Trans Madeira 2019 Tag 1: Mit 53 km erwartet uns direkt der Tag mit den meisten Kilometern. Heute soll es eine kleine Weltreise sein: Nahezu alle Untergründe und Vegetationszonen werden heute vorkommen.
Urwald, heimischer Wald, rote Erde, sandig, felsiges Gelände. Heute sollen wir all das im Rennmodus bekommen. Nach einer Busfahrt auf 1500 Meter erwarten uns 53 km und 1445 Höhenmeter bergauf treten. Auf Zeit fahren wir auf insgesamt sieben Stages. Ankommen sollen wir wieder direkt am Strand. Klingt vielversprechend. Los gehts mit der Trans Madeira 2019!
Stage 1
Nach dem Bus-Shuttle am Morgen starten wir auf der Hochebene Coao da Lagoa in den Tag. Nach den Men 40 gehen die Damen ins Rennen, dann die Men 30- und die Men-Klasse. Chri und ich haben beide sehr niedrige Startnummern und starten spät ins Rennen. Es gibt ein kleines Stück zum Warmwerden, dann Stau vor Stage 1. Mit 3,2 km und 354 Tiefenmetern ist sie direkt die längste des Rennens und komplett offen einsehbar.
Ich bin an der Reihe, los geht es mit etwas treten, bevor es in zentimetertiefen Staub geht. Einige Anlieger später geht es über ein paar offene Kurven, es braucht wieder etwas Pedal-Einsatz. Der Fahrer hinter mir hat etwas aufgeschlossen, ich versuche also ein bisschen schneller zu fahren. So ganz bei der Sache bin ich aber noch nicht, mache einen blöden Fehler und rutsche auf dem staubigen Boden weg. Aufgesprungen, Lenker gerade gestellt, währenddessen werde ich überholt. Weiter gehts. Kurze Zeit später mache ich einem pfeilschnellen Norweger Platz. So gut läuft das noch nicht, mein Bike habe ich nicht so wirklich unter Kontrolle, die Bedingungen sind extrem unberechenbar und das mit dem nach vorne schauen klappt auch noch nicht so ganz.
Stage 2
Mit Vorjahressieger Emanuel Pombo fahren wir den Transfer zu Stage 2. Sie soll kürzer sein, könnte stellenweise nass werden und uns erwartet technischeres Gelände mitten im Wald. Die 1,25 km und 249 Tiefenmeter fühlen sich ewig an. Der Trail ist gespickt mit steilen, technischen Kurven, ich versuche rund zu fahren und es geht in den meisten Kurven auch ganz gut auf.
Im unteren Teil wird es sehr loose und steinig. Ich sehe einen Fahrer vor mir, hinter mir naht schon wieder der schnelle Norweger, der wieder nach mir gestartet ist. Perfekt passend sind wir alle drei gleichauf, wir lassen den Norweger vor, ich überhole den Fahrer vor mir und versuche am Hinterrad zu bleiben. Er nimmt mir noch einige wenige Meter bis ins Ziel. Ein cooler Trail, wenn auch etwas stressig auf Sicht und im Rennmodus.
Stage 3
Wieder geht es mit Pombo bergauf zu Stage 3, bis er zum Interview angehalten wird. Vorher verrät er uns aber noch: Hier gibt es wohl zwei Gegenanstiege, in Summe etwa eine Minute Uphill auf der Stage. 2,3 km und 235 Tiefenmeter gilt es zu bewältigen.
Der Trail an sich ist spaßig, zwischen mannshohen Büschen schlängelt er sich entlang. Viele Möglichkeiten zur Linienwahl gibt es nicht. Irgendwann kommt dann der Gegenanstieg auf der Forststraße. Er ist kürzer als erwartet, es geht schnell wieder in den Wald. Weiter geht es auf einem ganz frischen Trail. Die staubigen Anlieger halten nicht viel, trotzdem macht es Spaß in die kleinen Rinnen zu fräsen. Ein bisschen sketchy ist es. Kurz darauf wird es wieder etwas steiniger, die Arme fangen an zu pumpen. Endlich kann man bei den Linien kreativ werden, aber ein paar Kurven später ist der Trail schon zu Ende.
Stage 4
Die vierte Stage des Tages erreichen wir ohne viel Aufwand. Vom Ende der dritten Stage rollen wir entspannt zum Start der 1,8 km langen und mit 185 hm recht flachen Wertungsprüfung. Während ich noch die GoPro festzurre, fährt Chri schon los und zieht um die offenen Kurven. Ich folge kurz darauf, offene Kurven stehen bei mir hoch im Kurs und ich lasse eine Dreckfontäne Richtung Foto/Videoteam aufsteigen.
Der Trail geht größtenteils durch den Wald, viele Offcamber-Linien und Wellen laden dazu ein, das Rad aktiv über die Strecke zu steuern. Das macht Bock! Inzwischen fühle ich mich auf meinem Rad wieder zu Hause und lasse es in den einen oder anderen Anlieger schön reinknallen. Geil!
Stage 5
Auf dem langen Weg zu Stage 5 geht es zum ersten Mal an den Levadas entlang, den Wasserkanälen, die die ganze Insel durchziehen. Zwischendurch kommen wir an der Feedzone vorbei, dann geht es aber noch ein gutes Stück weiter. Hier sieht plötzlich alles aus, wie im Dschungel und wir erarbeiten uns Höhenmeter um Höhenmeter auf einem schmalen Trail. Irgendwann sieht der Wald dann aus wie zu Hause. Beeindruckend, diese Vielfalt an Vegetationszonen.
Am Start von Stage 5 ist nur ein kurzer Stau, vor uns heißt es: Steil und schnell. Das hört sich verdammt gut an. Auf 1,6 km vernichten wir 385 Höhenmeter. Chri lässt mich vorfahren, ich gebe Gas und stolpere in die erste Kurve etwas rein. Danach geht mir aber das Meiste gut auf und hey, hier bin ich mal der Fahrer, der gleich zwei Andere überholt. Auch wenn ich mir vorgenommen habe, mein Ego in die Ecke zu stellen und mich in Demut zu üben, fühlt sich das verdammt gut an. Steil und lose geht es fast bis in Ziel. Unten wird es etwas flacher und man kann die Bremsen fast komplett offen lassen. Stellenweise beängstigend, aber cool.
Stage 6
Die legendäre Stage 6 steht an. 2,3 km, 405 Tiefenmeter und traumhafter Ausblick. Vermutlich kennt jeder das Foto von der steil abfallenden Wand, nur wenige Meter neben dem Trail. Genau da fahren wir jetzt hin. Aber erst müssen wir wieder nach oben. Der Uphill geht über Treppen und einen extrem steilen Forstweg. Fahren? Nö. Wir tragen und schieben, dann geht es noch eine Weile rollend zum Start von S6. Ich bin gespannt, Chri lässt mich wieder vorfahren.
Bis zur Klippe muss man aber arbeiten: Staubige, steile Spitzkehren stehen auf dem Programm, zwischendurch immer wieder flowige Abschnitte. Abgesehen von einer Kehre, über deren Absperrung ich fast drüber fahre, komme ich gut durch und wähle nicht zu viele blöde Linien. Leider hängt eine dicke Wolke vor der Klippe, aber ich versuche mich eh nicht ablenken zu lassen und das gute Gefühl ins Ziel zu bringen. Nach vielen Kurven kommt es dann endlich in Sicht. Das war der Hammer. Was ein geiler Trail!
Stage 7
Einige wenige Höhenmeter und etwa 5 km müssen wir noch bis zu Stage 7 fahren. Chri kennt die Stage: Er war vor drei Wochen bei der EWS als Mechaniker des Specialized-Teams dabei und konnte den Trail ablaufen. Irgendwo soll eine knackige Felsabfahrt kommen und der Trail bietet wohl ein extremes Plattenrisiko. Kurzerhand entschließe ich mich einfach direkt Chri zu folgen. Auf den restlichen Trails des Tages war das aufgrund des Staubes unmöglich, hier könnte es klappen.
Los gehts. Die Akustik meiner Felge untermalt die Erzählungen von Chri. Ding Ding Ding. Zum Glück bleibt die Luft im Reifen. Nach 50 km ist die Stage echt hart: Technisch hoch anspruchsvoll, weil extrem steinig und viel Gras die Sicht einschränkt, außerdem gibt Chri ein krasses Tempo vor. Ich bin etwas zu stark auf meinen Kumpel fixiert, mache Fehler, er gewinnt etwas Abstand. Nach zwei Anliegern, die ich perfekt treffe, habe ich ihn wieder. Dann kommt eine kurze Tretpassage. Ich schätze sie falsch ein, schalte wieder hoch und zack, hinter der nächsten Kurve geht es weiter bergauf. Ich springe vom Rad, laufe Chri hinterher. Dann geht es genau so weiter wie es angefangen hat, schnell und steinig. Ich versuche auf dem Rad zu bleiben und bin froh als wir durchs Ziel rollen.
Antonio hatte uns am Ende der siebten Stage eine Überraschung versprochen. Anstatt wieder über den Hügel zurück zum Basecamp zu fahren, geht es mit dem Boot zurück. Ein solider Abschluss von einem anstrengenden, aber gelungenen Tag.
Zwischenergebnisse: Trans Madeira 2019 – Tag 1
Nach Tag 1 liegt Chri vor mir auf Platz 11, ich bin etwas weiter hinten auf Platz 18. Mein Sturz hat mich etwas Zeit gekostet und der ein oder andere Steher war natürlich auch nicht ideal.
Local Emanuel Pombo konnte zwar bisher nicht alle Stages für sich entscheiden, führt aber aktuell.
Fazit: Trans Madeira 2019 – Tag 1
Puh, anstrengend. Aber spaßig! In Summe ein gelungener Tag mit coolen Stages. Nach kleiner Bodenprobe ist das Feeling am Bike wieder gut und ich freue mich auf den zweiten Tag auf der Überraschungsinsel. Was wird es morgen für uns geben?
Würdet ihr euch zutrauen, bei einem Etappenrennen an den Start zu gehen?
Alle Artikel zur Trans Madeira 2019 gibt es hier:
- Trans Madeira 2019 – Tag 5: Arm-Weichspüler zum Abschluss – das Finale!
- Trans Madeira 2019 – Tag 4: Achterbahnfahrt durch Matsch und Staub
- Trans Madeira 2019 – Tag 3: Tunnel, Traumtrails, tolle Aussicht
- Trans Madeira 2019 – Tag 2: Frühling, Sommer und Herbst kombiniert!
- Trans Madeira 2019 – Tag 1: Tagesausflug um die Welt
- Trans Madeira 2019: Fahrradurlaub mal anders – Live-Berichte vom Etappenrennen!
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