Anfang Oktober letzten Jahres haben wir das erste Mal Informationen zur neuen Laufrad-Serie namens „Rise“ von Sram erhalten und Ende Oktober konnte Maxi beim Roc d’Azur auch schon einen ersten Fahreindruck mit dem Sram Rise 60 Carbon sammeln. Seither sind einige Monate vergangen und gerade vor dem Hintergrund der 650b-Diskussion wird es spannend sein zu sehen, wie Sram die noch junge Produktlinie an den Markt anpassen wird. Aus verlässlicher Quelle wissen wir bereits, dass Sram noch dieses Jahr Federgabeln für 650b Laufräder zeigen wird und mit der eigenen Palette nachzuziehen wäre dann nur konsequent.


Sram Rise 60 29 Carbon – Blick ins Innenleben der Nabe mit fein verzahntem Freilauf


Sram Rise 60 29 Carbon – in Kürze erhältlich

Bevor es jedoch so weit ist, halten wir in Deutschland uns lieber noch ein wenig an den 29″-Trend, den wir anfangs sträflich vernachlässigt haben und dem von Herstellerseite erst letztes Jahr auf der Eurobike voll Rechnung getragen worden ist. Aus diesem Grund kommt hier der erste, exklusive Fahrbericht über das Sram Rise 60 29″ Carbon Laufrad …


Sram Rise 60 29 Carbon 12

Bereits im Februar haben wir die Gelegenheit gehabt, dem jüngsten Spross von Sram auf den Zahn zu fühlen und uns von Sram-Laufrad-Experte Bastien Donzé, der früher für Mavic gearbeitet hat, die wichtigsten technischen Details erklären zu lassen. Dabei ist folgendes Video entstanden:


IBC Sram Rize 60 Carbon Review and Interview von Tobias auf MTB-News.de


Bastien Donzé – der Mann hinter den Sram-Laufrädern

Technische Hintergründe zur RISE 60 Laufradserie

Bereits in der ersten Pressemitteilung hat Sram klargestellt, dass die Laufräder wohl kaum in einer isolierten Dimension Bestmarken würden setzen können. Bastien hat diese Einschätzung nochmals bekräftigt, indem er herausgearbeitet hat, wie die verschiedenen Anforderungen an ein Laufrad in idealer Art und Weise zu vereinen sind, um eine bestmögliche Gesamtperformance zu erreichen. Technisch betrachtet schlägt sich diese Maxime dergestalt nieder, dass Sram nicht nur eine gewöhnliche, zweifach gekreuzte Einspeichung verwendet, sondern auch Speichen und Nippel von Sapim bezieht (CX-Ray und Nippel mit Nylon-Lockring). Dadurch sollen die Sram Rise Laufräder nicht den Charakter von hoch-spezialisierten Systemlaufrädern bekommen, sondern servicefreundlich und weit kompatibel sein. Gleichzeitig kommt beim Rise 60 eine Carbon-Felge zum Einsatz, die den ETRTO-Normen entspricht und deshalb gerade für Komplettrad-Anbieter interessant sein sollte. Die Carbon-Felge selbst ist auf eine maximale Steifigkeit in vertikaler Richtung ausgelegt, um maximalen Vortrieb zu ermöglichen, während die Seitensteifigkeit (horizontale Richtung) bewusst den Spielraum für Relativbewegungen lassen soll. Basierend auf dieser Charakteristik soll ein bestmögliches Kurvenverhalten erreicht werden, da im Vergleich ein leichtes Laufrad bei zu hoher Steifigkeit durch seitliches „Stottern“ an Traktion verlieren könnte.

Um das Beschleunigungsverhalten des Laufradsatzes optimieren zu können, hat man sich dreierlei Maßnahmen bedient. Zu aller erst soll die leichte Felge die Massenträgheit reduzieren, doch in zweiter und dritter Stelle stehen das Feintuning der Naben. Der sehr fein rastende Freilauf hat einen minimalen Einrastwinkel von 6,7°, der mit konventionellen Sperrklinken erreicht wird. Um eine so feine Verzahnung mit ausreichend großen Klinken erreichen zu können, verwendet Sram bislang einmalig Sperrklinken, die drei Zähne haben und dadurch schnell und fein greifen können sollen.

SRAM Rise Video – Soundcheck


Sram Rise 60 Freilauf von Tobias auf MTB-News.de

Auf der anderen Seite sind die Naben selbst so einfach als möglich aufgebaut und verwenden große Lager, wodurch der innere Widerstand auf ein Minimum reduziert werden soll. Vor diesem Hintergrund habe man sich auch für die Sperrklinken entschieden, so Donzé. Andere Systeme, wie beispielsweise der extrem feine aber auch auf sehr vielen bewegten Teilen basierende Freilauf von Industry Nine, würden das schnelle Einrasten mit hohem inneren Widerstand erkaufen und dadurch den Rollwiderstand deutlich erhöhen.

Sram Rise 60 29 Carbon – Freilauf und Komplettrad

Wartung und Pflege
Die Naben der Rise-Laufräder können von Hand vollständig zerlegt und gepflegt werden, ähnlich wie man es von DT Swiss gewohnt ist. Um die minimalen Toleranzen für optimierten Wirkungsgrad erreichen zu können, könnte für einen etwaigen Lagerwechsel allerdings spezielles Presswerkzeug erforderlich sein.

Kompatibilität und Achsstandards
Neben den verschiedenen Radgrößen ist in den letzten Jahren auch das Thema „Achs-Standards“ ein besonders leidiges Thema geworden. Von der klaren Trennung in Schnellspanner für die XC-Fraktion und Steckachsen für den Downhill-Bereich ist nichts mehr übrig geblieben und so stellt sich für viele Kunden die Frage nach dem Sinn hinter den diversen Dicken und Breiten der modernen Laufradbefestigung. Nach Ansicht von Bastien Donzé und Sram überwiegen klar die Vorteile der Steckachse und gerade am Hinterrad gebe es keinen Weg an der 12x142mm Achse vorbei. Am Vorderrad votiert man ähnlich deutlich für die 15mm Achse, wobei auch die gute alte 20mm Achse nicht weit zurück steht. Allerdings, so Donzé im Interview, sei man bei Sram nicht in der Lage, den Markt hier zu konsolidieren und so wird es die Sram Rise 60 29″ Carbon in fast allen gängigen Standards geben. Das Gute dabei ist: Die Laufräder werden serienmäßig mit allen Adaptern ausgeliefert und können ohne Werkzeug entsprechend des Rahmens / der Federgabel angepasst werden. Außer dem 20mm Standard am Vorderrad werden alle Maße bedient und die 20mm-Achse wird offensichtlich ganz bewusst ausgespart, um Besitzer des Laufradsatzes nicht auf falsche Gedanken zu bringen. Gleiches scheint bei der Dimensionierung der Felge gegolten zu haben: 19mm Innenbreite sind Standard im XC-Bereich doch mehr wäre nicht verkehrt. Neu ist eine geänderte Adapterlösung für die klassische, mickrige Schnellspannachse am Vorderrad. Sram vergrößert auf Laufrad- und Gabelseite die Auflagefläche gegenüber einer konventionellen Lösung beachtlich und will so eine deutliche Steigerung der Steifigkeit erreichen. An dem Fakt, dass der Schnellspanner abseits des XC-World-Cups ausgedient hat, ändert das jedoch nichts. Unserer Meinung nach wäre es demnach wünschenswert, dem Adapter-Wirrwar Einhalt zu gebieten.


Sram Rise 60 29 Carbon – Das serienmäßige Adapterkit

Technische Daten


  • Gewicht: 1420g (Set, Herstellerangabe)

  • Felgen: 29″, Carbon
  • Innenbreite: 19mm
  • Tubeless: über separat angebotenes Kit

  • Speichen: 24x Sapim CX-Ray, 2fach gekreuzt, gerade
  • Naben: Aluminium Körper und Freilauf
  • Freilauf: 54 Zähne, drei Sperrklinken mit jeweils drei Zähnen, 6,7° Einrastwinkel
  • 
Achsen Vorderrad Schnellspanner oder 15mm Steckachse
  • 
Achsen Hinterrad Schnellspanner oder 12x142mm Steckachse
  • Adapter ohne Werkzeug austauschbar, im Lieferumfang enthalten
  • Preis 1800.-€


Sram Rise 60 29 Carbon – Felge


Sram Rise 60 29 Carbon – Felge

Optischer Eindruck

Das fertige Ergebnis kann sich sehen lassen. Mit nicht ganz unauffälligen Decals und schönem unidirektionalen Sichtcarbon (vergleichbar in etwa mit Syntace Lenkern) macht der Rise 60 29 einen qualitativ hochwertigen Eindruck und das Klicken des Freilaufs ist ein Genuss für Freunde lauter Freiläufe. Wer es gerne dezent und leise mag, sollte sich jedenfalls bei anderen Herstellern umschauen. Interessant ist auch die stark asymmetrische Felge, die im Schnittmodell besser zu erkennen ist. Der Querschnitt gibt außerdem Aufschluss über die innenliegende Carbonstruktur der Felge.


Sram Rise 60 29 Carbon – Felgenquerschnitt mit verschiedenen Carbon-Lagen


Sram Rise 60 29 Carbon 29 montiert an einem Giant Anthem


Sram Rise 60 29 Carbon – Tubelesskit

Fahreindruck

In unserem Fall haben wir den Laufradsatz mit Schauch aufgebaut, doch über zusätzlich erhältliche Tubeless-Kits (vergleichbar NoTubes) kann die Felge ohne weiteres in einen Tubeless-Laufradsatz verwandelt werden. Montiert haben wir die Rise 60 29 in einem Giant Anthem, das sich als würdiger Untersatz erwiesen hat. Aus der Garage heraus hat der Laufradsatz mit sehr guter Beschleunigung überzeugen können. Durch die leichte Felge steigt darüber hinaus die Handlichkeit des Bikes im Vergleich zu den im Vergleich gefahrenen 29″ Bikes mit gewöhnlichen Aluminium-Laufrädern deutlich an. Auf Grund der vorliegenden Schneebedingungen ist außerdem schnell feststellbar gewesen, dass der Laufradsatz in der Tat im Bezug auf die Seitensteifigkeit nicht übermäßig steif ist. Das erhöht die Kontrolle in zerfahrenem Terrain und in Spurrillen, auch wenn Freunde besonders steifer Laufräder hier nicht glücklich werden.

Für uns jedoch ist der Mix sehr ausgewogen gewesen. Beim Fahren in ebenem Terrain hat sich das Giant sehr spritzig angefühlt und am Berg haben sich die Vorteile der erhöhten Traktion eines 29ers und die niedrige Massenträgheit addiert und überzeugen können. Im Vergleich zu Laufrädern aus dem Wettbewerbsumfeld sind es dann wohl auch eher die Naben, die das Mehrgewicht ausmachen – rein von der Beschleunigung her ist das Sram Laufrad keinesfalls negativ aufgefallen.

Besonders positiv ist jedoch auch der Freilauf aufgefallen. Die feine Rasterung mag auf den ersten Blick wie ein überflüssiges Gimmick wirken, doch wer einmal einen fein rastenden Freilauf gefahren ist, der will die gewonnene Spontanität beim Antritt nicht mehr missen. Bei jedem neuen Antritt greift der Freilauf früher und sorgt dafür, dass man nicht nur gefühlt schneller unterwegs ist, sondern auch tatsächlich schneller wieder für Vortrieb sorgen kann. Während früher gemeinhin die Ansicht etabliert gewesen ist, dass derlei Themen nur für 4x-Racer von Bedeutung sein könnten, setzen sich feiner greifende Freiläufe zunehmend Einsatzbereich-übergreifend durch. Eine Entwicklung, die nur zu begrüßen ist.


Sram Rise 60 29 Carbon – Freilauf

Offen bleibt vorerst, wie sich der Laufradsatz im Dauereinsatz bewährt. Der Rundlauf unseres Testlaufradsatzes ist überzeugend gewesen und dank der Carbon-Felge sollte sich daran auch nichts ändern. Spannender wird zu sehen sein, ob die über einen Nylon-Ring bezweckte Speichensicherung im Dauereinsatz zuverlässig ihren Dienst tut (und damit die Speichenspannung konstant bleibt) und wie die Naben nach längerer Zeit laufen. Die gedichteten, großen Lager lassen jedoch auch hier keine großen Sorgen aufkommen. Um letzten Endes Aufschluss über die Langzeitqualitäten des Laufradsatzes zu erhalten, werden wir ihn bis zum 24-Stunden-Rennen in Finale Ligure Ende Mai weiter durch’s Gelände scheuchen und beobachten, wie sich die Performance verändert. Und ob sich an der Carbonfelge irgendetwas verändert.


Julian Oswald pilotiert den Rise 60 29 Laufradsatz

Fazit

Mit dem Rise 60 29″ Carbon gelingt Sram ein guter Einstieg in den heiß umkämpften Markt der 29″-XC-Laufräder. Das Gewicht liegt für die ganz harten Racer ein kleines bisschen zu hoch doch dafür verspricht Sram uneingeschränkte Haltbarkeit auch bei härterem Terrain und will die Eierlegendewollmilchsau für den Bereich bis 140mm Federweg geschaffen haben. Unser Eindruck bestätigt die sehr ausgewogene Gesamtperformance und das starke Beschleunigungsverhalten. Bleibt nur der saftige Preis,… doch dank dem kompletten Sram Konzern-Angebot könnte es der im Aftermarket teure Laufradsatz in nicht mehr ganz so teure Kompletträder schaffen. Wir werden sehen; der Wettbewerb im Laufradbereich wird damit nochmal ein Stück härter!

Bildergalerie zum Sram Rise 60 29″ Carbon Laufradsatz

(Alle Bilder von Tobias Stahl. Studioshots von Sram)
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  1. benutzerbild

    david99

    dabei seit 02/2010

    zieht euch doch nicht so am preis hoch... man kann die dinger jetz schon für 1300 bestellen, mit entsprechender wartezeit...

    uvps sind in aller regel utopie smilie

  2. benutzerbild

    Bjoern_U.

    dabei seit 09/2009

    auch für 1300,- bekommt man tolle konventionelle LRS und hat noch was für einen Biketrip übrig smilie

  3. benutzerbild

    david99

    dabei seit 02/2010

    das is wohl wahr, aber ich gehör auch nich zur zielgruppe...

  4. benutzerbild

    fullspeedahead

    dabei seit 10/2006

    "die Seitensteifigkeit (horizontale Richtung) bewusst den Spielraum für Relativbewegungen lassen soll. Basierend auf dieser Charakteristik soll ein bestmögliches Kurvenverhalten erreicht werden, da im Vergleich ein leichtes Laufrad bei zu hoher Steifigkeit durch seitliches ?Stottern? an Traktion verlieren könnte."

    Sorry, aber nach meinem begrenzten technischen Verständnis ist das Marketingbullshit und genau das Gegenteil ist der Fall.

    Angenommen an einem weichen Laufrad stößt im Drift der Reifen ans Griplimit und das Laufrad wird unter der Belastung leicht elastisch verformt, dann ist eben - sobald ein Höchstmaß überschritten wird und das Laufrad nach außen ausweicht, dieser Stotterer umso größer, je mehr das Laufrad sich vorspannen hat lassen und Energie elastisch aufgenommen hat, die dann in der Bewegung nach außen "entweicht".

    So wie eben ein Bleistift, den man an der Spitze mit der Fingerkuppe drückt und so das Radiergummiende im Winkel über den Tisch fahren lässt umso stärker stottert je länger der elastische Radiergummiteil ausgeführt ist und umso sanfter gleitet, wenn der Radiergummi nur noch klein ist und die Konstruktion steifer.

    Also wenn schon, dann soll man mit irgendeinem Auflagewinkel-Scheiß kommen, der sich durch die Elastizität bessert; das ist zwar wohl in der Wirkung auch kein positives Kriterium aber zumindest ist die Behauptung nicht 180° falsch.

    Oder irre ich da?

  5. benutzerbild

    felixthewolf

    dabei seit 11/2001

    ich würde es noch viel simpler ausdrücken.
    Für den Fall, dass der LRS keine besonders berauschende Steifigkeit hat, wäre es ganz schön weit hergezogen, das als Optimierung für Kurven zu bewerben.

    Felix

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