Was Benoit Coulanges von vielen anderen World Cup-Profis unterscheidet, ist sein sehr strenges Test-Prozedere: Gemeinsam mit seinem Mechaniker legt er fest, was getestet werden soll, er weiß aber nicht, wann das neue Teil am Bike verbaut wird. Nach jedem Run schreibt er sein Feedback auf und erfährt erst am Ende des Tages, wann er was genau gefahren ist. Entsprechend perfekt abgestimmt ist sein Scott Gambler-Arbeitsgerät, an dessen Entwicklung er einen nicht geringen Anteil hatte.

Das Scott Gambler (Test) ist das erste Downhill-Bike mit komplett integriertem Dämpfer. Dieser liegt im Unterrohr und wird von einem komplexen Sechsgelenker-Hinterbau angesteuert, der 210 mm Federweg erzeugt. Über die verschiedenen Links kann man laut Scott einen großen Einfluss auf Kinematik und Steifigkeit des Carbon-Bikes nehmen. Entsprechend fährt auch Benoit Coulanges schick polierte Prototypen-Umlenkhebel, die seinem Gambler den letzten Feinschliff geben sollen.

Arbeitsgerät: Scott Gambler von Benoit Coulanges
- Fahrer Benoit Coulanges (1,90 m, 80 kg)
- Rahmen Scott Gambler, XL, Carbon
- Geometrie Reach: 501 mm / Lenkwinkel: 63,5° / Kettenstreben: 460 mm
- Federweg 203 mm / 210+ mm
- Fahrwerk Fox 40 Factory / Fox DHX2 Factory
- Laufräder Race Face ARC30 / Mullet ( 29″/27,5″) / Alu
- Reifen Michelin DH22 / Michelin DH22 / 1,5 bar vorn / 1,7 bar hinten
- Lenker Syncros / 800 mm Breite
- Bremsen Shimano XTR / 203 mm Scheiben
- Schaltung Shimano Saint / 1 x 7


Rahmen und Geometrie
Beim neuen Scott Gambler setzt Benoit Coulanges bei 1,90 m Körpergröße auf die aktuell längste Größe XL. Normalerweise ist der Steuersatz im langen +6 mm Setting, was ihm 501 mm Reach beschafft, nur auf besonders steilen Strecken kommt er in die mittlere Position. Laut Scott war man bereit, ihm einen XXL-Rahmen zu fertigen, allerdings bestand bisher kein Verlangen danach.
Selten geändert wird hingegen die Kettenstrebenlänge – lang! 460 mm sind ungewöhnlich lang, allerdings hat Benoit hier mehrere seiner Blindtests vorgenommen und immer das lange Setting bevorzugt. Es wurden zwar auch Versuche mit einem Mittelsetting gemacht – aber lang ist einfach der Sweetspot! Außerdem fährt er das Rad im hohen Tretlagersetting, da es seiner Meinung nach schon recht lang und laufruhig ist und durch das etwas höhere Tretlager dynamischer und besser zu steuern wird. Bei der WM in Champéry ist uns dann allerdings aufgefallen, dass er doch im mittleren Kettenstreben-Setting unterwegs war.


Dazu gibt’s fast immer das progressivere Setting mit 25 % Progression – lediglich in Andorra ist er auf eine härtere Feder gewechselt und musste dann ins lineare Setting, um noch den vollen Federweg nutzen zu können. Die Anlenkung sieht nicht nur etwas anders aus als am Serienrad – sie ist es auch und spendiert sogar etwas mehr als die ohnehin reichlichen 210 mm Federweg des normalen Gambler. Dazu gibt’s eine herausnehmbare Brücke für mehr Flex, etwa in superschlammigen Bedingungen – bisher hat Benoit diese Maßnahme aber noch nie ergriffen. Laut Team ist der viele Flex am Link auch mehr als schlecht für die Lager, was wohl auch ein Grund ist, warum das Serienrad diese Option nicht hat.


Normalerweise setzt Benoit Coulanges auf die etwas flexibleren Carbon-Sitzstrebe, als wir uns sein Bike geschnappt haben, wurden aber gerade die Alu-Streben getestet. Diese sind entgegen der Erwartung steifer und nicht wirklich sein Favorit – für die nächsten World Cup-Rennen will er wieder die Carbon-Streben nutzen. In Champéry war dann wieder die Alu-Strebe verbaut.

Fahrwerk und Setup
Bereits seit einigen Jahren ist Benoit Coulanges auf Fox unterwegs und auch in seinem Scott Gambler ist ein Kashima-güldenes Fahrwerk verbaut. In der Fox 40 mit 203 mm Federweg fährt er 85 psi Luftdruck und je nach Strecke 4 bis 5 Volumenspacer. Die Druckstufen-Einsteller fährt er relativ mittig, möchte aber keine Details bekannt geben. Der Rebound ist laut Benoit eher durchschnittlich bis etwas langsam eingestellt. An sich mag er einen schnelleren Rebound, doch wenn er gegen die Zeit fährt, stellt sich das immer als kontraproduktiv raus. Er selbst schiebt das darauf, dass er ein sehr präziser, ruhiger Fahrer ist und ihm der etwas langsamere Rebound hilft, die richtigen Lines zu treffen.
Am Heck gibt’s einen Fox DHX2-Stahlfederdämpfer mit einer 525 lbs-Feder. Auch hier ist die Druckstufe jeweils in etwa mittig eingestellt und der Rebound normal bis eher etwas langsam. Sehr spannend ist, dass Benoit die alte Generation des DHX2-Dämpfers mit Twintube-Design nutzt. Beim neuen Dämpfer handelt es sich um ein Monotube-System, das eigentlich besser einstellbar sein soll.

Laufräder und Reifen
Das Scott Gambler von Benoit Coulanges rollt auf RaceFace-Laufräder mit ARC30-Alu-Felgen. Am meisten beeindrucken den Franzosen die auffallend großen Naben – nach eigener Aussage muss er hier einfach nie die Lager wechseln. Meistens sind Michelin DH22-Reifen montiert, da diese laut Benoit einfach die besten Allrounder im Line-up von Michelin sind. Der Reifen bietet ihm viel Bremsgrip und sei fast immer einsetzbar. Der Reifendruck beträgt meistens 1,5 bar vorn und 1,7 bar hinten, am Heck ist zudem ein Cushcore-Insert in der DH-Version verbaut. Dieses bevorzugt der schnelle Franzose aber wegen des Fahrgefühls und nicht, um mehr Sicherheit vor Defekten zu genießen.
Benoit Coulanges war selbst in die Entwicklung der Downhill-Reifen involviert, sagt aber, dass Michelin bereits so viele Ideen und Erfahrungen aus der Motorrad- und Automobil-Industrie mitgebracht hat, dass er mit ihnen vor allem an der Karkasse gearbeitet hat. Die Gummimischung sei von Anfang an äußerst leistungsfähig gewesen. Zudem ist sich Benoit sicher, dass es für ihn als Racer ein Vorteil ist, relativ exklusiv auf Michelin-Reifen zu fahren, da er so eng mit den Entwicklern zusammenarbeiten und sich einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen kann.

Komponentencheck
Das Cockpit ist voll in der Hand von Syncros und besteht aus einem Vorbau mit 50 mm Länge und einem Lenker mit 800 mm Breite und ganzen 30 mm Rise. Von außen kaum erkennbar ist zudem der Rimpact-Massedämpfer im Gabelschaft. Benoit Coulanges selbst gibt aber gerne zu, dass er in seinen vielen Blindtests keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Massen und Federn feststellen kann. Er merkt nicht einmal, ob die Masse beweglich ist oder fest verbaut – nur das Zusatzgewicht sei bemerkbar.



Interessant sind die Prototypen-Kurbeln von Shimano, die mit 160 mm Länge etwas kürzer als gewöhnlich ausfallen. Benoit Coulanges ist ein sehr großer Fahrer mit langen Beinen und steht meist sehr tief über dem Rad. Die kurzen Kurbeln würden den Winkel in seiner Hüfte etwas verändern und für weniger Ermüdung sorgen. Ein Pedalrückschlag-System war zum Zeitpunkt des Bikechecks nicht verbaut und bringt seiner Meinung nach auch wenig am Gambler. Stattdessen hat er an der unteren Kettenlinie eine Führung verbaut, die das nervöse Schlackern der Kette verhindern soll.


Die 10-fach-Kassette von Shimano wurde modifiziert, bietet nun 7 Gänge und zwei leichte Anfahrgänge, mit denen es aus dem Starthäuschen hinausgeht. Dazu gibt’s Shimano XTR-Bremsen – allerdings noch die alte Version. Etwas oldschool wirkt die Setback-Sattelstütze – laut Benoit liegt das daran, dass das Commencal V4, auf dem er lange unterwegs war, so einen flachen Sitzwinkel hatte, dass diese Position des Sattels für ihn in Fleisch und Blut übergegangen ist. Er will sich jedoch Mühe geben, sich umzugewöhnen, damit sein Rad wieder etwas moderner aussieht. Am Racebike sind zudem die Leitungen am Hinterbau extern verlegt – vermutlich, um bei technischen Problemen schneller die Bremsen und Schaltung abbauen zu können.

Sehr empfindlich ist der Scott-Star bei der genauen Position seines Lenkers – er ist in diesem Jahr so viel gefahren, dass er hier jeden Millimeter Veränderung sofort spürt. Generell sei die Position auf dem Rad für ihn wichtig und er spüre sofort, wenn etwas nicht passe. Durch seine vielen Test-Runs weiß er aber auch, dass man seine Druckstufe um ein paar Klicks verstellen könnte, ohne dass er es bemerken würde, was vielen Forenhelden sicherlich nie passieren würde …

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Hier findest du weitere Arbeitsgeräte von den Stars der Mountainbike-Szene:
- Arbeitsgerät: Scott Gambler von Benoit Coulanges
- Arbeitsgerät: Giant XC-Prototyp von Weltmeister Alan Hatherly
- Arbeitsgerät: GT Fury von Danny Hart
- Arbeitsgerät – Cape Epic-Edition: Orbea Oiz OMX von Georg Egger
- Arbeitsgerät – Cape Epic-Edition: Scott Spark RC von Nino Schurter
8 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumUnd ebenso bemerkenswert ist die Fahrwerksabstimmung hinsichtlich der Zugstufendämpfung. Sehr interessant!
Ich glaube, dieser verpackte Dämpfer ist Nonsense. Aber wenn das Gesamtpaket so gut funktioniert, wie es beschrieben wird, dann paßt‘s schon.
Was ich nicht verstehe warum er auf steilen Strecken den Reach verkürzt??? Wo liegt da der Sinn 🧐
Lange Kettenstreben macht beim ihm vermutlich Sinn, er ist mit 1.90 ungewöhnlich groß da könnten andere "Hebel" wirken als bei kleineren Fahrern, oder?
M.
Fahr selbst ein altes Gambler-Tuned, das neue gefällt mir leider nicht mehr. Zu verbaut und komplex geworden für mich auch wenn es optisch aufgeräumt wirkt. Schade.
Es hat schon was, einfach weil es modern ausschaut und sich vom Rest abhebt. Ich würde es trotzdem nicht haben wollen. Farblich hätte man bei den Serienbikes auch bisschen mehr Mut gebrauchen können.
So 100% scheint er aber auch noch nicht auf dem Rad angekommen zu sein, irgendwie fehlt da noch bisschen Feinschliff um ganz vorne zu landen.
Die Konstruktion und kette ruhig zu halten ist schlimm, ist wie Mittelalter einfach
Das STFU läuft auf jeden Fall unter Geschwür und zerstört den cleanen Look.
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