Es ist Herbst, es ist matschig – Zeit, um das Biken in der nasskalten Jahreszeit mal näher zu beleuchten! Dafür holen wir gerne nochmal einen lesenswerten Artikel aus einem der letzten Herbstzeiten hervor – das kleine 1×1 des Matschfahrens: Während auf den Berghütten schon wieder die Öfen eingeheizt werden, bereitet sich der gemeine Mountainbiker auf die kalte Jahreszeit vor. Wir haben mal näher beleuchtet, was das Mountainbiken im Herbst und Winter ausmacht und wie man sich und sein Rad am besten dafür ausrüstet.
Dieser Artikel ist ursprünglich am 24. Oktober 2019 erschienen.
Durchweichte Erde, aufgenommen vom Profil des Reifens und verteilt durch die Zentrifugalkraft, gebremst von Rad, Textilien und Haut. Matsch ist des einen Freud, des anderen Leid und charakteristisch für Rad-Ausflüge in Herbst und Winter. Während die rutschigen Böden für manche zur Herausforderung werden, zeigen andere Danny Hart-Gene und fahren wie entfesselt. Wir haben diese spezielle Jahreszeit analysiert und Tipps gesammelt.
Warum polarisiert die Nebensaison aber so stark? Fangen wir mit den Nachteilen des Schlechtwetterfahrens an: Es wird nass, es wird kalt, deswegen packt man sich in dicke, wasserdichte Kleidung ein und schwitzt wie nach einem Regenschauer im 35° heißen, sommerlichen Wald. Ideal ist das für die Gesundheit nicht – durchgeschwitzt erkältet es sich besonders schnell. Nicht nur die Klamotten kleben an der Haut, auch die durchgeweichte Erde findet zielsicher den Weg ins Gesicht und alle freien Hautpartien sowie die Bekleidung. Nach dem Fahren kann die Ausrüstung eigentlich ohne Umweg in die Waschmaschine und die Dusche wird temporär braun gefärbt. Das Rad freut sich nach jedem noch so kurzen Ausflug auf eine umfangreiche Reinigung, Lager, Kette und Fahrwerks-Komponenten wollen zudem sehr regelmäßige Pflege. Auch für die Trails ist die nasse Jahreszeit nicht ideal, für den Fahrer kann es ebenso gefährlich werden, schließlich ist es ein gutes Stück rutschiger.
Spricht dann eigentlich überhaupt etwas fürs Radeln im Herbst, abseits von befestigten Wegen?
Subjektiv betrachtet: Ja! Der Eiertanz macht extrem viel Spaß. Objektiv betrachtet? Bewegung ist gut für Körper, Geist und Immunsystem, im Herbst und Winter muss man nur etwas andere Vorkehrungen treffen. Für Fahrradfahrer im Speziellen, ist Matsch eine sehr gute Schule für die Fahrtechnik – hier trennt sich nicht nur die Spreu vom Weizen, vieles was man erlernt, lässt sich in sichereres oder schnelleres Fahren bei trockenen Bedingungen umsetzen. Wie lassen sich die verbleibenden Nachteile ausmerzen oder zumindest so relativieren, dass man die Vorteile auskosten kann?
Der Kopf fährt mit.
Der erste und wichtigste Tipp: Zwingen sollte man sich nicht zum Radfahren in Herbst und Winter. Auch wenn wir grundsätzlich der Meinung sind, dass man es immer mal wieder probieren sollte, selbst im Dreck zu spielen – wer keinen Spaß dran hat, sollte das einfach akzeptieren und den Winter lieber mit alternativen Beschäftigungen verbringen. Ohne positive Einstellung kann es schnell gefährlich werden: Auf rutschigen Trails ist Entschlossenheit, Konzentration und Selbstbewusstsein gefragt – schlechte Laune und fehlende Motivation sieht man nicht nur an fallenden Mundwinkeln, sondern auch an der Körpersprache, bzw. fehlender Körperspannung. Genau damit tut man weder sich, seinem Rad, noch den Trails etwas Gutes.
Auf der anderen Seite heißt es mehr denn je: Bescheiden bleiben. Nur weil man den steilen Trail gerade runter gekommen ist, ohne den Fuß vom Pedal zu nehmen, ist man nicht gleich Danny Hart. Zwar sind die Geschwindigkeiten meist niedriger, aber Fehler werden unbarmherzig bestraft und man kommt bei hoher Risikobereitschaft öfter mal unter die Räder. Übermut sollte man möglichst abstellen und mit gesundem Menschenverstand unterwegs sein.
Deine Trails hassen dich.
Selbst extrem breite Reifen hinterlassen in durchweichten Böden Spuren, Stollen-Reifen tragen den Untergrund ein Stück mit sich – die Trails werden beansprucht. Diese stärkere Beanspruchung ist mit das wichtigste Gegenargument gegen das Matschfahren und lässt sich nur schwer relativieren. Hier kann man nur klar sagen: Vernünftig mit unserem kostbarsten Gut umgehen! Dazu gehört allem voran eine Selektion: Welche Trails vertragen nasse Bedingungen gut, welche schlecht, welche garnicht? Dementsprechend sollte man sein Ego in der nassen Jahreszeit in die Ecke stellen und manche Wege im Herbst einfach links liegen lassen. Die fahrbaren Trails kann man im Rahmen der Legalität natürlich fit machen: Drainagen von Dreck-Ansammlungen befreien, sicherstellen, dass Wasser ablaufen kann und sich nicht sammelt.
Damit deine Trails und die anderen Fahrer, mit denen du sie teilst, dich nicht hassen, solltest so wenige Spuren wie möglich hinterlassen, Schäden die du anrichtest wieder beheben und die Wegpflege (im legalen Rahmen) natürlich nicht vernachlässigen.
Dein Rad hasst dich.
Wie deine Trails, wird auch dein Rad etwas leiden. Aber – wer über seine Matsch-Liebe Bescheid weiß, kann bereits beim Kauf einige ungünstige Merkmale vermeiden. Natürlich lässt sich aber auch jedes Problem in Griff bekommen – siehe auch unseren großen Pflege-Artikel: Mountainbike herbst-und winterfit machen: 16 Tipps zum Schmuddelwetter-Schutz
Augen auf beim Radkauf: Auf Dauer kann das säubern nach jeder Fahrt ätzend werden, je verwinkelter die Rahmenform, desto länger und demoralisierender fällt das Putzen aus. Verschiedene Hinterbau-Konstruktionen haben außerdem Kieselstein-Mahlwerke integriert oder schützen den Dämpfer nicht ausreichend vor Dreck-Beschuss. Wenn du gerade vor der Entscheidung stehst und dir ein neues Rad kaufen willst, das regelmäßig im flüssigen Sonnenschein bewegt wird, solltest du auf folgende Punkte achten:
- Investiere ich vielleicht lieber in ein Hardtail für den Winter?
- Wie viel Reifenfreiheit bietet der Rahmen?
- Gibt es verwinkelte Frästeile, Gussets oder kann sich an den Dämpferaufhängungen Dreck und Wasser sammeln?
- Ist der Dämpfer geschützt oder lässt sich simpel ein Schutzblech anbringen?
- Kommt meine Trinkflasche direkt in den Dreckbeschuss?
- Wie sind meine Lager gedichtet, wie viele davon stecken im Hinterbau und was kostet der Lagersatz?
Reifenfreiheit ist dein Freund. Viel hilft viel, mehr ist besser. Auch wenn wir im Winter gern auf etwas schmalere Felgen-Reifen-Kombinationen zurückgreifen, kann es bei bestimmten Bodenverhältnissen extrem zugehen. Vor allem bei Rädern mit sehr kurzen Kettenstreben kann es um den Tretlager-Bereich eng werden. Nicht nur das Kettenblatt muss hier Platz haben, bei vollgefederten Rahmen muss hier auch noch die Anlenkung untergebracht werden. In diesem meist recht verwinkelten Bereich sammelt sich aber auch bei ausreichend Reifenfreiheit gerne Dreck. Als sehr praktisch haben sich hier einteilige Hinterbauten wie VPP, DW-Link, KS-Link oder auch Eingelenker herausgestellt – hier lässt sich meistens recht gut ein Schutzblech selbst basteln und anbringen. Der eine oder andere Hersteller platziert hier auch gerne sein Federbein, dass dann gerne direktem Dreckbeschuss ausgeliefert ist. Nicht gut für die Dichtungen.
Nicht gut für die Gesundheit kann auch eine vollgedreckte Trinkflasche sein. Der Trinkflaschenhalter am Unterrohr ist vor allem bei nassen Bedingungen suboptimal. Zu guter letzt – auf lange Sicht gesehen – viele Regeneinsätze bringen viele Putz-Sessions mit sich. Wer nicht vorsichtig putzt, wird gegebenenfalls öfter seine Lager ausspülen und so die Lebensdauer verkürzen. Einige Hersteller dichten inzwischen sogar extra ihre Abdeckungen. Wenn man 10+ Lager im Hinterbau hat und diese auch noch hohe Stückkosten haben, kann das bei längerer Nutzungsdauer zum Kostenfaktor werden.
Dein Rad liebt Bike-Hacks.
Und wenn man schon ein Rad hat? Natürlich gibt es Bike-Hacks, um sein Rad für den Matsch vorzubereiten:
- Schutzbleche
- regelmäßige vorsorgliche Schmierung
- spezielle Schmierstoffe
- Motofoam
Allen voran: Schutzbleche. Dank Jason Marsh und dem Marshguard inzwischen weitestgehend salonfähig, bieten verschiedenste Hersteller Schutzbleche für den Mountainbike-Einsatz her. Sinnvoll um die Federgabel-Abstreifer vor Matsch zu schützen, die Sicht weitestgehend frei zu halten und übermäßige Verschmutzungen des Bikes zu verhindern, damit das Rad leicht bleibt und man nicht unnötig Kraft aufbringen muss.
Für alle mit vielen Lagern im Hinterbau kann es hilfreich sein, die Lager vor dem Winter zu öffnen und vorsorglich nachzuschmieren. Dabei sollte man bei abgedichteten Lagern dringend darauf achten, dass die Dichtungen der Lager beim Herausnehmen nicht beschädigt werden. Die Lagerung öffnen und ordentlich Fett auf gedichtete Lager zu schmieren ist nicht besonders hilfreich: Am Fett kann sich Dreck festsetzen, der nicht so einfach wieder abwaschbar ist. Beim Lager nachfetten sollte man den Aufwand und die Kosten eines komplett neuen Lagersatzes abwägen – bei kleinen Lagern, die tendenziell schneller verschleißen, kann sich der neue Lagersatz beispielsweise auszahlen.
Vorsorglich schmieren kann man auch Steuersatz und Tretlager, um zu verhindern, dass sich hier Wasser sammelt. Auch an diesen Stellen hilft ein leichter, wasserabweisender Schmierfilm – regelmäßig überprüfen, ob sich hier nicht doch Wasser sammelt, sollte man trotzdem.
Auch die anderen beweglichen Teile wollen regelmäßig geschmiert werden. Vor allem die Kette ist im Herbst und Winter schwierigen Bedingungen ausgesetzt. Am Markt gibt es aber eine umfassende Auswahl an Schmiermitteln für widrige Wetterlagen. Auch die Öle in Gabel und Dämpfer können durch die Kälte ihre Eigenschaften ändern. Temperatur-empfindliche Dämpfungsöle, bei denen sich die Viskosität ändert, können zu sehr harschen Federelementen führen. Wenn man nicht gerade Rennen fährt, um seinen Unterhalt zu stemmen, ist der Ölwechsel auf temperaturstabilere Öle in den Federelementen nicht unbedingt nötig. Kleine Anpassungen bei der Dämpfung können schon ausreichen.
Dein Körper hasst dich.
Wie eingangs bereits erwähnt, ist das Fahren in der nassen Jahreszeit tückisch. Schnell fängt man sich eine Erkältung ein und ist für ein paar Tage ruhiggestellt. Was hilft dabei gesund zu bleiben?
- Vernünftig anziehen
- Warm bleiben
- Bei Bedarf Wechselkleidung mitnehmen
- Essen und Trinken nicht vergessen
Vor allem für Gravity-lastige Fahrer sind kurze Hosen in Kombination mit Knieschonern etwas angenehmer zu tragen, empfehlenswert ist unserer Ansicht nach aber eine lange Hose. So verdrecken Beine und Schoner nicht, zudem bleibt es etwas wärmer. Oben kann man sich nach dem Zwiebelprinzip einpacken: Neben einem Baselayer ist vor allem der Windstopper wichtig, um Zug zu vermeiden und den Körper bei (Fahrt-)Wind vor dem Auskühlen zu bewahren. Um den Nacken und die Ohren schadet es außerdem nicht ein Tuch zu tragen. Die richtige Kleidung ist Punkt 1, um trocken und damit warm zu bleiben.
Aber schon beim Warmwerden kann man einiges falsch machen. Hier gilt es gemächlich anzufangen und den Körper auf Temperatur kommen zu lassen, bevor man die Leistung steigert. Idealerweise sucht man sich eine Route, bei der man nicht direkt 100% geben muss, sondern entspannt losradeln kann. Dann heißt es warm bleiben! Egal wie vernünftig man sich anzieht, durch Schweiß und nasse Strecken wird die Bekleidung langsam, aber sicher feucht. Wer gerne Pausen macht, sollte sich auf jeden Fall trockene Wechselkleidung mitnehmen – in nassen Klamotten wird es schnell kalt, unangenehm und das Risiko, sich hierdurch das Immunsystem zu schwächen, steigt. Alternativ hilft es, einfach keine bzw. keine langen Pausen mehr zu machen.
Zu guter letzt: Die zwei größten Feinde des Sportlers sind Dehydration und Unterzucker. Bei Kälte ist vor allem Ersteres ein Klassiker. Wer nicht gerne eiskaltes Wasser aus der Trinkflasche nuckelt, kann vorab ausreichend trinken oder Heißgetränke mitführen, die wiederum sorgen für gute Laune – und so schließt sich unser Kreis.
Fassen wir zusammen: Fahren im Herbst ist nicht ohne. Entsprechend vorbereitet macht es (uns) aber immer wieder Spaß!
Um welche Punkte sollte man unsere Liste auf jeden Fall erweitern?
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