Canyon Strive CF 2015 im Test: Heute Nacht versorgten wir euch bereits mit allen technischen Informationen zum Canyon Strive CF. Canyons neues Bike für alles soll durch die Shapeshifter-Technologie bergauf wie bergab höchst effizient zu Werke gehen – und außerdem durch niedriges Gewicht und spannendes Preis/Leistungs-Verhältnis überzeugen. Wir sind das Bike bereits in Frankreich gefahren –  nun geht es ans Eingemachte: im zweiten Artikel mit den Fahreindrücken.

Foto Jens Staudt Canyon StriveCF 2777
# Eines unserer Testmodelle. Hier das large Race.

Canyon Strive CF: Das Test-Setup

Bis gestern waren wir noch beim Launch von Canyon in Frankreich – neben der eigentlichen Bike-Vorstellung des Canyon Strive CF hatten wir bereits die Möglichkeit, das Bike im Rennmodus direkt vor Ort zu testen. Wir entschieden uns am ersten Testtag, auf der Rahmengröße Large „Race“ Platz zu nehmen (den Unterschied von „Race“ zur normalen Rahmengröße haben wir hier erklärt) und einen extra-kurzen Vorbau mit 30mm zu verbauen.

Canyon Strive CF
# Setup des Bikes, bevor es losgeht

Canyon empfahl uns zwar zuerst ein Bike in Medium „Race“ bei der Testergröße von 1,80, aber die Summe aus Reach und Vorbaulänge eines M-Rahmens (448mm Reach + 50mm Vorbau) gegenüber des L-Rahmens (468mm Reach + 30mm Vorbau) ergab in Summe den gleichen Abstand von Sitz/Stehposition zum Lenker, wobei der kurze Vorbau ein direkteres Handling ermöglichte. Am zweiten Tag folgten wir zusätzlich der Größenempfehlung von Canyon und nahmen mit Medium „Race“ auf der kleineren Größe Platz, um den Testeindruck zu erweitern.

Foto Jens Staudt Canyon Strive CF -2764
# der SAG wird gerade eingestellt…
Foto Jens Staudt Canyon Strive CF-2762
# Das System von oben

 

Beide Bikes wurden mit einem 30mm Vorbau ohne Spacer auf dem Steuerrohr montiert. Somit war am zweiten Tag nicht nur der Reach 2cm kürzer, auch die Front lag aufgrund des kürzeren Steuerrohrs 1cm tiefer. Für die Pike stellten wir 25% Sag bei einem montierten Volumenspacer (Token) und 5 Klicks Lowspeedcompression (gezählt von komplett geschlossener Einstellung) ein. Der Monarch Plus DebonAir kam laut Canyon bereits mit einem Volumenspacer montiert und wurde von uns mit 25% SAG und dem LS-Druckstufenhebel in der mittlere Hebelstellung als ideal empfunden.

Testerprofil Nathan

  • Größe: 1,80 m
  • Beinlänge: 85cm
  • Gewicht: 75 kg
  • Pedalsystem: Klick
  • Fahrstil: Schnell und verspielt mit bewusstem Körpereinsatz, um auf das Gelände zu reagieren.
  • Set Up-Vorlieben: Standard Sag mit steigender Progression und einer Druckstufeneinstellung, die Feedback vom Untergrund ermöglicht und Wegtauchen in Kurven und Kompressionen unterbindet.
  • Nathan fährt überwiegend: Singletrails, Freeride mit großen Sprüngen und Bikepark.

Auf dem Trail

Erster Tag: Rahmengröße L „Race“

Die Kombination aus 423er Kettenstreben sowie einem bewusst lang gewählten 468mm-Reach lässt das Handling des Bikes nicht unberührt – in der ersten Kurve wurde ich direkt daran erinnert. Auf dem staubigen Boden neigte das Rad dazu stark zu untersteuern und dementsprechend übers Vorderrad zu schieben. Ein Gefühl, das man nicht haben möchte – insbesondere weil man in diesem Fall zumeist schneller am Boden liegt als mit einem Bike, das zum Übersteuern neigt.

Es galt also den Fahrstil anzupassen und das Rad bewusster über der Front zu fahren, um Grip zu generieren. Um sich sich etwas leichter an das Konzept des langen Oberrohrs in Kombination mit dem kurzen Vorbaus zu gewöhnen, tauschten wir nach der ersten Aufwärmrunde die Spacer von unterhalb des Vorbaus nach oben um die Körperposition noch etwas mehr nach vorne und tiefer zu bringen. Das hatte, zusammen mit der notwendigen Eingewöhnungsphase, den entsprechenden Erfolg.

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# Unser Tester Nathan mit Vollgas

Der Bewegungsspielraum auf dem Rad ist sehr groß. Dadurch lässt sich nicht nur von der bloßen Länge und der daraus resultierenden Laufruhe profitieren, auch im Grenzbereich hat man immer noch die Möglichkeit, korrigierend einzugreifen. Je nach Gewichtsverlagerung nach vorne oder hinten kann man sehr genau bestimmen, an welchem Laufrad man mehr Grip aufbauen möchte. Das sorgt für ein sehr sicheres Gefühl. Man spürt dabei sehr genau die Renn-Gene des Bikes und dass es wirklich für schnelles Fahrradfahren gebaut wurde. Durch die Ausgleichmöglichkeit über die Körperposition und den damit nach hinten verschobenen Grenzbereich kommt ein erhöhtes Gefühl für Flow auf, da man nicht immer gezwungen ist, vor jeder Kurve die Geschwindigkeit massiv zu reduzieren. Man kann schlichtweg schneller durch die Kurve fahren.

In Summe vergisst man dann schon teilweise, dass man auf einem 160er Bike unterwegs ist – denn die Komfortzone verhält sich in der Abfahrt ähnlich der, die man auf einem Downhillbike hat. Insbesondere bei High-Speed Passagen zeichnet sich das Strive CF durch eine hohe Laufruhe aus. Der Hinterbau liegt satt auf der Strecke und bleibt beim Bremsen voll aktiv. Auch auf sehr rauhen Sektionen fühlt man sich auf dem Rad wohl – auch wenn man im Vergleich zu einem DH-Bike etwas mehr Kraft aufbringen muss, will man grobe Linien halten.

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# Ab ging es durch ruppigstes Gelände

Nach einigen Abfahrten stellte ich trotz ausbalancierter Sag-Einstellung an Gabel und Dämpfer eine gewisse Disharmonie fest. Trotz der vorwärtsgerichteten Körperposition auf dem Bike war die Federwegsausnutzung am Heck immer etwas größer als die an der Front. Hierfür hätte ich am Monarch gerne etwas mehr Progression gehabt. Nicht, weil ich spürbare Durchschläge hatte, aber bei korrekt eingestelltem Sag an Gabel und Dämpfer nutzte ich hinten immer etwas mehr Federweg als an der Front – dies sorgte dafür, dass sich das Rad minimal „von hinten“ fuhr. Bei einem so langen Oberrohr möchte man aber jedes Quäntchen Grip an der Front aufbauen, ohne sich kontinuierlich nach vorne über den Lenker beugen zu müssen – denn das kostet Kraft.

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# Der optimale Stand über dem Bike

Eine schnelle Lösung brachte durchgängiges Fahren in der mittleren Lowspeed Druckstufen Einstellung. Wir hätten gerne hier noch etwas mehr Zeit investiert und stattdessen noch einen kleinen Volumenspacer montiert, aber auch die Lowspeed-Lösung brachte eine schnelle Lösung auf dem Trail, ohne den Dämpfer zu öffnen – ein Gripverlust war soweit nicht spürbar.


# Rennergebnis für Nathan – schnellster Nicht-Pro an Stage 2 – #notbad. An Stage 1 leider verfahren – nur Platz 7 – #bockaufballern

Zweiter Tag: Rahmengröße M „Race“

Der zweite Tag führte uns über Trails, welche mit mehr Kurven und ruppigerem Gelände gespickt waren. Auch hier ließ sich das Bike wenig aus der Ruhe bringen, auch wenn wir es in gezeiteten Mini-Enduro-Rennen ziemlich haben laufen lassen. Der Unterschied zur Race „Large“ Geometrie war 2cm weniger Reach und ein um 1cm verkürztes Steuerrohr und somit eine 1cm niedrigere Front. An der Laufruhe änderte dies wenig, dafür wurde das Handling in Kurven etwas vereinfacht.

Shapeshifter in Aktion

Es war anfangs etwas Eingewöhnung und etwas Übung notwendig, um auf dem Trail den Remotehebel für den Shapeshifter nicht mit dem Hebel für die Remotestütze zu verwechseln. Die Werteanpassung von +1,5° im Sitz- und Lenkwinkel für den XC-Modus klingt auf dem Papier nicht nach sehr viel, brachte mir aber deutlich mehr Druck aufs Vorderrad, so dass sich dieses im Vergleich zur flachen Einstellung beim Bergauffahren nicht so schnell vom Boden löste. Die komplette Sitzposition war auf dem Bike bergauf um einiges angenehmer und durch die aufrechtere Position wurde ich weniger schnell müde – zudem wurde mein Rücken dadurch geschont, dass ich mich nicht kontinuierlich nach vorne auf den Lenker lehnen musste.

Natürlich fuhren wir das Rad testweise auch im DH-Modus bergauf. Hier ist der Unterschied sehr gut spürbar: Das Rad wippt deutlich mehr und man spürt das weichere Setup; man sitzt sehr viel mehr „hinten“ im Rad und das Vorderrad steigt schneller als im XC-Modus.

JER 5673
# Uphill mit dem Strive CF

Generell empfand ich auf ebenen Passagen, aber auch flowigen Trails den XC-Modus sehr passend, insbesondere wenn Steine oder Wurzeln heraus ragten. Gegenüber dem DH-Modus bietet die XC-Variante mit dem 20mm höheren Tretlager die Möglichkeit, auch in recht unwegsamem Gelände noch gut pedalieren zu können. Der Hinterbau wippte in dieser Einstellung nahezu nicht mehr, eine stärkere Plattformdämpfung zum Klettern vermisste ich nicht.

Wird es ruppig, kann man auf die deutlich erhöhte Sicherheit im Downhillmodus mit flacherem Lenkwinkel und tieferem Tretlager sowie erhöhtem Federweg zurückgreifen. Im DH-Modus steht man etwas aufrechter im Rad und es lässt sich durch die komplette Geometrieanpassung leichter aufs Hinterrad ziehen. Ich war damit definitiv sicherer und schneller unterwegs.

Ausstattung

Das Strive CF lässt, was neueste Komponenten angeht, keine Fragen offen. Wo man hinblickt, ist „the latest and greatest“ montiert, was sich auch funktional widerspiegelt: Die Komplettpakete der einzelnen Modelle sind durchdacht und funktionierten im Kurztest absolut reibungslos. Besonders stach aus dem Paket die neue SRAM Guide-Bremse heraus, die sich von der Bremsleistung und Modulation durchaus mit der Shimano Saint messen konnte. Zur Dauerhaltbarkeit des Shapeshifters – vor allem in Summe der erhöhten Lageranzahl – können wir nach dem Testzeitraum von nur zwei Tagen natürlich noch nichts sagen, halten euch aber darüber auf dem Laufenden, wenn wir das Bike einem Langzeittest unterziehen.

 MG 14 06 CANYON STRIVE 5465
# Nix zu meckern an der Ausstattung: Ob SRAM Guide…
 MG 14 06 CANYON STRIVE 5463
# …oder 11fach-Schaltung

 

Canyon Strive CF – Welche Größe?

Die zusätzlichen „Race“ Rahmengrößen machen nicht nur für Renneinsatz Sinn. Auch Fahrer/-innen, die gerne ein längeres Oberrohr in Verbindung mit einem nicht allzuhohem Sitzrohr fahren, könnten bei der „Race“-Version fündig werden. Ich bin beide „Race“-Versionen probegefahren und würde mit 1.80m Körpergröße bei reinem Renn-Einsatz für einen noch stabileren Lauf die Größe L empfehlen – für verspielte Einsätze auf den Hometrails ist Größe M zu empfehlen. Zur weiteren Orientierung: Fabien Barel beispielsweise fährt bei 1,81m ebenfalls Race-Large, mit einem 55mm Vorbau.

Fazit – Canyon Strive CF Test

Canyon bietet mit dem Canyon Strive CF ein sehr durchdachtes und funktionales Mountainbike mit einem sehr breiten Einsatzbereich. Der Ansatz über ein simples, kleines Bauteil die komplette Charakteristik des Bikes zu verändern, ist gelungen: Hierbei gefällt vor allem, dass sich das System fast gänzlich hinter dem Umlenkhebel versteckt und die saubere Linienführung nicht stört. Was die Dauerhaltbarkeit angeht, können wir natürlich noch keine Aussagen treffen – aber vor allem der Umstand, dass das System ohne Elektronik auskommt, spielt dem simplen System Fahrrad in die Hände.

Man kann durchaus davon sprechen, dass Canyon hier zwei Bikes in eines gepackt hat. Jedes Mountainbike hat gewisse Stärken und oft muss man bei einer verbesserten Abfahrtstauglichkeit Abstriche beim Uphill machen. Dem Strive CF gelingt der Spagat zwischen einem guten Uphill-Rad und einer potenten Abfahrtsrakete sehr gut – gilt es eine Entscheidung zu treffen, ob es ein Trail- oder Endurobike sein soll, sollte man das Strive CF als ein Bike für beides auf jeden Fall in Erwägung ziehen.

Mit 3699 € steigt man beim Canyon Strive CF ein – kein Schnapper, angesichts der Top-Komponenten aber schon bei der günstigsten Version absolut nachvollziehbar. Und wenn man den Carbonrahmen bedenkt, landet man in einem sehr spannenden Preis/Leistungsverhältnis. Wie sich das Bike im Dauertest verhält, erfahrt ihr demnächst. Wer noch mal alle technischen Informationen, Geometriedaten oder Ausstattungsvarianten nachlesen möchte, findet diese hier.

  1. benutzerbild

    RobG301

    dabei seit 08/2012

    Also was das betrifft ... die Geo hat sich ja im Renneinsatz schon bewährt. Kurzum: Es wird wie immer am Fahrer liegen smilie

    Ja vermutlich auf persönliche Präferenzen und das Bike wurde ja Fabien Barel's Fahrstil auf den Leib geschneidert.
  2. benutzerbild

    xTr3Me

    dabei seit 06/2010

    Er fällt wohl bei 180 cm L Race mit 55er Vorbau :O

  3. benutzerbild

    duc-mo

    dabei seit 05/2011

    423 haut hin, hab es an einem Serienbike in Koblenz nachgemessen.

    Wollte mich überzeugen ob die Maße, gerade Reach und Stack stimmen...

    Wie misst man denn Reach und Stack im Vorführraum???
  4. benutzerbild

    RobG301

    dabei seit 08/2012

    Wie misst man denn Reach und Stack im Vorführraum???

    Ne das mit dem Nachmessen bezog sich nur auf die echt kurze Kettenstrebenlänge!

    Das Andere ging sich mehr um Austesten ob das passt vom Gefühl wenn man draufsitzt!
  5. benutzerbild

    denis0082

    dabei seit 12/2014

    Mal eine Frage: Das Rad taucht ja recht häufig auf Bildern aus der Redaktion aus (siehe aktuelle Knieprotektoren-Tests). Kommt da nochmal ein Langzeit-Test?

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