Die zweite Saisonhälfte in der Cross-Country-Szene nimmt nach den olympischen Spielen in Tokio Fahrt auf: Im serbischen Novi Sad wurden am vergangenen Wochenende die europäischen Titelkämpfe in der Cross-Country- und Eliminator-Disziplin ausgetragen. Dabei zeigten sich bei den Siegen von Pauline Ferrand-Prévot und Lars Forster in den Eliteklassen der Damen und Herren vor allem die deutschen Nachwuchsfahrerinnen und Nachwuchsfahrer in Top-Form und sammelten fleißig Medaillen.
Bei enorm hohen Temperaturen von rund 35° Celsius versammelte sich ein Großteil der aktuellen europäischen Elite im Cross-Country-Sport im serbischen Novi Sad zur Vergabe der neuen kontinentalen Meistertrikots. Im Zuge des sehr vollen verbleibenden Rennkalenders in der Cross-Country-Szene mit zwei ausstehenden Weltcuprennen und den Weltmeisterschaften im italienischen Val di Sole, verzichteten jedoch einige Top-Fahrerinnen und Top-Fahrer auf die Reise in den Osten Europas. Lediglich die beiden Bronzemedaillengewinner*innen aus Tokio, der Spanier David Valero und die Schweizerin Linda Indergand, standen von den ingesamt sechs rein europäischen Medaillengewinnerinnen und -gewinner von Tokio am Start in Novi Sad, Olympiasieger Tom Pidcock ist beispielsweise bei der Spanienrundfahrt auf der Straße unterwegs.
Trotz des etwas ausgedünnten Starterfeldes in der Eliteklasse entwickelten sich in Novi Sad über alle Rennklassen hinweg spannende Titelkämpfe, was in weiten Teilen auch auf den sehr speziellen Kurs in Serbien zurückzuführen war. Rund um das Festungsgelände in Novi Sad führte die rund 4 Kilometer lange Strecke auf größtenteils urbanem Terrain mit vielen engen Richtungswechseln und eher wenigen technischen Herausforderungen. Bereits zum Auftakt des Rennwochenendes konnte die deutschen Fahrer*innen-Delegation im Staffelrennen mit der Bronzemedaille überraschen, sodass die Erwartungen für die Einzelrennen stiegen: Insbesondere die Nachwuchstalente konnten dabei mit zwei weiteren Bronzemedaillen und geschlossen starken Resultaten überzeugen und lassen auf starke Ergebnisse in der Zukunft hoffen.
Damen: Ferrand-Prévot souverän
Die Französin Pauline Ferrand-Prévot verteidigte bei den Damen souverän ihren Europameistertitel und feierte einen Solo-Sieg vor den beiden Niederländerinnen Anne Terpstra und Anne Tauber. Auf dem sehr engen und verwinkelten Kurs etablierte sich zunächst eine bis zu zehn Fahrerinnen umfassende Spitzengruppe mit den späteren Medaillengewinnerinnen und allen Favoritinnen. Diese Gruppe hatte schließlich auch bis zur Rennhälfte bestand, ehe die amtierende Weltmeisterin Ferrand-Prévot zur Attacke blies und auf und davon zog. Einzig die überraschend starke Ukrainerin Iryna Popova konnte zunächst folgen, doch auch sie musste nach etwa einer halben Runde einsehen, dass an diesem Tag die französische Weltmeisterin nicht zu schlagen sein wird.
Popova wurde wieder in die Verfolgergruppe zurückgespült aus der sich Anne Terpstra wenig später absetzen konnte und letztlich souverän zur Silbermedaille fahren konnte. Ihrer Landsfrau Anne Tauber gelang es schließlich die beiden weiteren Mitstreiterinnen in der Verfolgergruppe, Iryna Popova und Linda Indergand aus der Schweiz, abzuschütteln und somit die letzte verbliebene Medaille einzufahren. Die einzige deutsche Starterin in der Eliteklasse, Nina Benz, erwischte einen schlechten Start und kämpfte sich im Verlauf des Rennens mühsam durch das Feld. Dabei zeigte die junge Deutsche jedoch ein couragiertes Rennen und arbeitete sich bis auf den sehr respektablen 12. Rang vor.
Herren: Forster zum zweiten Titel
Zweiter Europameistertitel für Lars Forster! In einem bis auf die letzten Meter sehr spannenden Rennen der Herren sicherte sich der Schweizer seinen zweiten kontinentalen Titel nach 2018 als er in Glasgow triumphierte. In einem äußerst taktisch geprägten Rennen mit einer über weiten Strecken sehr großen Spitzengruppe gelang es dem Schweizer in der letzten Runde eine erfolgreiche Attacke zu setzen, der kein anderer Fahrer gewachsen war. Im Feld der Verfolger versuchten zunächst der Italiener Luca Braidot und der Schweizer Filippo Colombo zu folgen, doch sie waren wie alle anderen Kontrahenten letztlich machtlos gegenüber dem kraftvollen Antritt Forsters.
Während Forster an der Spitze einen rund zehnsekündigen Vorsprung bis ins Ziel konservierte, entbrannte ein packender Kampf um die Silbermedaille: Der Däne Sebastian Fini, der im ersten Renndrittel durch einen heftigen Sturz zurückgeworfen wurde und sich anschließen wieder an die Spitze herankämpfte mobilisierte in einem letzten Anstieg alle Kräfte und setzte sich vor den letzten engen Kurven vor dem Ziel an die zweite Position. Diese verteidigte er letztlich auch ins Ziel und verwies den Eidgenossen Filippo Colombo auf den Bronzerang. Wie eng das Rennen der Herren in Novi Sad letztlich war, zeigt indes ein Blick auf die Ergebnisliste: Die ersten sechs Fahrer trennten im Ziel gerade einmal 13 Sekunden.
Eine sehr ansprechende Mannschaftsleistung konnten die Fahrer der deutschen Nationalmannschaft verbuchen: Etwas überraschend war Georg Egger bester deutscher Fahrer in Novi Sad mit einem starken achten Rang. In der ersten Rennhälfte konnte sich der Bayer in der Spitzengruppe festsetzen und schien sogar in der Lage zu sein in den Kampf um die Medaillen einzugreifen. Letztlich verließen ihn gegen Ende des Rennens etwas die Kräfte, nichtsdestotrotz bedeutete der achte Rang das beste Ergebnis für Egger bei internationalen Titelkämpfen. Das erfolgreiche Gesamtresultat der deutschen Mannschaft rundeten Eggers Teamkollegen im Lexware Mountainbike Team, Luca Schwarzbauer und Max Brandl, auf den Positionen zehn und elf ab. Zudem überraschte Niklas Schehl, der aus den hinteren Startreihen ins Rennen gehen musste, mit dem starken 13. Rang.
U23-Damen: Mitterwallner wird Favoritenrolle gerecht, Eibl holt Bronze
Die deutsche Olympiastarterin Ronja Eibl feierte im Rennen der U23-Klasse der Damen den Gewinn der Bronzemedaille. In einem packenden Duell mit der Dänin Caroline Bohé konnte sich die junge Deutsche im letzten Renndrittel durchsetzen und hinter den beiden Erstplatzierten Mona Mitterwallner (Österreich) und Puck Pieterse (Niederlände) erstmalig in einem Einzelwettbewerb bei internationalen Titelkämpfen nach einer Medaille greifen. Favoritin Mona Mittwerwallner aus Österreich, die bisher alle Weltcuprennen der weiblichen U23-Klasse in dieser Saison für sich entscheiden konnte, fuhr abermals ein dominantes Rennen und ließ ihren Kontrahentinnen nicht den Hauch einer Chance. Spannend wird sicherlich das Aufeinandertreffen von Mitterwallner und der Gesamtweltcupführenden in der Eliteklasse, Loana Lecomte, bei den Weltmeisterschaften in Val di Sole in wenigen Tagen: Lecomte verzichtete auf den Start in Novi Sad und ist genauso wie Ronja Eibl und Co. weiterhin verpflichtet in der U23-Klasse bei den Weltmeisterschaften zu starten.
Die beiden weiteren deutschen Starterinnen, Leonie und Luis Daubermann, rundeten ein erfolgreiches deutschen Gesamtresultat auf den Positionen sechs und zwölf ab.
U23-Herren: Schweizer Roth verteidigt Titel, List schnappt sich Edelmetall
Der Schweizer Luca Roth verteidigte in einem packenden Rennen der U23-Klasse der Herren den Europameistertitel, den er Vorjahr auf heimischem Boden im schweizerischen Tessin bereits einfahren konnte. Dabei verwies er in einem langgezogenen Sprint-Finish den Italiener Juri Zanotti und den Deutschen David List auf die Plätze zwei und drei. Für den deutschen U23-Meister List bedeutete der Gewinn der Bronzemedaille das erste Podium bei internationalen Titelkämpfen.
Ähnlich wie in der Elitekonkurrenz der Herren lieferte sich eine größere Gruppe an der Spitze einen heißen Kampf um die Medaillen: Vier Fahrer, darunter die drei späteren Medaillengewinner und der Viertplatzierte Alexandre Balmer aus der Schweiz blieben bis zu Schluss eng beisammen. Luca Roth setzte sich auf den letzten Metern vor dem Ziel an die Spitze und gab diese Position letztlich nicht mehr her. Die beiden weiteren deutschen Starter Leon Kaiser und Markus Eydt landeten auf den Positionen 21 und 33.
Juniorinnen: Lipp verpasst Podest nur knapp
Die ungeliebte Holzmedaille und ein überaus erfreuliches Mannschaftsergebnis sind das Fazit aus deutscher Sicht nach dem Rennen der Juniorinnen: Beim Sieg der französischen Favoritin Line Burquier zeigte insbesondere die deutsche Jugendmeisterin aus dem Jahr 2019, Finja Lipp, eine starke Vorstellung und schrammte nur um eine halbe Minute am Gewinn einer Medaille vorbei. Hinter Burquier, der Italienerin Sara Cortinovis und der Schweizerin Lea Huber landete Lipp auf dem undankbaren vierten Rang. Aber auch die weiteren deutschen Fahrerinnen wussten zu überzeugen: Sina van Thiel auf Position sieben, Alexa Fuchs auf Rang 10 und ein Dreigestirn bestehend aus Kaya Pfau, Andrea Kravanja und Antonia Weeger auf den Positionen 14 bis 16 sorgten für ein erfolgreiches deutsches Teamergebnis.
Junioren: Ukrainer Hudyma fährt souverän zum EM-Titel
Topfavorit Oleksandr Hudyma aus der Ukraine hat das Juniorenrennen der Europameisterschaften für sich entschieden: In souveräner Art und Weise verwies Hudyma, der unter anderem in diesem Jahr das Junior World Series Rennen in Albstadt gewinnen konnte, den Schweizer Roman Holzer und den Franzosen Alexandre Martins auf die Plätze. Bester Deutscher war Paul Schehl, der als Fahrer des jüngeren Jahrgangs in der Juniorenklasse auf Position acht besonders auf sich aufmerksam machen konnte. Lars Gräter und Benjamin Krüger folgten als nächste deutsche Fahrer auf den Positionen 14 und 17.
Eliminator: Van Eck und Tormena triumphieren
Bereits am vergangenen Freitag wurden die kontinentalen Titel in der Eliminator-Disziplin vergeben: Da bereits zwei Tage später im belgischen Oudenaarde der zweite Lauf der Eliminator-Weltcupserie stattfand, war nur ein Teil der Sprint-Elite Europas nach Novi Sad gereist. Unter anderem auch das deutsche Top-Ass in der Sprint-Disziplin, Simon Gegenheimer, der erst vor einer Woche den ersten Lauf des Eliminator-Weltcups für sich entscheiden konnte, verzichtete auf einen Start in Serbien.
So waren es schließlich der Niederländer Jeroen van Eck und die Italienerin Gaia Tormena, die sich in Novi Sad zur Europameisterin beziehungsweise zum Europameister küren konnten. Der einzige deutsche Teilnehmer Julian Gerhardt wurde 27., bei den Damen stand unterdessen keine deutsche Fahrerin am Start.
Ergebnisse
Damen
XCO results WEHerren
XCO MEU23-Damen
XCO results WUU23-Herren
XCO MUJuniorinnen
XCO WJJunioren
XCOmjEliminator Damen
xce risultati womenEliminator Herren
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- MTB-Bundesliga – Krumbach/Obergessertshausen: Schrievers/Benz und Schehl/Schwarzbauer oben auf
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