Forbidden Dreadnought V2 im Test: Mit der neusten Iterationsstufe des als Schlachtschiff bezeichneten Enduro-Bikes aus dem Hause Forbidden Bikes findet der moderne Viergelenker-Hinterbau mit „auf dem Kopf stehenden“ Horst-Link nun auch seinen Weg vom Trail Bike Druid in das sagenumwobene – Downhill World Cup-erprobte – Enduro Bike der Kanadier. Wir haben es für euch getestet!
Video: Forbidden Dreadnought V2 im Test
Steckbrief: Forbidden Dreadnought V2
Einsatzbereich | Enduro |
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Federweg | 170 mm/160 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 16,6 kg |
Rahmengrößen | S1, S2, S3, S4 (im Test: S4) |
Website | www.forbiddenbike.com |
Preisspanne | 4.399 Euro - 10.999 Euro |
Für Fans der kleinen, feinen Bikeschmiede aus dem kanadischen Trailparadies Cumberland war es sicherlich eine Geduldsprobe: Denn nach Überarbeitung des Trail-Bikes Druid (Forbidden Druid V2 im ersten Test) sowie der Neuerscheinung des DH-Boliden Supernought war es nur eine Frage der Zeit, wann das Dreadnought sein Update vom Eingelenker auf Viergelenker mit umgedrehtem Horst-Link (Hauptlager oben, Dämpferanlenkung unten) bekommt. Zum überarbeiteten Hinterbaukonzept gesellt sich eine frische, kantigere Formensprache, die man bereits vom Druid V2 kennt. Dazu gibt es jetzt austauschbare Ausfallenden, die es erlauben, die Kettenstrebenlänge anzupassen oder in den Mullet-Modus zu wechseln.
Ziel bei der Weiterentwicklung des High-Pivot Enduro-Bikes war eine weiter verbesserte Gewichtsverteilung, welche dank proportional mitwachsenden Kettenstreben für alle Rahmengrößen das gleiche Fahrgefühl generieren soll. Zudem will der High-Pivot-Bolide samt hauseigener „V2 Trifecta Suspension Kinematic“ und der etwas weniger nach hinten wandernden Raderhebungskurve sowie optimiertem Anti-Rise-Wert mehr Pop, mehr Gegenhalt und vor allem mehr Grip erzeugen. Für Freunde des agilen Hinterteils gibt es ab Werk die Option, das Dreadnought V2 direkt als Mullet-Bike zu ordern. Aber auch Unentschlossenen wird es leicht gemacht, denn die 29er oder MX-Ausfallenden können nachbestellt werden.
Das Forbidden Dreadnought V2 ist in zwei Farbvarianten erhältlich – Bloody Sabbath (benannt nach gleichnamigem Album von Black Sabbath) sowie im Farbschema Fatty T (benannt nach einem lokalen Bier). Wer jetzt Blut bzw. Hopfen geleckt hat und sich solch einen exotischen Boliden ranzünden möchte, der fängt bei 4.399 Euro für ein Rahmenkit inkl. RockShox Vivid-Dämpfer, MRP-Kettenführung, zweierlei Ausfallenden, Burgtec-Achse und UDH-Schaltauge an. Komplettbikes liegen zwischen 7.899 und 10.999 Euro (UVP).
Im Detail
Die lang erwartete Überarbeitung des Forbidden Dreadnought soll die Geschwindigkeit und Stabilität des Supernought DH-Bikes mit der Agilität und dem Pop des Druid V2 kombinieren. Im Vergleich zum Vorgänger hat es für diesen Job ebenfalls etwas mehr Federweg verpasst bekommen – 160 mm am Heck sind es jetzt – also immerhin 6 mm mehr als sein Vorgänger.
Der schon aus dem Druid V2 bekannte, umgekehrte Viergelenker-Hinterbau samt High-Virtual-Pivot-Ansatz wurde nun also auch auf das Enduro-Bike adaptiert. Ziel dieser Anpassung war es, die Ballereigenschaften des ursprünglichen Dreadnought-Modells beizubehalten und gleichzeitig das Bremsverhalten, den Gegenhalt im mittleren Federwegsbereich (den sog. Midstroke-Support) genau wie das Verhalten im Grenzbereich des Federwegs zu optimieren.
Zudem wurde die nach hinten ausgerichtete Achslaufbahn etwas reduziert. Während der Hinterbau des Dreadnought V1 ca. 30 mm Strecke zurücklegt und dabei an keinem Punkt kehrt macht, so beläuft sich die Kettenstrebenlängung beim V2-Modell auf nur noch ca. 26 mm, die bei rund 135 mm Federweg wieder in die entgegengesetzte Richtung umlenken.
Die Abkehr vom abgestützten Eingelenker-Hinterbau inkludiert auch eine Reduzierung des Anti-Rise-Wertes (wie stark der Dämpfer beim Bremsen einfedert). Dieser beginnt jetzt bei immer noch hohen 135 % und fällt im Federwegsverlauf auf niedrige 40 % ab (im Vergleich: Das V1-Modell landete bei etwas mehr als 100 % Anti-Rise). Dahinter steckt der Ansatz, dass ein relativ hoher Anti-Rise-Wert dazu beiträgt, dass das Chassis bzw. der Rahmen beim Bremsen flacher und damit stabiler bleibt und die Neigung nach vorn zu kippen reduziert wird.
Dagegen hat sich der Leverage-Ratio (Übersetzungsverhältnis des Dämpfers) des Dreadnought V2 nicht ganz so drastisch verändert. Das High Pivot-Bike ist insgesamt immer noch recht progressiv und geht bei einem Übersetzungsverhältnis von etwas mehr als 3:1 auf etwa 2,28:1 in einer überwiegend geraden Linie. Genau wie beim V1-Dreadnought wird das V2 am Ende des Federwegs etwas progressiver, wobei dieser Effekt nun etwas entschärft wurde.
Der Anti-Squat (dieser bestimmt, wie stark die über die Pedale übertragene Kraft die Federung beeinflusst) liegt bei rund 138 % (bei 30 % SAG), was einen relativ hohen Wert für ein High-Pivot-Bike darstellt. Ebenfalls kann man Gemeinsamkeiten zum Supernought ableiten (Forbidden Supernought: Im World Cup entwickelt, jetzt im Handel). Der Anti-Squat und Anti-Rise-Wert fallen zwar etwas extremer aus und das DH-Bike ist grundsätzlich noch progressiver, dennoch erkennt man klare Parallelen zwischen beiden Bikes, die man darüber hinaus in der Geometrie wiederfindet. Da liegt es auf der Hand, dass das auf mindestens 170 mm an der Front ausgelegte Enduro Bike auch offiziell mit einer Doppelbrückengabel gefahren werden darf.
From the helm of the Dreadnought, you see no obstacles, only opportunities. Fear Nothing.
Forbidden Bikes
Abgesehen von all der nerdigen Kinematik-Theorie verfügt das Dreadnought V2 über einen Tool-Mount an der Unterseite des Oberrohrs, dazu gibt es wie bei Druid V2 einen per Drehknopf gesicherten Kofferraum auf der Unterseite des Unterrohrs.
Änderungen des Laufradkonzepts können über modulare Ausfallenden erreicht werden. Mithilfe dieser Ausfallenden können die Kettenstrebenlänge um +10 mm oder -10 mm beim Mullet-Aufbau, und ausschließlich +10 mm beim 29er-Aufbau angepasst werden. Im Full-29-Aufbau bleibt die Digitalwaage bei rund 16,6 kg stehen.
Des Weiteren unterscheidet sich das Schlachtschiff in seinen Rahmendetails kaum vom Druid. Die Schalt- und Bremsleitungen werden weiterhin ohne einlaminierte Röhrchen im Rahmen geführt und per Schraub-Klemmung am Ein- bzw. Ausgang fixiert.
Geometrie
Laut der Forbiddschen Größenphilosophie soll jeder, der die Bikes aus Cumberland fährt, unabhängig von seiner Größe oder Statur ein ähnliches Fahrverhalten erleben können. Bezeichnet wird das Ganze als „One-Ride-Theorie“, mit der Gewichtsbalance als Kernpunkt des Konzepts. Der Begriff „Gewichtsbalance“ bezieht sich dabei auf das Verhältnis zwischen „Rear-Center“ und „Front-Center“ und der daraus resultierenden Position des Schwerpunkts des Fahrers zwischen den Kontaktpunkten beider Reifen mit dem Boden.
Dabei ist die Gewichtsverteilung auf den einzelnen Reifen ausschlaggebend für den am Ende generierten Grip des Bikes. Entscheidend für die Umsetzung dieser Theorie sind proportional mitwachsende Kettenstreben, genauer gesagt das sogenannte Rear-Center. Beim Dreadnought V2 heißt das in Zahlen: Kettenstrebenlängen von 431 mm in Größe S1 bis zu rekordverdächtigen 475 mm in Größe S4 – was noch mal 11 mm mehr sind als beim 2021 vorgestellten Forbidden Dreadnought V1. Dank der modularen Ausfallenden können die Kettenstreben jeweils noch einmal um +10 mm beim 29er-Aufbau oder um +10 oder -10 mm beim Mullet-Aufbau angepasst werden.
Wie bereits angesprochen liegt das Dreadnought V2 nah an seinem DH-Bruder Supernought und wird in den gleichen vier Größen (S1 bis S4) angeboten. Der Reach beginnt bei 435 mm für das S1 bewegt sich in 20-mm-Schritten bis auf 495 mm beim S4. Der Lenkwinkel beträgt im 29er-Modus flache 63,5°. Der effektive Sitzrohrwinkel verändert sich je nach Rahmengröße, so entstehen Unterschiede von bis zu 3°, was für kleine und große Pilotinnen und Piloten von Vorteil sein soll. Hierbei wird unter anderem der unterschiedlichen Sattelauszugslänge Sorge getragen.
Wer lieber auf die MX-Laufradkonfiguration setzt, reduziert seinen Lenkwinkel auf flache 63,1°, dabei nimmt auch der Reach um vier oder fünf Millimeter ab und das Tretlager sinkt um 6 mm auf 341 mm.
Forbidden Dreadnought V2 29
Rahmengröße | S1 | S2 | S3 | S4 |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 435 mm | 455 mm | 475 mm | 495 mm |
Stack | 615 mm | 628 mm | 642 mm | 655 mm |
STR | 1,41 | 1,38 | 1,35 | 1,32 |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 77,5° | 77,5° | 77,5° | 77,5° |
Sitzwinkel, real | 74,5° | 76,3° | 77,5° | 77,5° |
Oberrohr (horiz.) | 571 mm | 594 mm | 617 mm | 640 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 105 mm | 120 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 400 mm | 420 mm | 440 mm | 470 mm |
Überstandshöhe | 771 mm | 775 mm | 777 mm | 780 mm |
Kettenstreben | 431 mm | 446 mm | 460 mm | 475 mm |
Radstand | 1.206,5 mm | 1.247,7 mm | 1.288,9 mm | 1.330,1 mm |
Tretlagerabsenkung | 26 mm | 26 mm | 26 mm | 26 mm |
Tretlagerhöhe | 347 mm | 347 mm | 347 mm | 347 mm |
Einbauhöhe Gabel | 586 mm | 586 mm | 586 mm | 586 mm |
Gabel-Offset | 42 mm | 42 mm | 42 mm | 42 mm |
Federweg (hinten) | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Federweg (vorn) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Forbidden Dreadnought V2 MX
Rahmengröße | S1 | S2 | S3 | S4 |
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Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 430 mm | 450 mm | 471 mm | 491 mm |
Stack | 618 mm | 632 mm | 645 mm | 659 mm |
STR | 1,44 | 1,40 | 1,37 | 1,34 |
Lenkwinkel | 63,1° | 63,1° | 63,1° | 63,1° |
Sitzwinkel, effektiv | 77,1° | 77,1° | 77,1° | 77,1° |
Sitzwinkel, real | 74,1° | 75,8° | 77,1° | 77,1° |
Oberrohr (horiz.) | 572 mm | 595 mm | 618 mm | 641 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 105 mm | 120 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 400 mm | 420 mm | 440 mm | 470 mm |
Überstandshöhe | 771 mm | 775 mm | 777 mm | 780 mm |
Kettenstreben | 431 mm | 446 mm | 460 mm | 475 mm |
Radstand | 1.206,5 mm | 1.247,6 mm | 1.288,8 mm | 1.330 mm |
Tretlagerabsenkung | 19,6 mm | 19,6 mm | 19,6 mm | -19,6 mm |
Tretlagerhöhe | 341 mm | 341 mm | 341 mm | 341 mm |
Einbauhöhe Gabel | 561 mm | 561 mm | 561 mm | 561 mm |
Gabel-Offset | 42 mm | 42 mm | 42 mm | 42 mm |
Federweg (hinten) | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Federweg (vorn) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Ausstattung
Das von uns getestete Forbidden Dreadnought V2 traf in der High-End-Ausstattung als X0 RS U Spezifikation ein, welches mit stolzem Preis, aber auch stolzer Ausstattungsliste glänzt. Die verbauten Komponenten wurde demnach aus der oberen Schublade gezogen: RockShox ZEB und Vivid Ultimate sorgen zuverlässig für ungetrübtes Hub-Vergnügen. Knackiges Schalten und Verzögern läuft per SRAM X0 Transmission und SRAM Maven Ultimate. Gerollt wird auf Crankbrothers Synthesis Carbon-Laufrädern.
Gepaart werden die edlen Kohlenstoff-Felgenringe mit schwarzem Gold aus dem Hause Maxxis. Es kommt die klassische Mischung von Assegai und DHR2 zum Einsatz, ebenfalls mit der beliebten Kombo aus MaxxGrip / Exo+ vorn und MaxxTerra DoubleDown hinten. Solide, auch wenn wir uns ebenfalls eine DD-Karkasse an der Front gewünscht hätten. Vor allem in Bezug auf das Einsatzgebiet und das theoretische Potenzial des Enduro-Boliden. Abgerundet wird das Ganze mit einem schicken Cockpit von Burgtec inklusive des Ride Wide Carbonlenkers. Die OneUp-Vario Sattelstütze kommt in unserer getesteten Rahmengröße S4 mit lediglich 210 mm Hub statt möglicher 240 mm. Ein kleiner Minuspunkt bei einer angestrebten Käufergruppe mit 1,88 bis 1,98 m Körpergröße.
- Federgabel RockShox Zeb Ultimate (170 mm)
- Dämpfer RockShox Vivid Air (160 mm)
- Antrieb SRAM X0 Transmission
- Bremsen SRAM Maven Ultimate (200 / 200 mm)
- Laufräder Crank Brothers Synthesis 11 Carbon
- Reifen Maxxis Assegai Maxxgrip Exo+ / Maxxis DHR2 MaxxTerra DD
- Cockpit Burgtec Ride Wide Carbon (800 mm) / Burgtec MK3 (42,5 mm)
- Sattelstütze OneUp V3 (210 mm)
Forbidden Dreadnought V2 X0 RockShox Ultimate | Forbidden Dreadnought V2 GX RockShox Select Plus | Forbidden Dreadnought V2 GX RockShox Select | |
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Federgabel | RockShox Zeb Ultimate, 170 mm | RockShox Zeb Select+, 170 mm | RockShox Zeb Select, 170 mm |
Dämpfer | RockShox Vivid Ultimate | RockShox Vivid Select+ | RockShox Vivid Select |
Schaltung | SRAM X0 Eagle AXS Transmission | SRAM GX Eagle AXS Transmission | SRAM GX Eagle AXS Transmission |
Lenker | Handle Bar Burgtec Ride Wide Enduro Carbon | Burgtec Ride Wide Enduro Alloy // Ride High Alloy | Forbidden, Alloy |
Bremsen | SRAM Maven Ultimate | SRAM Maven Silver | SRAM Maven Bronze |
Bremsscheiben | SRAM HS2, 200/200 mm | SRAM HS2, 200/200 mm | SRAM Centerline, 200/200 mm |
Sattelstütze | OneUp Dropper | OneUp Dropper | OneUp Dropper |
Laufräder | Crankbrothers Synthesis 11 Carbon, 29 od. MX | Crankbrothers Synthesis Enduro Alloy, 29 od. MX | Crankbrothers Synthesis Enduro Alloy, 29 od. MX |
Reifen, vorn | Front Tire Maxxis Assegai - 3C MaxxGrip - EXO+ | Front Tire Maxxis Assegai - 3C MaxxGrip - EXO+ | Front Tire Maxxis Assegai - 3C MaxxGrip - EXO+ |
Reifen, hinten | Maxxis DHRII - 3C MaxxTerra - Double Down | Maxxis DHRII - 3C MaxxTerra - Double Down | Maxxis DHRII - 3C MaxxTerra - Double Down |
Preis (UVP) | 10.099 € | 9.099 € | 7.899 € |
Auf dem Trail
Ob ein Enduro Bike wie das Dreadnought V2, welches für maximale Abfahrts-Performance stehen soll, auch im Uphill eine gute Figur abgibt? Diese Frage stellt sich vor allem, wenn man den zusätzlichen Idler oberhalb und die extra Umlenkrolle unterhalb des Kettenblatts betrachtet. Auf kleineren Runden – die nötige Ketten- und Umlenkrollen-Pflege vorausgesetzt – merke ich nur wenig vom extra „Drag“, auch wenn die Geräuschkulisse in den zwei leichtesten Gängen unter Last mehr suggeriert. Auf großen Enduro-Runden, die sich irgendwo in Richtung 1.500 bis 1.650 Höhenmeter mit rund 40 km bewegen, sieht es schon etwas anders aus. Hier habe ich zum letzten Drittel der Tour doch etwas mehr zu „kämpfen“, um mit meinen 20 kg leichteren und leider auch fitteren Kompagnons mitzuhalten.
Aus diesem Grund – entgegen der offiziellen Ansage von SRAM und inspiriert von Fotos, auf denen bspw. Werx-Fahrer Rhys Verner das Gleiche veranstaltet – demontiere ich nach einigen Runden die untere Rolle der Kettenführung, was in der Theorie für etwas weniger Reibung im System sorgen sollte. Hierfür muss ich auch die Kette kürzen, um eine ausreichende Kettenspannung zu erreichen. Resultat: subjektiv scheint es sich etwas angenehmer zu treten und auch die Geräuschkulisse, primär im leicht schmutzigen Zustand, nimmt ab. Kettenverluste kann ich auf den Hometrails keine verbuchen, auch die Schaltperformance bewegt sich durchweg im grünen Bereich. Im Bikeparkbetrieb sieht das etwas anders aus, hier stehen zwei abgesprungene Ketten zu Buche, verteilt auf insgesamt fünf Tage Vollgas-Modus.
Die Positionierung im Bike ist hervorragend. Ich würde sogar behaupten, dass ich auf keinem anderen Enduro-Bike so komfortabel sitze. Hier spielen natürlich eigene Präferenzen eine große Rolle – doch der hohe Stack, kombiniert mit einem steilen Sitzwinkel und dem eher kurzen Reach für meine 1,94 m, bringen mich in eine aufrechte und angenehme Sitzposition. Der Dämpfer kann getrost offen bleiben, denn Wippen ist beim Dreadnought V2 kein Thema. Auch technische Uphills meistert man souverän, dank viel Traktion und einer sehr zentralen Position im Bike.
Für mich als eher verspielten Fahrer stellt sich noch vor dem Test die Frage, ob man solch ein Bike überhaupt noch anständig im Wheelie fahren kann. Die Antwort lautet: Ja, kann man, jedoch braucht es etwas mehr Kraft und Schwung, um das vordere Rahmendreieck nach oben zu bewegen. Manuals (soweit ich das beurteilen kann) sind dagegen eine echte Mission und für mich nur mit viel Übung möglich.
Auch wenn man sich auf seinen Hometrails die Abfahrten meist selbst verdienen muss, so steht der Fokus dieses Ballerboliden vorrangig auf Bergab-Spaß. Hier ist das Dreadnought V2 in seinem Element und verspricht interstellare Bestzeiten im Strava-Kosmos. Zuvor muss man sich jedoch erst einmal eingrooven auf das wirklich lange Gefährt – denn in Größe S4 kommt das Dreadnought V2 auf wahnwitzige 490 mm Kettenstreben bei 30 % SAG; voll eingefedert sprechen wir von ganzen 500 mm. An diese Werte kommen nicht mal aktuelle DH-Bikes (außer natürlich das hauseigene Supernought), was sich deutlich im Fahrverhalten niederschlägt.
Das Enduro-Schlachtschiff vergönnt mir sofort ein Gefühl von endlosem Grip am Vorderrad. Durch die sehr zentrale Position im Bike bekommt der Begriff „Balanced“ eine ganz neue Bedeutung für mich. Diese zusätzliche Traktion wird auch beim Verzögern mit den starken Maven-Bremsen deutlich. Denn an kaum einem anderen Gefährt kann ich die enorme Bremskraft so gut nutzen wie am Forbidden. Dieser Umstand macht es möglich, später zu bremsen und länger schnell zu sein. Brems- und Einlenkpunkte müssen neu gelegt werden; steilste Abschnitte werden deutlich entspannter genommen. Damit ist die Kontrolle und das Sicherheitsgefühl auf schnellen und steilen Trails verblüffend hoch.
Auf Basis meiner Wheelie-Erfahrungen wäre nun zu erwarten, dass es schwerer fällt, über Hindernisse auf dem Trail zu hüpfen oder an Kanten abzuziehen. Entwarnung, das ist nicht der Fall. Denn der Hinterbau bietet so viel Gegenhalt, dass entspanntes Surfen über Hindernisse oder Wellen leicht von der Hand geht und man nicht das Gefühl hat, ein Schlachtschiff zu manövrieren.
Bei all den Lobtiraden bringt die schiere Länge und die damit erzeugte Stabilität auch gewisse Nachteile mit sich. Denn ein Bike, welches rund 1.345 mm Radstand (im SAG) aufweist, findet sehr enge Kehren und verwinkelte Trail-Abschnitte nur teilweise amüsant. Es muss schlichtweg etwas mehr Kraft und Körpereinsatz gezeigt werden, um das Dreadnought V2 im Geschlängel auf Trab zu halten. Die langen Kettenstreben wollen am liebsten wie auf Schienen um die Kurve brettern, spontane Richtungswechsel müssen bestimmter eingeleitet werden. Will nicht heißen, dass es unmöglich ist oder keinen Spaß macht, mit dem Dreadnought wild durch Kurven zu wetzen, ganz im Gegenteil, es bedarf einfach mehr Kraft und das spürt man nach einem langen Tag im Sattel.
Wer ohnehin viel im Bikepark unterwegs ist oder eher schnelle und ruppige Strecken als seine Hometrails bezeichnen darf, für den geht das Konzept des Ballerboliden aus Cumberland erst so richtig auf. Denn die altbekannte Überlegung, ob man sich nicht doch ein Downhill-Bike anschafft, um es an einer Handvoll Tagen im Bikepark zu bewegen, wird mit dem Dreadnought V2 gänzlich überflüssig. Selbst mit den verbauten 170 mm der RockShox ZEB muss man sich keine Gedanken über wildeste Segmente oder Steinfelder machen.
Der Hinterbau und die abfahrtslastige Geometrie zeigen hier fast keine Grenzen auf. Nach Verbau der optionalen Doppelbrückengabel sollte auch jeder Vollzeit-Bikepark-Shredder ganz und gar auf seine Kosten kommen. Wer vielmehr auf der Suche nach einem potenten kanadischen High-Pivot-Bike für lange Trailtouren ist, dem sei das Forbidden Druid V2 empfohlen.
Im Vergleich
Vergleicht man das Dreadnought V2 mit seinem Vorgänger, auf dem ich viele Kilometer und Höhenmeter auf Hometrails sowie im Bikepark abgespult habe, so überzeugt mich das Update für den Hinterbau genauso, wie es schon beim Druid V2 der Fall war. Mehr Gegenhalt und ein etwas lebendigeres Gefühl sind das Resultat. Durch die nochmals angewachsenen Kettenstreben (+11 mm, statisch) steht man noch zentraler im Bike und hat im Vergleich zum Vorgänger mehr Grip an der Front. Der Hinterbau des V2 verhält sich neutraler beim Bremsen, wobei ich schon beim V1 keine wirklichen Probleme mit dem Bremsstempel-Effekt hatte.
Wenn man das Dreadnought V2 in Größe S4 einem ausgewachsenen Santa Cruz Megatower V2 in Rahmengröße XL gegenüberstellt, hat man auf dem Papier zwei sehr potente Enduro Bikes mit fast identischem Federweg und Geometrie. Einzig bei der Kettenstrebenlänge (folgerichtig auch dem Radstand) unterscheiden sich die beiden Bikes enorm. Ganze 31 mm – um genau zu sein – trennen das Dreadnought und das Mega (in Low-Position), ohne dabei die zusätzlichen rund 15 mm Kettenstrebenlänge im SAG einzubeziehen.
Dadurch werden Handling und Fahrgefühl stark beeinflusst. Man könnte behaupten, dass das Megatower schon als echtes Ballergerät bezeichnet werden darf, welches viel Grip generiert und satt auf dem Trail liegt. Steigt man im direkten Wechsel auf das Dreadnought, benötigt man erst einmal ein paar Abfahrten, um das gebotene Potenzial überhaupt nutzen zu können und Einlenk- und Bremspunkte zu treffen. Springt man wieder zurück vom High-Pivot-Aggregat aufs VPP-Geschoss, wirkt das ballerige 170/165 mm Enduro Bike aus Kalifornien plötzlich äußerst agil und wendig. Was klar aufzeigt, dass Agilität und Wendigkeit nicht als Kernkompetenz des kanadischen Schlachtschiffes bezeichnet werden kann. Vielmehr kann es als Gripmonster und Vertrauens-Booster auf wildesten Strecken vermarktet werden.
Das ist uns aufgefallen
- Wachsende Kettenstreben Das Dreadnought V2 ist durch seine langen und weiter anwachsenden Kettenstreben ein Extrem-Beispiel in Sachen HP-Bikes. Neben den beschriebenen Vorteilen wie Grip, Balance und Vertrauen gibt es auch Nachteile. Denn Agilität und Verspieltheit in Größe S4 – mit 490 mm Kettenstrebenlänge bei 30 % SAG – sind wie zu erwarten etwas eingeschränkt.
- Sitzposition Für mich ergibt sich aus einem relativ kurzen Reach (S4 = 495 mm), kombiniert mit einer hohen Front und steilem Sitzwinkel, eine aufrechte und ergonomische Position im Uphill. Wohl die beste, die ich bisher erfahren durfte.
- Gewichtsverteilung Durch die sehr langen Kettenstreben unserer Testbikes wird man äußerst zentral zwischen beiden Reifen positioniert. Das bringt nicht nur ein hervorragendes „im Bike“-Gefühl, es sorgt zudem auch für maximalen Grip an der Front.
- Fahrtechnik anpassen Die als extrem zu bezeichnende Geometrie fordert eine Anpassung des Fahrstils. Bremspunkte, Einlenkpunkte und vor allem das Timing beim Abziehen müssen neu kalibriert werden.
- Mehr Grip Ich werde nicht müde, es zu erwähnen. Das Griplevel, das durch die Position im Bike aufgebaut wird, ist erstaunlich hoch.
- Agilität vs. Vollgas-Ballerei Wer ein sehr verspieltes und maximal lebendiges Bike sucht, der wird bessere Optionen am Markt finden. Das Dreadnought V2 mag Vollgas.
- Reibung und Geräusche Ein klein wenig mehr Widerstand würde ich dem Idler und der zusätzlichen Spannrolle attestieren. Allzu groß ist der Unterschied im Uphill jedoch nicht.
- Untere Rolle entfernen Auch wenn SRAM mir hier wohl nicht zustimmen mag, so ist es natürlich möglich sein, das Bike ohne untere Rolle der Kettenführung zu bewegen. Ergebnis: subjektiv etwas angenehmer zu treten, die Geräuschkulisse – primär im leicht schmutzigen Zustand – nimmt ab. Kettenverluste können keine verbucht werden und die Schaltperformance bewegt sich im grünen Bereich.
- Wartung Mehr Umlenkrollen, mehr Wartung – nun ja, pflegen sollte man seinen Antrieb ohnehin regelmäßig. Damit ergibt sich für mich nur wenig Mehraufwand. Der verbaute Stahl-Idler beim V2-Modell hält auch deutlich länger als das alte Alu-Pendant.
Ob das Forbidden Dreadnought V2 das krasseste Enduro Bike am Markt ist – vielleicht. Sicher ist jedenfalls, dass ich noch nie so viel Grip und damit verbundenes Selbstvertrauen auf steilen und anspruchsvollen Segmenten verspürt habe wie mit dem Dreadnought V2. Der Preis für diesen Komfort geht etwas zulasten der Agilität, welche jedoch grundsätzlich mit mehr Körpereinsatz kompensiert werden kann. Das Dreadnought V2 stellt eine gelungene Weiterentwicklung des Vorgängermodells dar, auch wenn es durch seine extra langen Kettenstreben eher zu den extremen Enduro-Bikes auf dem Markt zählt. Freunde des Vollgas-Modus kommen bei diesem High-Pivot-Bike voll auf ihre Kosten.
Pro / Contra
Pro
- Geometrie verleiht viel Selbstvertrauen
- hohes Grip-Level
- angenehme Sitzposition
Contra
- nicht das agilste und wendigste Bike
- relativ hohe Geräuschkulisse in leichten Gängen unter Last
Preisvergleich
Was sagt ihr zum Dreadnought V2, wäre das Konzept etwas für euch?
Testablauf
Getestet wurde das Forbidden Dreadnought V2 vornehmlich auf Hometrails rund um Darmstadt, der Pfalz und dem Feldberg im Taunus. Dazu hatte ich die Chance, dem High-Pivot-Bike im Bikepark Lac Blanc auf den Zahn zu fühlen. Damit ist alles dabei von flowig bis steinig-technisch sowie high-speed und langsam, eng und verblockt. Auch kleine wie große Jumplines wurden unter die Räder genommen.
Hier haben wir das Forbidden Dreadnought V2 getestet
- Odenwald: Hier findet man alles, was Spaß macht, auf zwei Rädern. Flowige Kurventrails, kleine und große Sprünge, steile technische Abfahrten. Dabei bewegt man sich oftmals auf sandigem Boden mit einem hohen Anteil von Nadelwald.
- Taunus: Technischer und vor allem nach dem Regen mit mehr Anspruch gewürzt. Vorwiegend natürliche Trails, die mit viel Loam überzeugen können. Dazu gesellen sich massenhaft Wurzeln, die einem das Leben auch mal etwas schwerer machen können.
- Pfalz: Natürliche wie auch gebaute Trails. Alles von flowig, schnell, technisch und auch gern mal steil. Dazu natürliche Felsformationen, die auch mal an Trails in Kanada erinnern können.
- Lac Blanc Bikepark: Alles von geschwungenen Flowlines mit vielen Anliegerkurven und kleineren Sprüngen, hin zu satten Freeride- und Downhillstrecken. Der Bikepark Lac Blanc bietet hierbei alles, was das Gravity-Herz begehrt. Auch Fans von Wurzeln und Steinen kommen auf ihre Kosten, genauso wie Freunde der gepflegten Luftzeit.
- Fahrstil
- verspielt, strammes Grundtempo, lieber eine Kurve mehr als Straightline
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Jumps und auch gern mal Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- etwas straffer, so wenig Dämpfung wie möglich, soviel viel Zugstufe wie nötig, ausreichend Pop
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausreichender Reach, mittellange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
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