Fotostory

Das bewährte Format der Veranstaltung wurde – zu Recht – beibehalten: Nach einem Massenstart an Missionsstationen Aufgaben erfüllen, an Stempelpunkten vorbei navigieren und auf diesem Weg eine Region kennen lernen. Neu in diesem Jahr: Strecken und Missionen!

Beim Massenstart stehen wir mit mehr Fahrern denn je auf dem 3040 m hohen Gaislachkogel. Trotz kalter Nacht wärmt uns die Morgensonne, nur ein paar Wolkenfetzen sorgen für Abwechslung beim Blick in die Tiroler Gletscherwelt. An einen echten Le Mans-Start ist, auch wenn ein paar Stunden später im französischen Le Mans tatsächlich das 24 h Rennen beginnt, mangels Platz kaum zu denken. Also eben ohne: Die Lawinensprengladung gibt das Startsignal und 470 Bikerinnen und Biker drängen sich durch den Startbogen. Auch wenn wir uns vorgenommen haben, es ruhig anzugehen: Die Anwesenheit hunderter anderer Mountainbiker motiviert dann doch, die Bremsen zu öffnen und in den Rennmodus zu wechseln. Nach einigen hundert Höhenmetern hat sich das Feld etwas gelichtet, doch jeder Biker in Reichweite lädt dazu ein, die nächste Kurve noch etwas später anzubremsen und sich schön in die Insideline zu drücken. Ein paar Kurven später drücke ich mich so richtig schön rein, vergrabe das Vorderrad im losen Geröll und verlasse das Rad durch den Vordereingang. Noch in meiner Abrollbewegung greife ich nach dem Rad, entweder weil ich keine Zeit verlieren will, oder aber (wahrscheinlicher) weil ich Angst habe, im nächsten Moment von 450 ähnlich motivierten Zweiradfahrern überrollt zu werden.

Ab hier gilt: Piano, wir sind hier doch bei der Jagd, und nicht auf der Flucht. Unsere Taktik dieses Jahr lautet: Keinen Trail auslassen und durch geschicktes Timing dem Verkehr aus dem Weg gehen. Deshalb biegen wir direkt auf die Teäre Line ein und machen uns im Anschluss erstmal an den einzigen längeren Anstieg. Mit frischen Beinen pedalieren wir mutterseelenallein hinauf zur Stollwiesalm. Wenn wir nicht durch die Startnummern daran erinnert würden, könnten wir gut vergessen, gerade an einem Rennen teilzunehmen. Oder an überhaupt einer Veranstaltung. Tatsächlich erreichen wir die Scott-Station als erstes Team und blicken über das Tal zurück auf den Gaislachkogel, wo wir vor einer Stunde gestartet sind. Es folgt feiner Singletrail und schließlich viel Gegenverkehr: Wer die Checkpoints in anderer Reihenfolge angeht, kommt uns jetzt entgegen…

Dann: Ab in die Bergbahn. Auch während wir in der Bergbahn sitzen, läuft die Uhr weiter, ein sonderbares Gefühl: Man sitzt da, macht Höhenmeter, und kommt seinen Wettbewerbern weder näher noch entfernt man sich. Also die Zeit in der Gondel gut nutzen: Riegel essen (leider kein Schnitzel in Reichweite) und schon mal die weitere Route planen. Die Endura-Missionsstation fand sich dieses Jahr wieder an der Leiterbergalm, aber: Danny MacAskill-mäßig über den Tisch gehen ist passé, jetzt heißt es: Trackstand üben. 10 Sekunden reichen für den Stempel im Schitzelpass, doch wer am längsten stehen bleibt, kann einen zusätzlichen Preis gewinnen. Also stehen bleiben… oder? Niemand erfährt, welche Zeit die aktuelle Bestmarke darstellt und nach einer Minute wird uns klar: Das könnte lange dauern! Und es hilft dem Ziel einer schnellen Gesamtzeit wenig, deshalb fahren wir weiter. Am Abend stellt sich heraus: Die richtige Entscheidung. Der Bestwert liegt bei 45 Minuten. Da stand also jemand eine Dreiviertelstunde im Trackstand bei Endura – das ist Sport! Man muss sich mal überlegen: Die Sonne brennt vom Himmel, 30 Teams kommen ohne und gehen mit Stempel, und einer: steht einfach da und kriegt Durst und einen roten Nacken.

Wir genießen die Singletrails, die in diesem Bereich der Republik natürlicher und abwechslungsreicher sind, und erleben an der Talstation der Giggijochbahn die Rennsituation der anderen Art: Da wir nicht wieder mit der Gondel bergauf wollen, müssen wir den Seilbahnkomplex verlassen. Die nach oben fahrende Rolltreppe bergab zu nehmen erscheint uns zu riskant, das Treppenhaus ist gesperrt, und vor dem Aufzug steht schon eine Schlange von 10 Radlern… im Ernst? Wir halten die Warterei nicht aus, fahren 10 große Runden durchs stockdunkle Parkhaus; nicht schneller aber: Hauptsache in Bewegung!

Nächste Runde Gondel, gefolgt von schönsten Trails hinüber zur Rettenbachalm. Die Jungs von Conti beweisen Humor: Der extra-steilen Rampe kurz vor der Station entsprechend außer Atem haut die Aufgabe „Blasen und Spritzen!“ richtig rein: Einer sucht in seiner Lunge nach Atem um den Luftballon aufzupusten, der andere hält mit der Spritzpistole drauf. Kurz darauf stehen wir fast 700 hm höher am Letherman-Stand und belegen Brötchen mit luftgetrockneter Wurst. Die eigentliche Herausforderung stellt aber das zeiteffiziente Essen der Brötchen dar! Damit bleibt für uns noch das neue Aushängeschild der Bike Republic Sölden: Die Ollweite Line vom Seekogel hinab. Die ersten Kilometer können wir genießen, danach kämpfen wir mit der schwindenden Fitness, dem Wurstgeschmack im Mund und dem vielen Verkehr auf der Strecke. Fest steht: Die Ollweite sollte man fahren, wenn man Zeit für Pausen hat, denn nur dann kann man sie adäquat aktiv angreifen.

Wir fetzen runter Richtung Ziel, drücken uns über die ebenfalls neuen Sprünge und die größte Steilkurve des gesamten Ötztals und werden von Holger Meyer im Pumptrack-Bereich empfangen. Als Pressevertreter starten wir in einer eigenen Klasse, doch die wahren Gewinner des Abenteuers Schnitzeljagd sind ohnehin nicht die mit der schnellsten Zeit: Das goldene Riesenschnitzel geht nämlich an das Team mit der Mittelzeit, also diejenigen, die genau auf der Hälfte zwischen dem schnellsten und dem langsamsten Team die Ziellinie überquert haben.

Nach einem Erfrischungsgetränk im Ziel nehmen wir wieder die Bergbahn und hangeln uns auf Trails hinüber zur Gampe Thaya. Der Kaiserschmarrn ist der wohl beste der Region und kommt auch in einer Pfanne passend für 8 Personen. Als wir ein Stunde nach Liftschluss wieder im Train Richtung Tal unterwegs sind, kommt uns ein Biker zu Fuß entgegen: Er hatte den Checkpunkt verpasst und war jetzt unterwegs um den fehlenden Stempel zu holen. Spätestens damit, knapp sieben Stunden seit Start auf dem Gaislachkogel, steht fest: Ein Rennen ist das hier nur für die Wenigsten – die Meisten jagen Stempel und finden in der Kombination aus Trails, Missionen und Kulinarik das passende Abenteuer…
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Wie fandest du die diesjährige Ausgabe der Schnitzeljagd? Und welches ist dein Lieblingsbericht der bisherigen Schnitzeljagden?
Die Berichte der vorherigen Schnitzeljagd-Events
- Beziehungsprobe: Im Team auf Singletrail Schnitzeljagd durch Sölden
- Schnitzeljagd Sölden 2015: Der Komödie bester Teil [Rennbericht]
- Singletrail Schnitzeljagd Sölden 2016: Wider den Ernst des Rennens
- 9 Gewinner-Typen von der Singletrail Schnitzeljagd Sölden 2017
- Ist eine Jagd ein Rennen?: Jagdbericht Schnitzeljagd Sölden 2018
79 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumNochmals - ich hab vorher schon geschrieben, dass mir egal ist wenn mich wer überholt weil er besser ist als ich.
Und nein, wenns eine Ebike-Kategorie gäbe würde es mich nicht stören, wenn mich einer mit dem Ebike überholt. Weil er nicht zusammen mit mir gewertet wird.
Siehst du, dann ist doch alles super


Wir liegen da schon auf einer Wellenlänge; glaub mir.
Das Problem liegt ja nicht am eBike, sondern im Gehirn des Piloten
Nächstes Jahr bekommst du kein graues Haar mehr dazu; zumindest nicht von der Schnitzeljagd
Sascha
Sacha, das ist Blödsinn.
Natürlich ist es ein Rennen. Deshalb gibt es Startschuss, startnummern, Zeitnahme und Preisverleihung mit Pokale für die Erstplatzierten. Muss es jeder ernst nehmen? - Nein. Wir sind auch mehr wegen dem Spaß dabei. Messen will man sich aber doch trotzdem. Vielleicht nicht ständig, aber mal einen Trail hinab oder zur Stallwiesalm hoch. Letzter im Ziel oder DNF will man auch nicht sein.
Wenn du ein cooles, familiäres, stressfreies Event ohne Renncharakter willst, dann passt die Schnitzeljagd nicht ganz für mich. Cool und familiär schon, aber doch auch Rennen (zumindest light). Du beschreibst für mich eher ein Testival wo ohne Zeitnahme zusammen gefahren, gequatscht und gefeiert wird.
Wie du von der Abneigung gegenüber der E-Bike-Teilnehmer auf Neid kommst verstehe ich nicht. Es geht einfach darum, dass es nicht fair ist mit einem E-Bike anzutreten, wenn es keine eigene Wertung dafür gibt. Sich während dem "Rennen" mal kurz messen ist bergauf auch schwierig und auch mal demotivierend wenn es bergauf geht. Mit unterschiedlichen Antriebskonzepten (Mensch-Maschine) klappt das nicht. Da fühlt man sich um etwas beschissen. Das hat nix mit Neid zu tun. Neid ist eine Empfindung bei der einem anderen ein Besitz oder Erfolg nicht gegönnt wird. Ich gönne den E-bikern Ihre Bikes.
Ich wollte das mit den E-MTBs in meinem ersten Post nicht breit treten. Finde aber, dass ein E-Antrieb im MTB genauso wie am Rennrad nix verloren hat. E-Bikes finde ich grundsätzlich sinnvoll für Leute welche z.B. ins Büro oder zum Einkaufen (als Autoersatz) fahren, aufgrund Kräfteverfall nicht mehr richtig Fahrrad fahren können oder ihre Kinder in Anhängern durch die Gegend ziehen müssen. Aber an einem Sportgerät hat das für mich nix verloren. Nicht generell wegen der Leute die draufsitzen, sondern weil es hier wieder einige schwarze Schafe gibt welche dann mit dem Teil wie mit einer Motocrossmaschine durch den Wald heizen und dabei die Trails deutlich stärker beschädigen als normale Biker. Andere die aus Unvermögen plötzlich an Stellen kommen welche sie seither mangels Kondition und Fahrtechnik nicht erreichen konnten und dann verunfallen oder in andere Naturgenieser umfahren. Z.B. gefährden Sie andere Biker indem Sie plötzlich Trails hochschießen an welchen einem kein normaler Biker entgegenkommt oder zumindest nicht mit solch einer Geschwindigkeit.
Die Folge wird sein, dass immer mehr Gebiete das befahren mit dem MTB verbieten. Wegen der stärker geschädigten Böden und weil noch mehr Radler in dem Gebiet gibt und es dadurch zu mehr Konflikten mit den anderen Nutzern kommt. Das ist meine persönliche Meinung. Andere mögen es anders sehen. Die Zukunft wird es zeigen.
Für die Schnitzeljagd hoffe ich, dass das Event sich so gut weiterentwickelt wie seither. Falls notwendig auch mit E-Bikes, dann aber mit eigener Wertung.
war 1x in Sölden, sieht mich so schnell nicht wieder. die ganze Gegend ist dermaßen zerstört/kultiviert dass es einen schaudert. damals war heiß/staubig und die halbe zeit habns von einem Tankwagen so ne Art Gülle auf die skipisten gedonnert....
die trails sind mMn auch eher kacke und viel zu breit. das thema "jeder kann fahren" führt dann dazu dass du Leute mit citybikes auf der teäre line hast. ob man das will? ich persönlich nicht, da fahr ich lieber weiter nach Nauders.
Klasse antwort!
Wir waren das zweitplatzierte männerteam. Meine strecke ist ebenfalls auf strava einzusehen! Zu meinem vermeintlichem e bike: Slash 9.9...
Und wer es immer noch anzweifelt...ich wohne nicht weit weg von sölden, ich freue mich über gesellschaft, die mit mir die runde nachfährt
Grüße daniel
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