Die griechische Insel Leros hat wahrlich eine turbulente und traurige Vergangenheit, die nur langsam verblasst. Dass die Schönheit der Insel atemberaubend ist und man Leros nicht abschreiben sollte, sollen wir heute im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Willkommen zum zweiten Teil des Insel-Logbuchs Griechenland.
„Wie glücklich man am Lande war, merkt man erst, wenn das Schiff untergeht.“
(Seneca, ca. 4 v. Chr – 65 n. Chr)
6 Uhr früh. Der Motor des Schiffs weckt mich mit einem sanften Brummen aus dem Schlaf und kurz muss ich mich orientieren. Ach, ja. Es schaukelt leicht und wir sind auf See. Definitiv nicht zuhause. Das kenne ich schon aus Kroatien: neben dem fremden Raum ist auch der Blick aus dem Fenster jedes Mal ein anderer, immer noch gewöhnungsbedürftig. Die frühmorgendliche Dösigkeit von uns Leichtmatrosen wird von der Crew ausgenutzt, um zur Insel Leros zu schippern – 3 Stunden Überfahrt stehen an und schließlich möchten wir noch einige Kilometer heute per Bike zurücklegen. Die „Insel der Verrückten“ ist in Griechenland unter anderem durch eine völlig überfüllte Nervenheilanstalt in den 80er Jahren und entsprechendes Chaos berüchtigt und hatte einen traurigen Ruf, der sich erst seit einigen Jahren wieder bessert. Wir sind dennoch oder gerade deswegen gespannt auf die Insel und machen pünktlich um 9 Uhr auf Leros fest.
Der erste Weg führt uns durch malerische, weißgetünchte Gässchen. Kleine Rampen stellen die Muskulatur, kurvige Treppen-Abfahrten die Fahrtechnik auf die Probe, wir haben beim Warmfahren also schon ein bisschen was zu tun. Erstes Ziel ist die Johanniter-Burg ganz oben auf der Insel: wir schrauben uns Serpentine für Serpentine hoch, im Vergleich zur Kos-Tour des vergangenen Tages ist es heute sehr sonnig und wir sind nach einer halben Stunde schweißgetränkt, insbesondere uns Fototypen erwischt es besonders glitschig am Rücken. Lecker. Mit einer leicht von hinten schiebenden Brise kurbeln wir aber letztendlich die letzten Meter nach oben und sind da.
Die Guides Peter, Uli und Lars haben nicht zuviel versprochen. Die Aussicht von der Burg ist atemberaubend und das alles bestimmende Motiv ist der Treppen-Downhill Richtung Agia Marina. Mit meinen beiden Fotojungs erwischen wir einige coole Motive und auch der Treppentrail an sich macht durch seine Länge, die spektakuläre Aussicht und die diversen Spitzkehren ordentlich Spaß. Ein plombenlockerndes Gerumpel, bei dem man nicht zu schnell werden darf, was allerdings besonders Felix nicht ganz so genau nimmt und abwärts schießt, als ob es ein Rennen wäre. Und schon sind wir wieder im Tal, die Höhenmeter waren wirklich mal flott vernichtet! Nach dieser ersten Tageshälfte haben wir uns den griechischen Kaffée verdient und machen eine halbe Stunde im Hafen Pause von Agia Marina Pause.
Dass das noch nicht alles war, ist uns bewusst – es geht also wieder aufwärts. Wir kurbeln durch den Ort und über einige knackige Schotterstraßen geht es bis zu den Windrädern ganz oben auf dem Kamm. Während der Rest der Gruppe die zwar landschaftlich schöne, trailtechnisch aber eher langweilige Route rund um den Berg übernimmt, wollen unsere unerschrockenen Entdecker um Roger, Philipp und Peter Pfadfinder spielen, also kundschaften wir einen Trail querfeldein aus. So ganz geht der Plan nicht auf – während wir im ersten Teil zunächst eine schicke Abfahrt entdecken und Fotos machen, mutiert der Trail im weiteren Teil zu einer verblockten, steilen und steinigen Wiese. Erste mutige, kurze Fahrabschnitte wechseln sich mit Tragepassagen ab, die letztendlich in Tragepassagen übergehen und in, naja, weiteren Tragepassagen enden. Nicht so ganz der Plan, aber das Leben ist nun mal nicht nur Pommes und Disco. Auf Meereshöhe angekommen finden wir eine wunderschöne Kapelle, die wir kurz besuchen – optisch ein Traum.
„Wenn jetzt Sonnenuntergang wäre, dann… … also fototechnisch wäre das schon…“ setzt der Fotograf in mir an, wird aber dieses Mal von meinem Magen überstimmt. Hunger!
Wir kehren in eine Taverne ein, in der klassisches Seafood und weitere Delikatessen für uns aufgetischt werden: Tintenfisch, kleine Sprotten, Zucchini und viele Leckereien. Dass sich Frittiertes, Tzatziki und knackige Uphills nicht vertragen, wird in der Taverne gekonnt von der kompletten Mannschaft ignoriert. Doch wegdiskutieren lässt sich das leider nicht: Wir rumoren ziemlich fertig die Rampen hinauf, der Anstieg wird einstimmig „Calamari Fritti-Uphill“ getauft. So fertig war die Truppe oben noch nie, selbst die Berggemsen unter uns gucken ziemlich rotgesichtig durch die Landschaft.
Dafür gibt es am Gipfel einen unerhört schönen Ausblick auf Inseln, Buchten und den Mittelteil des Trails, den die Trail Brothers eine Woche zuvor auch noch fix auf Leros angelegt hatten. Bis zum Leuchtturm geht die passenderweise „Leuchtturm-Trail“ genannte Abfahrt flowig hinab und wir vergessen mal wieder komplett die Zeit. Vor lauter Fahren und Fotografieren kommen wir nach einer letzten Asphaltabfahrt erneut etwas zu spät an unserem schwimmenden Zuhause an. Hilft alles nix – wir müssen direkt weiter. Punkt 17 Uhr legen wir zeitgleich mit dem Zischen der After-Ride-Bierdose ab, um schon kurze Zeit später in einer beschaulichen Bucht vor Kalymnos zu ankern und entspannt das Abendessen zu uns zu nehmen.
Den angedachten Sonnenuntergang verschieben wir mal gepflegt auf die kommenden Abende, denn leider ist der Horizont so wolkenverhangen wie der Blick der Fotografen auf ebenjenen. Als Alternative hätte ich ein schönes Nachtbild vom Oberdeck mit Blick auf Kalymnos, das bin ich euch ja irgendwie schuldig. Und wer über die Unschärfe des Horizonts meckert, der hat noch nie eine Langzeitbelichtung auf einem schaukelnden Schiff ausprobiert. Und jetzt ab in die Kajüte, Matrosen!
Unsere Tour auf Strava
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Alle Teile des Insel-Logbuch gibt es hier:
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 1: Auf Kos geht’s los
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 2: Leros, die Insel der Verrückten
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 3: Tour de Kos!
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 4: Nisyros, du bist so heiß wie ein Vulkan
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 5: Tausendundein Highlight auf Tilos
- Insel-Logbuch Griechenland: Tag 6: Das Finale auf Datça
Mehr Informationen zur Tour gibt es auf Inselhüpfen.de.
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