Der neue iXS XULT Fullface Helm im Test – bei höchsten Temperaturen musste sich das neue Flagschiff unter den Helmen von iXS im harten Praxiseinsatz beweisen. Erstmals von Team-Fahrer Cedric Gracia auf der Eurobike 2014 vorgestellt, haben wir ihn diesen Sommer auf die Probe gestellt: Wie gut ist der Helm, der besonders gut belüftet und leicht aber gleichzeitig ein vollwertiger Fullface-Helm sein soll? Lest es hier im iXS XULT Test.
iXS XULT: Test
Von Fullface-Helmen hat man in der Regel eine vorgegebene Meinung: Man muss sie sich ja nur anschauen. Ähnlich einem Alien mit überdimensionierten Kopf sieht man in den stetigen Begleitern schneller Downhiller, Freerider, Enduristen oder auch Slopestyler aus. Aber Sicherheit hat ihren Preis und so bringt ein Fullface in der Regel etwas über 1.000 g auf die Waage und ist so gut belüftet wie ein Schnellkochtopf. Kurz gesagt: man kocht schnell unter der voluminösen, mit knalligen Motiven bespritzten Außenschale. Ich denke an hochrote Köpfe und Schweiß, der die Goggle entlang über das Gesicht rinnt und sie beschlagen lässt.
Nicht bei uns, verspricht der Bekleidungs- und Protektorenhersteller iXS: mit dem neu vorgestellten Modell XULT soll alles besser werden, ob wegen oder trotz der Mitarbeit von der lebenden Legende Cedric Gracia. Kann das gut gehen? Und wenn ja, wie gut? Schauen wir doch zunächst auf die technischen Daten, die iXS für seinen neuesten Helm angibt, bevor wir den Helm genauer unter die Lupe und mit auf den Trail nehmen.
Technische Daten
- Mountainbike Fullface Helm
- EN1078 & CPSC zertifiziert
- verstellbares Visier
- 20 Belüftungsöffnungen
- waschbare Polsterung
- Doppel-D Verschluss
- Größen: S/M (53–56 cm) M/L (57–59 cm), L/XL (60–62 cm)
- Farben: blau, gelb, lime, rot, schwarz, weiss
Gewicht: 1.100 g (Herstellerangabe), 1.092 g (nachgewogen)
Preis: 349 €
In der Hand
Form & Schalenaufbau
Cross Over Full Face nennt man den XULT bei iXS und will damit sagen, dass es sich hier nicht um einen weiteren gewöhnlichen Helm handelt, sondern ein Modell, das Eigenschaften verschiedener Modelle verbinden soll. Einen Vertreter einer neuen Art so zu sagen. Stimmt das? Von außen wirkt der XULT dafür vergleichsweise gewöhnlich. Eine Kunststoffschale über einem EPS-Kern mit zum Waschen entnehmbarer Polsterung. Ein verstellbares Visier aus hartem Kunststoff. Cross Over?
Was wird hier verbunden – Fullface mit Belüftung und Gewicht? Enduro quasi? Die Schale wirkt auf den ersten Blick ähnlich massiv wie bei anderen Modellen und allenfalls die Anzahl der Belüftungsöffnungen macht einen Unterschied. 20 an der Zahl finden sich über den Helm verteilt. Den Unterschied erkennt man aber vor allem dann, wenn man in die Schale hineinschaut: Um die versprochene gute Belüftung zu erreichen, sind die Belüftungskanäle im Inneren mit großen Querschnitten dimensioniert und sollen so eine wirkungsvolle Umströmung des Kopfes ermöglichen. Das nennt man bei iXS Vortex-Technologie. Plötzlich wirkt der Helm regelrecht ausgehöhlt. Gleichzeitig deutet das immer noch stolze Gewicht von 1.092 g (selbst gewogen) darauf hin, dass ein gewohnter Schutz geboten werden sollte und die Aussparungen durch entsprechend mehr Material an anderer Stelle kompensiert werden.
Rein vom Aufbau und seiner Struktur her scheint der iXS Fullface Helm also Belüftung und Schutz vereinen zu wollen – das Gewicht stellt keine Rekorde auf. Aber zwei von drei Zielen zu erreichen wäre ja auch nicht schlecht.
Die harte Schale des Xult besteht aus einem “FRP”-Material (fiber reinforced polymer). Dieses soll laut iXS die Strapazierfähigkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht erhöhen und dafür sorgen, dass die Übertragung von Rotationsmomenten auf das Gehirn im Falle eines Sturzes reduziert wird. Sogenannte “X-Matter”-Einlagen, die so auch in den Knieschonern von iXS zum Einsatz kommen, werden an besonders wichtigen Stellen des Helms eingesetzt (in der Grafik unten grün hervorgehoben) und sollen für eine bessere Dämpfung beim Aufprall sorgen. iXS spricht hier von der Xrail-Technologie.
Die Basis des Helms ist ein EPS-Schaum, der die komplette Schale abgedeckt und mit dem Ventilationssystem ausgerüstet ist. Als Verschluss am Kinn kommt ein Doppel-D-Verschluss zum Einsatz, wie er von vielen Downhill-Helmen sowie dem Motorradsport bekannt ist. Ein zusätzlicher Druckknopf soll dafür sorgen, dass der Verschluss auch nicht unbeabsichtigt geöffnet werden kann.
Verstellung
Mit einem Kopfumfang von 59 cm habe ich den iXS XULT in der Größe M/L, die von 57 bis 59 cm passen soll. Daneben gibt es zwei weitere Größen zur Auswahl, so dass insgesamt der Bereich von 53 bis 62 cm abgedeckt werden soll. Zur Anpassung gibt es wie gewohnt keine Möglichkeit, die mit einem Halbschalenhelm vergleichbar wäre. Dafür liefert iXS zwei unterschiedlich dicke Paar Wangenpolster mit, die einfach ausgetauscht werden können und so den Druck des Helms auf die Backen reduzieren oder erhöhen – je nach dem, wie man es mag.
Sicherheit
Und wie sieht es mit der Sicherheit aus? Dass das Gewicht auf dem Niveau der Wettbewerber liegt hatten wir bereits erwähnt und in der Tat fühlt sich der Helm auf dem Kopf keineswegs wie eine Mogelpackung an, sondern viel mehr wie ein vollwertiger Fullface-Helm, der auch im groben Einsatz nicht schlapp macht. Zwar gibt es noch keine zusätzlichen Sicherheitssysteme wie MIPS zu vermelden, doch mit einer ausgeklügelten Schalenstruktur will iXS dennoch für eine hohe Sicherheit sorgen. So sollen die erwähnten XMatter-Einlagen für eine hohe Energieabsorption sorgen – das Xrail System – und zusammen mit dem EPS-Schaum dafür sorgen, dass bei harten Schlägen Kräfte möglichst gleichmäßig aufgenommen und im Helm verteilt werden, um keine Belastungsspitzen an den Kopf weiter zu geben.
Sollte es zu einem harten Sturz kommen, nach dem der Fahrer bewusstlos ist oder Verletzungen an der Halswirbelsäule vermutet werden, hilft das “EPR”-System (emergency release pad) dabei, den Helm abzuziehen ohne den Nacken zu belasten. Die Backenpolster lassen sich über markierte Schlaufen einfach nach unten aus dem Helm ziehen und vergrößern dann entscheidend die Öffnung, durch die der Kopf muss. Gelungen. Geprüft und freigegeben ist der Helm auch: Die iXS Xult Helmserie erfüllt die europäische Richtlinie EN–1078 sowie den amerikanischen C.P.S.C Sicherheitsstandard – ebenso wie auch die relevanten Helme der Konkurrenz.
Verarbeitung
Vor der ersten Fahrt kommt immer eine ausführliche Inspektion des Testproduktes in der Hand. Wie gut ist der Kandidat verarbeitet? Beim Preis von 349 € haben wir hohe Erwartungen gehabt. iXS bietet den XULT in vier verschiedenen Farben an und wir haben ihn in schönem rot-weiß vor uns. Die Lackierung der Schale wirkt hochwertig, die Polsterung fühlt sich angenehm an und der Kinnbügel ist mit einem relativ harten, aber begründeten Gummi ausgekleidet.
Nicht ganz den hohen Erwartungen entspricht die Verarbeitung der Gitter, die die Belüftungsöffnungen vor ungebetenen Gästen schützen. Diese Vorkehrung ist an sich sehr gut, doch würden wir uns in Anbetracht des Preises wünschen, dass die Gitter auch passgenau und gleichmäßig in den Öffnungen sitzen. Das ist jedoch leider nicht an allen Stellen der Fall – schade, aber sicherlich ein Merkmal, dass der Funktion keinen Abbruch tut. Ebenfalls nicht ideal gelöst ist die Montage der austauschbaren Backenpolster. Diese werden in zwei Höhen mitgeliefert, wodurch der Helm ideal auf die Gesichtsform und den Kopfumfang angepasst werden kann. Soweit so gut, doch wenn man die Austauschpolster montiert merkt man, dass diese nicht ideal in ihrer Passung sitzen und nicht eindeutig bestimmt ihren Platz finden. Zumindest an unserem Testmuster. Sie sitzen dennoch fest und sicher, doch die Positionierung relativ zum Helm ist zumindest verbesserungswürdig.
Insgesamt wirkt die Verarbeitung des iXS XULT damit gut, aber nicht perfekt. So erwarten wir bei einem Helm dieser Preisklasse ein fehlerfreies Erscheinungsbild und Liebe zum Detail.
Auf dem Kopf
Passform / Sitz / Tragekomfort
Genug der Theorie, ich muss auf den Trail. Nachdem ich bei der Vorstellung der neuen RockShox Lyrik noch ausgiebig bei hohen Temperaturen mit meinem alten Troy Lee Designs D2 Helm geschwitzt habe, bin ich durchaus auf den neuen iXS XULT gespannt gewesen. Also wird der Helm in Größe M/L aufgesetzt. In meinem Fall bin ich vom Kopfumfang am oberen Ende der Größe gewesen und habe mit den dicken Backenpolstern so ausgesehen, als ob mein Gesicht aus dem Helm drücken wollte. Mit den dünnen Polstern hingegen sitzt der Helm sehr angenehm und bei meiner Kopfform gefühlt perfekt. Die Polsterung ist dick genug, um eine effektive Anpassung zu gewährleisten und ich spüre den Helm gleichmäßig am gesamten Kopf. Das steigert nicht nur das subjektive Sicherheitsempfinden, sondern auch den Tragekomfort. So gibt es hier kein Gewackel oder dergleichen sondern einfach einen Helm, der sitzt. Gelungen.
Auf dem Trail bedeutet das, dass auch auf langen Touren und ruppigen Streckenabschnitten der Helm dort bleibt, wo er hingehört und nicht weiter negativ auffällt. Das Gewicht entspricht dem, was wir von anderen Helmen gewohnt sind und was man von einem Fullface-Helm erwarten darf. Faktisch bedeutet das, dass man bergauf durchaus noch den Helm abzieht oder ihn auf dem Kopf spürt. Doch ob man ihn dann wirklich abzieht ist eine Frage der Belüftung – die ich mir selbstverständlich genau angeschaut habe. Nichts geht über den knallharten Selbstversuch …
Belüftung
In dieser Bewertungsdimension wird es besonders spannend, denn bei der Belüftung soll der XULT seine Stärken ausspielen können. Und die heißen Monate Juli und August haben mir reichlich Gelegenheit dazu gegeben, bei schwül warmen Temperaturen das Versprechen von iXS auf die Probe zu stellen.
Wie sahen die Testbedingungen aus? Im Bikepark Bischofsmais habe ich den Helm aufgezogen, die Adidas iD2 Goggle aufgesetzt und bin meine Runden im Park gefahren. Hoch und wieder runter, drei Mal in Folge. Alles mit Helm und Goggle. Bei 35°C. Das Ergebnis war durchaus überraschend. So lief mir zwar überall der Schweiß herunter – auch im Gesicht – doch die Situation war insgesamt akzeptabel. Ich hatte zumindest keine Schwierigkeiten damit, den Helm aufzubehalten. Und die Brille blieb unbeschlagen, was nicht nur an der außergewöhnlichen Qualität der Filter liegt.
Wie gut ist die Belüftung also? Wer erwartet, das es einem im Inneren des Helms den Wind um die Ohren weht, der wird enttäuscht. Die Temperaturen halten sich dennoch im Rahmen, was positiv zu bemerken ist. Es scheint insgesamt effektiv die Wärme vom Kopf abgeleitet zu werden, auch wenn es nicht wie bei einer Halbschale zum Beispiel direkt zu spüren ist. Wer Enduro-Rennen fährt und bergauf den Helm auflassen will, der sollte also weiterhin eine Halbschale einplanen. Hier kann der XULT trotz der insgesamt sehr guten Leistung keine Wunder bewirken.
Meine Einschätzung: Einen Fullface-Helm wegen der Belüftung zu kaufen ist Unsinn. Aber einen Fullface-Helm mit vergleichsweise guter Belüftung zu kaufen, kann gerade für diejenigen die richtige Entscheidung sein, die Enduro oder lange DH-Touren fahren. Entscheiden sollte aber die Passform, denn auf die kommt es meiner Meinung nach noch deutlich mehr an als die Belüftung.
Schutzwirkung
Kommen wir zur letzten Disziplin – der Schutzwirkung. Sie ist das zentrale Beurteilungskriterium für einen Fullface-Helm, der ja gerade wegen seiner Schutzwirkung gekauft wird. iXS zertifiziert den XULT nach EN1078 und verspricht damit den Schutz, den alle gängigen Mountainbike Fullface-Helme bieten. Zusätzlichen Schutz wie mit einer MIPS-Einlage sucht man vergeblich, doch ist diese Technologie gerade noch dabei, sich zu etablieren. Mit dem speziellen Schalenaufbau will iXS jedoch eine deutliche Verbesserung der Energieaufnahme und -verteilung in der Helmschale erreichen.
In der Praxis haben wir unseren Testhelm gebührend auf seine Schutzwirkung hin getestet. Auf dem Freeride in Bischofsmais nehme ich nach einem Fahrfehler bei einem Drop den den Abgang nach vorn. Ich schlage mit Kopf und Schulter auf, das harte, unnachgiebige Visier zerbricht. Als ich mich aus dem Staub aufrapple, ziehe ich erste Bilanz. Die Sicht ist verschwommen, der Arzt wird mich später fragen, ob ich Drogen genommen hätte. Röntgenbild und MRT zeigen eine Schultereckgelenksprengung. Aber Hals und Kopf sind in Ordnung. So habe ich im Nacken und auf der Stirn vom Helm jeweils leichte Schürfungen, doch abgesehen davon sind keine Verletzungen zu beklagen. Glück gehabt oder nicht – den richtigen Helm hatte ich in jedem Fall auf. Einzig die Polsterung an der Stirn könnte etwas besser vor den harten Kanten um die Belüftungsöffnungen im EPS-Schaum schützen. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau, denn dieser Crash hätte auch anders ausgehen können. Und von den herausnehmbaren Backenpolstern habe ich keinen Gebrauch machen müssen, nicht mal eine Gehirnerschütterung habe ich mitgenommen.
Am Helm selbst sind außer dem zerstörten Visier und einigen tiefen Kratzern keine äußerlichen Schäden zu erkennen. Kritik auf hohem Niveau wäre zu sagen, dass die Schale nicht besonders kratzfest zu sein scheint. Für eine Analyse ist der Helm zurück an iXS gegangen – wir empfehlen nach harten Stürzen im Zweifelsfall lieber den Helm zu tauschen als bei einem folgenden Sturz eine reduzierte Schutzwirkung in Kauf zu nehmen.
Fazit – iXS XULT
Der iXS XULT Fullface-Helm verspricht bei vollwertigem Schutz besonders gut belüftet zu sein. In unserem Test unter härtesten Bedingungen im Hochsommer kann er diesem Anspruch durchaus gerecht werden: nicht nur die Passform ist überzeugend und dank der austauschbaren Wangenpolster sehr gut anpassbar, sondern auch die Belüftung. Der Helm bleibt auch bei hohen Temperaturen angenehm zu tragen. Die Schutzwirkung ist überzeugend – nur meine Schulter hat den Sturz auf den Kopf nicht überstanden. Insgesamt ist der iXS XULT ein rundes Angebot, das trotz des hohen Preises von 349 € in der Summe der Eigenschaften überzeugen kann.
Stärken
- erstaunlich gute Belüftung bei vollwertigem Schutz
- sehr gute Passform, gelungene Polsterung mit anpassbaren Backenpolstern
- große Farbauswahl
Schwächen
- relativ hoher Preis
- Qualitätseindruck nicht durchgehend auf hohem Niveau
iXS XULT – Preisvergleich
Weitere Informationen
Website des Herstellers: iXS Homepage
Text & Redaktion: Tobias Stahl | MTB-News.de 2015
Bilder: Johannes Herden, Stefanus Stahl, Tobias Stahl
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