Wir treffen Joe Barnes nach dem zweiten Rennen der Specialized Enduro Series in Riva am Gardasee. Der junge Schotte ist mit seiner Leistung trotz Defekt und deshalb „nur“ einem 25. Platz zufrieden, präsentiert sich aber noch etwas schüchtern: Als seine Schwester Hannah Barnes vorschlägt, die Fragen zu stellen, winkt er schnell ab – er scheint zu ahnen dass das nicht gut enden würde.

Hannah Barnes: Was ist Dein Lieblingsessen?

Joe antwortet nicht, also antwortet die Schwester für ihn: Eis und Eier! Mit Kartoffeln!

Joe Barnes: Wenn schon, dann blaues und orangenes Eis (Canyon verteilte gerade solches Teamfarben-Eis an die Gäste am Stand)

Hannah: Und dazu Wiener Schnitzel, oder Joe?

Besser nicht!

CFET Portrait JoeBarnes Web
# Joe Barnes, 24, aus Fort William.

MTB-News.de – Okay Joe, fangen wir doch von vorne an: Für alle, die dich noch nicht kennen: Wer bist Du?

Joe Barnes: Ich komme aus Fort William, bin 24 Jahre alt, bin für einige Jahre Downhill gefahren und konzentriere mich seit letztem Jahr auf Enduro! Außerdem betreibe ich mit meinen Freunden das Video-Projekt „Dudes of Hazzard“, wir kombinieren Spaß bei Rennen, Radfahren und noch mehr Spaß zu Videos.

Dieses Jahr fährst Du für Canyon – welche Räder stellen Dir die Koblenzer zur Verfügung?

Ich bin hauptsächlich mit dem Strive unterwegs gewesen, weil es überall funktioniert. Dazu das Nerve CF als Rad mit weniger Federweg. Da habe ich eine längere Gabel reingesteckt und jetzt auch schon Enduro-Rennen mit bestritten.

Davor bist Du 6 Jahre Orange gefahren, eine britische Firma – wie haben die Fans das aufgenommen?

Es gab auf jeden Fall viele Fans, weil Orange einfach eine Kult-Firma ist. Einige von ihnen waren wirklich enttäuscht, aber dann haben wir das nächste Video gemacht, alle fanden es großartig, und das hilft zu akzeptieren, dass es bei mir Zeit für einen Wechsel war.

Bereit zum Abflug - by Fort William Scotland
# Den Humor an der Sache nicht verlieren – by Fort William Scotland

Sieht so aus als funktionieren die Dudes of Hazzard als Marketing-Mittel. Wie hat das angefangen?

Als ich angefangen habe vor 8 Jahren Rennen zu fahren, habe ich einen Film für das Fort William Mountain Film Festival gemacht. Das ging verdammt gut, wurde im Banff best of Britain gezeigt, und das war genau der Stil in dem wir heute produzieren. Vor einigen Jahren haben wir dann bei einem französischen Downhill-Rennen einfach alles gefilmt, was so passiert ist, und wir konnten es selbst kaum glauben, was da abging. Wir dachten: Dazu müssen wir ein Video machen! Also haben wir mehr Videos gemacht, und der ursprüngliche  Name ist hängen geblieben.

Ihr zeigt vor allem das gute Leben von Mountainbikern: Unterwegs sein, Spaß haben, vermittelt in einem locker wirkenden Medium, als ob einfach mitgefilmt wurde. Wie professionell ist die Produktion?

Ich denke, wir sind professioneller geworden. Offensichtlich ist der unprofessionelle Look Absicht. Wir haben eine kritische Haltung zu den professionell aussehenden Filmen. Das gefällt, obwohl es Profis machen, nicht allen. Behind the scenes sind es aber auch bei uns nicht nur Witze. Für den letzten Film haben wir vorher viel geplant und erst dann gefilmt. (Joe beginnt zu lachen und macht eine kurze Pause) Na gut, um ehrlich zu sein: Das meiste war einfach wie: Fergg sagt: Okay, ich denke ich springe mit dem Roller über das Double. Und wir: Alles klar, nur zu, wir filmen!

Wie groß ist der Unterschied zwischen dem Support durch Canyon und Orange vorher? 

Das war einer der Kern-Gründe für den Sponsoren-Wechsel. Ich denke, es gibt kaum ein anderes Team mit einem solch guten Support wie wir. Mechaniker, Management, direkter Kontakt zu den Ingenieuren um das Rad perfekt einzustellen. Für mein Racing war es definitiv richtig, und der Schritt war groß: Von keinem Support und Reparaturen hinten in meinem Transporter jetzt zu mehr als ich mir vorstellen konnte.

Enduro-Racer sind häufig altgediente DH-Fahrer. Du bist endlich mal ein junger Fahrer der sich früh dem Enduro  verschreibt. Wie kommt’s?

Naja, ich bin ja auch vorher Downhill gefahren. Aber der Wechsel kam für mich sehr natürlich. Mein alter Betreuer Stew hatte mir schon seit fünf Jahren gesagt ich solle Enduro fahren, weil es mir wirklich gut passt. Ich fuhr schon damals nur mein Trailbike, die ganze Woche eben. Und nur am Wochenende hab ich das Downhill-Rad ausgepackt. Also bin ich zum Megaavalanche gefahren, das hat viel Spaß gemacht.

CFET Action Downhill JoeBarnes Web
# Die Downhill-Vergangenheit macht sich im Enduro definitiv bezahlt.

Werden wir denn Deiner Meinung nach mehr Downhiller wechseln sehen, oder eher Enduro-Fahrer die wirklich damit anfangen und aufwachsen?

Wir werden schon viele Downhill-Fahrer sehen, die wechseln. Einfach weil es momentan noch eine etwas überschaubare Szene ist und sich viele erhoffen, dort einfacher Erfolg haben zu können. Aber schon jetzt steigt das Level an und die Taktik geht nicht mehr auf, man muss sich wirklich spezialisieren. Deshalb werden wir in Zukunft reine Enduro-Spezialisten ganz oben sehen.

Momentan gibt es verschiedene Arten von Enduro-Rennen, der Begriff „Enduro-Rennen“ sagt eigentlich noch nicht, was für ein Rennen wirklich ansteht. Welche Art bevorzugst Du?

Klar, da gibt es Riesen-Unterschiede. Nicht nur Massenstart versus Etappenrennen, sondern sogar innerhalb „einheitlicher“ Serien. Vergleiche mal Treuchtlingen und Riva! Ich persönlich mag Massenstart-Rennen sehr gerne, aber das möchte ich nicht jedes Wochenende machen, weil es doch gefährlich ist. Für mich ist dieses Jahr die World Series eine Kombination von ähnlichen Rennen, nämlich alles Etappenrennen. Wenn es nach mir ginge, würde die EWS die verschiedenen Renntypen kombinieren und aus Etappenrennen, Massenstart-Rennen und anderem bestehen. Manche mit mehr Downhill, manche mit Uphill. Dann hätten wir am Ende der Saison einen Gewinner, der ein echter Alleskönner ist.

Passt denn Deiner Meinung nach die zeitlich unlimitierte Verbindungsetappe wie wir sie bei der Specialized Enduro Serie kennen, zum Renngedanken?

Ja, ich denke das passt ganz gut. Ein großer Teil des Rennwochenendes ist es doch Spaß mit den Freunden zu haben, die Bestzeit ist da Nebensache. Da hilft es, wenn Du am Ende der Etappe warten kannst, bis Deine Kumpels da sind, mit ihnen die Etappe diskutierst und gemeinsam weiterfährst. Für die EWS braucht es Start-Zeiten, aber für jedes andere Enduro-Rennen würde ich zu Gunsten der entspannten Atmosphäre darauf verzichten.

CFET Action Uphill Joe Fabien Web
# Fabien Barel schlagen? Auf heimischem Grund möglicherweise.

Wie steht es mit Trainings-Zeiten: Unbegrenzt, nur ein Tag, gar nicht,…?

Also, die Strecken sollten meiner Meinung nach erst kurz vor dem Rennen geflattert werden. Wenn die Strecke erst spät feststeht, sind die Chancen für alle ungefähr gleich, das macht es fair. Die Super-enduros in Italien sind nicht so, in Frankreich ist es genau so. Für mich sollte es so bleiben, dass die Leute da für ein Rennen hinfahren und nicht die ganze Woche Urlaub machen.

Joe mit supernatürlichen Fähigkeiten - Fort William Scotland
# Joe mit supernatürlichen Fähigkeiten – Fort William Scotland

Bei der EWS in Punta Ala haben einige Fahrer anscheinend sehr lang trainiert – ist das dann nicht Downhill mit weniger Federweg?

Ja, da haben einige richtig trainiert. Ich war auch ein bisschen früher da (Lacht), aber es sollte nicht übertrieben werden.

Wie siehst Du denn Deine Chancen für die EWS? Es sind ja doch einige sehr große Namen am Start!

Also, das ist schwer zu sagen, aber wenn ich konstant in die Top10 fahren kann, lande ich auch in den Top10 gesamt und damit wäre ich zufrieden!

The Dudes of Hazzard – The Dudeumentary Teaser from Joe Barnes on Vimeo.

Enduro-Bikes gibt es eigentlich schon lange. Jetzt werden ganz verschiedene Räder als die perfekten Enduro-Bikes angepriesen. Was macht ein Enduro-Rad aus?

Ja, ich habe auch immer einfach einen 50mm Vorbau auf ein XC-Rad geschraubt und ab ging’s. Was aber wirklich wichtig ist: Die Winkel müssen stimmen. Steiler als Downhill-Rad, flacher als am XC-Rad. Du musst eher ein Downhill-Rad abspecken als ein XC-Rad schwerer machen. Das Rad kommt also aus einem DH-Hintergrund, und ein leichtes DH-Rad wird dann ein gutes Enduro-Rad. Stabilere XC-Räder hingegen funktionieren einfach nicht.

Und wie schaut es mit der Radgröße aus? 

Lass mich ehrlich sein, ich weiß es nicht. In Riva waren Plätze 1 und 2 auf 26″ unterwegs, der dritte auf 27,5″. Keine 29er in den Top20, glaube ich. Da geht es für mich eher um persönliche Vorlieben als um echte Vorteile. Ich bin ein kleiner Kerl, da passt mir 26″ ganz gut.

Denkst Du, dass es cool wäre, je nach Stage das Rad zu wechseln?

Auf keinen Fall. Das soll ein guter Tag auf einem Rad bleiben. Der Prolog wurde ja hier in Riva auf einem Jumptrack ausgefahren – da sahen wir mit den Trailbikes vermutlich nicht so gut aus, aber das ist Teil des Spiels.

The Dudes of Hazzard, Dudeumentary Part 1 – Home Sweet Home from Joe Barnes on Vimeo.

Teil des Spiels ist auch, dass wenn der Enduro-Sport weiter wächst, irgendwann vielleicht mal Zuschauer zuschauen können sollen. Das geht je nach Rennen zum Teil fast gar nicht. Wie löst man das Problem?

Ich denke Startzeiten können helfen. Da muss man dann die schnellsten Fahrer wie beim Downhill auch hintereinander die letzte Etappe ins Ziel fahren lassen, um Stimmung zu erzeugen. Aktuell kommen sie in willkürlicher Reihenfolge an, das schaut sich keiner an, da ist keine Stimmung. Das Ergebnis muss in Echtzeit feststehen. Für regionale Rennen funktioniert das, aber bei der EWS… die Herausforderung ist es, den Sport zu verkaufen, diese große Rennrunde attraktiv zu machen.

Die Dudes - Fort William Mountain Film Festival
# Die Dudes – Fort William Mountain Film Festival

Muss es denn eine große Runde sein?

Natürlich könnte man auch an einem Berg 5-6 mal rauf und runter fahren. Hauptsache es bleiben unterschiedliche Etappen: Mal länger, mal kürzer, steile, flache, andere Charakter, … aber den Berg musst Du eben erst mal finden und die Strecken bauen.

Klingt gut. Teamfrage: Was hältst Du von unserem gemeinsamen Kollegen Maxi?

Maxi ist ein bisschen ein Chief denke ich. Ich kannte ihn vorher nicht, aber ich bin ihm auf dem Trail hinterher gefahren und er kann definitiv Kurven smashen, das passt mir :)

pee with a view
# Pee with a view – Schottischer Humor eben.

Fabien auf der anderen Seite ist der Routinier – wirst Du ihn angreifen?

Naja, er ist dreifacher Weltmeister und absoluter Profi. Aber auf meiner Strecke könnte ich ihn definitiv angreifen. Wenn er nach Schottland kommt, mach ich ihn platt :)

Und Marco Bühler?

Naja, er ist noch nicht so viele Rennen gefahren, aber er macht starke Fortschritte – schauen wir mal, wie eng das bei uns allen noch wird!

Hannah (Barnes) war eben ja schon da – hat sie eine Chance gegenüber Ines Thoma, wäre ein Platz für sie im Canyon-Team?

Jey! Nein, im Ernst: Ich bin ein großer Fan von Ines und denke, dass sie sich sehr gut schlagen wird diese Saison.

Gastauftritt - Danny MacAskill
# Gastauftritt – Danny MacAskill

Schnellschüsse

Die beste Webvideo-Serie? – Dudes of Hazzard

Und danach? – This is Peaty!

Ist die Förderung im Königreich durch Peaty für Downhiller wirklich so stark? – Ja

Wie macht er das? – Er ist einfach gute Werbung für den Sport, motiviert und zeigt, dass man es schaffen kann. Er hat mich dazu gebracht, mir mein erstes Bike zu kaufen! Er gibt einem das Gefühl, dazu zu gehören, weil er freundlich ist und auf den Rennen mit jedem spricht.

Wie viele Monate im Jahr bist Du nicht daheim? 4 Monate im Sommer.

Der beste Sport neben Biken? In Flüsse springen und sich auf irgendwas runter treiben lassen.

In Flüsse springen und sich treiben lassen - interessantes Hobby, Joe
# In Flüsse springen und sich treiben lassen – interessantes Hobby, Joe

Wie würdest du dich in drei Worten beschreiben? – The Top Chief

Welche Person (tot oder lebendig) inspiriert dich am meisten und warum? – Jeder meiner Freunde oder jemand, der eine Kurve mit Höchstgeschwindigkeit nimmt. Das motiviert mich, noch mehr an meine Grenzen zu gehen und alles aus meinem Bike rauszuholen.

Motto? – Nimm dir Zeit, es gibt keinen Grund zur Eile.

Das ist interessant für einen Racer… – Ja, im Rennen mache ich wohl eine Ausnahme…

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Weitere Informationen zu Joe Barnes und den Dudes of Hazzard:
Joe by Facebook
Dudes of Hazzard Website

  1. benutzerbild

    Tobsn

    dabei seit 08/2001

    Der Kollege war mir schon immer sympatisch.
    Noch bevor ich wusste, dass er auch ein bekennender "Panorama Pinkler" ist. smilie

  2. benutzerbild

    HR.DRECK

    dabei seit 02/2006

    Die Videos von den Jungs sind wirklich top, wie in der guten alten Zeit haha...

  3. benutzerbild

    Deleted 28330

    dabei seit 12/2015

    ich hasse diese kitschigen videos mit slomo und halbe stunde fahrrad aus dem auto auspacken und klammotten anziehen. wir brauchen mehr von diesen "unprofessionellen" videos - so stelle ich mir fahrradfahren vor.

  4. benutzerbild

    cdF600

    dabei seit 04/2006

    Ich habe JB in Treuchtlingen gesehen. Ein sympatischer Ty der sein Radl wirklich beherrscht. So akribisch wie er hat keiner die Stages begutachtet. Selbst am Renntag ist er jede Stage von oben bis komplett unten zu Fuß nochmal abgegangen bevor er sie gefahren ist. Hat auf mich einen sehr fokussierten und professionellen Eindruck gemacht. Von dem werden wir im Endurosport noch einiges erwarten können.

  5. benutzerbild

    Monolithic

    dabei seit 04/2007

    Die Dudes sind top.

    Das Interview is okay; ich hätt's ja besser gefunden, weniger über Enduro-Race-Formalitäten und mehr über Schottland, die Dudes und Reisen im Transporter zu lesen. So ist es doch sehr unpersönlich geraten...

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