Fast sieben Wochen sind seit dem letzten Enduro World Series-Rennen in Madeira vergangen. So viel Zeit war für mich auch nötig, um meinen in Madeira erlittenen Bruch am Mittelhandknochen zu heilen. Nach vier Wochen Gips kann ich knapp drei Wochen vor dem Rennen in Canazei das erste Mal wieder aufs Mountainbike. Jeder Tag auf dem Bike geht etwas besser, doch als Rennvorbereitung muss ich mich mit lediglich einer Woche Abfahrtsspaß im Bikepark begnügen.
Caro bereitet sich mit dem DH-Rennen beim Crankworx in Innsbruck auf die zwei folgenden sehr abfahrtslastigen EWS-Rennen vor. Dabei fährt sie mit dem 4. Rang inmitten der aktuellen Downhill-Podiumsfahrerinnen ein Hammer-Resultat heraus. Einfach geil! Beim Erfahren dieses Resultats tun auch mir die Hände bei der nächsten Abfahrt im Park gar nicht mehr so weh.
Anreise und Training
Gerade zum Anfang der Hitzewelle packen wir unseren Van bis zum Dach voll und brechen mit sage und schreibe acht Mountainbikes, Gepäck für drei Personen plus jegliches Ersatzmaterial nach Canazei auf. Als Roadtrip-Entertainer mit dabei ist Noga Korem. Die Hitze in unserem schwarzen Bus ist schon ziemlich lästig, doch wir sind voller Vorfreude auf ein Wiedersehen mit den Dolomiten und unseren Racing-Freunden. Statt uns über die Hitze zu ärgern, trällern wir beim Radio mit. Canazei ist uns altbekannt, dank der Superenduro-Rennen, die dort bereits abgehalten wurden. Und sogar in der Gelateria die wir als erstes ansteuern kennt man uns noch, eventuell wurde hier immer viel Gelato konsumiert.
Der Auftakt in Canazei startet mit einem Paukenschlag – Dopingsperre für Martin Maes! Die Neuigkeiten treffen uns, denn die Odyssee mit seiner Verletzung am Bein haben wir direkt miterlebt, da wir an diesem Wochenende mit GT im Haus wohnen konnten. Eine harte Lektion für unseren Sport und für Martin.
Auch wenn das Rennen in Canazei an nur einem Tag abgehalten wird, ist das Training auf zwei Tage aufgeteilt. Am Donnerstag stehen vier Abfahrten an, am Freitag nur eine, dafür die längste Abfahrt des Wochenendes. Ins Training starten wir mit einer regelrechten Crew, unsere Freundin und DH-Rakete Carina Cappellari, unser Coach Arno Galmarini und Mechaniker Jey – alle mit dabei auf den Stages. Die Trainingstage gestalten sich stressfrei und die Tracks, die wir vorfinden, gefallen uns super. Von schnell, alpin, steinig, losem Waldboden, Wurzeln und engen Spitzkehren finden wir alles vor. Wenn aber etwas hervorsticht, dann sind es zahlreiche Highlines, die es zu erwischen gilt.
Rennen
Ich muss zugeben: Ich bin mal wieder etwas aufgeregt. Zwar hat mich meine Hand im Training nicht groß beeinflusst, doch im Renntempo einfach draufzuhalten ist halt etwas anderes. Dennoch freue ich mich sehr, wieder am Start zu stehen.
Los geht es mit Voltron, einer über 700 Höhenmeter vernichtenden Stage, auf der es rasant zur Sache geht. Die zweitlängste Abfahrt des Wochenendes heizt ganz schön ein; viele Tretstücke, loser Kies und schnelle Bikeparkpassagen. Im Ziel angekommen ist jeder schon das erste Mal am Überhitzen. Bei mir schießen nicht nur die Schweißperlen aus den Poren, sondern auch etwas Wut. Eigentlich habe ich eine ganz vernünftige Fahrt hingelegt, doch bei einer irreführenden Passage die schlecht abgesteckt war, gelange ich auf die falsche Seite des Tapes, statt einfach durchzuschießen wie ein paar andere Konkurrentinnen springe ich vom Bike und schiebe die paar Meter wieder hoch, um am richtigen Ort wieder auf die Strecke zu gelangen. Schade, aber ist nun mal passiert.
Der Anstieg zur zweiten Abfahrtsetappe ist zwar nicht sehr lang, dafür steil und in der prallen Hitze bei rund 35 Grad Celsius. Dafür ist die Stage weitgehend im Schatten des Waldes, ein regelrechter Wurzelpumptrack, bei dem es viel zu pushen und treten gibt, moosige Stücke wechseln sich mit Wurzelteppichen ab. Die Abfahrt ist zwar kurz, doch haut einem ganz schön den Puls ins Dach.
Weiter geht es mit einem Transfer am Fluss entlang, Ines und ich können es uns nicht verkneifen, uns im kühlen Nass zu erfrischen und stecken denn Kopf ins Wasser, was für eine Wohltat.
Titans, Stage 3, ist komplett neu in den Wald geschlagen, es wechseln sich Steilabfahrten und flowige Waldstücke ab. Der untere Teil führt über die Skipiste, wobei der kiesige Untergrund sehr rutschig ist und es sich wie auf Murmeln fährt. Dennoch Highfive – Die Abfahrt bereitet mir und Caro richtig Spaß. Die erste Hälfte des Rennens ist geschafft und wir haben eine kurze Pause in den Pits, bei der es zum Glück nichts zu flicken gibt. Der Transfer zur nächsten Abfahrt wird wiederum größtenteils mit der Bergbahn zurückgelegt, immerhin 200 Höhenmeter müssen noch auf der stark befahrenen Passstraße tretend zurückgelegt werden.
Wie die Italiener auf den Namen der Stage vier, Glühwein, gekommen sind, kann ich mir nur durch die Luftleere im Kopf und wegen der vielen kleinen, aber schmerzhaften Gegenanstiege erklären. In der Stage überhole ich Ines, was für ein Ärger, denn bis dahin liegt sie auf Podiumskurs, der Plattfuß wirft sie leider arg zurück im Klassement.
Die längste Abfahrt und Queen-Stage müssen wir uns mit einem steilen Anstieg über die Skipiste erst erkämpfen, es kneift schon ganz schön in den Waden.
Doch oben angekommen ist es Ehrensache, sich erstmals um die sich noch im Delirium befindende Ines zu kümmern, damit sie mit genügend Luft im Reifen für die 1000 Tiefenmeter und 6,55 Kilometer umfassende Abfahrt Tutti Frutti gerüstet ist. Am Start herrscht ein grandioses Panorama auf die Dolomiten und die erste Gerade führt über einen exponierten Grat in den Wald, ziemlich episch. Sich auf der langen Abfahrt gut zu pacen ist echt schwierig, doch es gelingt mir ganz gut, auch wenn ich Mühe habe, mich auf den schnellen Geraden am Lenker zu halten. Über die Skipiste bretternd knacken wir locker die 60 km/h-Marke.
Just als die schnellste Passage vorüber ist, lege ich mich in einer Kurve in den Kies, doch nichts passiert und ich springe schnell wieder aufs Bike. Der letzte Abschnitt führt uns rasant über die Gassen von Canazei, nach 15 Minuten Geballer bin ich froh und zufrieden die Ziellinie zu überqueren. Mit meinem 9. Rang muss ich mich nach der Verletzung zufrieden geben, immerhin konnte ich im Verlauf des Rennens noch ein paar Plätze gut machen. Caro holt ebenfalls im zweiten Rennteil auf, muss sich jedoch mit Rang 16 begnügen.
Schon dieses Wochenende steht das nächste EWS Rennen in Les Orres Frankreich an. Wir freuen uns auf eine nächste Chance.
Danke an unser Hammer-Team in Canazei: Mechaniker Jey, Coach Arno und Papi Karl.
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