Nachdem die Schnitzeljagd Covid-bedingt abgesagt ist, war die Knödeljagd in den Grödner Dolomiten nach der Hörnlijagd die letzte Jagd des Jahres. Wir waren dabei und haben einiges erlebt – und damit mal wieder festgestellt, dass das Format immer gut für einen schönen Tag auf Rädern ist.
Video: Das war die Knödeljagd 2020 in Gröden
1. Wenn um 9:45 Uhr der erste Aperol bestellt wird
Wir wissen ja, dass auch in den Südalpen Aperol Spritz einen gewissen Status genießt. Aber den Aperitif schon vor dem Rennen? Klar, soll natürlich auf das Rennen einstimmen, aber Mountainbiken – egal ob im Rahmen einer Veranstaltung oder allein im Wald – geht nicht klar. Ein Alkoholverbot gibt’s aber nicht, und der Kollege kam unverletzt als dritter ins Ziel. Allerdings: in der E-Bike-Kategorie … Da wird dann auch jedes Schubladendenken bestätigt.
2. Wenn der Spacer aus der Gondel fällt
Nach Checkpoint 1 war der Hans Dampf an Tobis Canyon nicht mehr dicht, Tubeless ist auch 2020 noch mit Restrisiko verbunden; zumindest in den Dolomiten. Der Ersatzschlauch wurde zeiteffizient in der Gondel montiert, doch weil im Boost-Hinterbau ein Non-Boost-Hinterrad steckt, sind links und rechts 3,5 mm Spacer nötig. Ich sag noch „Da müssen wir aufpassen” und schon fällt der Spacer in der Gondel auf den Boden, hüpft durch den Spalt der Tür auf den Absatz vor der Tür. Da ist er noch sichtbar, ich versuch ihn mit dem Reifenheber zu greifen – und stoße ihn fast in die Tiefe. Selten haben wir bei der Gondeleinfahrt in der Bergstation so konzentriert aus dem Fenster geschaut. Der Spacer war noch da, die Fahrt konnte weitergehen!
3. Wenn der Ersatzschlauch nicht so will, wie wir
Tubolito sind diese kleinen, leichten Ersatzschläuche aus thermoplastischem Kunststoff, knallorange. So weit, so gut – aber wenn das Teil nach 1,5 Abfahrten trotz ausreichend Druck wieder platt ist, dann kommt es auch seiner Aufgabe als Notfallschlauch nicht nach. Platten Nummer zwei – bei der Mitte der letzten Abfahrt den nächsten Tubolito rein. Interessante Randbemerkung: Obwohl die Teile lange nicht so dehnbar sind wie normale Butyl-Schläuche, lässt sich auch ein 29″-Schlauch in 27,5″-Rad montieren – und umgekehrt.
4. Wenn du mit den XC-Pellen mit knapp 70 km/h über losen Schotter fliegst
Ich hatte die grandiose Idee, das Konzept Down Country-Bike bei der Knödeljagd auf anspruchsvollen Trails und unter Zeitdruck auszuprobieren. Ergibt ja eigentlich auch Sinn: Anstiege hochfliegen, trotzdem souverän bergab. Als wir recht schnell beim Start losgekommen waren und mit hoch motivierten Jägern und Jägerinnen im Nacken mit fast 70 km/h über den losen Schotter ballern, wird mir aber klar: Ich bin mit einem Messer zur Schießerei gekommen. Wo Trail- und Enduro-Bikes souverän liegen, werde ich auf den harten, schwach profilierten und leichten XC-Reifen mächtig nervös. Da müssen wir nicht diskutieren: Beim Reifen gibt es kein Down Country, ein Reifen ist entweder XC oder DH. Einen klassischen Enduro-Reifen auf das Down Country-Bike zu montieren, würde es aber natürlich auch wieder so weit in Richtung Enduro schieben, dass man sich fragen muss, warum man sich freiwillig mit dem schmächtigen Fahrwerk zufrieden geben will – aber zum Thema Down Country demnächst mehr …
5. Wenn Dolomit-Gestein einfach gnadenlos ist
Nach der eigentlichen Veranstaltung drehten wir noch eine Runde auf der Jumpline und sahen einen gestürzten E-Biker sein Ross ins Tal schieben. Er war aufs Gesicht gestürzt und machte mit unschönen Schnittverletzungen mal wieder klar: Dolomit ist gnadenlos. Einfache Trails anzulegen wird im steinigen Gelände zur Herausforderung, denn die Erde wird schnell ausgewaschen. Zurück bleibt der scharfe Stein, der als Kies rutschig und als Sturz-Untergrund gnadenlos ist. Gute Besserung an dieser Stelle, und im Zweifel immer mit Handschuhen, Knieschonern und auch Fullface unterwegs sein!
6. Wenn du merkst, dass du jahrelang an der schönsten Alm vorbeigeballert bist.
Die Ciadinat-Hütte ist eher ein Geheimtipp – man fährt nämlich nur zu gern anders von der Ciampinoi-Bergstation ins Tal. Doch der Kaiserschmarren ist fantastisch, die Kuchen ebenfalls, und sie hat recht lange Sonne. Ja, es gibt auch viele andere schöne Einkehrmöglichkeiten; aber die hier ist wundbar ruhig und deshalb absolut empfehlenswert.
7. Wenn du merkst, dass du dich schwer tust, gemütlich zu fahren.
„Dieses Mal fahren wir wirklich entspannt, machen Bilder, genießen einfach den Tag!” – so unser Plan. Aber wenn ein Countdown runter läuft, die Kanone den Startschuss gibt und alle beim Le Mans-Start zu ihren Bikes rennen, dann kann man nicht anders als Gas geben. Ergebnis: Wir sind so manchen Abschnitt schneller gefahren als in den Jahren zuvor. Erst die zwei Platten und der Bedarf nach Fotos holte uns endlich in die Welt des Genuss … ein Defekt kann also auch für etwas gut sein!
8. Wenn du plötzlich zu klein für den Rucksack und zu groß fürs Fahrrad bist.
Deuter war neu als Sponsor der Knödeljagd dabei, und brachte an seiner Station quasi alle zum Lachen: Es galt, einen Parcour mit Rucksack abzulaufen. Kein Problem, wäre der Rucksack nicht gigantisch groß.
9. Wenn du einfach mal wieder merkst, wie verdammt schön die Dolomiten sind!
Diese Berge! Diese Wiesen! Wie gemalt.
10. Wenn die stark angetrunkenen Locals die schnellste Zeit feiern – und doch nicht gewonnen haben.
Denn gewinnen kann man die Knödeljagd nicht, indem man besonders schnell fährt. Die Mittelzeit gilt es zu treffen! Die Siegerzeiten waren übrigens absolut verrückt schnell, das muss man ihnen lassen – aber das erfordert schon einiges an Anspannung, ohne Rücksicht auf Verluste zu rasen. Außerdem wäre es gar nicht nötig gewesen: Hervorragende Knödel und ENVE-Bier gab es nach dem Rennen nämlich genug für alle.
Wer von euch hätte jetzt auch Lust, sofort in die Dolomiten zu fahren?
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