Ja, der Titel klingt schon nach einem ungewöhnlichen Moment. Was zur Hölle hat ein Junggesellenabschied im Bikepark verloren? Darum geht’s hier aber gar nicht, und auch nicht um die „JGA“-Frage an sich – sondern um die Frage, was so ein Vormittag im Bikepark eigentlich kostet. Und wie gut das Preis/Leistungsverhältnis so ist …

Wo fange ich an? Ich wurde zu einem Junggesellenabschied eingeladen, so weit so gewöhnlich, mit Anfang 30. Offen gesagt bin ich häufig kein großer Fan von den Veranstaltungen. Als aber in der besagten Whatsapp-Gruppe das Programm für den Tag in Richtung Bikepark-Besuch in den Bergen votierte, war ich doch einigermaßen angetan: Erst Biken, dann gut essen – da bin ich dabei. Nachdem alle anderen sich ein Downhillbike ausleihen wollten und ich zum Zeitpunkt der Veranstaltung nicht einmal ein Enduro im Keller hatte, ließ ich auch für mich ein Downhillbike reservieren. Mache ich auch nicht alle Tage. Gespannt, welches Modell es sein würde, übermittelte ich also Gewicht und Körpergröße an den Verleih.

Stehen vier ziemlich unterschiedlich große und schwere Mountainbiker im Bikeshop
# Stehen vier ziemlich unterschiedlich große und schwere Mountainbiker im Bikeshop - kriegen alle Größe L. Kein Witz.

Ankunft am Bike-Verleih

Am Tag des Abschieds vom Junggesellenlebens marschierten wir also hoch motiviert in die Talstation, in der sich auch der Bikeverleih befand. Unsere Reservierung war vorhanden, alles lief perfekt. Noch ein paar Unterschriften hier gezeichnet und, Moment, was? Keine Waschmaschine gekauft, aber immerhin: Eine Fahrrad-Versicherung abgeschlossen. Die Versicherung für eine Beschädigung des Fahrrades war im Leihpreis nämlich nicht inbegriffen; und 15,00 € sind doch gut investiert: schließlich kann an einem Downhillbike schon mal was kaputtgehen, dachte ich mir: Ein Schaltwerk, ein Bremshebel oder eine Speiche demoliert und schon sind 15,00 € ein Schnäppchen. Selbst die Reparatur eines platten Reifens dürfte in der Werkstatt mehr kosten. Aber mal ehrlich: Bei 80 € Leihgebühr für 4 h Fahrspaß hätte die Versicherung irgendwie schon dabei sein können, oder? Ergibt eine Leihe ohne Versicherung überhaupt Sinn?

Bike-Übergabe

Dann endlich: Die Bike-Übergabe. Am Schalter nebenan drücken wir dem Mitarbeiter unseren Bestellzettel in die Hand. Ich erwähne meinen Namen und meine Größe, und bin dann doch etwas baff: „Die Bikes sind alle Größe L, ist also egal!“, sagt der Mann vom Verleih. Unsere Körpergrößen rangieren zwischen 175 cm und 193 cm, für mich eindeutig nicht alles „L“. Aber: „Es sind eh keine anderen Downhillbikes verfügbar, da haben wir haben also keine Wahl“, erklärt der Kollege. Na gut. Wofür auch immer wir unsere Körpergrößen vorab übermittelt haben. „Ist das Fahrwerk eingestellt?“, frage ich noch – und wir werden in Richtung Werkstatt geschickt. Hierbei laufen die 4 h Mietdauer übrigens; denn wir könnten ja direkt losfahren.

Kann man mit einer Luftpumpe eine Stahlfeder aufpumpen?
# Kann man mit einer Luftpumpe eine Stahlfeder aufpumpen? - Leider lässt sich damit das Rock Shox Coil Fahrwerk nicht an das Fahrergewicht anpassen.

Bike-Setup

Nachdem ein Downhillbike (wir haben Scott Gambler mit verschiedenen Ausstattungen erhalten) ja doch zumindest ein wenig auf seinen Fahrer angepasst werden sollte, nehmen wir uns die Zeit für den Stopp an der Werkstatt. Fahrwerkshärte und Reifendruck einstellen halte ich für Pflicht. Gesagt, getan. Ein freundlicher Mitarbeiter hilft mir, den Sag meines Fahrwerks einzustellen. Als mein Freund das gleiche machen will, wird es knifflig: Der Mitarbeiter sucht mit seiner Gabelpumpe das Ventil am Rock Shox Super Deluxe Coil Federbein. Er fragt daraufhin seinen Kollegen, wo denn bei den Rock Shox-Dämpfern das Ventil versteckt sei. Der erklärt ihm, dass man die Rock Shox Dämpfer nicht einstellen kann – woraufhin die Federhärte bleibt, wie sie eben ist. Ich frage dann noch, wie viel Luft in den Reifen sei. Nach etwas Suchen findet sich ein Reifendruckprüfer, das Ergebnis: 2,3 Bar. Als ich beginne, Luft aus den Reifen zu lassen um sie an mein Gewicht (unter 70 kg) – immerhin Double Down Karkasse, mit Schlauch aufgebaut – anzupassen, erhalte ich einen Hinweis: Unter 2 Bar würde der Mechaniker auf keinen Fall gehen, dann „hast eh weniger Grip!“.

Draußen scheint die Sonne, wir üben erstmal in der Tiefgarage
# Draußen scheint die Sonne, wir üben erstmal in der Tiefgarage - fachlich sinnvoll, aber irgendwie doch schade um die tiroler Bergwelt.

Fahrtechnik-Kurs

Anstatt jetzt mit der übermotivierten und unterroutinierten Gruppe Junggesellen direkt in eine schön schwierige Strecke einzubiegen und so schnell jemand in Richtung Spital zu lenken, gönnen wir dem Bräutigam einen Fahrtechniktrainer. Und weil es ja um ein Gruppenerlebnis geht, machen alle mit – und ich bin doch überrascht, als wir für die erste halbe Stunde in die Tiefgarage abbiegen und dort über eine Dachlatte springen. Die Übungen ergeben Sinn, der ruhigere Ort für ein Kennenlernen von Trainer und Gruppe ergibt Sinn, aber dennoch: Bei 25°C und strahlend blauem Himmel in der herrlichen Landschaft Tirols empfinde ich persönlich jede Minute in der Tiefgarage als eine zu viel. Es folgen zwei Runden am Einsteiger-Parcours, dann noch eine Runde Schlepplift und endlich steht eine Auffahrt mit der Gondel an. In einer Gruppe mit absoluten Neulingen fällt mir auf, wie schwierig der Transport von Downhillbikes mit der Gondel ist: das Einsteigen durch die schmale Tür oder das Raufwuchten in die Halterung außen an der Gondel verursacht mehr Nervenkitzel als die Abfahrt auf dem Flying Gangster, ähnliches gilt für den Schlepplift. Da passt die Infrastruktur eigentlich nicht zum Sportgerät…

Mountainbikes durch zu schmale Gondeltüren schieben
# Mountainbikes durch zu schmale Gondeltüren schieben - immer noch unangenehme Realität in einigen Bikeparks heute.
Der Fahrtechniktrainer lässt es ordentlich stehen
# Der Fahrtechniktrainer lässt es ordentlich stehen - die Einsteiger sind nach zwei Abfahrten dennoch bedient für den Tag.
Mit voller Sicherheitsausrüstung und Downhillbike auf Einsteigertrails unterwegs
# Mit voller Sicherheitsausrüstung und Downhillbike auf Einsteigertrails unterwegs - nicht im Bild: Die Bremswellen, die dank harter Reifen die Handgelenke zermürben.

Der Trainer war übrigens ein absolut guter Typ, von dem trotz unserer unterschiedlichen Niveaus alle viel lernen konnten, daran gibt es nichts zu bemängeln. Diese Leistung hatte aber ihren Preis: 120 Minuten Trainer für eine Gruppe von 4 Personen kosten satte 290 €. Den Streckenzustand – eine gewaltige Sammlung Bremswellen – kommentierte er nur mit „Leogang-Style“, womit ein Anfänger mit zu hartem Fahrwerk und zu harten Reifen aber auch nicht so richtig viel anfangen konnte. Ein Ausflug auf die Downhillstrecke fiel übrigens aus, schließlich stand bald der Weltcup in Leogang an und die Strecke war deshalb gesperrt. Ob sich das reduzierte Streckenangebot und der hierdurch erhöhte Verkehr auf den verbleibenden Strecken in den Preisen niedergeschlagen hat? Leider nein, es bleibt bei 47 € für 4 h Liftticket.

Gesperrte Strecken führen zu mehr Verkehr auf den übrigen Trails
# Gesperrte Strecken führen zu mehr Verkehr auf den übrigen Trails - das führt aber leider nicht zu niedrigeren Preisen.

Preis-Leistung

Damit sind wir auch schon beim Punkt. Alle hatten irgendwie Spaß, ganz schlecht war das Programm also auf keinen Fall. Allerdings muss man sagen: Die Anfänger aus der Gruppe haben die Gondel exakt zweimal genutzt, dazu noch die Fahrt mit dem Schlepplift und zwei Runden Hasenlift. Und auch wenn ein Anfänger drei Klicks mehr oder weniger Zugstufendämpfung wohl nicht spüren kann: Wenn er mit viel zu harten Reifen und viel zu hartem Fahrwerk über Bremswellen rüttelt, dann macht das keinen Spaß. Dann tun die Hände schneller weh, die Unterarme sind zu, und der Leih-Helm wackelt auch noch wie blöde. Wie suboptimal das Setup war, lässt sich auch daran erkennen, dass, obwohl noch Zeit übrig war, die Bikes früher zurückgegeben wurden. Am Ende hat dieses Programm (Downhiller ausleihen, Kreise in der Tiefgarage drehen und anschließend zwei Runden Gondel fahren) pro Person satte 214,50 € gekostet. Ohne Anfahrt, ohne Verpflegung, ohne weitere Ausrüstung. Vielleicht ist es der schwäbische Teil meiner Gene, aber in meinen Augen passt hier die Preis-Leistung nicht.

Ja, Mountainbiken ist kein günstiger Sport
# Ja, Mountainbiken ist kein günstiger Sport - aber über 200 € für 4 h Fahrspaß sind dann doch erstaunlich.

Fazit

Der Betrieb von Bergbahnen, Streckenpflege und natürlich auch die Wartung von Downhillbikes ist kein günstiges Unterfangen, einverstanden. Offensichtlich lassen sich die Preise auch gegenüber den Kunden durchsetzen. Aber dann muss es auch einen entsprechenden Service geben, der zur Fahrfreude und Sicherheit der Kunden beiträgt. Ein vernünftig eingestelltes Fahrrad macht einfach mehr Spaß. Der deutlichste Indikator für die Qualität des Angebots bleibt leider: Keiner aus der Gruppe, der zum ersten Mal im Bikepark war, war angefixt und wird wieder kommen.

Wie erleben die Einsteiger*innen unter euch das Angebot in Bikeparks?


Alle Artikel der Dreh-Momente-Reihe 

  1. benutzerbild

    LarsBush

    dabei seit 04/2016

    nein nein, in ders schweiz ists echt nicht geil zum biken und viel zu teuer!
    ganz ganz schlimm ist es hier, kann ich nur bestätigen
  2. benutzerbild

    Detritus667

    dabei seit 08/2019

    Angetrunken irgendwelchen sportlichen Aktivitäten nachzugehen ist aber grds. keine gute Idee - dafür kann dann aber der Bikepark nichts.

    War selbst vor Jahren mal mit einem JA beim Wasserski - hatte auch keiner vorher schon mal gemacht. War nüchtern aber trotzdem ein Heidenspaß.

  3. benutzerbild

    GrazerTourer

    dabei seit 10/2003

    Voller Preis bei vielen gesperrten Strecken ist in Parks immer noch so mit das unverschämteste überhaupt. Erzählt einem vorher ja auch niemand.
    Ich war letztes Jahr in Schladming, wegen der Jumpline. Was glaubst welche Line zu war?
  4. benutzerbild

    Tyrolens

    dabei seit 12/2022

    Angetrunken irgendwelchen sportlichen Aktivitäten nachzugehen ist aber grds. keine gute Idee - dafür kann dann aber der Bikepark nichts.

    Auch eine Sache, die man von den betreffenden Regionen vom Winter übernommen hat.
    Alkohol und Skifahren (Sport möchte ich das nicht nennen) ist alles andere als ein Tabu.
  5. benutzerbild

    MB-Locke

    dabei seit 12/2003

    Auch eine Sache, die man von den betreffenden Regionen vom Winter übernommen hat.
    Alkohol und Skifahren (Sport möchte ich das nicht nennen) ist alles andere als ein Tabu.

    This!
    Für mich sind das Schneetouristen oder sonstwas, aber keine Skifahrer🤷🏼

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