Am Dienstag stand der erste Tag der Trans Madeira 2018 an – und es war ein mehr als würdiger Auftakt. Über 54 Kilometer wurden ganze 6 Stages gefahren, deren Untergrund von knochentrocken und staubig über geröllig oder loamig bis zu extrem rutschigen, nassen Wurzeln ging. Dazu gab es eine nicht zu knappe Portion epische Ausblicke als Sahnehäubchen obendrauf.
Nach einer sehr bequemen ersten Nacht in unserem direkt am Strand situierten Zeltlager ging es am ersten Tag für mich um 6:40 Uhr aus dem Bett und Richtung Frühstückszelt, direkt an der Strandpromenado des Küstenorts Manchico. Dort stand für die Rennfahrer/innen ein äußerst reichhaltiges Buffet mit Baked Beans (meinem Lieblingsfrühstück auf Rennen), Rührei, Porridge und jeder Menge Obst zur Verfügung. Anschließend ging es für die gesammelte, 100 Mann starke Truppe in Shuttle-Bussen los auf den Berg.
Stage 1
Die Auftakt-Stage ging nur wenige Minuten nach dem Start los. Da es die Nacht über leichten Regen gegeben hatte und wir vom Strand auf über 1500 hm gefahren wurden, sah man nicht wenige Fahrer (inklusive mir) mit Regenjacken aus den Bussen steigen. Oben grüßte uns jedoch die Sonne und der kurze Transfer-Trail zum Stage-Start war derart staubig, dass ich einige Lücke von einigen Metern zu meinem Kollegen Wolfang Eysholdt halten musste, um auch nur geringe Details vom Untergrund zu erkennen – so ganz habe ich das Wetter in Madeira noch nicht verstanden. Dieses scheint mindestens so wechselhaft wie das Terrain zu sein.
Die Stage sollte direkt die längste des Tages sein und begann mit einem kleinen Tretstück, bevor es über gebaute, jedoch mit Steinen und Löchern übersäte Anlieger ins benachbarte Tal ging. Bis unten blieb es extrem staubig und neben natürlich-flachen Kurven gab es auch den ein oder anderen mit Steinen gespickten Anlieger zu bewältigen. Ich konnte einen Fahrer überholen, der auch prompt Platz machte, ohne selbst von den hinter mir stehenden Top-Jungs überholt zu werden. Langsamere Fahrer auf der Strecke sollten meinem Begleiter Wolfgang und mir noch öfter begegnen, verhielten sich jedoch in allen Fällen äußerst vorbildlich. Zunächst war ich noch etwas steif und vorsichtig auf dem Rad – zu groß war die Angst, in ungewohntem Terrain und zusätzlichem Rennstress über den Lenker zu gehen und meinen lädierten Daumen vielleicht dauerhaft zu schädigen. Zudem bekamen wir den großen Höhenunterschied ganz ordentlich zu spüren – obwohl ich nie an meinem Limit unterwegs war und mir meine Kraft einteilte, hatte ich im Ziel einen ganz ordentlichen Blutgeschmack im Mund.
Stage 2
Direkt nach Stage 1 ging es in einen steilen Anstieg auf einer ruppigen Forstpiste, der jedoch nach zirka 15 Minuten in eine deutlich angenehmere, asphaltierte Straße mündete. Hier stellte sich heraus, dass ich nicht als Einziger mit der Höhe zu kämpfen hatte – bis zum Start der zweiten Stage begleitete uns ein munterer Chor aus Husten und Räuspern. Dennoch waren alle begeistert über den Start und mehr als gespannt auf den nächsten Teil. Dieser war das absolute Gegenteil von Stage 1: kurz, steil und extrem feucht und schmierig. Insbesondere im oberen Teil hatte ich so meine Probleme, war oft ausgeklickt und bekam wenig Druck aufs Vorderrad. Nach einigen mit Wurzeln übersäten Serpentinen ging es in ein langes glitschiges Steinfeld, in dem ich auf einen Vordermann aufrollte und eine etwas anspruchsvollere Linie nehmen musste – diese ließ den Knoten endlich platzen. Die untere Hälfte war etwas trockener, jedoch weiterhin technisch und erinnerte mich an meine Hometrails in Thüringen. Durch natürliche Rinnen schlängelte sie sich mit einer steilen Flussüberquerung durch den dichten Fichtenwald.
Stage 3
Wieder ging es auf einer gut asphaltierten Straße mit angenehmer Steigung nach oben. Wolfgang und ich fuhren immer ziemlich zügig weiter, um die Beine nicht zu kalt werden zu lassen und legten ein solides, aber nicht zu schnelles Tempo vor. Stage 3 hieß “Rat Boy” und dürfte dem ein oder anderen aus Josh Brycelands Vorstellungsvideo zum Santa Cruz Bronson bekannt sein. Mit 1,1 km war sie sehr kurz, ging jedoch in natürlichen Kurven durch den grandiosesten Nadelboden, der mir bis jetzt untergekommen ist. Zwischendurch gab es einige kleine Gaps und Drops zu bewältigen, die jedoch alle sehr gut gebaut waren und über Chickenways verfügten. Am Ende des Trails konnte ich das Grinsen kaum aus dem Gesicht bekommen – “Rat Boy” ist ein Platz unter meinen Top 5 Trails aller Zeiten sicher!
Stage 4
Nach einem natürlichen Uphill, der auch eine kleine Schiebepassage beinhaltete, stießen wir recht bald auf die vierte Stage des Tages: Ein natürlicher Ziegenpfad, der sich in unzähligen Kurven und mit zwei kurzen Gegenanstiegen durch das Unterholz schlängelte. Hier galt es, sich die Kraft einzuteilen und möglichst nicht an die sehr rutschige Grasnarbe zu stoßen. Einige Passagen waren ziemlich schnell und lang – um Kraft zu sparen, bremste ich hier sehr wenig und ließ das Rad einfach rollen. Das ging erstaunlich lange gut, bis dann eben doch mal eine sehr enge, verblockte Kurve folgte, was für den ein oder anderen panischen Überraschungsmoment sorgte. So wechselten sich schnelle, flowige Passagen mit einigen technische, äußerst steinigen Sektionen ab, die auch die ein oder andere interessante Linie forderten.
Nach der vierten Stage sollte eine kurze Mittagspause folgen, bei der man Getränke auffüllen konnte und einige Snacks serviert bekam. Zunächst galt es jedoch, eine nasse und unfassbar schmierige Fireroad ins Tal zu bewältigen. Wolfgang beendete hier beinahe sein Rennen, als er eine eigentlich harmlose Kurve mit etwas mehr Schwung nehmen wollte und ihm sofort beide Räder ausbrachen. Nachdem wir uns einige Levadas (portugiesische, gebaute Wasserrinnen) entlang geschlängelt hatten und einem epischen Dschungeltrail gefolgt waren, kamen wir tatsächlich am Stopp an. Obwohl wir uns noch fit fühlten, nutzten wir die Zeit um die Handys zu checken, unsere Wasservorräte aufzufüllen und uns den Bauch mit dem bereitgestellten Sandwich und einem riesigen Haufen verschiedenster lokaler Leckereien vollzuschlagen.
Stage 5
Nach dem Mittag folgte ein etwa 16 km langer Transfer auf einer lehmigen Forststraße, den wir gemeinsam mit Steve Peat, Josh Lewis und Josh Bryceland zurücklegten. Gegen Ende des Transfers konnten wir von einer offenen Stelle aus die folgende Stage 5 sehen: Hierbei handelte es sich um den aus der EWS 2017 bekannten, extrem epischen Trail entlang einer extrem hohen Klippe im Dschungel. Meine Befürchtungen, die drei Briten würden hinter mir starten, erwiesen sich als unbegründet. Nachdem sie ihren Vorstartern zirka 3 min Vorsprung gegeben hatten, starteten Ratboy und Peaty direkt hintereinander in den Trail, dicht gefolgt von Josh Lewis – so kann man so ein Rennen eben auch angehen! Stattdessen tauchten Jerome Clementz, Yoann Barelli und Ludo May hinter uns auf, weshalb wir uns beeilten, in die Pötte zu kommen. Die Stage startete in einem technisch nicht ganz einfachen Waldstück mit einigen extrem spaßigen Kurvenkombinationen, gefolgt von dem bekannten Grat, der aus Fahrerperspektive jedoch kaum wahrgenommen wurde. Stattdessen fegte man extrem schnell über spaßige Wellen durch den Wald – ein weiteres absolutes Highlight meiner bisherigen MTB-Laufbahn.
Im unteren Teil wurde der Trail schlagartig extrem steinig und schlängelte sich eher flach am Hang entlang. In einer besonders geraden und steinigen Sektion stand urplötzlich ein ganzer Haufen Zuschauer, die mich laut anfeuerten, was mich motivierte, die Finger doch etwas zu sehr von den Bremsen zu lassen. Dadurch war ich zwar schnell, traf jedoch auch so ziemlich jeden spitzen Stein, der auf dem Trail zu finden war – und das waren so einige. Es ist mir ein Rätsel, dass ich hier keinen Platten bekam.
Stage 6
Nach einem weiteren Transfer entlang der berühmten Levadas, von dem aus wir unser Camp am Meer schon beinahe sehen konnten, ging es eine weitere Asphaltstraße in der brennenden Sonne nach oben zur finalen Stage 6. Diese war wieder extrem trocken, staubig und voller loser Steine. Nach dem Start folgte sofort ein ziemlich unerwartetes Steilstück, bei dem ich ein weiteres Mal relativ unkontrolliert über spitze Steine holperte, gefolgt von losen Highspeed-Stücken und einem kleinen Anstieg. Am oberen Ende des Anstiegs befand sich ein großer Stein mit einer breiten Spalte in der Mitte. Ich probierte die direkte Linie und wollte drüber springen, verlor jedoch zu viel Geschwindigkeit, hakte mit dem Vorderrad in der Spalte ein und ging langsam über den Lenker. Der Sturz war nicht weiter schlimm, allerdings dauerte es mit dem vielen lose, scharfkantigen Gestein ungewöhnlich lange, wieder aufs Rad zu kommen. Der Rest der Stage verlief recht solide – so ganz mein Gelände war dies jedoch nicht. Auch wenn sie technisch auf wirklich hohem Niveau war, ohne zu gefährlich zu sein, war dies wohl die einzige Stage des Tages, die nicht in meinen Liste der Lieblingstrails aufgenommen wird.
Obwohl wir zwischendurch schon in Sichtweite zu unserem Camp waren, endete die Stage im Nachbartal, weshalb ein finaler Anstieg in der mittlerweile brütenden Sonne anstand. Zum Glück fanden wir auf dem Weg ein kleines Cafe, das bereits von einigen Rennfahrer bevölkert war, in dem Wolfgang und ich uns erstmal eine Cola und ein kühles Bier gönnten. Damit war der finale Transfer nicht mehr ganz so schlimm und wir rollten bereits um kurz nach 16 Uhr wieder am Strand ein.
Fazit – Trans Madeira Tag 1
5 der 6 Stages des ersten Tags der Trans Madeira 2018 stehen nun auf meiner Liste der besten Trails, die ich je gefahren bin. Wenn das die nächsten 4 Tage so weiter geht, werde ich meine Liste erweitern oder überdenken müssen. Neben tollen Trails bot der Tag auch angenehme Transfers mit teils epischer Aussicht – noch nie habe ich so oft beim Fahren mein Handy aus der Hosentasche geholt, um ein Bild zu machen. Aktuell liegt Wolfi auf Platz 10 und ich auf dem 16. Rang – keine schlechte Quote für den ersten Tag. Ein Highlight übrigens am Abend: Die Polizei im Camp, weil 20 Fahrer durch einen Autobahntunnel fuhren, um den letzten Anstieg zu umgehen…
Ergebnisse – Trans Madeira Tag 1
result_category_18Hier findet ihr alle Artikel zur Trans Madeira 2018:
- Gregor in Gefahr bei der Trans Madeira 2018: 10 Tipps für Mehrtages-Endurorennen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 5: Einer geht noch – dann ist aber gut!
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 4 – Schwere Beine und große Gaps
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 3 – mein neuer Lieblingstrail ist …
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 2 – feuchter Wurzel-Terror und Madeira-Massagen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 1 – epische Ausblicke und grandiose Stages
- Trans Madeira 2018: Gregor in Gefahr – Liveberichte aus Madeira
- Trans Madeira 2018: 5 Tage Traumtrails auf der grünen Insel
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