Der MTB World Cup 2022 ist Geschichte – lediglich in der Enduro World Series stehen noch Rennen aus. Zum Ende der Rennsaison strömen traditionell die ersten Dunstschwaden aus der eifrig betriebenen Gerüchteküche. Wir haben die spannendsten Mutmaßungen gesammelt und für euch zusammengefasst.
Normalerweise brodelt es mächtig auf den letzten Rennen einer Saison – jeder weiß etwas ganz sicher, darf es aber niemandem verraten, macht es dann aber letztlich doch. Dieses Jahr war es bis zum World Cup-Finale in Val di Sole erstaunlich ruhig – schuld dürfte der bisher nicht sehr geglückte Wechsel vom Red Bull zu Discovery als Ausrichter und TV-Produzenten sein, der die Gossip-Queens der MTB-Welt bisher hinreichend beschäftigt hat. Uns ist es trotzdem gelungen, einige spannende, allerdings nicht sehr gesicherte Informationen zu erhaschen. Am meisten brodelt es im DH-Zirkus, während die XC-Fahrer durch ihre Orientierung am olympischen Kalender häufig noch bis 2024 unter Dach und Fach sind. Viel Spaß mit unserer Gerüchte-Sammlung!
Downhill
- Fangen wir direkt mit dem größten Paukenschlag an: Gibt es ein Sam Hill-Comeback? Der Kurven-Champion hat sich 2017 aus dem Downhill World Cup verabschiedet und einen äußerst erfolgreichen Wechsel zum Enduro-Sport vollzogen – inklusive 3 EWS-Weltmeister-Titel. Verletzungsbedingt läuft es seit der Pandemie nicht mehr ganz so rund für ihn, zudem haben sich sowohl EWS als auch World Cup gewandelt. Ein Grund für den Wechsel war damals, dass Hill von den immer selben und ausgebauteren World Cup-Strecken gelangweilt war. Das soll sich mit dem Discovery-Einstieg ändern – plausibel wäre es also. Andererseits hat Sam Hill in seiner Heimat Perth, Australien, keine guten Downhill-Trainingsmöglichkeiten – ob diese nun besser sind? Angeheizt hat das Gerücht der World Cup-Fotograf Sven Martin.
- Passend dazu munkelt man, dass Sam Hills Sponsor Nukeproof sein Engagement im World Cup ausbauen möchte. Mit Ronan Dunne hat das sehr kleine und familiäre Continental-Nukeproof-Team einiges an Aufmerksamkeit generiert. Team-Manager Mark Cumming wurde auf den letzten Saison-Rennen mit SRAM/RockShox-Mitarbeitern gesehen – sein Team wird aktuell allerdings von Fox und Shimano ausgestattet. Gut möglich, dass man das Team enger an das Nukeproof-SRAM-Factory-EWS-Team angliedern möchte.
- Bereits im letzten Jahr haben wir gemutmaßt, dass Norco nicht allzu glücklich über die Performance seines doch recht Ressourcen-aufwendigen Teams sein dürfte. Mit dem Juniorinnen-Gesamtsieg von Gracey Hemstreet konnte man die Statistik etwas verbessern, doch es ist klar, dass die Kanadier nach einem Team-Leader suchen … am liebsten einem Kanadier. Man munkelt, mit Mark Wallace hätten sie nun einen Treffer gelandet. Dass dessen bisheriger Sponsor Canyon mittlerweile Luca Shaw und weiterhin Troy Brosnan an Bord und somit wenig Bedarf nach einem weiteren Top-30-Fahrer hat, macht das Gerücht zumindest plausibel.
- Das Team Banshee Racing Brigade hat sich in diesem Jahr ordentlich ausgebaut – mit einem eindrucksvoll großen Truck und Pit-Setup sowie mit dem ehemaligen Deutschen Meister Simon Maurer und Hannes Lehmann. Es war jedoch auf der Strecke sichtbar, dass die Fahrer mit ihrem aktuellen Arbeitsgerät nicht gerade verschmelzen. Wir würden deshalb mit Änderungen rechnen – bei den Fahrern oder beim Untersatz.
- Bleiben wir in Deutschland – Max Hartenstern ist seit seinem Karriere-Beginn bei Cube unterwegs. Unseren Informationen nach ist sein bisheriger Vertrag ausgelaufen. Der Deutsche Meister konnte in diesem Jahr zwei Top-15-Ergebnisse abliefern, musste die Saison allerdings krankheitsbedingt frühzeitig beenden. Er ist nach wie vor der dominierende Fahrer in Deutschland und dürfte für Cube weiterhin von großer Bedeutung sein. Mittlerweile ist der Sachse allerdings kein Unbekannter im World Cup mehr und könnte auch das Interesse anderer Teams auf sich ziehen.
- Keine Firma hat so viele Teams im World Cup wie Commencal. Anscheinend wird sich die Zahl im kommenden Jahr jedoch reduzieren, denn Gerüchten zufolge wird das Commencal/100-Team eingestellt. Hugo Frixtalon und Thomas Estaque wollen sich angeblich in Zukunft selbstständig machen – Greg Williamson und Angel Suarez hingegen sollen sich neue Arbeitgeber suchen …
- … infrage kommt eventuell YT. Die Forchheimer haben ihr Factory-Team 2021 eingestellt, allerdings ein Comeback angekündigt. Angel Suarez war den Großteil seiner Karriere für den deutschen Versender unterwegs und gehört mittlerweile zum exklusiven Kreis der Podiums-Fahrer – könnte also als Team-Leader verpflichtet werden.
- Sehr wahrscheinlich erscheint zudem ein Comeback von Martin Whiteley. Der Australier hat bereits legendäre Teams wie G-Cross Honda, Trek Factory Racing oder den YT Mob gemanagt und in Interviews angekündigt, aktuell mit zwei Firmen über die Leitung neuer Factory-Teams zu reden. Infrage kommen wohl Propain und eventuell sogar Devinci. Wie bei allen hier geäußerten Gerüchten gilt jedoch die hessische Weisheit: Ma wases net, ma muckelts nur! Eine Kooperation mit Propain würde bedeuten, dass das bisherige, eher kleine Setup rund um Ben Reid aus dem Rennen wäre.
- Extrem spannend, aber völlig unbestätigt ist die Story, dass Pirelli angeblich in großem Stil in den World Cup einsteigen wollte, allerdings unter der Voraussetzung, dass dann – ähnlich wie in der Formel 1 – alle Teams und Fahrer auf ihren Reifen fahren. Es ist wohl nichts draus geworden und wir rechnen auch nicht mit einem ähnlichen Deal in den nächsten Jahren … aber man hat ja auch schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen.
- Camille Balanche hatte als World Cup-Gesamtsiegerin eine unglaublich starke Saison und ist im absoluten Downhill-Olymp angekommen. Entsprechend angenehm dürfte es für sie sein, dass ihr Vertrag mit dem Commencal/Dorval-Team ausgelaufen ist. Dieses relativ kleine Team hat mit ihr und Benoit Coulanges mittlerweile zwei absolute Stars im Line-up, weshalb es unwahrscheinlich erscheint, dass man dauerhaft beide halten kann.
- In manchen Ecken des Internets wird das Pivot Factory Team als neues Heim für Balanche gemutmaßt – schließlich ist ihre Lebensgefährtin Emilie Siegenthaler dort als Betreuerin aktiv. Ob das von Bernard Kerr eher freizügig gemanagte Team wirklich die richtige Adresse für die sehr methodisch wirkende Schweizerin ist, ist allerdings fragwürdig. Wir erwarten jedoch durchaus einiges an Umstrukturierung im Pivot-Team: So soll sich Matt Walker scheinbar künftig auf die EWS konzentrieren, weshalb es eine Lücke im Downhill Line-up zu füllen gilt. Passend wäre beispielsweise Oliver Zwar, der 2022 nicht außerhalb der Top 30 und zweimal in den Top 10 war und damit deutlich zu erfolgreich für das kleine Union-Team ist.
- Noch größere Erfolge konnte 2022 Andreas Kolb einfahren. Der Österreicher raste ganze fünfmal aufs Podium und verpasste einen Sieg in Val di Sole nur knapp. Eigener Aussage zufolge möchte er extrem gerne im Atherton-Team bleiben, dürfte jedoch aktuell von mehreren Teams umworben sein. Andi Kolb ist der wohl erfolgreichste (und einer der wertvollsten) Fahrer, der aktuell verfügbar ist – sprich (noch) keinen laufenden Vertrag für 2023 hat. Was auch immer passiert – wir drücken unserem Blogger die Daumen, dass er das Beste für sich rausholt und im kommenden Jahr wieder um den ersten Sieg mitfährt!
- Nicht wirklich ein Gerücht, aber nicht unwahrscheinlich erscheint uns, dass Izabela Yankova im kommenden Jahr unter dem Specialized Gravity-Zelt mit Loïc Bruni und Finn Iles stehen wird. Der bisher Dritte im Bunde, Chris Grice, hat nicht wirklich Fuß im World Cup fassen können und dürfte am Ende eines 3-Jahres-Vertrags sein. Yankova hatte scheinbar bereits letztes Jahr das Angebot, im großen Specialized-Team zu sein, hat dies jedoch abgelehnt, um sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen. In ihrer ersten Elite-Saison dürften die Erwartungen an sie recht mäßig sein, sodass sie sich nun zu diesem Schritt entschließen könnte.
Enduro
- Die Enduro-Saison ist noch in vollem Gange und so möchte auch das Fahrerkarussell nicht so richtig in Gang geraten. Unseren gut gespitzten Ohren ist jedoch ein Gerücht gezwitschert worden, das es in sich hat: Diesem zufolge plant YT nicht nur seine Rückkehr in den DH-World Cup, sondern auch ein Enduro-Team. Und da man ungern halbe Sachen macht, möchte man dazu keinen geringeren als den EWS-Champion des letzten Jahres, Jack Moir, verpflichten. Ob was dran ist? Wir werden uns weiterhin gedulden müssen.
Cross-Country
- Nach ihrem grandiosen XC World Cup-Saison-Ende ist Pauline Ferrand-Prevot in aller Munde. Die Französin fährt aktuell im BMC-Team ihres Ex-Partners Julien Absalon – eine Situation, die auf Dauer nicht ideal sein könnte. Es gibt das unbestätigte Gerücht, dass das Rennrad-Team Ineos sein Engagement ausbauen will und an der Weltmeisterin interessiert sein könnte – schließlich konnte sie auch auf der Straße bereits große Erfolge einfahren. In eine ganze andere Richtung gehen Mutmaßungen, Commencal könnte in den XC-Sport einsteigen. Dafür spricht PFPs Nähe zur Technik-Trainerin und Commencal-Athletin Cecile Ravanel und der neue XC oder Down-Country-Prototyp der Firma aus Andorra. Dagegen die Abneigung von Max Commencal gegen Carbon und der Zwang zum absoluten Leichtbau im XC-Rennsport.
Was denkst du – an welchem Gerücht ist etwas dran? Haben wir etwas Spannendes vergessen?
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