Ein Rennhighlight nach dem nächsten bestimmte den Kalender der schnellsten XC-Asse des Planeten um unseren Weltcup-Blogger Luca Schwarzbauer. Bei den Europameisterschaften schrammte Luca nur knapp an einer Medaille vorbei, eine Woche später fuhr er dann zum dritten Weltcupsieg seiner Karriere im Short Track von Val di Sole. Es gibt also einiges zu erzählen von unserem schwäbischen Blogger – hier gibt’s den Weltcupblog vom Canyon CLLCTV-Fahrer.
Servus zusammen, die letzten Wochen waren vollgepackt mit vielen Highlights – es war richtig was los. Nach dem besonders erfolgreichen Weltcup in Leogang ging’s direkt weiter mit den Europameisterschaften in Krakau und dann folgte auch noch direkt der nächste Weltcuplauf in Val di Sole. Als wäre das nicht schon genug, ging es für mich direkt an die Hochschule: Meine letzten Prüfungen mussten absolviert werden – nun geht’s mit freiem Kopf in die zweite Hälfte der Saison. Zunächst jedoch noch ein Blick zurück auf die turbulenten letzten Wochen …
EM Krakau
Nach dem überaus erfolgreichen Weltcupwochenende in Leogang mit zwei zweiten Rängen im Short Track und Cross-Country-Rennen ging es für mich bereits drei Tage später nach Polen: Die Europameisterschaften in Krakau standen an. Nach den Rennen in Lenzerheide und Leogang fühlte ich mich schon ein bisschen müde und ich habe mir lange überlegt, ob ich in Krakau wirklich starten möchte. Einige Top-Fahrer sind letztendlich dort nicht gefahren. Ich entschied mich jedoch für einen Start in Polen: Es war keine schlechte Entscheidung, aber es hätte auch anders sein können.
Die gesamte Reise und das Event in Krakau waren durchaus besonders: Wir waren rund drei Stunden von Krakau entfernt und damit etwas abgeschottet von all den anderen Sportarten bei den European Games – eine kleine Mountainbike-Familie auf gemeinsamer Reise quasi. Auf jeden Fall war es eine ordentliche Gaudi.
Dadurch, dass wir dort mit dem Verband und nicht mit dem Team unterwegs waren, bemerkte ich schnell, dass meine üblichen Routinen etwas durcheinanderkommen würden. Ich hatte zwar einen eigenen Mechaniker dabei und natürlich auch Lisa, meine Physiotherapeutin. Aber der Support war nicht ganz dasselbe. Das ist logisch, auch wenn jeder sein Bestes gibt. In einem Rennblock, in dem ich jetzt vier Wochen am Stück mit dem Team unterwegs war und nun mit dem Verband, musste ich mich schnell umgewöhnen.
Rang vier wurde es dann am Ende in Krakau: Das klingt nicht unbedingt besonders toll – die Holzmedaille eben – aber ich habe trotzdem viel Präsenz gezeigt, bin weit vorne gefahren und knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt. Nur acht Sekunden haben am Ende gefehlt. Ein bisschen schade, ich war an dem Tag einfach nicht bereit, 100 Prozent zu geben. Ich war etwas ausgelaugt, was nach den Rennen in Lenzerheide und Leogang natürlich kein Wunder war. Einerseits hat mich der Erfolg in Leogang motiviert, andererseits hatte ich mein Ziel bereits erreicht und dann gleich wieder voll durchzustarten, war natürlich nicht ganz einfach. Nun ja, dann ging es wieder nach Hause und nur wenig später nach Val di Sole.
Short Track Val di Sole
Der Short Track in Val di Sole war für mich dann eine einzige Erfolgsgeschichte – auch wenn ich nach der langen Reise und den vielen Rennen zuvor ernsthafte Bedenken hatte. Das war dann schon Weltcupsieg Nummer drei – einfach unglaublich! Ich kann gerade kaum noch mitkommen, was all die Rennen und Erfolge angeht. Die letzten vier Wochen waren extrem intensiv, wahrscheinlich eine der intensivsten Wochen meiner Karriere.
Sieben äußerst wichtige Rennen, die Führung im Short Track-Weltcup mit einem großen Vorsprung und zeitweise, zumindest für kurze Zeit, sogar die Führung im Gesamtweltcup. Das ist einfach krass. Das sind Dinge, mit denen ich niemals gerechnet hätte!
Zurück zum Rennen selbst: Ich bin am Dienstag spät in Val di Sole angekommen und habe mich am darauffolgenden Mittwoch ziemlich gut erholt. Das Wetter war nicht zu heiß, ich konnte gut schlafen und mich ein wenig regenerieren. Am Donnerstag habe ich ein gutes Training auf der Strecke absolviert und mich eigentlich ziemlich wohlgefühlt, was mich wieder positiver gestimmt hat.
Und dann, am Freitag, hätte ich nicht wirklich erwartet, dass ich gewinne. Aber ich wusste, dass ich aufgrund meiner aktuellen Position im Short Track alles geben musste, um meine Führung zu verteidigen. Letztendlich war es mein bisher einfachster Sieg im Short Track, würde ich sagen. Für mich persönlich war es auch unglaublich, auf diese Weise zu gewinnen.
Zunächst war es noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Nino Schurter und den anderen. Ich habe aber früh schon gezeigt, was ich leisten kann, und am Ende war ich mit Abstand der Stärkste. Es hat sich auch sehr gut angefühlt, zumindest für mich. Bei den Rennen zuvor musste ich eigentlich schon immer voll an meine Grenzen gehen, besonders wenn man bedenkt, dass ich bisher ja „nur“ in Lenzerheide gewinnen konnte. In Val di Sole hat sich das Ganze verhältnismäßig leicht angefühlt – eigentlich hat ein starker Antritt gereicht, um das Rennen zu gewinnen. Ich würde behaupten, ich hätte bei Bedarf fast noch mehr zulegen können. Aber das war ja letztlich nicht nötig.
Cross-Country-Rennen Val di Sole
So war ich auch dann sehr positiv eingestellt, was das folgende Cross-Country-Rennen am Sonntag anging. Ich hatte das Gefühl, viel erreichen zu können!
Ich habe mich am Start sehr wohlgefühlt und bin gut weggekommen. Aber gleich in der ersten Runde konnte ich knapp einem Sturz entgehen, der mir böse hätte zusetzen können. Da hatte ich Glück! Aber dann bin ich wenig später leider in ein Loch gefahren und mein Sattel, der vielleicht nicht so fest war, wie er sein sollte, ist ein Stück nach unten gerutscht und war schief. Das hat sich dann im Verlauf des Rennens negativ ausgewirkt.
Das Glück, das ich meistens vor allem im Short Track hatte, hat sich in der Cross-Country-Disziplin ein wenig anders entwickelt. Ich hatte dann das gesamte Rennen über das Gefühl, dass irgendetwas nicht hundertprozentig stimmt – auch wenn ich es versucht habe zu verdrängen. Es waren wahrscheinlich wirklich nur zwei Millimeter. Manch einer hätte es vielleicht gar nicht bemerkt, aber ich bin ein wenig empfindlich, glaube ich.
Am Ende habe ich mich durch das Rennen gekämpft, aber ich habe gemerkt, dass ich nicht so schnell fahren konnte, wie ich wollte.
Der Wille war auf jeden Fall da, sogar größer als bei der Europameisterschaft. Ich habe wirklich alles gegeben und das war ein gutes Gefühl. Nichtsdestotrotz lief eben nicht alles perfekt: Zum Beispiel fühlte ich mich in den technischen Passagen etwas unterlegen. Mein Rad ist sicherlich eines der schnellsten auf der Rennstrecke, aber jedes Modell ist ein Kompromiss oder geht in eine bestimmte Richtung: Unser Rad ist am Berg und im Sprint unschlagbar, bergab gibt es aber sicherlich das eine oder andere Bike, das etwas mehr Komfort bietet, und auf diesem Kurs war es vielleicht ein wenig schwierig.
Vielleicht war ich nicht ganz auf dem technischen Niveau der ersten beiden, Matthias Flückiger und Nino Schurter. Leider konnte ich auch nicht ganz mit den beiden Franzosen Joshua Dubau und Maxime Marotte mithalten, obwohl sie stets in Reichweite waren. Am Ende habe ich mich mit David Valero und Jordan Sarrou um den siebten Platz gekämpft. Ich wurde kurzzeitig auf Rang neun zurückgespült, konnte aber Jordan Sarrou auf der letzten halben Runde wieder überholen und war dann wieder fast bei David Valero am Hinterrad. Ich denke, dass ich gute Chance gehabt hätte im Sprint gegen ihn zu gewinnen, jedoch war ich noch ein kleines Stück zurück. Sicher war der siebte Platz also keineswegs.
Ein achter Platz wäre es aber auf jeden Fall geworden, was ein gutes, aber vielleicht nicht zu 100 Prozent zufriedenstellendes Ergebnis nach Leogang gewesen wäre. Darüber hätte ich mich definitiv nicht beschwert!
Dann, in der allerletzten Abfahrt, nach einem sehr holprigen Abschnitt, ist mir leider die Kette vorne etwas schräg abgerutscht. Sie hat sich in meiner Kettenführung irgendwie verklemmt, das ist zuvor noch nie passiert. Und als ich dann beschleunigt habe, musste ich einen kurzen Kick geben, und die Kette ist sofort abgerissen. Das war wirklich das erste Mal bei der neuen SRAM Transmission-Schaltung, dass eine Kette bei mir und unserem Team gerissen oder kaputtgegangen ist. Dass es im Rennen passiert ist, ist natürlich extrem unglücklich. Aber so etwas kann passieren, auch wenn man es mit den neuen Bikes oder der neuen Schaltung praktisch unmöglich erscheint.
Danach war ich ein bisschen hilflos und habe versucht, so schnell wie möglich ins Ziel zu kommen. Ich wurde von Jordan Sarrou, Lars Forster und Martins Blums dann noch überholt. Wie gesagt, der Kurs war extrem anspruchsvoll, sowohl technisch als auch physisch. Ich glaube, es war bisher vielleicht das härteste Rennen der Saison für mich. Ich habe wirklich gelitten und zeitweise alles gegeben. Zudem war das Wetter besonders schwül an dem Tag. Das ist vielleicht auch eine meiner größten Schwächen. Bei trockener Hitze komme ich gut zurecht, bei Kälte sowieso und bei normalen Temperaturen auch. Aber wenn es schwül ist, wird es für mich immer etwas schwierig.
Der Ausblick
Nun stehe ich mit knappem Abstand nach vorne auf dem vierten Rang der Gesamtweltcupwertung – ohne den Kettenriss wäre ich vermutlich auf Rang zwei. Ich führe souverän den Short Track-Weltcup. Das ist absolut großartig, hätte ich am Anfang der Saison sofort unterschrieben! Ich bin wirklich sehr glücklich und dankbar darüber. Ich glaube und hoffe wirklich, dass ich das, was ich in der Cross-Country-Disziplin andeuten konnte, in Zukunft voll ausschöpfen kann.
In Leogang ist es mir gut gelungen, nahe an 100 Prozent heranzukommen. Aber ja, ich denke, dass noch etwas mehr möglich ist. In Lenzerheide und Nove Mesto machte mir mein Zwerchfell einen Strich durch die Rechnung, zudem war ich in Lenzerheide war ich vielleicht nicht ganz auf der Höhe. Alles danach war eigentlich sehr erfolgreich: Ich hoffe noch auf eine weitere Steigerung, aber wenn das nicht passieren sollte, ist das alles kein Beinbruch.
Die Saison ist bisher schon ein riesiger Erfolg für mich.
Jetzt steht auf jeden Fall eine längere Pause an. Ich werde mich wirklich erholen und dann einen ordentlichen Trainingsblock absolvieren. Das ganze Pensum der letzten Wochen hat mich nun auch veranlasst, auf die deutschen Meisterschaften zu verzichten. Das ist etwas schade, aber im Hinblick auf die Weltmeisterschaften und die folgenden Weltcuprennen aktuell die beste Option. Wenn alles glattläuft, hoffe ich, dass ich die erwähnten 100 Prozent wirklich noch abrufen kann in diesem Jahr.
Wir haben einen guten Plan: Wir wissen, in welche Richtung wir gehen wollen, und ich habe wirklich Lust, in der zweiten Saisonhälfte noch einmal alles zu geben. Ich könnte mich in keiner besseren Ausgangsposition befinden. Wie gesagt, ich bin einfach dankbar und glücklich darüber. Aber jetzt steht auf jeden Fall zuerst eine angemessene Pause an, um das Ganze zu verarbeiten. Ich denke, das wird noch eine Weile dauern. Ich hoffe, ihr seid genauso gespannt wie ich, wie es in den nächsten Wochen weitergeht! Ich halte euch auf dem Laufenden – bis bald. Euer Luca!
Was sagt ihr zu dem genialen Wochenende von Luca?
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