Der schnelle Enduro-Rennfahrer und Focus-Ingenieur Fabian Scholz berichtet live für uns vom dreitägigen Rennen Kingdom Enduro in Lesotho. Vor dem Rennbeginn hat er gemeinsam mit Max Schumann und Ludo May einige der Stages unter die Stollen genommen und dabei feststellen müssen, dass es ein Enduro-Rennen mitten im Nirgendwo ganz schön in sich haben kann …
Tag 1 – Kingdom Enduro Lesotho: Die Ankunft mitten im Nirgendwo
Eigentlich dachte ich, dass die Trans Costa Rica vor 2 Jahren schon ein krasses Abenteuer war. Doch weit gefehlt: Das Kingdom Enduro scheint nochmal eine ordentliche Portion drauf zu packen, so viel kann ich schon mal verraten …
Das Kingdom Enduro ist ein Dreitagesrennen, das in Lesotho, einer Enklave in Südafrika, stattfindet. Wir sind drei Tage früher angereist, um uns an das Gelände zu gewöhnen und schon mal einen Vorgeschmack zu bekommen. Von unserem Freund und Organisator René Damseaux werden wir am Flughafen abgeholt und müssen erst mal eine Tankstelle mit Diesel finden. In Lesotho ist Diesel nicht sehr gängig und so brauchen wir über 2 Stunden, bis wir eine Tankstelle finden, bei der Diesel verfügbar ist. Den Rest des Tages bauen wir unsere Zelte auf und machen uns mit der Lodge vertraut.
Am nächsten Tag geht es endlich mit dem Fahrrad fahren los und wir werden zur ersten Stage geshuttelt. Wir, das sind: Max Schumann, Ludo May, Chris Johnston und ich. Zu den meisten Stages kommt man zwar ein gutes Stück mit dem Shuttle, aber bis zum eigentlichen Start gelangt man nur, indem man das Rad schultert und so die steilen Berge erklimmt. Pedalieren ist unmöglich, da es entweder keinen Weg gibt – und wenn doch ist der so steil, dass kein Kettenblatt der Welt klein genug wäre. Das hatte bei meinem Training natürlich nicht bedacht … Besser wäre es gewesen, wenn ich das Rad über die Schulter mit aufs Laufband genommen hätte!
Die erste Stage, die wir überhaupt fahren, nennt sich Pressure Cooker. Der Name kommt nicht von ungefähr: gleich am Start geht es über eine fiese abfallende Felsplatte, die einer Basejumping-Plattform gleicht. Chicken Line? Fehlanzeige! Kurz nach der Felsplatte geht es in einen neu angelegten Trail. Alles ist noch super frisch und entsprechend weich, sodass mein Vorderrad beinahe beschließt, sich die Kurve noch etwas länger anzusehen. Nach dieser kurzen Schrecksekunde flowt der Trail weiter, um kurze Zeit später extrem steinig und schroff zu werden. So schlängelt sich die Stage etwa 10 Minuten lang ins Tal. Das Ziel ist in einem kleinen Dorf, wo wir unsere Wasserflaschen auffüllen können. Die 3 Liter-Trinkblase und die Flasche sind randvoll gefüllt. Die nächsten 90 Minuten kämpfen wir uns tragend, schiebend und manchmal auch fahrend der nächsten Stage entgegen. Den Weg muss man sich per GPS selbst suchen, nur vereinzelt ist er markiert. Im Zweifel heißt es aber: wo ist der höchste Gipfel? Dort muss die Stage starten!
Der Ausblick ist atemberaubend. Die zweite Stage an diesem Tag hat es wieder in sich. Der start ist noch recht flowig, kurze Zeit später stehen wir aber vor einem 20 Meter breiten Steinfeld: freie Linienwahl! Man kann zwischen losen Steinen mit 10 bis 20 cm Durchmesser entscheiden – meist schön rund wie Murmeln. Langsam wird uns klar, dass das kein Kindergeburtstag ist. Die Stages sind extrem fordernd und man muss sich ganz schön zurückhalten, um nicht zu crashen oder den Weg zu verfehlen.
In jedem noch so kleinen Dorf werden wir von Kindern belagert, die unsere Bikes fahren möchten. Lesotho gehört zu den ärmsten Ländern der Welt – da bekommt man fast schon ein schlechtes Gewissen, mit seinem 7.000 € teuren Enduro-Bike durch die Dörfer zu rollen. Daher können wir den Kids natürlich auch keinen Wunsch abschlagen. Kekse sollte man auf jeden Fall immer dabei haben.
Auch die beiden Stages, die wir am zweiten Tag fahren, gehen direkt zornig zur Sache. Felsig, steil, ausgesetzt und mitten im Nirgendwo. Hoch kommt man natürlich nur mit der Harald Philipp-Tragetechnik – oder wer hat’s erfunden? Hatten wir am ersten Trainingstag noch gewitzelt, dass man maximal 80 % Rennspeed fahren kann, korrigieren wir unser Prognose lieber auf 60 %. Das mag jetzt alles ganz schön dramatisch klingen, ist es aber auch! Pro Tag stehen 4 bis 5 Stages auf dem Plan, gepaart mit den schon beschriebenen Hike a Bike-Sektionen. Alle trails haben Passagen, die man sich zuvor gerne in Ruhe anschaut und eigentlich mitten im Nirgendwo lieber gar nicht fahren möchte. Wir sind gespannt, wie viele der 70 Starter letztlich durchkommen und ob wir das selbst durchziehen können. Die Devise lautet definitiv: In der Ruhe liegt die Kraft – denn die kommenden 3 Tage werden heiß, anstrengend und voller Herausforderungen!
Fabian Scholz berichtet live für uns vom Kingdom Enduro, einem dreitägigen Etappenrennen in Lesotho. Die weiteren Berichte des Focus-Ingenieurs findet ihr hier:
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro: Rennvorbereitung – wie werde ich möglichst fit?
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 1: Die Ankunft mitten im Nirgendwo
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 2: Hagel, Hacken, Heiterkeit
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 3: How slow can you go?
- Fabian Scholz beim Kingdom Enduro – Tag 4: Rien ne va plus – oder so ähnlich
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