Die alte Sepp Herberger Weisheit „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ trifft leicht abgewandelt auch auf die Messearbeit zu: direkt nach der Messe beginnen die Vorbereitungen für die Messe im Folgejahr – aber ist da wirklich so viel zu tun, dass es sich damit ein ganzes Jahr beschäftigen lässt?
Um genau das zu klären habe ich Stefan Reisinger vor ein paar Wochen einen Besuch abgestattet. Reisinger ist Projektmanager bei der Messe Friedrichshafen gmbh und dort verantwortlich für die Messen Eurobike und Outdoor. Der 34-Jährige hat Sport und Wirtschaft studiert und arbeitet seit 5 Jahren bei der Messe Friedrichshafen.
Die Eurobike ist die größte und wichtigste Fahrrad Messe weltweit. 1991 noch überschaubar gestartet waren vergangenes Jahr 55.000 Besucher und knapp 1000 Aussteller an den Bodensee gekommen. Auch für die Messegesellschaft in Friedrichshafen ist die Eurobike eine der größten Veranstaltungen.
Zurück zum Titel – Nach der Messe ist vor der Messe: Direkt nach der Messe geht es wieder los – Vorbereitungszeit – was genau passiert da?
Vorbereitungszeit
„Direkt nach der Messe gehen die Austellerunterlagen fürs Folgejahr an die Kunden – die Anmeldungen laufen dann im Oktober und November ein – meist ist im Januar schon Anmeldeschluss“, so Reisinger.
Der nächste Schritt ist die Planung. Viele Kunden haben natürlich Sonderwünsche, verrät der Eurobike-Chef. „Jeder will natürlich den allerbesten Platz haben, der eine hätte gerne einen Reihenstand, der andere einen Eckstand; der eine möchte seinen Stand hier gerne einen Meter länger haben, der andere dort einen Meter kürzer. Bei knapp 1000 Kunden auf dem ganzen Gelände ist die Planung ein Prozess, der uns für rund drei Monate beschäftigt“
Die Kundenwünsche fliessen alle in die Planung ein und man versucht es, soweit irgendwie möglich, möglichst vielen Kunden recht zu machen. Die ganzen Anforderungen werden erstmal gesammelt, die Planung kann man sich dann wie ein riesiges Puzzlespiel vorstellen. Diese Arbeit wird vom Messe-Team für Outdoor und Eurobike parallel erledigt und dauert bis in den April. Spätestens im Mai hat dann jeder Kunde eine feste Zusage wo sein Platz ist und kann für sich mit der Standplanung beginnen.
A propos Kundenwünsche: meist geht es um die Platzierung – jeder möchte in der Halle möglichst weit vorne stehen. „Vorne ist aber nicht automatisch besser – es gibt einige Hallen, die insgesamt sehr stark belegt sind, da ist dann relativ egal wo der Stand ist“, sagt Reisinger.
Bei der Planung werden auch die zwei neuen Hallen berücksichtigt, die vor wenigen Tagen eröffnet wurden. Mit dem ebenfalls geschaffenen Eingangsfoyer Ost verfügt die Messe damit über 85.000 qm Ausstellungsfläche.
Übrigens: Der Quadratmeter auf allen Standplätzen, egal ob vorne oder hinten, ob groß oder klein: es kostet immer gleich viel. Abgerechnet wird nur auf Quadratmeterbasis. Die einzige Ausnahme ist das Freigelände – dort ist es günstiger, man trägt als Aussteller allerdings auch das Schlechtwetterrisiko …
Genau dieses Risiko – oder auch die Chance auf Sonnenschein gibt es dieses Jahr bereits zum dritten Mal auch beim „Eurobike Demoday“ – am Tag vor der Eurobike darf das Fachbesucherpublikum dieses Jahr in Argenbühl Bikes im Gelände ausprobieren. Demo Day #1 geriet wegen eines sehr starken Unwetters am Vormittag zur naß-kalten Schlammschlacht, am Demoday #2 im vergangenen Jahr gab es Bilderbuchwetter.
„Wir hatten uns den Demo-Day vorher in den USA angeschaut und das hat dort so gut funktioniert, das mussten wir auch machen. Trotz des schlechten Wetters bei der Erstauflage bekamen wir sehr positives Feedback. Wir waren bei der Erstauflage bereits an der Kapazitätsgrenze, daher sind wir dann letztes Jahr nach Argenbühl umgezogen und hatten dort zum Glück Superwetter. Dieses Jahr werden wir wieder dort sein – die Zusammenarbeit vor Ort war toll und es gab auch hier wieder sehr positives Feedback von unseren Kunden. Die Aufplanung für den Eurobike Demoday erfolgt erst nach der Planung der Eurobike und geht auch schneller von statten. Ende Mai weiss auch hier jeder Kunde wo sein Stand sein wird. Zur selben Zeit wird auch das Rahmenprogramm zur Eurobike organisiert.“
Da das Team, das die Eurobike organisiert, auch die Outdoor Messe im Juli veranstaltet, werden in Summe rund 1800 Kunden betreut.
Messezeit
Wie sieht die Arbeit während der Messezeit aus?
„Wenn noch keine Messe ist haben wir alle relativ normale Bürojobs mit geregelten Arbeitszeiten.“
Die Messe selbst hat rund 14 Tage Vorlauf, so lange brauchen die Standbauer, wenn große Flächen aufwändig bebaut werden.
Sobald der erster Austeller auf das Gelände fährt bis dann später die Messe vorüber ist, da geht es dann rund. Während der heissen Messephase sind wir morgens die ersten, die auf das Messegelände kommen und abends mit die letzten, die gehen. Die Hauptarbeit ist Koordination. Mein Handy klingelt ständig, ich muss irgendwo hinkommen und kurzfristig Entscheidungen treffen. Das ist das richtige Veranstaltungsgeschäft, das macht dann richtig viel Spass. Die Zeit verfliegt und man weiss abends richtig, was man geschafft hat“.
An den eigentlichen Messetagen ist Reisinger dann von morgens bis abends in Turnschuhen unterwegs und legt etliche Kilometer zurück, erzählt er. Weil an diesen 4 Tagen alle Kunden im Haus sind, ist das komplette Messe-Team im 20 Minuten Rhytmus getaktet und hat Termine von Stand zu Stand um mit den Kunden zu sprechen und Hände zu schütteln. Dieses Marathonprogramm wird erst Samstag Abend vorüber sein.
„Ein erstes Durchschnaufen wird es dieses Jahr erst am Samstag Abend gegen 18:30 geben, wenn die Messe wieder schließt. Der Abbau geht ziemlich schnell von statten – nach 3 Tagen ist nicht mehr viel von der Messe zu sehen.“
Verkehr
Wer schonmal auf der Eurobike war wird sich an eines ziemlich sicher erinnern – das allmorgendliche Verkehrschaos.
„Vergangenes Jahr hatten wir die Öffnungszeiten modifziert um eine Verkehrsentlastung zu erzielen – das hat aber nichts gebracht. Um die Verkehrssituation zu verbessern werden derzeit Straßen gebaut – im Moment ist die neue Nordanbindung im Bau, diese wird erst in 2010 fertig gestellt sein – dieses Jahr haben wir daher nochmal den alten Zustand. Auch verbessert wird die bestehende Südanbindung. In 2010 wird diese doppelt so breit sein wie bisher.“
Dieses Jahr soll durch den verbesserten Einsatz von Bussen und durch die Promotion von „mit dem Fahrrad zur Messe“ eine Reduzierung des morgendlichen Verkehrs-Chaos gelingen, so Reisinger, der auch die positive Seite herausstellt: „Die Messe findet bei uns in einer ländlichen Gegend statt. Dadurch haben wir zwar Nachteile beim Verkehr, aber auch ein besonderes Ambiente, das besonders gut zur Branche passt.“
Nach der Messe
gibt es eine Nachbereitung mit dem Messe-Team und den Dienstleistern, es wird geklärt was gut war und was noch besser gehen könnte.
Dann ist es ein paar Tage ruhiger, bevor es dann wieder mit der die Vorbereitung für die nächste Runde losgeht – für den Ablauf der Eurobike 2010 kannst du oben im Text wieder bei Vorbereitungszeiteinsteigen …
„Eine erfolgreiche Messe gemacht zu haben ist ein gutes Gefühl. Wenn sie nach den 5 Messetagen am Samstag Nachmittag auf der letzten Runde sind, und die Kunden, die sie kennen klopfen ihnen auf die Schulter und sagen ‚Es war super, wir haben eine tolle Messe gehabt, es war gut besucht, wir haben die richtigen Kunden gesehen und gute Aufträge geschrieben, es war perfekt organisiert‘, dann ist das ein tolles Gefühl. Das ist ein sehr direktes Feedback – man kann selbst sehen, was man an Arbeit reingesteckt hat und was dabei rausgekommen ist.“ schwärmt Reisinger. „Dann fällt auch die ganze Anspannung ab und man freut sich auf ein paar ruhigere Tage.“
… und dann geht es direkt wieder von Neuem los.
Zwei neue Hallen sowie das neue Eingangsfoyer Ost im Frühjahr – alles mittlerweile fertig und eingeweiht
Über die Messe
Die Messe Friedrichshafen hat rund 70 Mitarbeiter, davon 45 im kaufmännischen und 25 im technischen Bereich. An einem Event wie der Eurobike sind über Dienstleister rund weitere 500 Mitarbeiter in den verschiedenen Bereichen tätig (z.B. Kassierer, Hostessen, Parkwächter, Restaurant, Security, Einlasskontrollen etc.).
Die Messe Friedrichshafen ist eine GmbH, in erster Linie in städtischer Hand. Die Stadt investiert gezielt in die Messe und die ganze Region verdient über die „Umwegrentabilität“ daran – je Euro Umsatz auf der Messe werden laut Erhebungen nochmal rund 6 EUR in der Region ausgegeben (Übernachtungen, Gastronomie, Einkäufe, Standbau etc.)
In 2008 erzielte die Messe einen Rekordumsatz – um 6 Mio. Euro konnte das Unternehmen zulegen und erzielte mit fast 27,5 Mio. Euro Umsatz (2007: 21,5 Mio.) ein neues Rekordergebnis in der Messe-Geschichte.
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