Spannende Entwicklung im wohl kuriosesten Doping-Verdachtsfall des MTB-Sports: Die gegen Mathias Flückiger im letzten Spätsommer verhängte provisorische Sperre soll von der Disziplinarkammer von Swiss Olympic aufgehoben worden sein. Laut dem Team des Athleten hätte die Sperre gemäß gültiger WADA-Richtlinien nicht ausgesprochen werden dürfen.

Bereits Anfang Juni wurde der Schweizer Cross-Country-Profi Mathias Flückiger einer Doping-Probe unterzogen, die auffällige Werte für das Mittel Zeranol gezeigt haben soll (MTB-News berichtete: Mathias Flückiger gesperrt). Mitte August wurde er von weiteren Wettkämpfen gesperrt, beteuerte jedoch stets seine Unschuld. Eine erste Wendung im Fall kündigte sich Mitte Oktober an, als öffentlich gemutmaßt wurde, dass sich bei Aussprache der Sperre durch Swiss Sports Integrity nicht an einen Leitfaden der Welt-Antidoping-Agentur gehalten wurde (Neues im Doping-Verdachtsfall Mathias Flückiger: Liegt ein Verfahrensfehler vor?). So sollen die in der A-Probe gefundenen Konzentrationen von Zeranol weit unter einem Mindestwert für eine sofortige Sperre gelegen haben.

Ich habe nie gedopt. Der Entscheid der Disziplinarkammer ist für mich eine extrem grosse Erleichterung. Es waren die schlimmsten fünf Monate meines Lebens. Nach monatelangem, enorm belastendem Warten blicke ich nun wieder optimistisch in die Zukunft. Sportlich bin ich motivierter denn je und ich arbeite täglich an meinem Comeback.

Ich wünsche mir, dass mein Fall möglichst bald abgeschlossen werden kann. Die ständige Unsicherheit, das monatelange Warten, die unbegründeten Anschuldigungen müssen endlich ein Ende haben.

Mathias Flückiger

Versteinerte Mienen hingegen bei den beiden gestürzten Schweizern
# Versteinerte Mienen hingegen bei den beiden gestürzten Schweizern - Mathias Flückiger …

Nun gibt das Team um Mathias Flückiger bekannt, dass die Sperre von der Disziplinarkammer von Swiss Olympic aufgehoben wurde, womit Flückiger wieder an Wettkämpfen teilnehmen kann. Grund ist wohl tatsächlich, dass die Probe allenfalls als „atypisch“, nicht jedoch als positiv hätte gewertet werden dürfen. Dem vorausgegangen war ein Stopp des Verfahrens. Endgültig geklärt ist der Fall damit noch nicht, schließlich muss die Anti-Doping-Agentur die Probe nun erneut bewerten. Es scheint jedoch aktuell so, dass wir Mathias Flückiger im kommenden Jahr wieder bei XC-Rennen begrüßen dürfen.

Hier die Pressemitteilung des Teams um Mathias Flückiger:

Provisorische Sperre von Mathias Flückiger ist aufgehoben

Grosser Zwischenerfolg für Mathias Flückiger! Die Disziplinarkammer von Swiss Olympic (DK) hat entschieden, dass das atypische Zeranol-Testresultat nicht als positive Dopingprobe gewertet werden darf. Damit wird die von Swiss Sports Integrity (SSI) am 18. August ausgesprochene provisorische Sperre gegen den Berner Mountainbiker nach rund 120 Tagen aufgehoben. Für Flückiger ist dies ein sehr grosser und wichtiger Erfolg im Beweiskampf für seine Unschuld.

«Ich habe nie gedopt. Der Entscheid der Disziplinarkammer ist für mich eine extrem grosse Erleichterung. Es waren die schlimmsten fünf Monate meines Lebens. Nach monatelangem, enorm belastendem Warten blicke ich nun wieder optimistisch in die Zukunft. Sportlich bin ich motivierter denn je und ich arbeite täglich an meinem Comeback», zeigt sich Flückiger höchst erfreut.

Rückblende: Am 16. September 2022 hatten Mathias Flückiger und sein Team bei der DK ein ausführliches Dossier mit Erklärungen und Entlastungsindizien eingereicht. Dabei beantragte Flückiger die sofortige Aufhebung der provisorischen Sperre. Die wichtigsten, entlastenden Indizien:

  • Der DK wurde realistisch mit den dazugehörigen Beweisen aufgezeigt, wie es zu einer Kontamination von Lebensmitteln hätte kommen können.
    Das Steroidprofil Flückigers ist normal, also absolut unauffällig.
  • Flückiger liess eigenständig am 31. August 2022 eine Haarprobe nehmen, die am 12. September 2022 von Prof. Pascal Kintz von der Universität Strasbourg analysiert wurde. Kintz ist der weltweit führende Experte auf diesem Gebiet und hat sich insbesondere in Haaranalysen in Strafverfahren einen Namen gemacht. Die Haar-Analyse war negativ. Es wurden keine Spuren von Zeranol bzw. von dessen Metaboliten im Haar Flückigers gefunden. Dies bedeutet, dass Mathias Flückiger weder über eine längere Zeit Kleinstmengen an Zeranol zu sich genommen hat, noch eine grössere Menge an einem bestimmten Tag.
  • Kurz vor und nach dem atypischen Testresultat im Rahmen der Schweizer Meisterschaften in Leysin wurden zwei negative Proben bei Flückiger durchgeführt.
    • Montag, 30. Mai 2022, Trainingskontrolle durch SSI, 6 Tage vor XCO-SM Leysin (Sui)
    • Freitag, 10. Juni 2022, Wettkampfkontrolle durch UCI/ITA, 5 Tage nach SM, nach XCC-Weltcupsieg in Leogang (Ö)
  • Es gibt mehrere wissenschaftliche Belege und Erkenntnisse, dass ein Dopingszenario im Fall von Mathias Flückiger ausgeschlossen werden kann: Die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Zeranol zeigen, dass dieses bei Menschen mit grösster Wahrscheinlichkeit keinen anabolen Effekt hat. So wird denn auch Zeranol weder in Body-Builder-Kreisen noch von Athletinnen und Athleten (vgl. WADA-Statistiken) als Anabolika verwendet. Zeranol wird wegen der Nichtwirksamkeit auch nicht in Mikrodosen eingesetzt (anders als Testosteron und testosteronähnliche anabol androgene Steroide). Die chemischen Strukturen von Testosteron und Zeranol sind grundverschieden, deren Wirkmechanismus auch.

Es ist klar: Eine solche provisorische Sperre hätte SSI niemals aussprechen dürfen, wenn sie sich an die „Stakeholder Notice regarding potential meat contamination cases“ der Weltantidopingagentur WADA gehalten hätte. Dieser WADA-Leitfaden gibt vor, was in einem solchen Fall unternommen werden muss, bevor die Dopingprobe als „abnormes Analyseresultat“ („positive Probe“) gewertet werden darf. Die SSI hat die meisten Schritte nicht eingehalten. Fakt ist: Die SSI hätte die Probe Flückigers gar nie als positiv, sondern lediglich als atypisch werten dürfen. Eine positive Probe ist jedoch Voraussetzung für die Verhängung einer provisorischen Sperre, bzw. die Durchführung der B-Probe.

Genau deshalb und hierzu hatte die DK am 28. September 2022 eine erste wichtige Entscheidung zu Gunsten Flückigers gefällt. Die DK hatte SSI einstweilen superprovisorisch gestoppt (d.h. ohne Anhörung der SSI). Das bedeutet, dass jegliche Fristen eines normalen Dopingverfahren bis auf weiteres aufgehoben wurden. Damit liess die DK nicht zu, dass SSI mit der Öffnung der B-Probe das «normale» Verfahren in einem Dopingfall fortsetzt.

Die Aufhebung der provisorischen Sperre per sofort ab dem 17. Dezember 2022 ist für Flückiger in mehrfacher Hinsicht enorm wichtig: «Seit mehr als fünf Monaten habe ich keinen Wettkampf mehr bestritten. In dieser Zeit bin ich in der Weltrangliste von Position 3 auf 24 zurückgefallen und meine Startposition hat sich dadurch massiv verschlechtert. Auch fehlt mir Wettkampfpraxis und ich habe die gesamte zweite Saisonhälfte mit den Höhepunkten EM und WM verpasst. Ich gehe nun meine Saisonplanung 2023 an und will bald wieder Rennen fahren.»

Nun geht der Fall zurück zu SSI. Unter Beachtung der Stakeholder Notice kann die nationale Antidopingagentur allenfalls eine erneute Wertung der A-Probe vom 5. Juni 2022 als abnormes oder atypisches Analyseresultat vornehmen. Den Entscheid der DK kann SSI juristisch nicht anfechten.

Der Albtraum ist für Mathias Flückiger also noch nicht vorbei: «Ich wünsche mir, dass mein Fall möglichst bald abgeschlossen werden kann. Die ständige Unsicherheit, das monatelange Warten, die unbegründeten Anschuldigungen müssen endlich ein Ende haben.»

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Was sagst du zum Fall und den Entscheidungen der Anti-Doping-Agentur?


Hier alle Artikel zum Doping-Verdachtsfall Mathias Flückiger

Infos und Bilder: Pressemitteilung crossroads Event und Kommunikation GmbH
  1. benutzerbild

    VonBergen

    dabei seit 07/2022

    Pressekonferenz Flückiger, Zitat vom Anwalt:
    "Erst nach der B-Probe hat Flückiger die Pflicht nachzuweisen, woher das Zeranol in ihm kam."

    Die Öffnung der B-Probe wurde bisher von Flückiger verweigert. Ist schon ein schlauer Fuchs.

  2. benutzerbild

    VonBergen

    dabei seit 07/2022

    Is ja nicht so das er sich das ganze Jahr nur in der Schweiz aufhält und nie in der Welt rumreist
    Und er wird sich unterwegs wahrscheinlich selten aufschreiben wo er oder seine zuständigen einkaufen waren
    Im Zeitraum des möglichen, kontaminierten Verzehrs war Flückiger in der Schweiz.
  3. benutzerbild

    zedi

    dabei seit 04/2004

    Ausserdem weiss er als Bauernsohn genau was in der Fleischproduktion so abläuft...

    Und als Pro auf jedes noch so kleine Detail achten, alles optimieren was nur geht und dann Fleisch von irgendwoher essen? Come on!!

  4. benutzerbild

    HW-RIDER

    dabei seit 12/2020

    Matthias Kamber (Ehemaliger Chef von Antidoping Schweiz): "Mit meinem Wissen und mit meiner jahrelangen Erfahrung schliesse ich einen Dopingfall aus."


    Hier das Interview zum Nachlesen:

    https://www.tagesanzeiger.ch/jetzt-redet-mathias-flueckiger-erstmals-120470534004
    Auch wenn es wahrscheinlich nicht viel bringt, weil "Hexenjäger wollen Hexen jagen".

  5. benutzerbild

    zedi

    dabei seit 04/2004

    Da hast du recht. Und das Vorgehen vom Verband war jo schon sehr fragwürdig... Schade für den Sport und den Athleten, schön für die Anwälte... Und vielleicht lernen ja sogar alle was daraus, so dass eine solche Sch... nicht mehr passiert! Amen! smilie

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