Nach dem Abschied der Athertons von Trek brodelte die Gerüchteküche in der Bikewelt. Wo sonst in Zeiten von Social-Media zumeist zeitnah Bilder von Testfahrten auf neuen Bikes auftauchen, blieb es in diesem Fall erstaunlich still. Dann tauchte auf einem Instagram-Account ein modifiziertes Atherton-Racing-Logo auf, in dem die drei Piktogramme durch einen Roboter ergänzt wurden. Ein Hinweis auf Robot Bike? Nun ist die Katze aus dem Sack und wir wissen: Robot Bike gibt es nicht mehr. Die Atherton-Geschwister und das ehemalige Robot-Team bringen Atherton Bikes auf den Markt! Wir hatten die Möglichkeit, mit Ed Haythornthwaite zu sprechen und über die Hintergründe auszufragen.
Meistens dreht es sich bei Gerüchten zu Teamwechseln lediglich um eine Änderung des fahrbaren Untersatzes. Nach dem Weggang der Athertons von Trek tappten wir jedoch alle etwas im Dunkeln mit unseren Mutmaßungen. Heute wurde der Vorhang gelüftet und wir wissen: Die drei Geschwister, Rachel, Gee und Dan, werden nicht nur auf einer neuen Marke unterwegs sein, sondern sie werden ihre eigene Marke gründen! Zusammen mit den drei ehemaligen Gründern von Robot, Ed Haythornthwaite, Dave Weagle und Rob Gow heben die Athertons die nach ihnen benannte Marke Atherton Bikes aus der Taufe. Nachfolgend unser Interview mit Ed Haythornthwaite von der ehemaligen Marke Robot Bike Co, die zum Ende 2018 ihre Pforten schloss. Einen interessanten Einblick in diese Firma und das für den Bikebereich angepasste additive Titandruckverfahren findet ihr in unserem Hausbesuch.
Kurz nach dem Freizeichen ist Ed Haythornthwaite schon am Telefon und begrüßt mich mit den Worten: „Eine Sekunde – ich muss nur diese Nachricht hier lesen, die gerade reinkam. Ist wichtig …“
[Pause]
Ok hier bin ich.
MTB-News.de: Es klingt, als ob du ziemlich beschäftigt bist gerade.
Ed Haythornthwaite: (Lacht) Nicht nur jetzt. Die letzten Monate waren eine Achterbahnfahrt.
Direkt auf den Punkt gebracht. Wir sprechen heute also über das neue Atherton-Robot-Racing-Team?
Nicht wirklich. Robot Bike Co gibt es in dieser Art nicht mehr. Wir beendeten die Unternehmung letztes Jahr. Wir werden unser Wissen aber weitertragen und eine neue Marke aus der Taufe heben.
Fangen wir vielleicht damit an, wie es überhaupt zu einer Zusammenarbeit kam? Deine ehemalige Unternehmung war eher klein und nicht unbedingt eine Marke, die man mit den Athertons zusammen bringen würde.
Nun ja – Dan, Rachel und Gee – wir kennen und schon etwas länger. Das geht zurück in eine Zeit lange vor Robot, als ich – lass mich überlegen – vor vielleicht 13 Jahren noch Mechaniker für Dan auf den World Cups war. Wir haben schon immer über die unterschiedlichsten Bike- und Federungs-Designs gesprochen. Damals war das nicht unbedingt ernst gemeint, wenn wir darüber sprachen, aus diesen Ideen mal eine Bikefirma zu machen.
Dennoch sprachen wir in all den Jahren immer wieder über das, was gerade am Markt so angeboten wurde. Die Möglichkeit, aus unseren Gedankengängen eine eigene Marke zu gründen, ging da nie komplett verloren. Alle drei Geschwister wollten schon immer ein Bike, auf dem sie ihre Möglichkeiten auf der Strecke weiter pushen können. Dan ist da ein ziemlicher Nerd und hat jede Möglichkeit genutzt, in Taiwan selbst als Fahrer hinter die Kulissen der Fertigung zu schauen.
Allerdings hatten die Geschwister in Summe nicht das Netzwerk und die Möglichkeiten, eigene Ideen in ein Produkt umzusetzen. Mein Weg hat mich in genau diese Richtung getrieben – mit Robot (Anm. d. R: Hier gehts zum Hausbesuch). So kamen wir letztendlich wieder zusammen und aus dem früher lockeren Gespräch über „könnte man“ wurde ein „machen wir“.
Wie fühlt sich das an, wenn man solch eine Möglichkeit bekommt?
Das ist natürlich der Wahnsinn und eine unglaubliche Chance! Wie jedes andere Unternehmen hatten wir in den Jahren bessere und schlechtere Zeiten. Als die Gespräche über eine solche mögliche Kooperation begannen, wollte ich nicht zu euphorisch sein. Wir hatten ja durch die Bank weg bei allen Tests in den Bike-Medien super abgeschnitten. Es ist aber eine andere Geschichte, ob Endkunden und Medien-Tester ein Bike gut finden und damit zurechtkommen oder ein absoluter Top-World-Cup-Fahrer.
Ich bin schon immer extrem daran interessiert, wie sich Bikes für verschiedene Fahrertypen anfühlen. Nicht jedes Setup und jede Geometrie passt für jeden. Sprich, wie würden die Athertons unsere Bikes finden? Wir testen natürlich extreme Belastungen an unseren Rahmen auf den Prüfständen, aber wenn ein Bike auf World Cup-Geschwindigkeit bewegt wird, ist das natürlich noch mal eine ganz andere Liga.
Wie begann die Testerei? Robot hatte ja kein Downhill-Bike im Programm.
Wir gaben ihnen das was wir damals hatten und das war unser Enduro-Bike R160 (Anm. d. Red.: hier findet ihr unseren Test zum Robot R160) und montierten eine Doppelbrücken-Gabel. Trotz allem Vertrauen in unser Produkt bat ich Gee, es nicht gleich zu übertreiben und es langsam angehen zu lassen. Am Tag nachdem er das Bike das erste Mal gefahren ist, bekam ich Bilder geschickt, wie er damit auf der Red Bull Hardline-Strecke unterwegs war. So viel zum Thema, wie lassen es World Cup-Fahrer langsam angehen.
Später gab es dann eine Version mit 200 mm Federweg. Diese Prototypen befinden sich gerade immer noch im Test. Wir haben mit unserem Fertigungsverfahren den extrem großen Vorteil, dass wir nicht auf Aluminium-Testmules angewiesen sind. Diese unterscheiden sich letztendlich immer von einem Bike, das später in Carbon gefertigt wird. Alles, was wir bauen, entspricht später eins zu eins der Serie.
Wir experimentieren viel mit unterschiedlichem Flex im Hinterbau. Hier hatten wir einen sehr guten Ausgangspunkt. Die Athertons lobten den immensen Grip, den das Bike in Schrägfahrten bietet. Mit unserem Verfahren können wir sehr schnell neue Varianten ausprobieren und exakt das Bike bauen, das unter dem jeweiligen Fahrer perfekt funktioniert.
Robot Bike Renishaw – Prozess von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Packen die Athertons nun ihr Logo auf ein bestehendes Produkt oder wird hier etwas komplett Neues entwickelt?
Es ist definitiv weit mehr, als ein Sticker auf einem Bike. Das Entwicklungsteam, welches früher für Robot Bike Co entwickelt hat, bleibt soweit das gleiche. Mit dabei sind Ben Farmer, Andy Hawkins, Rob Gow, Dave Weagle und ich. Dazu kommen alle Athertons als gleichberechtigte Partner mit an Bord. Sie werden jede Entscheidung mit treffen – egal ob es finanzielle Themen sind oder ob es um die Ausrichtung der Bikes geht. Sie bringen extrem viel Erfahrung mit ins Unternehmen. Ihr Ziel ist es, den Sport nicht nur als Athleten zu pushen, sondern auch mit einem Bike, das sehr leistungsfähig ist.
Alle drei treten aber auch diese Saison wieder im Downhill World Cup an?
Gee und Rachel treten erneut an. Dan wird sich auf den eigenen Bikepark und die Entwicklung der Bikes konzentrieren. Ob die Enduro-World-Series ein Thema ist, gilt es aktuell noch zu klären.
Eure alten Bikes waren noch nie die leichtesten am Markt. Wird sich das jetzt mit der Teilnahme am World Cup ändern?
Als kleines Unternehmen möchten wir auf keinen Fall, dass es zu einem Rahmenbruch kommt. Das war schon immer ein extrem wichtiger Punkt. Wenn ein Bild von einem gebrochenen Bike in den Social-Media-Kanälen kursiert, ist dein Ruf am Ende und du kannst zumachen. Bei großen Herstellern ist das weniger ein Problem, aber wir sind eben noch klein. Also testeten wir alle Bikes, bis runter zum R130, auf Downhill-Standards und damit sind wir trotz des höheren Rahmengewichts gut gefahren.
Bei den Tests mit den Athertons wollten wir natürlich wissen, ob sie Lasten generieren können, die eine Schwachstelle aufzeigen. Bis jetzt gingen zwar Anbauteile kaputt, aber alle Rahmen haben es überstanden. Wir werden dementsprechend in Zukunft darüber nachdenken, bei Modellen mit weniger Federweg auch am Gewicht etwas zu drehen. Die aktuellen Downhill-Prototypen liegen aber in einem sehr guten Bereich. Letztendlich muss man natürlich immer ins Ziel kommen. Das ist wichtiger, als ein paar Gramm weniger am Bike.
Kann man in Zukunft dann ein Bike kaufen, das in Sachen Geometrie ein direktes Replica von Gees oder Rachels Bike ist oder bleiben die Werte geheim?
Klar kann man das haben. Ich sehe keinen Grund dafür, das nicht zu tun. Dennoch werden wir den Kunden immer dahingehend beraten, ein Bike zu nutzen, das für seine Vorlieben und Fähigkeiten passt.
Welche Modellpalette wird von Atherton Bikes angeboten werden?
“Neben unserem Hardtail, dem R130, R160 und dem neuen Downhill-Bike wird es auch weitere Modelle geben.” – Ed
Wir werden dem additiven Titan-Verfahren in Kombination mit Carbon-Rohren treu bleiben. Zusätzlich möchten wir Standard-Rahmengrößen anbieten, welche günstiger in der Fertigung sein werden und den Preis für den Endkunden nach unten bringen. Neben Varianten der alten Modelle, wie dem R130, R160 und dem neuen Downhill-Bike, wird es auch weitere Modelle geben. Kinderbikes, Dirtjump und weitere. Wir forcieren ebenfalls die Möglichkeit, komplette Aluminium-Rahmen anzubieten. Letztendlich möchten wir für jeden Geldbeutel und jeden Fahrertyp etwas anbieten.
Neben einem neuen Logo und Design des Schriftzugs probieren wir gerade verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung aus. Es wird sicher auch komplett lackierte Bikes geben, die weniger industriell aussehen. Der Plan sieht aktuell so aus, dass wir in den nächsten sechs Monaten die Bikes am Markt anbieten können.
Bleibt es bei den vollgefederten Bikes beim DW6-Hinterbau von Dave Weagle?
“Christ! This bike is fast and still fun!“ – Gee Atherton zum R160
Absolut! Das allererste Feedback, was wir bekamen, war:“Christ! This bike is fast and still fun!” Wir glauben, es muss kein langweiliger Kompromiss sein zwischen einem schnellen Bike, das man nicht mehr vom Boden bekommt, und etwas, das verspielt zu fahren ist. Natürlich ist alles immer ein Kompromiss, aber wir scheinen Agilität und Geschwindigkeit sehr gut kombiniert zu bekommen.
DW6 Robot Bike R160 – Hinterbaufunktion von Grinsekater – Mehr Mountainbike-Videos
Eure Bikes sind noch nicht sehr stark am Markt vertreten. Wie können Interessenten eine Probefahrt machen?
Es wird ab einem gewissen Punkt sicher eine Demo-Flotte geben. Bis dahin wird es auf jeden Fall im Bikepark DYFI (von den Athertons betrieben, Anm. d. R.) die Möglichkeit geben, unsere Bikes zu testen.
Ein Bikepark, eine Bikemarke … werden wir Ende 2019 die Meldung bekommen, dass die Athertons in Rente gehen?
(Lacht) Ich würde das den dreien so nicht direkt ins Gesicht sagen. Nein im Ernst – die Marke Atherton ist so stark geworden in den letzten Jahren und es besteht somit auch die Möglichkeit, so etwas zu machen. Aber sie haben nicht so schnell vor, sich vom World Cup-Zirkus zu verabschieden. Dafür treten sie zu gerne an, um zwischen Flatterband mit dem Bike unterwegs zu sein. Natürlich schaut sich jede(r) vernünftige World Cup-Fahrer(-in) nach Optionen um. Jetzt sehen wir zu, dass die Bikes race-ready sind und freuen uns auf die kommende Rennsaison.
Danke für den Einblick und viel Erfolg!
Danke. Wir freuen uns drauf!
Mehr Informationen zu Atherton Bikes gibt es in diesem Artikel.
Was sagt ihr zu Gründung von Atherton Bikes? Denkt ihr, es ist der richtige Schritt für die Geschwister?