Sidi Drako und Sidi Cape im Test: Jenny Rissveds, Nino Schurter und Julien Absalon setzen auf die Radschuh-Schmiede Sidi. Die Italiener überzeugen seit Jahren mit zuverlässigen MTB-Schuhen, die in erster Linie Racer treu im täglichen Training und im Wettkampf unterstützen. Grund genug für uns, einen genauen Blick auf zwei Modelle der Marke Sidi zu werfen.
Genau genommen: Zwei Schuhe die in ihrer jeweiligen Preisklasse ganz vorne mitspielen. Einmal einen Schuh der von Olympiasiegern, Weltmeistern und Europameistern gefahren wird, und auf den Namen Drako hört, und einen Schuh der als Race-Allrounder beschrieben werden kann, namens Cape. Wir haben beide Modelle genauer unter die Lupe genommen, auf Herz und Nieren geprüft und miteinander verglichen. Muss sich der Otto-Normal-Biker immer den Top-Schuh gönnen, wenn er das für ihn beste Material möchte?
Sidi Drako und Sidi MTB Cape – Kurz und knapp
Sidi Drako Carbon SRS
Der Sidi Drako Carbon SRS ist ein absoluter Race-Schuh, ausgestattet mit einer steifen Carbonsohle und einem Verschlusssystem, das optimalen Halt bietet. Das Obermaterial besteht fast vollständig aus synthetischem Leder. Zusätzlich ist der Drako mit einem gummierten Stoßschutz – „Rubber Toe“ – vorne an den Zehen und einer Fersenverstärkung ausgestattet. Die Sohle ist eine „MTB SRS Carbon-Ground Sole“, an die austauschbare Gummistollen angebracht sind. Halt bietet das zweimal verbaute „Tecno-3 Push-Button System“.
- Einsatzbereich: MTB
- Verschluss: Tecno-3 Push-Button System
- Obermaterial: Synthetik-Material
- Innenfutter: Polyester
- Laufsohle: MTB SRS Carbon-Ground Sole
- Gewicht: ca. 700 Gramm (Größe 43)
Preis: 359 € | Bikemarkt: Sidi Drako kaufen
Sidi MTB Cape
Der Sidi MTB Cape ist ein Multifunktions-Talent mit einer carbonfaserverstärkten Nylonsohle. Eine Kombination aus Ratschenverschluss und Drehverschluss bietet dem Fuß halt. Auch hier ist das Obermaterial aus synthetischem Leder. Die Nylonsohle heißt „Competition Sole“ und wird bei den meisten günstigeren Produkten verwendet. Bei den Verschlüssen handelt es sich einmal, um das „Caliper Buckle“ Ratschensystem und das Drehverschlusssystem „Tecno-3“.
- Einsatzbereich: MTB
- Verschluss: Tecno-3 System, Caliper Buckle
- Obermaterial: Synthetik-Material
- Innenfutter: Polyester
- Laufsohle: Competition Sole
- Gewicht: ca. 800 Gramm (Größe 43)
Preis: 219 € Bikemarkt: Sidi Cape kaufen
In der Hand
Sidi Drako Carbon SRS
Der erste Eindruck ist optisch schonmal gelungen: Das helle Grün in Kombination mit dem Weiß gefällt. Wer es schlichter mag, für den hat Sidi eine unauffälligere Variante, ganz in schwarz oder ganz in weiß, im Sortiment. Die Passform des Drako fällt relativ schmal aus. Ich selbst besitze einen sehr schmalen Fuß, weshalb der Schuh bei mir relativ gut sitzt. Für Personen mit einem breiten Fuß bietet Sidi die „Mega“ Varianten des Schuhs an.
Beim ersten Mal tragen merkt man schon, dass der Schuh für den Renneinsatz gedacht ist: Eine sehr steife Sohle und ein Verschlusssystem, welches sich sehr eng schließen lässt, stellen sicher, dass keine Kraft verloren geht. Beim Drako kann man die gesamten Stollen durch einfache Schrauben wechseln. Auch die Nylonplatte, auf der die Cleats befestigt werden, kann man bei Verschleiß einfach austauschen. An der Ferse kann der Schuh durch das „Adjustable Heel Retention Device“ individuell angepasst werden.
Beim Drako verwendet Sidi das neue „Tecno-3 Push-Button System“, welches das Straffen des Verschlusses während der Fahrt vereinfachen soll. Zum System gehört ein roter Knopf, welcher die Schnalle zum Festziehen der Nylonschnüre entriegelt sowie zwei seitlich angebrachte Buttons, welche durch Zusammendrücken die Nylonschnüre wieder lösen.
Die Nylonschnüre erwiesen sich während des Tests als sehr nützlich, da die Schnüre sehr strapazierfähig sind. Auch nach unserem Test konnte man keine Abnutzung erkennen. Dies kann als Vorteil angesehen werden, da bei anderen Herstellern oft Drähte mit Kunststoff-Umhüllung verwendet werden, welche leichter Schaden nehmen und das System blockieren können. Das Vereinfachen des Verschlusses konnte allerdings nicht bestätigt werden: Oft klemmte gar der Knopf bei schlammigen Bedingungen, sodass man während der Fahrt etwas länger am Schuh hantieren musste, bis sich die Schnalle öffnete. Ansonsten konnte der Verschluss überzeugen, er bot immer festen Halt und lockerte sich auch bei längeren Ausfahrten oder starken Antritten nicht.
Sidi MTB Cape
Mit dem Sidi MTB Cape mit den neon-orangenen Akzenten fällt man auf jeden Fall auf! Aber auch hier bietet Sidi eine schlichtere Variante, ganz in Schwarz ist er im Handel zu erhalten. Die Form kommt einem Race-Schuh näher als einem Tourenschuh: Der MTB Cape ist schlank und ähnelt dem Drako. Auffällig sind die Verschlusssysteme: Während bei vergleichbaren Schuhen noch auf Ratschen- und Klettverschluss Kombinationen gesetzt wird, kommen beim Sidi Cape schon Ratschen- und Drehverschlusssystem zum Einsatz.
Die Ratsche wird durch eine große Schnalle, die man nach oben zieht, betätigt. Da die Ratsche immer zwei Zähne pro Zug enger wird, ist der Fuß relativ schnell eingespannt. Für die Feinjustierung gibt es eine extra Schnalle, mit der man die Ratsche um jeden einzelnen Zahn weiter zuziehen kann. So kann man auch während der Fahrt den Schuh justieren, falls er drückt. Um die Ratsche zu öffnen, gibt es an der Seite zwei extra Hebel, die nur die komplette Verzahnung der Schnalle lösen. Der Drehverschluss ist einfach zu bedienen. Es gibt eine Schnalle, die man zum Festdrehen der Nylonschnüre ausklappen kann, außerdem zwei Buttons zum Zusammendrücken, die das System wieder lösen. Die Nylonschnüre sind sehr strapazierfähig, da sie durch ihre geflochtene Form sehr biegsam sind – aber dennoch stabil genug, um den Schuh fest schließen zu können.
Bei der ersten Anprobe empfand ich den Schuh sofort als bequem. Oft muss man einen Schuh erst eintragen, bis er angenehm sitzt – anders beim Cape: der Schuh schmiegt sich gut an die Fußform an und durch die Verschlusskombination sitzt man satt im Schuh.
Auf dem Trail
Sidi Drako Carbon SRS
Der Drako konnte im Training wie auch im Rennen mit einem straffen Sitz, der sich auch unter Belastung nicht löste, sowie der steifen Sohle, die jede Kraft gut übertrug, glänzen. Auch die Qualität des Obermaterials konnte durch Robustheit überzeugen, dicke Bäume hinterließen bei engem Kontakt nur geringe Spuren. „Heel Cup“ und „Rubber Toe“ stellten sich als nützlich heraus, da man so bei Schlägen auf die Ferse oder Zehen gut geschützt war. Das verwendete „Adjustable Heel Retention Device“ machte einen deutlichen Unterschied, was den Halt an der oberen Ferse angeht.
Es fiel allerdings auf, dass die obere Lasche des Schuhs bei jedem Tritt an der Kurbel streifte. Dies war erstens sehr nervig und zweitens hinterließ es Kratzer an der Kurbel. Mir blieb also nichts anderes übrig, als das überstehende Plastik abzuschneiden – nicht ideal. Bei langen Ausfahrten bekam ich außerdem Schmerzen im Fuß. Wirklich erklären konnte ich mir diese allerdings nicht, da es nicht an einer zu kleinen Größe und auch nicht am zu fest angezogenen Verschluss lag. Ich tauschte dann die Innensohle durch die eines anderen Herstellers, was die Schmerzen verminderte. Allerdings kamen diese bei Trainingseinheiten von 4h + trotzdem wieder zum Vorschein. Die Haltbarkeit der Stollen konnte nicht überzeugen. Schon nach 2 Monaten im normalen Gebrauch brachen die Stollen an der Spitze ab – woraufhin einem nichts übrig bleibt, als neue zu kaufen und zu montieren.
Beim Laufen merkte man dann schnell, dass der Drako auf Racing ausgerichtet ist. Durch die harte Carbonsohle ist der Komfort gering, zudem rutschte man dadurch auf Steinen sehr schnell aus. Bei Laufpassagen auf längeren Touren in den Alpen bekam ich Probleme – allerdings muss man dazu fairerweise sagen, dass der Drako nicht für solche Touren ausgelegt ist. Der Schuh hat eine geringe Belüftung: Dies kann bei kalten oder nassen Bedingungen ein Segen sein, denn es dringt erst sehr spät Wasser in den Schuh ein. Bei heißen Temperaturen schwitzt man jedoch durch die geringe Belüftung recht schnell in diesem Schuh, was bei längeren Ausfahrten unangenehm werden kann.
Sidi MTB Cape
Der Cape konnte mich mit seiner Passform überraschen: Auch nach sehr langen Ausfahrten ist der Schuh noch sehr bequem, was einerseits am Innenmaterial, andererseits an der Nylonsohle liegt. Die Qualität des Obermaterials konnte überzeugen, denn trotz der geschmeidigen Anpassung stellte es sich als sehr robust heraus. Auch ein ordentlicher Sturz, direkt auf den Schuh und die Schnalle, hinterließ nicht mehr als kleine Kratzer. Auf eine spezielle Zehen-Kappe zum Schutz wird bei Cape verzichtet. Dafür ist eine „Heel Cup“ vorhanden, welche der Ferse besseren Halt und Schutz bietet.
Wie der Drako besitzt auch der Cape nur kleine Lüftungslöcher. Im Sommer heißt es also auch hier: Schwitzen, was das Zeug hält. Was beim Drako ein Vorteil ist, gilt aber natürlich auch hier: die Löcher verhindern das Eindringen von viel Wasser und zu kaltem Fahrtwind.
In Sachen Komfort ist sie noch ein Vorteil, in Sachen Kraftübertragung wird sie zum Nachteil – die Nylonsohle des Cape. Diese ist sehr weich, wodurch deutlich spürbar Kraft beim Treten verloren geht. Dies liegt daran, dass die Nylonsohle nur mit Carbonfasern verstärkt wurde und nicht rein aus diesen besteht. In den Alpen stellte sich die weiche Sohle allerdings als Vorteil heraus, durch sie waren Laufpartien kein Problem. Die Stollen auf der Sohle sind beim Cape, im Gegensatz zu anderen Sidi-Modellen, nicht austauschbar. Bei längerem Gebrauch könnte dies vermisst werden. Allerdings sind beim Test – trotz einigen Metern zu Fuß, auf Schotter und Fels – bis auf geringe Gebrauchsspuren kaum Abnutzungen an der Spitze des Schuhs oder Beschädigungen an der Sohle entstanden.
Fazit – Sidi Drako Carbon SRS
Wer beim Kauf auf absolute Kraftübertragung und renntaugliches Equipment wert legt, ist beim Drako genau richtig. Mit seiner steifen Carbonsohle und einem Verschlusssystem, das extrem fest hält, geht man in dieser Hinsicht keine Kompromisse ein. Die Schwächen des Drako sind zum einen sein stolzer Preis und zum anderen mehrere Kleinigkeiten, welche in dieser Preisklasse nicht erwünscht sind: beispielsweise das streifende Schnallenende und die Sohlenabnutzung.
Fazit – Sidi MTB Cape
Der Sidi Cape konnte überraschen: Seine sehr bequeme Passform macht ihn zum idealen Begleiter für Personen, die mehr Wert auf Komfort als Effizienz legen. Genau diese ist auch sein Manko, denn durch die Nylonsohle geht viel Kraft verloren. Somit ist er für den absoluten Rennfahrer nicht zu gebrauchen, für Einsteiger und als Allround-Klickpedalschuh allerdings sehr empfehlenswert.
Stärken und Schwächen
Stärken: Sidi Drako
- Gute Passform
- Steife Sohle
- Gutes Verschlusssystem
Schwächen: Sidi Drako
- Teurer Preis
- Geringe Belüftung
- Schlechte Haltbarkeit der Stollen
Stärken: Sidi Cape
- Gutes Verschlusssystem
Schwächen: Sidi Cape
- Weiche Sohle
- Nicht austauschbare Stollen
Testablauf
Die Schuhe wurden ein halbes Jahr lang getestet, zumeist im alltäglichen Training aber auch im Renn-Einsatz. Zudem haben wir sie einem Härtetest in den Alpen unterzogen.
Text & Redaktion: Christian Schöllhorn | MTB-News 2016
Bilder: Tobias Sindlinger
Weitere Informationen: www.sidi.com
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