Finale Ligure markiert ganz klar den ikonischsten Austragungsort der Enduro World Series. Alle Fahrer lieben das italienische „Dolce Vita“ gepaart mit Weltklasse-Trails zum Saisonfinale. In diesem Jahr haben es die Veranstalter geschafft uns mit einem gelungenen Mix aus brandneuen und etablierten Trails zu überraschen.
Gehrig Twins – EWS Finale Ligure 2016 von caro_gehrig – Mehr Mountainbike-Videos
Langsam realisieren wir wie fertig wir sind von den Anstrengungen der letzten Wochen! Am Strand von Varigotti liegend feiern wir deshalb die Entscheidung vom Rennen in Valberg direkt nach Finale gegangen zu sein. Strand, Gelato und viel Schlaf ist genau das was wir brauchen. Bald sind wir sozusagen tiefenentspannt und auch der Trainingsplan von unserem Coach für die letzten Tage vor dem Rennen bringt uns nicht aus der Fassung. Der besteht zwar nochmals aus ein paar intensiven Einheiten, aber auch aus Kaffeefahrten und diese mögen wir in Italien besonders gerne. Auf eine solche sollten wir gerade aufbrechen, jedoch fühlen wir uns auch ohne 10 Espresso derart überdreht, dass wir erst zu unserer besten Mucke im Kreis tanzen müssen. Schließlich starten wir gerade in die Woche des letzten Rennens des Jahres und wir fühlen uns unglaublich ready dafür!
Training
Das Training startet am Donnerstag und wie in Italien üblich können wir dafür auf Shuttles zurückgreifen. Wir starten früh mit der Etappe „Chromagnon“, die wilderen Abfahrten sparen wir uns für den weiteren Verlauf des Tages. Wir kommen super gut voran mit dem Training und können jede Strecke zweimal fahren. Das ganze Team ist über die Auswahl der Trails komplett geflasht, für fahrtechnische Herausforderung ist gut gesorgt worden.
Der zweite Trainingstag gestaltet sich etwas komplizierter zu shutteln. Hoch oben an der Nato Base startend, führt die Strecke über abgelegene Täler nach Varigotti. Die Höhenmeter die dazwischen liegen müssen wir selber erklimmen. Vor allem die uns komplett unbekannte Stage „Roche Gianche“ erfordert einiges an Geschick gleich von Beginn weg.
Die ziemlich flache nächste Wertungsprüfung hat technisch keine riesigen Herausforderungen, dafür einen wild gewordenen Hornissen Schwarm, von dem ich prompt einen Stich davon trage. Caro versucht mich in „MacGyver“- Manier von dem Gift zu befreien und saugt an meinem Oberarm. Es schient zu helfen, denn der Arm schwillt fast nicht mehr weiter an und wir beenden den Tag mit zwei Fahrten auf dem altbekannten Downhill Uomini.
Rennen
Der lange Transfer zum Restaurant DIN hoch stellt sich plötzlich als eher knapp bemessen heraus und so sind wir bereits auf dem Weg zum ersten Start etwas gestresst. Die erste, kilometermässig längste Abfahrt „Poste“ wurde eigens für den Event wiederhergestellt. Lose, ziemlich schnell und praktisch ohne jegliches treten führt diese in Richtung Calice. Ich verbüße einen kleinen Sturz, der mich aber nicht wahnsinnig viel Zeit kostet. Kurz nach dem Ziel treffe ich auf Caro: „Mein Gott war das GEIL!“, wir sind uns trotz übersäuerten Beinen einig.
Mit dem Downhill Cavatappi geht es im ähnlichen Stil aber um einiges enger weiter. Wiederum gelingt uns beiden eine gute Fahrt, allerdings müssen wir uns einigen starken Downhillerinnen geschlagen geben. Mit dem Wissen dass vor allem am kommenden Tag einiges zu treten in den Stages ansteht, machen wir uns zur letzten Stage des Tages auf. Diese erfordert durch die vielen flachen Kurven und einige felsige Passagen ein sehr flinkes Fahren. Dies gelingt uns beiden ziemlich exakt gleich gut, denn wir fahren in der gleichen Sekunde ins Ziel. Nach dem ersten anstrengenden Tag der uns über 1700 Höhenmeter und 50 Kilometer bringt, liegen wir auf den Plätzen 5 und 6 mit nur 8 Sekunden zwischen uns.
Der zweite Renntag startet noch höher und so liegt ein langer Anstieg vor uns. Dieser lässt sich aber einfacher bewältigen mit der Aussicht auf eine baldige Offseason.
Mit „Crestino“ starten wir in den Tag, die Strecke führt im klassischen Nato Base Stil über Waldboden, gespickt mit einigen Anstiegen und vielen schnellen Richtungswechseln. Ich fühle mich schnell und das schon fast empörte „Eeeeh les twins vous avez bien soudé!“ (Französisch für „Ihr habt es gut laufen lassen“) im Ziel von Cecilé Ravanel bestätigt dies. Platz zwei und drei als Start in den zweiten Tag motiviert uns!
„Roche Gianche“- Stage 5, ist gesäumt von frenetischen Zuschauern, doch wir schaffen es den schon fast Rampage-ähnlichen Start gut zu meistern. Die Anstiege in dieser Etappe erfordern einiges an Kraft aber ich gebe mir keine Gnade, schließlich rollen wir gerade das Feld von hinten auf. Beide tragen kein Handy mit sich um die Live-Resulate zu checken, aber der finstere Blick von Miranda Miller in ihr Telefon sagt uns genug!
Die Wertungsprüfung 6 „Andrassa“ möchten alle nur so schnell wie möglich hinter sich bringen. Sie führt relativ flach aber trotzdem mit einigen Stolpersteinen in Richtung Meer, oder besser gesagt zum Start einer der geilsten Stages auf dem EWS Zirkus überhaupt – „DH Uomini“ (Männer Donhill) – das große Finale auf Stage sieben.
Ich bin angespannt, etwas Angst muss ich wohl eingestehen, denn Fehler auf „DH Uomini“ bedeuten Schmerzen! Die Wahnsinnsstimmung vom Streckenrand ist bis an den Start zu hören. Ein letztes „Füstli“ mit Caro vor dem Start, ein überzeugtes „Wir schaffen das!“ und auf in die wahrlich letzte Schlacht der Saison. Genau einmal erlaube ich mir meine Vario- Sattelstütze zu benützen, den Rest der Anstiege powere ich durch! An der ganzen Strecke hat es scharenweise Zuschauer, doch der letzte Abschnitt übertrifft alles je erlebte! Die Italiener sind einfach die Racing-Nation überhaupt, die Stimmung ist am kochen. Mit einem super Run mache ich mich an der Küste entlang zurück nach Finale, um von Enrico Guala, dem Enduro Papst, auf der Bühne empfangen zu werden. Als dieser Caro als viertplatzierte und mich als dritte ausruft, kann ich die Tränen nicht mehr zurück halten! Eine für uns Wahnsinns-Saison mit einem super Zwillingsresultat abzuschliessen, ist einfach nur ein Traum!!
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Sponsoren, Fans, Lesern, Mitkonkurrentinnen (vor allem Ines Thoma, du bist einfach Klasse) und MTB-News bedanken. Ihr seit die Grössten und motiviert uns auch diesen Winter wieder hart zu arbeiten!! Jetzt feiern wir aber erstmals unseren Erfolg… Party on! ;-)
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