Alutech Tofane im Test: Vor mittlerweile fast einem Jahr zeigte Alutech auf dem Riva Bike Festival erstmals seinen Prototypen eines 29er-Enduros. In der Zwischenzeit hat sich noch einiges getan: Die Geometrie wurde optimiert, das Gewicht gedrückt und die Optik feingeschliffen. Nach einer Fahrt am Gardasee hatten wir nun ein zweites Mal die Möglichkeit für eine ausgiebige Ausfahrt auf der Tofane. Unsere Eindrücke des Bikes aus „Süd-Dänemark“ gibt es hier.

12,72 kg leicht, mit riesigen Rädern und 150 mm Federweg für alles gewappnet: Alutech Tofane
# 12,72 kg leicht, mit riesigen Rädern und 150 mm Federweg für alles gewappnet: Alutech Tofane

Gerüchten zufolge soll Alutech-Chef Jürgen Schlender zunächst von der Idee, einen Twentyniner zu bauen, gar nicht angetan gewesen sein. Als ihm Basti Tegtmeier dann dennoch den Prototypen abgeleiert hatte, drehte Jürgen eine Runde auf den großen Rädern – und war begeistert. “Dieses Rad hat mir gezeigt, dass auch Bergauffahren Spaß machen kann!”, erzählte er uns im Gespräch. Dennoch soll die Alutech Tofane  auch oder gar vor allem bergab eine sehr gute Figur machen, Enduro-mäßig eben.

Der Look der Alutech Tofane ist gigantisch hochwertig
# Der Look der Alutech Tofane ist hochwertig, die Kombination aus eloxiertem Aluminium und Carbon gefällt. Technisch und wirtschaftlich macht sie auch noch Sinn: Die ungefederte Masse wird reduziert, die Kosten für große Werkzeuge für verschiedene Hauptrahmen-Größen entfallen.

Das Bike

150 mm Federweg im Twentyniner, das gibt es (noch) nicht allzu häufig, aber die Bikes werden mehr – zu Recht? Zunächst einmal liegt das natürlich auch an den verfügbaren Federgabeln und Laufrädern, und in dieser Hinsicht zeigt der Aufbau des von uns gefahrenen Rades schon einmal, was geht.

An der Front der Alutech Tofane arbeitet eine Rock Shox Pike mit 160 mm Federweg, für die Serie soll sie auf 150 mm eingestellt sein. Gegenstück am Heck: Der Monarch+ Dämpfer, der aus 63 mm Hub einen Federweg von 150 mm generiert. Am Laufrad kommen Reynolds-Carbonfelgen zum Einsatz, die nicht einmal 500 g wiegen, trotz vernünftiger Breite… schöne neue Welt.

Herrlich schön: Eingang der Zugführung in neuem Unterrohr. Aufkleber auf dem Steuerrohr: Geschmacksache.
# Herrlich schön: Eingang der Zugführung in neuem Unterrohr. Geschmacksache: Aufkleber auf dem Steuerrohr.

Leicht wird auch geschaltet: Eine Sram XX1 Gruppe mit 28er Kettenblatt, auf dem die Kette durch eine e13 Führung gehalten wird, soll für Vortrieb sorgen. Das beeindruckende: Obwohl nirgendwo übertriebener Leichtbau betrieben wurde und noch Potential bliebe (vor allem an Schläuchen und Naben), bleibt die Waage bei gerade einmal 12,72 kg stehen. Respekt an Alutech und Ingenieur Stefan Stark, der mit dem nur 2750 g leichten Rahmen eine klasse Grundlage gelegt hat.

Im Hintergrund nur schwer zu erkennen, aber leicht zu mögen: Die austauschbaren Gewinde-Einsätze der PM-Bremsaufnahme
# Im Hintergrund nur schwer zu erkennen, aber leicht zu mögen: Die austauschbaren Gewinde-Einsätze der PM-Bremsaufnahme

Die feingliedrige Dämpferaufnahme kennen wir bereits von der Alutech Teibun Die Pike soll in der Serie auf 150 mm gestellt sein, hier ist eine 160er verbaut Spacige Carbon Ketten- und vor allem Sitzstreben Auch die Wippe ist aus CFK - dank nur einer Dämpferposition spart sie nochmals zusätzlich Gewicht gegenüber der Fanes
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Alutech Tofane – Auf dem Trail

Aber genug der Fachsimpelei, wir wollen wissen, ob die Kombination aus recht großem Federweg und sehr großen Laufrädern gelungen ist. Wir satteln auf, mit 1,77 m fühle ich mich auf dem M-Rahmen direkt wohl. Die bequeme, gespannte Sitzposition wirkt, als könnte man sie lange aushalten, und dennoch ordentlich Druck auf die Pedale bringen.

Gesagt, getan, die Reverb ausgefahren und zu treten begonnen – scheinbar ohne jede Trägheit folgt das Rad dem Befehl, und das, obwohl es leicht bergauf geht. Die leichten und vor allem großen Räder rollen einfach phänomenal, eben ganz, wie man es von einem Twentyniner-Trailbike kennt. Damit bergauf neben einem klassischen 26”-Enduro herzufahren, fühlt sich tatsächlich etwas gemein an – aber der freut sich ja bereits auf die Abfahrt.

Trägheit hatten wir erwartet, Agilität gefunden - in Kurven legt sich die Tofane spielerisch
# Trägheit hatten wir erwartet, Agilität haben wir gefunden – in Kurven legt sich die Tofane (wohl auch dank des relativ zu anderen 150 mm 29ern flachen Lenkwinkels) spielerisch.

Ansonsten fährt die Tofane souverän bergauf, das Vorderrad bleibt bequem am Boden, zumindest an jedem Anstieg, den man mit einer XX1 angehen wird. Bei dieser ist das 28er Kettenblatt in Kombination mit 29”-Rädern übrigens wirklich sinnvoll, andernfalls wäre die Einschränkung bergauf doch eher vorhanden. Der Dämpfer sackt auch in Steilstücken kaum weiter in den Sag als in der Ebene, vor allem nicht dann, wenn man mit der Plattform des Monarch+ nachhilft. Die Traktion auf den teils schmierigen und launigen Untergründen ist derweil exzellent, selbst dann, wenn man im Stehen fährt oder das Gewicht vorverlagert, um das Hinterrad über eine Kante zu ziehen. Richtig deutlich erfahrbar ist der Unterschied hier auch am Schräghang, wo unfassbare Linien fahrbar sind – zumindest, solange das Pedal nicht aufsetzt.

Ob das der Fall ist, oder nicht, lässt sich stark durch den Dämpferdruck steuern. Wir haben die Tofane mit 20, 25 und 30% Negativfederweg ausprobiert, und in jeder dieser Positionen arbeitet das Heck super effizient. Das tolle daran: Ganz nach Vorliebe oder sogar nach Strecke kann man dank dieser Eigenschaft Innenlagerhöhe, Lenkwinkel und Federungscharakteristik einstellen. Mehr Pop, mehr Bodenfreiheit und ein agileres Fahrverhalten? Weniger Sag. Mehr Traktion und Schluckfreude, tiefes Tretlager und flacher Lenkwinkel? Mehr Sag.

Hier fahre ich den Dämpfer gerade mit 30% Sag. Super komfortabel und traktionsreich, aber mit grenzwärtiger Bodenfreiheit. Der Hinterbau funktioniert aber auch mit 20% Sag klasse.
# Hier fahre ich den Dämpfer gerade mit 30% Sag. Super komfortabel und traktionsreich, aber mit grenzwärtiger Bodenfreiheit. Der Hinterbau funktioniert aber auch mit 20% Sag klasse und antriebsneutral.

Der Trail führt uns nun für mehrere Kilometer auf einem Rücken entlang, zackige Gegenanstiege wechseln sich mit kurzen Abfahrtspassagen ab. Zu jeder Zeit präsent aber: Ein immer wieder dichtes Wurzelwerk. Den Dämpfer am Heck (M/L Tune) fahre ich hier komplett offen, damit das Heck die vielen kleinen Schläge schnell mitgehen kann. Dank der größeren Laufräder muss das Fahrwerk aber deutlich weniger arbeiten, in viele Löcher sackt das Rad einfach gar nicht tief hinein.

Immer wieder rolle ich fast in das Hinterrad von Hannes, der vor mir fährt und in diesem Terrain deutlich mehr Geschwindigkeit verliert. Sowohl im Stehen als auch im Sitzen lassen sich kurze Sprints zu jeder Zeit starten, es ist eine helle Freude, wie dieses Fahrrad beschleunigt und schnell bleibt. Die Gabel dürfte derweil gerne noch einen Hauch kürzer sein, damit die Fahrposition zwischen den Rädern noch minimal zentraler wird. Tatsächlich sieht das Alutech ähnlich und möchte in der Serie eine 150er statt einer 160er Gabel spezifizieren.

Fast mehr noch als der geringe Rollwiderstand imponierte mir das Gripniveau der großen Räder.
# Fast mehr noch als der geringe Rollwiderstand imponierte mir das Gripniveau der großen Räder.

Das leichte Chopper-Gefühl, dass ein flacher Lenkwinkel verursacht, soll aber auch damit erhalten bleiben. Der Lenkwinkel wird mit einer 150er Gabel bei 67° liegen, also deutlich flacher als etwa an einem Specialized Enduro 29. Alutech möchte ihn für das Fahrgefühl und die Sicherheit bergab nicht missen, und hat im Gegenzug das Heck des Bikes auf 434 mm verlängert, da beim Prototypen klar wurde, dass der Druck auf dem Vorderrad nicht reicht. Ob sich das Bike trotz dieser Kettenstrebenlänge und der Innenlagerabsenkung gegenüber der Hinterachse noch verspielt aufs Hinterrad bewegen lässt?

Die Kettenstreben wurden verlängert, um den Lenkwinkel flach halten zu können. Das Ergebnis ist auf jeden Fall eine angenehm zentrale Gewichtsverteilung
# Die Kettenstreben wurden verlängert, um den Lenkwinkel flach halten zu können. Das Ergebnis ist auf jeden Fall eine zentrale Gewichtsverteilung, die durch die in Serie 10 mm kürzere Gabel noch etwas ausbalancierter werden soll.

Ich staune nicht schlecht, als mir bereits beim dritten Versuch kurz nach dem Start ein vernünftiger Manual gelingt. Mit anderen Rädern geht das gewisslich einfacher, aber für einen Twentyniner fällt die Tofane definitiv handlich, ja verspielt aus. Die meisten der Spielereien, die ich mit meinem kompakten 26”-Bike am Wegesrand gerne einstreue, gelangen mir auch mit der Tofane – was in Anbetracht der schieren Größe doch überrascht.

Steil bergab geht das Konzept aus großen Laufrädern und trotzdem flachen Lenkwinkel ziemlich steil.
# Steil bergab geht das Konzept aus großen Laufrädern und trotzdem flachen Lenkwinkel ziemlich steil.

Gehen wir aber die Abfahrt an, den Einsatz, bei dem die 150 mm Federweg endlich zum Tragen kommen sollen. Denn bergauf und über ebene Trails lässt sich auch ein 120 mm Twentyniner mit bequemer Geometrie gut scheuchen. Zunächst führt der Singletrail schnell und flowig bergab, mit einigen schönen, offenen Kurven und Wellen, die zum Abheben einladen. Der amtliche Radstand und die großen Räder sorgen für eine sichere und schnelle Fahrt. In hängenden Kurven kann ich, ohne den Fuß vom Pedal zu nehmen, quasi immer die Inside-Line fahren, egal ob da gerade loser Waldboden oder Querwurzeln lauern.

Sobald es ruppiger zur Sache geht, egal ob Wurzeln oder Steine, arbeiten große Laufräder und Federweg kooperativ zusammen: Während die einen den benötigten Hub verringern, können die Federelemente ordentlich schlucken. Mit beiden Rädern am Boden war ich auf der Tofane sehr schnell und präzise unterwegs. Der Hinterbau nutzt den Federweg gut aus. Bei einem Flatdrop schob der Dämpfer zwar den O-Ring von der Kolbenstange – einen echten Durchschlag konnte ich dennoch nicht erspüren, die Endprogression ist fein abgestimmt.

Spaßige Testbedingungen
# Spaßige Testbedingungen

In steilem Geläuf sind zwei Eigenschaften des Bikes erwähnenswert: Zum einen geht die Rechnung, durch einen flachen Lenkwinkel zusätzlich zur hohen Radachse die Überschlagsneigung gering zu halten, voll auf. Zum anderen nahmen Hosenboden und Hinterrad in einer extrem steilen Passage doch einmal Kontakt auf. Zwar hätte ich wohl nicht so weit hinters Rad gemusst, aber viel kleiner als ich (1,77 m) sollte man vermutlich nicht sein, wenn man dieses Gefühl nicht allzu häufig erleben will.

Der Rock Shox Monarch + stellt einfach einen guten Kompromiss aus Uphill- und Downhill-Eignung dar Das 28 Zähne Kettenblatt sorgt Dank großer Laufräder immer noch für ausreichend Geschwindigkeit und verschafft unheimlich Bodenfreiheit Man beachte die aufgelötete Zugführung und die gleichfarbigen Schweißnähte
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Der einzige Enduro-typische Einsatzbereich, in dem ich mit der Alutech Tofane nicht binnen kurzer Zeit warm wurde, waren Drops mit wenig Geschwindigkeit. Hier überkommt mich auf langhubigen Twentyninern noch etwas das Gefühl, eben nicht mit einem sehr kompakten Bike unter mir unterwegs zu sein, sondern etwas obendrauf zu sitzen. Ob es sich dabei nur um die Gewohnheit handelt oder die größeren Räder hier tatsächlich Nachteile bieten, gilt es in einem längeren Test zu erfahren.

Test-Fazit zum Alutech Tofane

Gelungene Umsetzung einer guten Idee: Die Geschwindigkeit und Reichweite eines Twentyniners kombiniert mit dem Spiel- und Baller-Vergnügen eines Enduros. Geometrie, Kinematik und Finish des Rahmen können uns absolut überzeugen – bleibt nur die Frage nach dem Preis. Und die Bitte an Alutech, Komplettbikes nur mit leichten Laufrädern auszuliefern – mit denen steht und fällt nämlich ein Großteil des 29″-Genuss.

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Redaktion: Stefanus Stahl
Fotografie: Johannes Herden

  1. benutzerbild

    LockeTirol

    dabei seit 03/2006

    @nuts
    Danke für den interessanten bericht. Mir gefällt auch das Bike recht gut. Hatte mal ne Fanes und habe die hauptsächlich deshalb verkauft weil sie kein 29er ist. Jetz habe ich ein Speci 29er Enduro und bin damit mehr als happy.

    Ihr habt ja im Lauf der Zeit auch schon einige 29er Enduros gefahren. Speci, Trek Remedy, BMC Trailfox. Diese sind ja nun z.T. auch schon einigermaßen verbreitet. Wir fährt sich das Alutech im Vergleich zu den Anderen? Ich denke mit so einem Vergleich könnten einige Leute mehr anfangen als mit der vielen Prosa.

    Danke für Dein Feedback!

  2. benutzerbild

    gmk

    dabei seit 07/2006

    Ab wann ist denn der Rahmen verfügbar?
    würde ich auch gern wissen!
    smilie
  3. benutzerbild

    rodschi

    dabei seit 10/2004

    @nuts
    Danke für den interessanten bericht. Mir gefällt auch das Bike recht gut. Hatte mal ne Fanes und habe die hauptsächlich deshalb verkauft weil sie kein 29er ist. Jetz habe ich ein Speci 29er Enduro und bin damit mehr als happy.

    Ihr habt ja im Lauf der Zeit auch schon einige 29er Enduros gefahren. Speci, Trek Remedy, BMC Trailfox. Diese sind ja nun z.T. auch schon einigermaßen verbreitet. Wir fährt sich das Alutech im Vergleich zu den Anderen? Ich denke mit so einem Vergleich könnten einige Leute mehr anfangen als mit der vielen Prosa.

    Danke für Dein Feedback!

    Genau so ist es, schließe mich deshalb der Frage von LockeTirol an ...
  4. benutzerbild

    bascopeach

    dabei seit 09/2010

    Genau so ist es, schließe mich deshalb der Frage von LockeTirol an ...
    Ich ebenfalls!

    Bin letzte Woche das 29er S-Works 2015 gefahren und war total begeistert, fahre momentan noch ein 26er Enduro mit 170mm
    und 2015 kommt mir sehr sicher nur noch ein 29er Longtravel-Enduro ins Haus.

    Auf meiner Liste sind das Niner WFO, das Tofane und wie gesagt das Speci...
  5. benutzerbild

    rzOne20

    dabei seit 11/2009

    Ich hab mir jetzt auch einen Tofane 1.0 Rahmen besorgt. Mich würde interessieren wir ihr eure aufgebaut habt. 150 vorne, 160 vorne, jemand mit Winkelsteuersatz, usw ... fährt den hier jemand eins?

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