Tipp: du kannst mit der Tastatur blättern
Justin Leov ist seit dieser Saison auf Canyon unterwegs
Justin Leov ist seit dieser Saison auf Canyon unterwegs - bevor er in der EWS an den Start gegangen ist, ist er auch lange Jahre im Downhill-Weltcup gefahren.
Beim Ride the Pros Bikes beeindruckte Justins Fahrwerk unseren Testleiter Jens
Beim Ride the Pros Bikes beeindruckte Justins Fahrwerk unseren Testleiter Jens - damals fuhr Justin noch für Trek, aber die Balance seines Fahrwerks war außerordentlich gut.
„Der durchschnittliche Fahrer ist meiner Meinung nach mit einem „normalen“ Bike bestens versorgt“
„Der durchschnittliche Fahrer ist meiner Meinung nach mit einem „normalen“ Bike bestens versorgt“ - Justin hat eine relativ deutliche Meinung zu Rädern wie beispielsweise dem Mondraker Dune Carbon.
Der Neuseeländer blickt auf viele Jahre Erfahrung im Downhill-Weltcup zurück
Der Neuseeländer blickt auf viele Jahre Erfahrung im Downhill-Weltcup zurück - seit Beginn seiner Karriere hat er eng mit Fox Racing Shox zusammengearbeitet. Diese Erfahrung ist für ihn sehr wertvoll.
Letztes Jahr lag Justin in der Gesamtwertung der EWS lange Zeit vorne
Letztes Jahr lag Justin in der Gesamtwertung der EWS lange Zeit vorne - dann machte ihm eine Schulterverletzung einen Strich durch die Rechnung.
Ein balanciertes Fahrwerk ist für Justin eine wichtige Grundvoraussetzung
Ein balanciertes Fahrwerk ist für Justin eine wichtige Grundvoraussetzung - deshalb sein Tipp: Zunächst den Sag vorne und hinten identisch einstellen, dann Druck- und Zugstufe variieren.
Bald auch im Downhill und Enduro zu sehen?
Bald auch im Downhill und Enduro zu sehen? - Justin ist der Meinung, dass elektronische Komponenten bald auch in den bergaborientierten Disziplinen regelmäßig zu sehen sein werden.
Justin fuhr viele Jahre gemeinsam mit Jared Graves für Yeti
Justin fuhr viele Jahre gemeinsam mit Jared Graves für Yeti - und ist sich sicher, dass sein Teamkollege enorm vom vielen Hardtail-Fahren im Fourcross profitierte.
Stand uns Rede und Antwort: Justin Leov
Stand uns Rede und Antwort: Justin Leov

Wie findet man das perfekte Setup für das eigene Fahrwerk? Es gibt unzählige Philosophien und Ansätze, um die ideale Abstimmung zu finden. Und bei einer Umfrage im Bikepark würde man wahrscheinlich endlos viele und unterschiedliche Meinungen zu hören bekommen. Aber gibt es das überhaupt: Das eine Setup? Oder hängt das von (zu) vielen verschiedenen Faktoren – Fahrergewicht, Streckenbedingungen, Geometrie, Hinterbausystem, Gabel-Offset und so weiter – ab? Wir haben beim Neuseeländer Justin Leov nachgefragt. 

Justin wechselte 2012 vom Downhill-Weltcup in die Enduro World Series. Hier wurde er 2014 dritter in der Gesamtwertung. In der Saison drauf war der Gesamtsieg in greifbarer Nähe für ihn, bis er in Whistler stürzte und sich an der Schulter verletzte. In der aktuellen Saison geht er für das Canyon Factory Enduro Team an den Start. Wenn sich jemand optimal mit dem Setup eines Mountainbikes auskennt, dann Justin Leov. Wir haben den erfahrenen Racer getroffen und uns mit ihm über die Auswirkungen moderner New School-Geometrien, Plusreifen und anderen Entwicklungen auf das Setup des Fahrwerks unterhalten.

Justin Leov ist seit dieser Saison auf Canyon unterwegs
# Justin Leov ist seit dieser Saison auf Canyon unterwegs - bevor er in der EWS an den Start gegangen ist, ist er auch lange Jahre im Downhill-Weltcup gefahren.

MTB-News.de: Hey Justin! Die Abstimmung des Fahrwerks ist ein sehr komplexes Thema – nicht immer sind Fragen hierzu schnell und simpel zu beantworten. Lass es uns trotzdem versuchen: Wie findest du das Setup, das für dich persönlich optimal funktioniert?

Justin Leov: Über sehr große Teile meiner Karriere als Rennfahrer habe ich mit den Jungs von Fox Racing Shox zusammengearbeitet, bevor ich zu Canyon gewechselt bin. Fahrwerke und das Wissen darüber, was wie funktioniert, kann man sich nur durch endloses Testen erarbeiten. Mit den Technikern und Entwicklern steht man dabei in einem konstanten Dialog über die Frage, welches Setup optimal ist. Man entwickelt neue Theorien zur Abstimmung des Fahrwerks und testet diese dann auf der Strecke. Man sammelt Eindrücke und lernt. Das ist der Kern der Sache. Im Prinzip basiert mein optimales Setup auf den Diskussionen mit den Jungs von Fox und meinen eigenen Erfahrungen.

Wie muss man sich das vorstellen, wenn du auf ein anderes Bike wechselst? Die Geometrie ist anders, die Kinematik des Hinterbaus ist anders, das ganze Fahrverhalten ist neu für dich. Inwiefern beeinflusst das deine Abstimmung?

„Heutzutage sind die Unterschiede eher gering. Das Setup im Enduro nähert sich dem Downhill immer weiter an. Nach meinem Ansatz sind die Einstellungen sehr ähnlich und die Fahrwerke fühlen sich dementsprechend auch sehr ähnlich an.“

Es sind immer alle Parameter wichtig. Man kann nicht einzelne Eigenschaften isoliert betrachten und Dinge von einem Rad unverändert auf ein anderes übernehmen. Meine Philosophie ist aber immer dieselbe. Ich beginne mit dem Sag, also dem Negativfederweg: Front und Heck müssen in der Hinsicht bei mir gleich sein. Ein ausgewogenes Grundgefühl ist für mich sehr wichtig – die Federung muss sich beim Aufsitzen balanciert anfühlen. Warum tue ich das? Wenn du beispielsweise einen Trail fährst, dann sollte deine Position wirklich zentral auf dem Rad sein. Denn wenn du Hindernisse überfährst, dann erwartest du von Front und Heck eine ähnliche Rückmeldung. Du willst nicht, dass dir das eine Rad einen Kick gibt, während das andere Rad im Federweg versackt. Deshalb ist das für mich immer der erste Schritt des Setups.

Wie viele Klicks High- oder Lowspeed-Druckstufe du fährst, spielt anfangs keine Rolle. Das ist etwas, das du einstellst, nachdem du die Zugstufe justiert hast. Eine grobe Einstellung für die Zugstufe kannst du schon beim klassischen Parkplatz-Test bekommen. Begib dich in Fahrposition und gehe nach deinem Gefühl.

Beim Ride the Pros Bikes beeindruckte Justins Fahrwerk unseren Testleiter Jens
# Beim Ride the Pros Bikes beeindruckte Justins Fahrwerk unseren Testleiter Jens - damals fuhr Justin noch für Trek, aber die Balance seines Fahrwerks war außerordentlich gut.

Wie findest du bei Rennen der EWS dein Setup?

Zu Beginn jeder Saison führe ich das sogenannte „Bracketing“ durch. Du beginnst bei den beiden Extremen des Einstellungsbereichs von deinem Fahrwerk. Erst nimmst du die Dämpfung komplett raus und machst eine Abfahrt. Dann drehst du die Dämpfung völlig zu und machst die gleiche Abfahrt noch einmal. Du musst damit vertraut werden, die sich diese beiden Extrema deiner Federelemente anfühlen. Erst dann wählst du eine moderatere Einstellung – oder auch eine Einstellung im Randbereich –, alles nach Gusto. Für mich ist das zu jedem Saisonbeginn ein Pflichtprogramm.

Auf diese Weise komme ich zu meinem Grundsetup. Alles weitere ist die Feinabstimmung, je nach Event. Bin ich dort schon einmal gefahren? Wie ist das Terrain? Wie ist das Wetter? Das sind Fragen, die ich mir vorher stelle. Wenn es regnet und der Boden entsprechend nass ist, sollte man mit der Druckstufe etwas zurückhaltender sein: Die Geschwindigkeit ist dann generell niedriger, weil der Untergrund rutschig ist.

Nach dieser Feinabstimmung schaue ich am Trainingstag, wie es läuft. Man macht eine Abfahrt, geht rüber zum Stand von Fox und diskutiert mit dem Race Support, wie sich das Rad anfühlt. Die Jungs machen ein paar Anpassungen, dann geht man wieder hoch. In diesem Stadium justieren wir nur noch minimal.

„Der durchschnittliche Fahrer ist meiner Meinung nach mit einem „normalen“ Bike bestens versorgt“
# „Der durchschnittliche Fahrer ist meiner Meinung nach mit einem „normalen“ Bike bestens versorgt“ - Justin hat eine relativ deutliche Meinung zu Rädern wie beispielsweise dem Mondraker Dune Carbon.

Würdest du dein Rad oder deine Fahrwerksabstimmung drastisch verändern, wenn sich die Bedingungen stark unterscheiden? In Whistler gibt es beispielsweise außergewöhnlich steiles Terrain – würdest du dort ebenfalls ein balanciertes Fahrwerk wählen? Oder würdest du dein Heck weicher abstimmen, um tiefer im Federweg zu stehen? 

In dem Fall würde ich durchaus eine größere Änderung vornehmen. Vor einigen Jahren habe ich in Finale Ligure sogar mein Bike getauscht und bin an der Front von einer 150 mm-Gabel auf eine 170er-Gabel gewechselt. Beim Setup bin ich vorgegangen wie immer. Es war ein interessanter Tausch, aber das Fahrgefühl war sehr ähnlich wie zuvor – nur, dass ich nun zwei Zentimeter mehr Federweg zur Verfügung hatte.

Du kommst ursprünglich vom Downhill – unterscheidet sich das Setup im Enduro stark davon? 

Nicht so sehr, wie man vielleicht denken würde. Heutzutage sind die Unterschiede eher gering. Das Setup im Enduro nähert sich dem Downhill immer weiter an. Der größte Unterschied besteht darin, dass Enduros im Anfangsbereich des Federwegs etwas softer sind. Ich denke, dass das ein Indikator für die Geschwindigkeit ist, mit der die Räder gefahren werden. Diese ist nicht ganz so hoch wie im Downhill. Aber nach meinem Ansatz sind die Einstellungen sehr ähnlich und die Fahrwerke fühlen sich dementsprechend auch sehr ähnlich an.

Der Neuseeländer blickt auf viele Jahre Erfahrung im Downhill-Weltcup zurück
# Der Neuseeländer blickt auf viele Jahre Erfahrung im Downhill-Weltcup zurück - seit Beginn seiner Karriere hat er eng mit Fox Racing Shox zusammengearbeitet. Diese Erfahrung ist für ihn sehr wertvoll.

Ein Vorteil der Enduros ist, dass mein bei Bedarf einfach einen Hebel am Dämpfer umlegen kann. Wenn das Setup für die Abfahrt optimiert ist, dann ist das Fahrwerk mit einem Handgriff trotzdem für den Anstieg angepasst. Den Luftdruck in den Federelementen ändere ich nicht zwischen den einzelnen Stages. Lieber habe ich es ein bisschen unkomfortabler oder fahre die Stage mit einem etwas zu weichen Fahrwerk, als ständig den Druck anzupassen.

Die Geometrien moderner Downhill-Bikes werden flacher und flacher. Diesen Trend sehen wir mittlerweile auch im Enduro. Manche Hersteller verpassen ihren Rädern Lenkwinkel von 66° oder gar 65°. Wie stark wirkt sich die Geometrie auf die Abstimmung deiner Federelemente aus? 

In den letzten Jahren hat sich in Sachen Geometrie einiges getan. Das muss als Faktor beim Setup berücksichtigt werden. Wenn man beispielsweise einen 29er mit flachem Lenkwinkel entwickelt, muss man auch den Vorlauf der Gabel beachten. Das ist meiner Ansicht nach eine Thematik, bei der wir noch sehr viel testen müssen, weil sich die Geometrien verändern. Womöglich werden die Geometrien noch flacher, als sie es jetzt schon sind. Im Downhill war es jedenfalls so. Viele unserer Stages in Enduro-Rennen sind wie Downhill-Strecken – vielleicht nicht ganz so steil und ausgebombt, aber fast. Bis jetzt habe ich noch nicht so viel mit dem Vorlauf experimentiert. Das steht aber definitiv an.

Ist Vorlauf / Offset etwas, was du gerne während eines Rennens verändern würdest? 

Nein, und das sollte man auch nicht tun. Dazu sollte man sich die Off Season oder ein Setup-Camp nehmen. Mit einer solch drastischen Änderung direkt in ein Rennen zu gehen oder gar dort zu ändern, ist das Letzte, das ich tun wollte. Man muss natürlich Anpassungen an Rad und Fahrwerk vornehmen. Aber solch große Anpassungen wollen und müssen getestet werden, wenn man sich unangenehme Überraschungen ersparen möchte.

Letztes Jahr lag Justin in der Gesamtwertung der EWS lange Zeit vorne
# Letztes Jahr lag Justin in der Gesamtwertung der EWS lange Zeit vorne - dann machte ihm eine Schulterverletzung einen Strich durch die Rechnung.

Kürzlich haben wir uns über Geometrien unterhalten. Einige Unternehmen, beispielsweise Mondraker, bauen Räder mit sehr langen Oberrohren und einem Reach nahe oder gar über 500 Millimetern. Den Lenkwinkel haben sie etwas steiler gemacht, um den langen Radstand zu kompensieren. Glaubst du, dass sich die Geometrien in den kommenden Jahren wesentlich ändern werden? Wenn ja: Kann der Ottonormalbiker davon profitieren? Oder ist das für Rennfahrer und Freaks mit speziellen Vorlieben?

Ich denke, dass solch extreme Geometrien für den durchschnittlichen Biker nicht sinnvoll sind. Das ist etwas für Fahrer mit sehr spezifischen Ansprüchen. Sie machen dann Sinn, wenn jemand sehr genaue Vorstellungen von seinem Setup hat und dieses realisieren möchte. Der durchschnittliche Fahrer ist meiner Meinung nach mit einem „normalen“ Bike bestens versorgt. Wenn er noch verschiedene Vorbauten und Lenker probiert, wird er mit seinem Fahrrad glücklich. Einen Fahrer, der ein wirklich langes Rad mit entsprechender Fahrwerkabstimmung möchte, halte ich nicht für repräsentativ für einen Großteil der Biker.

Du warst 2014 bei der EWS in Whistler auf einem 140er Trek Remedy mit einer 150 mm-Gabel unterwegs – dein Rad durfte ich für einige Abfahrten entführen. Die meisten modernen Enduros haben allerdings etwas mehr Federweg. Wie wichtig ist es, viel Federweg zu haben? Ist weniger mehr, wenn die Dämpfung dafür besser ist?

Hier gilt: Qualität vor Quantität. Man braucht meist gar nicht so viel Federweg – eine solide Dämpfung ist wichtiger als mehr Federweg mit schlechter Dämpfung. Die Laufradgröße muss man ebenfalls berücksichtigen. Ein 29er kommt im Vergleich mit einem Rad, das mehr Federweg und kleinere Laufräder hat, mit weniger Federweg aus und nimmst das gröbste Gelände mit einem Plus an Traktion. Auch wenn ich am Heck nur 140 mm Federweg habe fühlt sich das nach etwas mehr, als tatsächlich da ist.

Auf manchen Kursen hätte ich schon gerne etwas mehr Reserven. Aber man muss jedes Rennen in das Gesamtbild einordnen. Es geht um die ganze Serie, nicht um einzelne Stages. Dadurch unterscheidet sich Enduro ebenfalls vom Downhill.

Ein balanciertes Fahrwerk ist für Justin eine wichtige Grundvoraussetzung
# Ein balanciertes Fahrwerk ist für Justin eine wichtige Grundvoraussetzung - deshalb sein Tipp: Zunächst den Sag vorne und hinten identisch einstellen, dann Druck- und Zugstufe variieren.

Wir testen gerade eine sehr interessante Hypothese: Kann ein weniger erfahrener Biker von besser Dämpfung profitieren? Oder würde es das Fahrwerk eher zu weich fahren, um den Federweg überhaupt nutzen zu können? Wenn man als Anfänger ein straffes Setup fährt, das die nötigen Reserven für’s Grobe bietet, wird man den Federweg gar nicht nutzen können, selbst wenn man den empfohlenen Sag wählt. Wir haben noch keine finalen Ergebnisse – was meinst du? 

Ich beobachte viele Fahrer, die neu in dieser Sportart sind, aber auch erfahrene Fahrer, die kein ausbalanciertes Fahrwerk haben. Manche fahren sogar die Gabel weicher als den Hinterbau. ich denke, mit einer solchen Abstimmung ist ein Rad viel schwieriger zu kontrollieren – was zu mehr Unfällen führt. Wenn all diese Fahrer die Federraten bzw. den Luftdruck so einstellen würden, dass der Sag vorne und hinten gleich ist, wäre ihnen schon sehr geholfen. Und das ohne Berücksichtigung von Druck- und Zugstufe. Selbst, wenn das Fahrwerk ein bisschen zu weich ist: Wenn Front und Heck ausbalanciert sind, dann hilft das den meisten Bikern. Das ist der Punkt, an dem man mit seiner Einstellung beginnen sollte.

Du fährst so viele verschiedene Etappen und kannst einfach ein Hebelchen betätigen, um dein Rad unterwegs anzupassen. Viele Unternehmen testen derzeit elektronische Systeme. Sollten ein Rad wie ein Formel 1-Wagen mit solchen komplexen Technologie ausgestattet sein? Oder ist es besser, wenn wir bei einer einfachen, rein mechanischen Hydraulikdämpfung bleiben?

„Man muss nur mal überlegen, mit welchem Selbstverständnis wir andere elektronischen Geräte nutzen. Ich denke, dass wir mit elektrifizierten Rädern keinesfalls schlechter fahren werden als mit heutigen Rädern.“

Mechanische Systeme haben den großen Vorteil, dass man sich keine Gedanken darüber machen muss, ob der Akku jetzt geladen ist oder nicht. Ich bin ein großer Fan von Einfachheit. Allerdings spricht auch vieles für den Einsatz von Elektronik. Bei der Schaltung fällt der Schaltzug weg, den viele Leute einfach zu selten tauschen. Wenn viel Wasser und Schmutz eindringen und die Schaltung nicht mehr richtig funktioniert, haben sie Leistungseinbußen.

Man muss nur mal überlegen, mit welchem Selbstverständnis wir andere elektronischen Geräte nutzen. Quasi jedermann trägt ein Smartphone mit sich herum, das über einen Akku mit Strom versorgt wird. Normalerweise lassen uns diese Geräte nicht im Stich – gelegentlich zwar schon, aber generell funktionieren sie sehr, sehr gut. An einem Fahrrad gibt es einen Haufen Teile, die den Geist aufgeben können. Ich denke, dass wir mit elektrifizierten Rädern keinesfalls schlechter fahren werden als mit heutigen Rädern.

Dann sehen wir bald eine Menge elektronische Schaltung in der EWS?

Mit Sicherheit!

Bald auch im Downhill und Enduro zu sehen?
# Bald auch im Downhill und Enduro zu sehen? - Justin ist der Meinung, dass elektronische Komponenten bald auch in den bergaborientierten Disziplinen regelmäßig zu sehen sein werden.

Welchen Punkt machen die meisten Fahrer beim Setup der Federelemente an ihrem Bike falsch?

Viele Konsumenten haben den Eindruck, ihr Fahrwerk sei nicht korrekt abgestimmt, wenn sie nicht den gesamten Federweg nutzen. Diese Wahrnehmung sollte sich ändern. Denn sonst bekommen wir weiterhin Federelemente von den Herstellern, die derart unterdämpft sind, dass auch ein Anfänger den gesamten Federweg nutzen kann. Wer jedoch schneller unterwegs ist, wird durch den Federweg rauschen.

Meiner Meinung nach sollte man sich nicht so viel Gedanken darüber machen, wie viel Federweg man nutzt. Oft habe ich bei meiner Gabel noch gut Federweg übrig – und das Setup passt dennoch. Denn genau dann habe ich noch die Reserven für einen dicken Einschlag. Ich kann den Lenker festhalten und habe noch das extra Quäntchen Druckstufe, das mich retten kann. Dessen sollte man sich bewusst sein.

Das kommt mir bekannt vor aus meiner Zeit im Radladen … Da kommen Leute in den Laden kommen und beschweren sich, weil sie nicht den gesamten Federweg nutzen.

Ja, ich habe sogar schon von Kunden gehört, die ihre Räder deshalb zurückgeben wollten. Sie meinen, es sei zu viel Federweg, wenn sie ihn nicht nutzen.

Wären diese Leute mit einem Rad mit weniger Federweg besser beraten?

Ich würde nicht das Rad wechseln, sondern am Fahrkönnen arbeiten. Wenn du ein Enduro kaufst und damit die Waldautobahn unsicher machst, dann würdest du wahrscheinlich auch mit einem CC-Bike zufrieden sein. Wenn du dagegen anspruchsvolles Terrain fährst und dann nicht deinen Federweg nutzt, solltest du eher an deinem Fahrkönnen schrauben.

Justin fuhr viele Jahre gemeinsam mit Jared Graves für Yeti
# Justin fuhr viele Jahre gemeinsam mit Jared Graves für Yeti - und ist sich sicher, dass sein Teamkollege enorm vom vielen Hardtail-Fahren im Fourcross profitierte.

Man sieht sie immer wieder, junge Nachwuchsfahrer, die mit 15 oder 16 Jahren den Einstieg ins Mountainbiken mit einem Downhill-Fahrrad machen. Sie fühlen sich damit unverwundbar und lassen sich gleich über große Sprünge raus, ohne weiter nachzudenken. Ganz ungefährlich ist das nicht. Hätte ich vor 20 Jahren auf meinem Hardtail mit Starrgabel nur versucht, solch einen Sprung anzufahren, hätte es mich vermutlich so durchgeschüttelt, dass ich nichtmal bis zum Absprung gekommen wäre … Meine Progression als Fahrer war sicher langsamer, aber ich glaube, dass ich davon profitiert habe.

Meine Mountainbike-Karriere begann auch auf einem Hardtail. So lernt man viele wichtige Basics und genau dieses Thema habe ich vor einigen Jahren mal mit Jared Graves diskutiert. Überleg mal: Man sah ihn beim Fourcross quasi nie auf einem Fully, selbst als anderen umsattelten.

Mit einem Hardtail lernt man genau, wohin man sein Körpergewicht verlagern sollte. Denn wenn du es falsch machst, wirft es dich einfach ab. Ein kleiner Fehler und das wars. Ein Downhill-Bike mit 200 mm rollt dagegen einfach drüber, auch wenn die Line wenig Sinn macht. Ich denke, dass viele Leute davon profitieren würden, erst mit einem Hardtail die Fahrfertigkeiten zu entwickeln, bevor sie ein Big Bike in die Hand nehmen.

Wir hatten über Schwalbe Procore gesprochen. Meinst du, dass ein solches System eine andere Fahrwerksabstimmung erfordert? Es kommt ja schließlich aus dem Motocross und die Fahrer nutzen es, um durch geringeren Luftdruck mehr Traktion zu generieren.

Man muss bedenken, dass diese Idee schon länger genutzt wird als viele denken. Nico Vouilloz hat es in Kooperation mit Michelin schon vor Jahren verwendet. Dieses System ist nur wieder – oder überhaupt – in das Rampenlicht gerückt. Es ist aber schwer zu sagen, wie es langfristig sein wird. Procore hat Vorteile, aber natürlich auch einen Gewichtsnachteil. Viele Leute in meinem Bekanntenkreis, die damit gefahren sind, waren sehr zufrieden. Ob es aber eine Sache für den Massenmarkt wird, bleibt nach wie vor abzuwarten.

Bezüglich der Felgen und Reifen wird sich in Zukunft bestimmt noch einiges tun. Derzeit gehen sie in die Breite. Jeder Hersteller holt sich ein Fatbike und die Plusgrößen ins Programm. Ich halte das ein Stück weit einfach für eine Modeerscheinung. Blicken wir einige Jahre zurück, als Tubeless neu war: Wie Pilze schossen Tubeless-Reifen aus dem Boden, aber keiner war für die härtere Gangart geeignet. Nun gibt es auch im Downhill immer mehr Tubeless-Systeme, auch ohne Procore.

Stand uns Rede und Antwort: Justin Leov
# Stand uns Rede und Antwort: Justin Leov

Vielen Dank für den Einblick! Jetzt gibt es keine Ausrede mehr, sich nicht richtig um sein Setup zu kümmern!

Hoffen wir es! (lacht) Wirklich jeder sollte sich wenigstens ein wenig mit der Thematik auseinandersetzen. Am Ende ist man damit nicht nur schneller und sicherer unterwegs, sondern fühlt sich einfach wohler und hat mehr Spaß beim Biken.

  1. benutzerbild

    beutelfuchs

    dabei seit 06/2012

    Es gibt genau ein richtiges Fahrwerkssetup: Dass, mit welchem du am schnellsten deine Abfahrt runter kommst. Und um das zu bestimmen, brauchst du weder Lineal, noch Manometer, sondern eine Stoppuhr. Alles andere ist BS für Leute mit überdimensionierten Bikes.

  2. benutzerbild

    Kadoffel

    dabei seit 02/2009

    Ist jetzt nicht böse gemeint, aber: hat irgendjemand, der mir geantwortet hat das Interview überhaupt gelesen? smilie

  3. benutzerbild

    LB Jörg

    dabei seit 12/2002

    Die Frage ist eher, wie du auf die Frage in deinem ersten Post kommst, wenn du das Interview gelesen hast smilie

    G.smilie

  4. benutzerbild

    q_FTS_p

    dabei seit 02/2011

    Nur stellt sich hier die Frage, ob die Gabel an den relativ großen Sag des Dämpfers anzupassen ist, oder der Dämpfer mit einem Gabel-typischen SAG gefahren werden sollte.

    Das hab ich mich beim Lesen auch gefragt. Nach dem was DH Profis für Fahrwerke fahren, würde ich eher von letzterem ausgehen. Und Leov meint mit Sicherheit den Sag, den er in Fahrposition auf der jeweiligen Strecke hat; also abhängig von der Steilheit der Strecke. Alles andere wär schmarrn.
    Is zwar ganz witzig zu diskutieren, bringen tuts aber gar nix. Selber rumprobieren ist das einzige, das etwas nützt. Wer das nicht tut und das Rad "vom Händler angepasst" fährt is selber schuld und verschenkt einen Haufen Performance.
  5. benutzerbild

    mot.2901

    dabei seit 06/2008

    Ich glaube auch kaum das man sich an den "Profi" Einstellungen orientieren sollte.
    Da fehlt den meisten von uns der Speed um dieses Setup zu benötigen smilie
    Den Sag habe ich vorne bei knapp 20% und hinten 28%.So fühlt es sich für mich harmonisch an.
    Bin die letzten Jahre eher mit gleichem Sag gefahren.Max. 25%.
    Nach dem Tutorial mal nach längerer Zeit wieder herum Experimentiert.
    Mit der jetzigen Einstellung bin ich schneller smilie

Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular:

Verpasse keine Neuheit – trag dich für den MTB-News-Newsletter ein!