die Bedingungen immer verherender wurden, entschied sich der Veranstalter nach 10,5 Stunden zum Rennabbruch
Dreckig aber glücklich im Ziel
Dreckig aber glücklich im Ziel
Ohne Helfer im Hindergrund ist eine Solofahrt ohne nennenswerte Pause nicht möglich
Ohne Helfer im Hindergrund ist eine Solofahrt ohne nennenswerte Pause nicht möglich
Das Weltmeisterschafts-Bike von Kai. Cannondale F29 Team Edition 2013, umlackiert, alle Leitungen in den Rahmen verlegt, mit Anbauteilen von Leonardi Racing und Tune. Eine Rennwaffe mit Rennradpedalen, die Rennfertig schlappe 8,1kg wiegt
Das Weltmeisterschafts-Bike von Kai. Cannondale F29 Team Edition 2013, umlackiert, alle Leitungen in den Rahmen verlegt, mit Anbauteilen von Leonardi Racing und Tune. Eine Rennwaffe mit Rennradpedalen, die Rennfertig schlappe 8,1kg wiegt
Bildcoulage von Eva Saaler
Bildcoulage von Eva Saaler
Trikot und Medalie
Trikot und Medalie

Nachdem die 12h MTB Europameisterschaft eine ordentliche Hitzeschlacht in Diessen am Ammersee war, gab es am 17. September bei der Weltmeisterschaft das absolute Kontrastprogramm. Dauerregen bei 12C°! Kai Saaler berichtet von der WM in Weilheim:

Die beiden Weltmeister der vergangenen zwei Jahre, Markus Ziegler und Philipp Pangerl, waren ebenfalls am Start. Doch nicht nur diese beiden Größen der Szene fanden den Weg ins bayrische Weilheim, sondern auch Florian Probst, Benjamin Michael und Oswald Ehrmann, der 12h MTB Europameister des vergangenen Jahres. Nicht unterschätzen durfte man auch Torsten Weber, den deutschen 24h Vizemeister und Gewinner des 24h Rennens in Duisburg. Es versprach also ein spannendes Rennen zu werden, da jeder dieser Ausnahmesportler sich akribisch auf diese Weltmeisterschaft vorbereitet und jeder das Zeug zum Weltmeister hatte.

Heiße Temperaturen, Sonne und viel Action gab es bei der 12h MTB EM in Diessen
# Heiße Temperaturen, Sonne und viel Action gab es bei der 12h MTB EM in Diessen
Die Ruhe vor dem Sturm
# Die Ruhe vor dem Sturm
Der Weltmeister von 2015 Philipp Prangerl peitscht nach dem Startschuss sofort los
# Der Weltmeister von 2015 Philipp Prangerl peitscht nach dem Startschuss sofort los

Aber nun von Anfang an…

Eigentlich lag mein Fokus in dieser Saison hauptsächlich auf der 12h MTB Europameisterschaft im Juni, da ich im vergangenen Jahr mit nur 26 Minuten Rückstand die Silbermedaille und mit 3 Minuten und 25 Sekunden die Goldmedaille verpasst hatte. Auf 12 Stunden gesehen ist das gerade einmal ein Wimpernschlag, verdeutlicht aber die Leistungsdichte, die diese Extremsportart mittlerweile hat. Schon Kleinigkeiten können auch bei solchen Rennen entscheidend sein. Auch die Europameisterschaft ist traditionell immer sehr gut besetzt. Umso erstaunlicher war es für mich, dass ich trotz der Hitze um die 34C°, den Liechtensteiner 24h MTB Europameister um 1,5 Runden distanzieren und mir so den Europameistertitel sichern konnte. Nach der VAUDE Trans Schwarzwald, die ich mit dem 2. Platz in meiner Altersklasse beenden konnte, war ich erst mal krank. Die Klimaanlage im Auto war wohl doch etwas zu viel für mein geschwächtes Immunsystem.

Nach einer Woche Zwangspause merkte ich, dass meine Sommergrippe doch einen ziemlichen Trainingsrückstand mit sich gebracht hatte. Die nächsten 3 Wochen musste ich effektiv nutzen, um gegen die starke Konkurrenz nur halbwegs zu überstehen. Von anderen Fahrern wusste ich, dass die Trainingspläne auf das Streckenprofil und die Singletrails zugeschnitten wurden. Im Gegensatz zu vielen Cracks der Szene fahre ich ohne Wattmessung, fahre in keinem Biketeam und habe auch keinen Trainer, der mir auf meinen Alltag perfekt abgestimmte Trainingspläne zusammenstellt. Mein tägliches Training wird zudem sehr durch meinen Job eingeschränkt und da ich meine Wochenendbeziehung nicht jedes Wochenende mit Überdistanzfahrten belasten will, war es diese Saison sehr schwer, das Training effektiv im Alltag unterzubringen. Ich machte mir Gedanken, in welchen Bereichen ich am einfachsten und gleichzeitig am schnellsten etwas an meinem Trainingszustand verbessern konnte. Die Lösung: Richtige Ernährung und Null Alkoholkonsum! Gesagt, getan. Eine Woche vor meinen Rennen trainiere ich meistens nicht mehr viel und hatte noch eine letzte lockere Einheit mit einigen Rennradfahrern meines Radvereines in Bad Säckingen. Die letzten beiden Tage dienen vor allem dem Carboloading, wo es hauptsächlich darum geht, so viele Kohlenhydrate wie nur möglich in den Körper zu schaufeln. Die hochsommerlichen Temperaturen vor der Weltmeisterschaft, machten dies allerdings ziemlich schwer.

Am späten Freitagnachmittag begann für mich und meine beiden Betreuerinnen dann das Abenteuer Weltmeisterschaft. Kilometerlange Staus und sintflutartige Regenfälle schmälerten gleich zu Beginn der Reise unsere Vorfreude auf den nächsten Tag. Erst gegen 23 Uhr kamen wir endlich an unserer Unterkunft an. Mittlerweile schon fast ein Ritual vor meinen Rennen, genoss ich natürlich noch ein paar Gläschen Wein, bevor es dann ins Bett ging.

Das Starterfeld schlängelt sich durch die Wechselzone der Teamfahrer
# Das Starterfeld schlängelt sich durch die Wechselzone der Teamfahrer

Renntag

Nach nur 4 Stunden Schlaf war um 4.30 Uhr für uns drei die Nacht auch schon wieder vorbei. Während meine Cousine mir als angehende Physiotherapeutin den Rücken tapte, packte meine Freundin Tamy schon mal unser Gepäck zusammen, um Zeit zu sparen. Wie immer waren wir natürlich mal wieder viel zu spät dran.

Auf dem Weg von München nach Weilheim war es im Auto totenstill. Man hörte nur den Regen, der in der Dunkelheit des Scheinwerferlichtes auf die Windschutzscheibe prasselte. Ich spürte genau, dass bei diesem Wetter keiner von uns wirklich Lust auf dieses Rennen hatte.

Nachdem ich die Startunterlagen abgeholt hatte, suchte ich in der Dunkelheit vergebens meinen Platz für die Verpflegung und das Pavillon. Markus Ziegler, der Weltmeister von 2014, hatte mir netterweise einen Platz an der Strecke reserviert. Genau das ist auch das Schöne am Ausdauer-Mountainbikesport, auch wenn alle immer von Konkurrenz reden, sehen wir Fahrer die anderen eher als Mitstreiter. Nachdem das Pavillon aufgebaut und alle Utensilien im Trockenen waren, hatte ich noch zehn Minuten um mich für das Rennen fertig anzuziehen. Damit ich nicht am Ende des Feldes starten musste, stellte sich meine Freundin schon mal mit meinem Bike in den Startblock. Zwei Minuten vor dem Startschuss kletterte ich also über die Metallabsperrung und hatte wie immer keine Zeit mich mental auf das Rennen vorzubereiten.

Philipp und Kai bilden schnell ein Führungs-Duo
# Philipp und Kai bilden schnell ein Führungs-Duo

Rennen

Der Startschuss fiel und zeitgleich schnellte das Adrenalin in die Venen und verpasste mir einen ordentlichen Schub. Nach 100 Metern schlängelte sich das Fahrerfeld den ersten steilen Grasanstieg hinauf. Schnell konnte ich eine gute Position hinter den Teamfahrern ergattern und versuchte mich schon auf den ersten Metern im Windschatten auf den Flachpassagen abzusetzen. Da ich die Strecke vorher nicht abfahren konnte, orientierte ich mich genau an der Linienführung und versuchte die Ideallinie zu finden. Durch den Dauerregen war die Strecke bereits schon in der ersten Runde aufgeweicht und die vielen Wurzelpassagen schon jetzt sehr rutschig. In der zweiten Runde überholte mich ein Fahrer und ich bat ihn, kurz in seinem Windschatten mitfahren zu dürfen. Mein Puls war schon von Beginn an bei 173 Schlägen pro Minute, was definitiv nicht meinem Wohlfühltempo entsprach. Von dem vermeintlichen Teamfahrer bekam ich allerdings nur als Antwort: „Ich bin auch Einzelfahrer, aber wir können ja zusammen arbeiten!?“ Er stellte sich wenig später als Philipp Pangerl vor und von da an wusste ich auch, wie der amtierende Weltmeister aussah. Bisher kannte ich nur seinen Namen und nun hatte ich auch das Gesicht dazu. Naja, es war sehr verschlammt. Bis letztes Jahr war er noch im Mountainbike-Marathon Worldcup gefahren und ich bemerkte schnell, dass diese Weltmeisterschaft nicht nur durch die äußerlichen Bedingungen hart werden sollte. Wenig später schloss auch Benjamin Michael vom Ghost Racing Team zu uns auf. Ihn kannte ich schon von der Trans Schwarzwald und wusste, dass er gut Marathon fahren konnte. Bei einer solchen Konkurrenz begann ich schon leicht an mir zu zweifeln, da ich wahrlich nicht so strukturiert trainiert hatte, wie meine beiden Mitstreiter. Ein richtiges zusammenarbeiten war es allerdings nicht wirklich. Jeder wollte zeigen, was er drauf hatte und an jedem einzelnen Anstieg wurde ziemlich Tempo gemacht. Dass man schon jetzt nass bis auf die Knochen war, hatte ich schon fast vergessen, da ich mit der Situation wirklich gefordert war. Ich musste Philipp einige Runden später ziehen lassen und hatte ihn in den Singletrails sogar ziemlich schnell aus den Augen verloren. Die Strecke wurde immer schlammiger und schon nach einer Stunde wurde der erste Anstieg gleich nach der Zieldurchfahrt aus dem Streckenprofil gestrichen, da ein Fahren über diese Graspassage einfach nicht mehr möglich war. Benjamin war zurückgefallen und ich war nun alleine gegen die Naturgewalten unterwegs. Wie ich später mitbekam, hatte Benjamin einige schwerwiegende Defekte und musste das Rennen leider frühzeitig beenden.

In der Führungsgruppe der Solofahrer wird sich nicht viel geschenkt
# In der Führungsgruppe der Solofahrer wird sich nicht viel geschenkt

Nur eine Runde später konnte ich wieder auf den Weltmeister aufschließen, da dieser gerade beschäftigt war im Zielbereich seine Schaltung zu reinigen. Das war im Allgemeinen das große Problem dieses Rennens. Der Schlamm setzte sich überall fest und das sollte sich auch auf die Technik der Bikes auswirken. Eine Runde fuhren wir noch einmal zusammen, bis Philipp erneut seine Schaltung reinigen musste. Nun witterte ich meine Chance und legte ein wenig mehr Druck auf das Pedal. Mittlerweile regnete es allerdings nicht mehr nur, sondern es schüttete wie aus Eimern. Auf den steinigen und wurzeligen Singletrails wurde es wirklich sehr gefährlich. Einige Fahrer waren bereits schon schwer gestürzt und auch ich sollte in dieser Runde nicht verschont bleiben. Über eine Wurzel gerutscht, hatte ich einen heftigen Einschlag auf den Boden. Das Gesicht voller Schlamm, begann ich langsam an diesem Rennen zu zweifeln. Der Trigger meiner Shram XX1 wurde abgerissen und ich konnte die Hinterradbremse nicht mehr bedienen. Die Bremsleistung der hinteren Bremse war gleich Null. Ein Fußballer würde sich in dieser Situation wahrscheinlich auf dem Boden herumwälzen und auf ein Foul plädieren. Aber ich bin nun einmal mit Leib und Seele Mountainbiker und ein Foul oder gar eine Schwalbe gibt es in dieser Sportart nicht. Also wieder rauf auf das Carboonross und weiter geritten. Ich schrie mich selber an, dass ich mich zusammenreißen sollte und das bisschen Schlamm mich nicht aufhalten kann. Jeden Augenblick rechnete ich damit, noch einmal von Philipp überholt zu werden. Doch dieses Worst-Case-Szenario blieb aus, da auch er das Rennen aufgeben musste. Allgemein wurde es nach 4 gefahrenen Stunden etwas leerer auf der Strecke. Viele Teilnehmer mussten wegen Defekten, Stürzen oder wegen Unterkühlung aufgeben. Ich legte einen kurzen Stopp ein und befestigte den Trigger mit einem Kabelbinder am Lenker. Das sollte entgegen meiner Null-Stop Strategie der einzige Boxenstopp sein. Anscheinend hatte ich schon einen bemerkenswerten Vorsprung herausfahren können und drosselte ein wenig das Tempo. Die Situation auf der Strecke spitzte sich immer weiter zu. Es schien, als hätten sich die Elemente gegen uns Fahrer verbündet. Der Schlamm schien einen förmlich festzuhalten, der Wind peitschte kalt ins Gesicht und der Regen kühlte zusätzlich den geschundenen Körper aus. Das Rennen war eine Zerreißprobe ohne Gleichen. Ein Crosscountry-Rennen dauert maximal zwei Stunden, ein Marathon höchstens sechs, aber wir sollten diese Strapazen nun zwölf Stunden durchhalten. Alleine die Vorstellung daran, ließ das Blut in den Adern gefrieren. Dennoch begann mir das Rennen immer mehr Spaß zu machen und ich versuchte gerade in den Singletrails ordentlich Gas zu geben. Naja, eigentlich blieb mir nichts anderes übrig, da ich eben keine Hinterradbremse mehr hatte und es einfach laufen lassen musste. Alleine mit der Vorderradbremse, waren galante Bremsmanöver einfach nicht möglich. Auf den Wurzelpassagen glich die Strecke einer Bobbahn, bei der es tödlich ist, nur die vordere Bremse zu berühren. Es war mehr reagieren, als agieren, aber ich fühlte mich stets sicher auf dem Bike, obwohl ich eher ein Passagier war. Nach der Hälfte des Rennens konnte ich Markus Ziegler von der Kona Factory/Bike-Ranch überrunden. Der Weltmeister von 2014 hatte ein echtes Motivationstief und da wir mittlerweile ziemlich gut befreundet sind, versuchte ich, so gut es bei dem Wetter ging, ihn aufzumuntern. Dies gelang mir aber nicht wirklich, da ich nicht zu sehr aus dem Rhythmus kommen wollte und mein Tempo beibehalten musste. Wenige Runden später hatte ich auch zwei Fahrer vom „24h Team Northwave“ eingeholt. Einer davon war Torsten Weber, der in diesem Jahr bereits deutscher 24h Vizemeister geworden war. Auf einem Asphaltstück bot Torstens Teamkollege Helmut Wolf uns beiden Windschatten an und ich klemmte mich dankend an sein Hinterrad. Mit 40km/h trat er gegen den Wind und den prasselten Regen. Als ich mich umdrehte, war Torsten allerdings aus dem Wind- und Regenschatten gefallen und ich gab Helmut die Info, dass er am besten auf ihn warten sollte, um ihm zu helfen. Derweil strampelte ich mein Programm weiter ab und kämpfte mich Runde für Runde durch den Schlamm. Also wenn Schlammpackungen in den Beautysaloons jung machen sollen, dann sollten wir nach 12 Stunden wohl als Babys den Zielstrich überqueren.

Nach einigen Runden wird das Tempo in der Spitzengruppe forciert
# Nach einigen Runden wird das Tempo in der Spitzengruppe forciert

Es gab keinen Quadratmillimeter, der nicht von brauner Schlammcreme bedeckt war. Die Radhose fungierte eher als semipermeable Membran, welche die feinen Matschpartikel zwar hinein ließ, aber nicht wieder nach draußen gelangten. Es fühlte sich ein bisschen so an, als hätte man Durchfall in der Hose. Nur mit dem Unterschied, dass dieser kalt war. Stunde für Stunde wurde die Strecke schlechter zu fahren. Einiger Abschnitte waren ein einziges Wasserloch und an einem Anstieg kämpfte man sich quasi ein Bachbett hinauf. Der Kurs schien die Kraft förmlich aufzusaugen. Die Graspassagen waren längst schon in tiefe Äcker verwandelt worden. Frodo hatte es wohl bei der Durchquerung der Todessümpfe einfacher, da es bei ihm wenigstens nicht geregnet hatte und er, wie Torsten zeitweise Weggefährten dabei hatte. Nach neuneinhalb Stunden kam die Order der Rennorganisation, dass die Weltmeisterschaft um 18 Uhr abgebrochen werden sollte. Hieß für mich im Klartext, dass ich nur noch drei Runden zurückzulegen hatte. Mir ging es zwar immer noch erstaunlich gut, da ich mir das Rennen auf zwölf Stunden eingeteilt hatte, aber viele andere Fahrer hatten nun sehr starke Probleme. Als ich bei einer Wurzelpassage einen Mitstreiter vor mir über den Wurzelteppich schlittern sah, wollte ich ihn verbal schon warnen, dass ich flott von hinten kommen würde. Das erledigte sich allerdings schon von alleine, da er kurz darauf wie ein nasser Sack zu Boden krachte. Im Rahmen meiner Möglichkeiten verzögerte ich mit meiner Vorderradbremse so gut es eben ging und näherte mich ihm. Ich erkundigte mich, ob bei ihm alles in Ordnung sei. Er antwortete mit schmerzverzerrtem Gesicht, dass er nur einen starken Krampf hatte und ich weiterfahren solle. Dieser Vorfall war exemplarisch für die Strapazen, die in jedem Einzelnen von uns Ausdauerverückten steckte. Dann endlich nach 10 Stunden, 20 Minuten und 8 Sekunden überquerte ich die Ziellinie und war überglücklich, den wirklich harten Bedingungen getrotzt zu haben. Auch wenn es im Ziel natürlich weiter regnete, hatte ich das Bedürfnis augenblicklich aus den schlammigen Klamotten zu kommen. Aber leider war der Leidensweg noch nicht ganz vorüber, da es unmittelbar in Zielnähe keine Duschen gab. Auch die Weltmeisterzeremonie fand im strömenden Regen statt und ich freute mich riesig, als Markus Ziegler mir eine warme Dusche in seiner Ferienwohnung anbot. Wenn Frauen nach einem mehrstündigen Einkaufsmarathon nach Hause kommen und nur ein Kleidungsstück gefunden haben, würden jeder Mann sein weibliches Gegenstück verurteilen. Naja, ich war über zehn Stunden im Monsun unterwegs, um ebenfalls nur ein Trikot zu bekommen. Wahrscheinlich ist es Schicksal, dass gerade das Weltmeistertrikot als Regenbogentrikot bekannt ist. Denn Regenbogen entstehen eben nur, wenn eine Lichtquelle gegen den Regen scheint. Und ich strahlte in meinem neuen Kleidungsstück. Doch bei allen Quälereien, die ich durchlitten hatte, ist es mir eine Herzensangelegenheit zu erwähnen, dass solch eine Leistung nicht ohne Team im Hintergrund möglich gewesen wäre. Bedanken möchte ich mich bei dem kompletten „Sauser Sportevent-Team“, die mir die Möglichkeit gaben, zwei komplette Etappenrennen (Engadin Bike Giro, VAUDE Trans Schwarzwald) als Vorbereitung zu nutzen. Danke an Eva Schulz aus München, auf deren Couch wir am Vorabend übernachten durften. Meiner Schwester Eva, mit der ich einige Trainingsstunden und neue Trainingsmethoden erlebt hatte. Vor allem war dieser Weltmeistertitel allerdings zustande gekommen, weil meine Cousine Tabea Schaub und meine Freundin Tamy Walter sich während des Rennens aufopferungsvoll um mich gekümmert hatten. Nonstop durchfahren bedeutet eben auch nonstop betreuen. Danke, ohne euch alle wäre eine solche Saison mit dem Gewinn des Europameistertitels und dem Weltmeistertitel niemals möglich gewesen!

Die Singletrailpassagen werden immer glitschiger und bereiten einigen Teilnehmern zunehmend Probleme
# Die Singletrailpassagen werden immer glitschiger und bereiten einigen Teilnehmern zunehmend Probleme
Nachdem mittlerweile einige Teilnehmer das Rennen wegen Defekten, Unterkühlung oder Stürzen beenden mussten, heißt es für den Rest weiter Gas geben
# Nachdem mittlerweile einige Teilnehmer das Rennen wegen Defekten, Unterkühlung oder Stürzen beenden mussten, heißt es für den Rest weiter Gas geben
Auch Kai blieb vor Defekten nicht verschont und war nach einem Sturz gezwungen ohne Hinterradbremse das Rennen weiter zu fahren
# Auch Kai blieb vor Defekten nicht verschont und war nach einem Sturz gezwungen ohne Hinterradbremse das Rennen weiter zu fahren
Der Weltmeister von 2014 Markus Ziegler kämpft sich auf den zweiten Rang nach vorne
# Der Weltmeister von 2014 Markus Ziegler kämpft sich auf den zweiten Rang nach vorne
Frei nach dem Motto, ,,Wer bremst, verliert,, geht für Kai die Titeljagt weiter
# Frei nach dem Motto, ,,Wer bremst, verliert,, geht für Kai die Titeljagt weiter
Heftiger Platzregen, scheint die Teilnehmer zeitweise sauber zu spühlen
# Heftiger Platzregen, scheint die Teilnehmer zeitweise sauber zu spühlen
Bei diesen Schlammlöchern gestaltet sich die Suche nach der Ideallinie sehr schwirig
# Bei diesen Schlammlöchern gestaltet sich die Suche nach der Ideallinie sehr schwirig
Nach vielen Stunden Dauerregen ist nicht nur die Strecke, sondern auch die Muskulatur aufgeweicht
# Nach vielen Stunden Dauerregen ist nicht nur die Strecke, sondern auch die Muskulatur aufgeweicht
Jede Abfahrt wird zu einem Balanceact, der mittlerweile auch an der Konzentration nagt
# Jede Abfahrt wird zu einem Balanceact, der mittlerweile auch an der Konzentration nagt
Die Strecke gleicht mehr einem Truppenübungsplatz
# Die Strecke gleicht mehr einem Truppenübungsplatz
Der Modder legt sich wie ein Hauch von Kamuflaj auf Mensch und Maschine und lässt beides mit der Natur verschmelzen
# Der Modder legt sich wie ein Hauch von Kamuflaj auf Mensch und Maschine und lässt beides mit der Natur verschmelzen
Weil die Bedingungen immer verherender wurden, entschied sich der Veranstalter nach 10,5 Stunden zum Rennabbruch
# Weil die Bedingungen immer verherender wurden, entschied sich der Veranstalter nach 10,5 Stunden zum Rennabbruch
Dreckig aber glücklich im Ziel
# Dreckig aber glücklich im Ziel
Ohne Helfer im Hindergrund ist eine Solofahrt ohne nennenswerte Pause nicht möglich
# Ohne Helfer im Hindergrund ist eine Solofahrt ohne nennenswerte Pause nicht möglich
Das Weltmeisterschafts-Bike von Kai. Cannondale F29 Team Edition 2013, umlackiert, alle Leitungen in den Rahmen verlegt, mit Anbauteilen von Leonardi Racing und Tune. Eine Rennwaffe mit Rennradpedalen, die Rennfertig schlappe 8,1kg wiegt
# Das Weltmeisterschafts-Bike von Kai. Cannondale F29 Team Edition 2013, umlackiert, alle Leitungen in den Rahmen verlegt, mit Anbauteilen von Leonardi Racing und Tune. Eine Rennwaffe mit Rennradpedalen, die Rennfertig schlappe 8,1kg wiegt
Bildcoulage von Eva Saaler
# Bildcoulage von Eva Saaler
Trikot und Medalie
# Trikot und Medalie
Text & Fotos: Kai Saaler
  1. benutzerbild

    Hendrik hds1976

    dabei seit 07/2005

    Richtig guter Bericht. Sowas würde ich hier gerne mehr lesen. Auch von Leuten, die keine Meisterschaft gewinnen!

  2. benutzerbild

    Tobias

    dabei seit 08/2001

    Große Klasse, Kai! Was für ein Rennen und tolle Aufnahmen smilie

  3. benutzerbild

    __Stefan__

    dabei seit 08/2009

    Die haben in Weilheim kein Glück mit dem Wetter, letztes Jahr hat es doch auch schon so geschüttet.

    Toller Bericht!

  4. benutzerbild

    oligie

    dabei seit 09/2010

    Gibt es Gründe warum man bei dem Wetter auf einen MashGuard verzichtet?

  5. benutzerbild

    Berrrnd

    dabei seit 04/2008

    ja, guck dir die räder noch mal an.

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