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Merida One-Sixty im Test
Eines für alles?

Merida One-Sixty im Test: Mit dem neuen One-Sixty möchte Merida im Enduro-Konzert der Großen mitspielen. Dazu haben die Taiwanesen den Race-Boliden komplett überarbeitet und ein Bike auf die Beine gestellt, das mit einer hohen Anpassbarkeit, interessanten Details und einem Flexpivot-Hinterbau begeistern will. Wie sich das Merida One-Sixty in der Praxis schlägt, haben wir ausgiebig für euch getestet!

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Steckbrief: Merida One-Sixty

EinsatzbereichEnduro
Federweg170 mm/162-171 mm
Laufradgröße29ʺ, Mullet (29″/27,5″)
RahmenmaterialAluminium, Carbon
Gewicht (o. Pedale)15,2 kg
RahmengrößenXS, S, M, L, XL (im Test: M)
Websitewww.merida.com
Preisspanne3.399 € - 12.999 €
Im Test: Merida One-Sixty 8000
Preis: 8.999 €

Im vergangenen Herbst hat Merida das Enduro-Bike One-Sixty und den dazu passenden kleinen Trail-Bruder One-Forty präsentiert – und damit das Angebot der abfahrtslastigen Mountainbikes komplett überarbeitet. Mit den Vorgängern haben Merida One-Forty und One-Sixty, die sich dieselbe Rahmen-Plattform teilen, nicht mehr viel gemeinsam. Und die Eckdaten des von uns getesteten One-Sixty können sich durchaus sehen lassen: 170 mm Federweg vorn, die Wahl zwischen Alu und Carbon als Rahmen-Material, dazu die Option auf ein 29″-Setup oder eine Mullet-Konfiguration und darauf basierend entweder 162 mm oder gar 171 mm Federweg am Heck. In Kombination mit der modernen, abfahrtslastigen Geometrie, dem geringen Gewicht und einigen interessanten Detail-Lösungen will Merida so das ultimative Enduro für alle Lebenslagen erschaffen haben. Ob die Rechnung aufgeht, klärt unser Test des 8.999 € teuren Merida One-Sixty 8000.

# Mit dem neuen One-Sixty will Merida das ultimative Enduro-Bike geschaffen haben - 170 mm Federweg vorn treffen hier je nach Laufrad-Größe auf 162 oder 171 mm am Heck. Die Geometrie ist sehr modern, der Rahmen ist als Alu- oder Carbon-Variante erhältlich. Enduro-Herz, was willst du mehr?
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Im Detail

Wir können nur mutmaßen, doch es würde uns nicht überraschen, wenn das bei der Entwicklung des neuen Merida One-Sixty zugrunde gelegene Lastenheft besonders dick ausgefallen ist. Das neue Modell der Taiwanesen will so ziemlich jeden Aspekt, der derzeit im Enduro-Segment en vogue ist, abgedeckt haben. Das fängt beim geringen Rahmengewicht und der modernen Geometrie an, geht über einen in diesem Federwegs-Bereich eher ungewöhnlichen Flexpivot-Hinterbau weiter und hört auf bei der Anpassbarkeit inklusive Option auf 29″ und Mullet sowie interessanten Werkzeug-Lösungen am Rahmen. Doch der Reihe nach.

# One60 steht drauf, 162 mm Federweg stecken drin

Der Kern des Merida One-Sixty ist ein komplett neu entwickelter Rahmen, der als Alu- oder Carbon-Variante erhältlich ist. Alle Eckdaten und die meisten Details sind identisch – lediglich hinsichtlich des Gewichts unterscheiden sich die beiden Ausführungen. Dieses gibt Merida mit 2.460 Gramm für einen Carbon-Rahmen in Größe M an. Die Alu-Ausführung bringt etwa 1.200 Gramm mehr auf die Waage. Prinzipiell lässt sich das Merida One-Sixty auch problemlos in die Trail-Variante One-Forty verwandeln, da der einzige Unterschied der Dämpfer-Hub ist. Beim Trail-Allrounder One-Forty beträgt dieser 57,5 mm, während der Dämpfer-Hub am One-Sixty 65 mm misst.

# Die Rahmen von One-Sixty und One-Forty sind baugleich. Lediglich der Dämpfer-Hub unterscheidet sich - die nötigen Komponenten vorausgesetzt, lässt sich das Merida One-Sixty also auch zu einem Trail-Flitzer mit 143 mm Federweg umbauen.
# Durch einen Flip Chip am Heck habt ihr die Möglichkeit, ein 27,5"- oder 29"-Hinterrad zu verbauen. - Die Geometrie bleibt dabei weitgehend gleich, während sich der Federweg in der Mullet-Konfiguration auf 171 mm erhöht.

Beim neuen One-Sixty hat sich Merida vom bisherigen Rahmen-Design mit vertikal positioniertem Dämpfer verabschiedet. Stattdessen ist der Dämpfer nun horizontal unterhalb des Oberrohrs platziert. Beim Blick auf den einteiligen Hinterbau fällt auf, dass hier etwas fehlt. Merida verzichtet auf den eigentlich notwendigen Drehpunkt im Bereich der Hinterrad-Achse und setzt stattdessen auf einen Flexpivot-Hinterbau, bei dem die Sitzstreben die minimale Bewegung ausgleichen. Gänzlich neu ist dieses Konzept nicht. Vor allem im Cross-Country-Segment erfreuen sich solche Rahmen-Designs nicht zuletzt aufgrund des geringen Gewichts immer größerer Beliebtheit. Im langhubigen Enduro-Bereich sind Flexpivot-Hinterbauten bisher allerdings eher die Ausnahme.

# Flexpivot-Hinterbauten sind an langhubigen Bikes wie dem Merida One-Sixty definitiv eher die Ausnahme als die Regel - Merida setzt am Carbon- und auch am Alu-Rahmen auf dieses System, das ohne Drehpunkt im Bereich der Hinterrad-Achse auskommt.

Ins Ausfallende integriert ist ein kleiner Flip Chip, mit dem man die Laufradgröße anpassen kann. Serienmäßig werden die Größen XS bis M mit Mullet-Konfiguration ausgeliefert. L und XL sind hingegen mit 29″-Laufrädern ausgestattet. Das Setting des Flip Chips beeinflusst den Federweg: 162 mm sind es in der 29″-Einstellung, während der Hinterbau im Mullet-Setting sogar 171 mm zur Verfügung stellt. Einen Einfluss auf die Geometrie hat der Flip Chip nur insofern, als dadurch die Geometrie-Veränderungen, die aus den unterschiedlich großen Laufrädern resultieren, kompensiert werden. Da sich der Flip Chip in den Dropouts befindet, wächst das Heck im 29″-Setting allerdings um 4 mm.

# Der Carbon-Rahmen hat einige interessante Details, wie beispielsweise einen ins Unterrohr integrierten Fidlock-Flaschenhalter.
# Die Leitungen werden direkt durch den Steuersatz geführt – ein Ansatz, der mehr und mehr Schule macht.

Weil unterschiedlich große Menschen normalerweise auch unterschiedlich schwer sind, hat Merida die Kinematik jeder einzelnen Rahmengröße angepasst. So wächst die Progression mit steigender Rahmengröße an – von 6,0 % am XS-Rahmen bis hin zu 14,1 % am XL-Rahmen, jeweils gemessen vom Sag-Punkt bei 30 % bis 95 % des Federwegs. Dadurch soll das Merida One-Sixty auch für die Verwendung von Coil-Dämpfern ausreichend progressiv sein. Serienmäßig ist das One-Sixty aber nur mit Luft-Fahrwerk erhältlich.

# Unter dem Unterrohr befindet sich ein kleines Staufach, das gleichzeitig auch als Zugriff auf die intern verlegten Leitungen dient.

Bei näherer Betrachtung fallen am Rahmen des Merida One-Sixtys noch einige interessante und praktische Details ins Auge. Das Tretlager ist geschraubt und Unterrohr sowie Hinterbau sind sehr umfassend geschützt – top! Auf der Unterseite des Unterrohrs befindet sich ein kleines Staufach mit verschraubtem Deckel. Eine solche Lösung ist unserer Erfahrung nach zwar weniger für den Trail-Alltag geeignet als ein großes Staufach mit Zugriff auf der Oberseite des Unterrohrs. Für Notfälle lassen sich hier aber gut kleinere Gegenstände verstauen. Gleichzeitig dient das Fach am Merida als Zugang zu den Leitungen. Hinter dem Steuerrohr befindet sich außerdem noch eine Aufnahme für einen Tool Strap.

# Ein großer und verschraubter Fender schützt den Hauptrahmen vor Dreckbeschuss.
# Der Hinterbau ist sehr umfassend mit gewellten Gummi-Protektoren geschützt.

Stichwort Steuerrohr: Merida verzichtet hier auf Eingänge für die Leitungen. Diese werden stattdessen durch den Steuersatz ins Rahmen-Innere geleitet und dort in Carbon-Röhrchen klapperfrei geführt. Über Vor- und Nachteile dieses Ansatzes lässt sich vortrefflich diskutieren – für eine saubere Optik sorgt es allemal. Selbiges gilt für den in den Carbon-Rahmen integrierten Fidlock-Flaschenhalter. Möchte man einen regulären Flaschenhalter montieren, muss man je nach Modell zu Spacern greifen. Um das Gesamtpaket für alle Lebenslagen abzurunden, verbaut Merida zudem ein kleines Multitool auf der Unterseite des Sattels und der Hebel der Hinterrad-Achse fungiert als entnehmbarer Inbus-Schlüssel.

# Unser Testbike in Größe M kostet 8.999 € und wiegt 15,2 kg - ein respektables Gewicht, wenn man Details wie die stabilen Reifen-Karkassen, die Sattelstütze mit gigantischem Hub oder die Bremsen mit 203 mm-Scheiben berücksichtigt.

Geometrie

Mit über alle Größen hinweg langen Reach-Werten, einem 64° flachen Lenkwinkel und einem 79° steilen Sitzwinkel bietet das Merida One-Sixty eine sehr moderne Geometrie, die den Spagat aus Kletter- und Baller-Eigenschaften gut meistern will. Auffällig sind die vergleichsweise niedrigen Stack-Werte. Und während wir für gewöhnlich Bikes in Größe L testen, haben wir uns beim Merida One-Sixty für die M-Variante mit einem Reach von 470 mm entschieden. Mit knapp 500 mm in L und einem entsprechenden Radstand ist das One-Sixty generell für heutige Verhältnisse auf der sehr langen Seite.

Rahmengröße XS S M L XL
Laufradgröße Mullet 29/27,5 Mullet 29/27,5 Mullet 29/27,5 29″ 29″
Reach 415 mm 442 mm 470 mm 498 mm 525 mm
Stack 615 mm 615 mm 615 mm 625 mm 638 mm
STR 1,48 1,39 1,31 1,26 1,22
Lenkwinkel 64° 64° 64° 64° 64°
Sitzwinkel, effektiv 79° 79° 79° 79° 79°
Oberrohr 535 mm 562 mm 589 mm 621 mm 653 mm
Steuerrohr 95 mm 95 mm 95 mm 105 mm 120 mm
Sitzrohr 400 mm 410 mm 425 mm 445 mm 470 mm
Überstandshöhe 727 mm 730 mm 737 mm 736 mm 776 mm
Kettenstreben 434 mm 434 mm 434 mm 438 mm 438 mm
Radstand 1.188 mm 1.215 mm 1.242 mm 1.275 mm 1.308 mm
Tretlagerabsenkung 7 mm 7 mm 7 mm 27,5 mm 27,5 mm
Federweg (hinten) 171 mm 171 mm 171 mm 162 mm 162 mm
Federweg (vorn) 170 mm 170 mm 170 mm 170 mm 170 mm

Ausstattung

Für einen Preis von durchaus stolzen 8.999 € bietet das von uns getestete Merida One-Sixty 8000 unter anderem ein RockShox-Fahrwerk, das aus einer Lyrik Ultimate an der Front und einem dazu passenden Super Deluxe Ultimate-Dämpfer besteht. Während die elektrische GX-Schaltung aus dem Hause SRAM stammt, sind Shimano XT-Bremsen für die negative Beschleunigung zuständig. Die Race Face Aluminium-Laufräder sind mit griffigen Maxxis-Reifen – Assegai vorne, Minion DHR II hinten, beide mit Double Down-Karkasse – bestückt. Das Cockpit, die Sattelstütze mit gewaltigen 230 mm Hub und die Kontaktpunkte liefert Merida selbst. Das Gewicht von 15,2 kg geht in Anbetracht der auf Abfahrt getrimmten Ausstattung in Ordnung. Neben der von uns getesteten Variante bietet Merida außerdem noch vier weitere Modelle des One-Sixtys an.

AusstattungsvarianteOne-Sixty 10KOne-Sixty 8000One-Sixty 6000One-Sixty 700One-Sixty 500
Federgabel Rock Shox Zeb Flight Attendant Rock Shox Zeb Ultimate Rock Shox Zeb Select Marzocchi Z1 Rock Shox Yari RC
Dämpfer Rock Shox Super Deluxe Flight Attendant Rock Shox Super Deluxe Ultimate Rock Shox Super Deluxe Select+ FOX Float X Performance Rock Shox Deluxe Select+
Schaltwerk
 SRAM X01 Eagle AXS SRAM GX Eagle AXS Shimano SLX M7100 Shadow+ Shimano SLX M7100 Shadow+ Shimano Deore M6100 Shadow+
Kurbel SRAM X01 Flight Attendant SRAM X1 Carbon Race Face Turbine Race Face Aeffect Race Face Ride
Bremsen Shimano XTR Shimano XT Shimano SLX M7120 Shimano SLX M7120 Shimano Deore M6120
LenkerMerida Team TRMerida Team TRMerida Team TRMerida Team TRMerida Team TR
VorbauMerida Expert eTRIIMerida Expert eTRIIMerida Expert eTRIIMerida Expert eTRIIMerida Expert eTRII
GriffeMerida Expert ECMerida Expert ECMerida Expert ECMerida Expert ECMerida Expert EC
Kassette SRAM XG-1295 Eagle SRAM XG-1275 Eagle Shimano SLX Shimano Deore M6100 Shimano Deore M5100
Laufradsatz Reynolds Blacklabel Enduro 289/287 I9 Race Face Turbine R30Merida Expert TR/Shimano SLXMerida Expert TR/Shimano SLXMerida Expert TR/Shimano SLX
Reifen Maxxis Assegai / Maxxis DHR II Maxxis Assegai / Maxxis DHR II Maxxis Assegai / Maxxis DHR II Maxxis Assegai / Maxxis DHR II Maxxis Assegai / Maxxis DHR II
Kette SRAM X01 Eagle Chain SRAM GX KMC X12 KMC X12 KMC X11
Kettenführung MRP AMg V2 Alloy 26-32T MRP AMg V2 Alloy 26-32T Merida Expert TR ISCG05Merida Expert TR ISCG05Merida Expert TR ISCG05
SattelstützeMerida Team TRMerida Team TRMerida Team TR Merida Team TR Merida Expert TR II
SattelMerida Expert SLMerida Expert SLMerida Expert SLMerida Expert SLMerida Comp SL
Gewicht (Herstellerangabe) 15.01 kg 15.3 kg 15.67 kg 16.65 kg 16.68 kg
Preis (UVP)12.999,00 €8.999,00 €5.999,00 €4.199,00 €3.399,00 €

# Vorne werkelt mit der RockShox Zeb Ultimate eine alte Bekannte. Sie bietet 170 mm Federweg.
# Serienmäßig kommt das Merida One-Sixty mit Luftdämpfern. Dank ausreichend Progression ist Coil aber auch möglich.
# Geschaltet wird am Merida One-Sixty 8000 mit einem elektrischen SRAM GX AXS-Antrieb.
# Die hauseigene Merida TR-Sattelstütze bietet einen Hub von bis zu 230 mm und lässt sich unkompliziert in 30 mm-Schritten anpassen.
# Verzögert wird mit Shimano XT-Bremsen. Diese sitzt am Hinterbau aufgrund des Flexpivot-Designs nicht wie üblich auf der Sitz-, sondern auf der Druckstrebe.
# Die Maxxis-Bereifung mit Double Down-Karkasse kostet bergauf Körner, sorgt dafür aber in der Abfahrt für sehr viel Traktion und Dämpfung.

Auf dem Trail

Ganz offensichtlich ist in die Entwicklung des Merida One-Sixty viel Hirnschmalz geflossen: Zumindest auf dem Papier erfüllt das Enduro-Bike der Taiwanesen so ziemlich alle Anforderungen, die man sich von einem Bike dieser Kategorie wünscht. Entsprechend gespannt waren wir vor den ersten Ausfahrten auf dem blauen Carbon-Hobel: Kann das Merida One-Sixty die durchaus hohen Erwartungen erfüllen?

# Für ein Rad dieser Federwegs- und Gewichts-Kategorie klettert das Merida One-Sixty gut. Vor allem in technischen Sektionen sorgt die sehr zentrale Sitzposition für viel Traktion - und auf langen, gleichmäßigen Anstiegen erfreut man sich am antriebsneutralen Heck. Ausgebremst wird man jedoch von den Reifen.

Bergauf gibt sich das Merida One-Sixty keine Blöße, sofern man den angedachten Einsatzbereich und das damit einhergehende Gewicht – 15,2 kg bei unserem Testbike – im Hinterkopf behält. Trotz langem Reach fällt die Sitzposition eher kompakt aus. Der Grund hierfür ist der steile Sitzwinkel, der einen auch beim vollem Auszug der Sattelstütze sehr zentral positioniert. Dadurch wirkt das One-Sixty zwar nicht ultraspritzig und man muss sich etwas an das Gefühl gewöhnen, dass mehr Druck als üblich auf den Händen lastet. Doch gerade auf längeren Ausfahrten und in kniffligen Anstiegen macht sich die Sitzposition positiv bemerkbar.

Auf technischen Anstiegen hatten wir keine Probleme mit einer steigenden Front. Der Hinterbau generiert hier viel Traktion, ist für unseren Geschmack aber auch auf langen, gleichmäßigen Anstiegen ausreichend antriebsneutral. Wer komplette Ruhe haben will, greift kurz zum Plattform-Hebel – benötigt haben wir diesen aber eigentlich nicht. Die Kombination aus Maxxis Assegai und Minion DHR II mit Double Down-Karkassen ist allerdings nicht gerade für ihren geringen Rollwiderstand bekannt und zieht ordentlich Körner. In Anbetracht der Ausrichtung und Kategorie klettert das Merida One-Sixty aber sehr gut.

# In der von uns getesteten M-Variante ist das Merida One-Sixty mit einem Reach von 470 mm ein echter Kurvenräuber - gerade in Kombination mit dem kleineren 27,5"-Hinterrad, mit dem es bis zu dieser Größe serienmäßig ausgeliefert wird.

Der Uphill ist beim Merida One-Sixty jedoch eher Mittel zum Zweck, denn der Fokus des Enduro-Schiffs liegt natürlich auf der Abfahrt. Hier konnten wir das langhubige Gerät auf einer Vielzahl von Strecken von loamigen Hometrails bis hin zu langen Bikepark-Abfahrten testen. Auf Anhieb hat das One-Sixty hier ein sehr solides Gefühl vermittelt. Der blaue Blitz lässt sich hier ohne große Mühe präzise auf dem Trail platzieren, setzt jeglichen Input sofort um und liefert im standardmäßigen Mullet-Setup trotz des langen Reaches eine vergleichsweise hohe Agilität.

Auch langen Wurzelfeldern und harten Schlägen nimmt der Hinterbau des One-Sixtys jeglichen Schrecken: ballern kann das Merida sehr gut. Darunter leidet glücklicherweise der Spieltrieb nicht zu sehr. Wenn man möchte, lässt sich das Merida problemlos in die Lüfte befördern, sodass man gerne Ausschau nach der nächsten Kante zum Abziehen hält.

# Auch in hartem Gelände macht das One-Sixty eine sehr gute Figur. - Hier hat uns die 29"-Konfiguration aufgrund des etwas definierteren Hecks und der verbesserten Überrolleigenschaften insgesamt besser gefallen als die Mullet-Ausführung.

In der Mullet-Konfiguration und den damit einhergehenden 171 mm Federweg am Heck hat uns das Merida One-Sixty fast schon an einen Freerider mit einer gewissen Trail-Bike-Attitüde erinnert. Das kleine Hinterrad, das Plus an Federweg und die 434 mm kurzen Kettenstreben führen zu einem sehr satten Fahrgefühl mit den erwähnten Draufhalte-Fähigkeiten. Definiert man für sich das Thema Fahrspaß aber vor allem über möglichst hohe Geschwindigkeiten, könnte man im Vergleich zu einem 29er etwas die guten Überroll-Eigenschaften und die Ruhe bei schnellen, aufeinanderfolgenden Schlägen vermissen.

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Im Verlauf unseres Tests haben wir folglich auf der Suche nach dem letzten Quäntchen Performance und Geschwindigkeit ein 29″-Hinterrad mit Maxxis Assegai – nur mit Exo-Karkasse statt Double Down, dafür mit Insert – eingebaut. Der Umbau ist prinzipiell unkompliziert, erfordert allerdings etwas Geduld – und hat für unseren Geschmack genau zum erhofften Ergebnis geführt: Mit 29″-Setup fliegt das Merida One-Sixty regelrecht über den Trail, ohne dass darunter der Fahrspaß leidet.

Durch das große Laufrad und das 4 mm längere Heck steht man bergab zentraler im Rad und muss das Merida One-Sixty weniger über das Hinterrad fahren. Außerdem bietet das Heck so gefühlt etwas mehr Progression und Gegenhalt im mittleren Federwegsbereich. Diese Veränderung hat uns sehr zugesagt: Während wir im Mullet-Setup fortlaufend hin- und hergerissen waren, ob wir noch einen zusätzlichen Volumenspacer in den Dämpfer einbauen, hatten wir beim 29″-Setup dieses Bedürfnis nicht mehr. Für uns hat die Kombination aus Geometrie des M-Rahmens mit 29″-Hinterrad und etwas definierterem Hinterbau die optimale Variante mit einem Maximum an Fahrspaß dargestellt.

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Das ist uns aufgefallen

# Deutlicher Abrieb nach einigen Monaten Einsatz im Winter: Im Gegensatz zur Funktion konnte die Haltbarkeit der Merida-Sattelstütze nicht überzeugen.
# Das in die Hinterrad-Achse integrierte Tool ist ein nettes Detail. Allerdings hat es auch massiv geklappert.
# Generell ist die Ausstattung am Merida One-Sixty 8000 sehr solide. Die Race Face-Laufräder mit Alu-Felgen mussten aber den ein oder anderen Schlag einstecken.
# Die meisten Rahmen sind nach einem nasskalten Winter deutlich zerkratzt. Der Lack am Merida hingegen glänzt fast wie am ersten Tag.

Fazit – Merida One-Sixty

Das Merida One-Sixty ist ein sehr gelungenes Enduro-Bike, dem der Spagat zwischen kompromissloser Race-Maschine und spaßiger Trail-Fräse mit ordentlich Reserven gut gelingt. Auch die Uphill-Eigenschaften können sich für ein Rad dieser Kategorie sehen lassen, zumal die Ausstattung klar die Abfahrt im Blick hat. In Anbetracht des Premium-Preises hätten wir uns aber auch entsprechende Premium-Detaillösungen gewünscht. Schade ist außerdem, dass es 29"-Laufräder serienmäßig erst ab der sehr langen Rahmengröße L gibt. Unterm Strich ist das Merida One-Sixty aber ein tolles Bike, das sehr viel sehr richtig macht.

Pro / Contra

Pro

  • Kombination aus Fahrspaß und Baller-Fähigkeit
  • insbesondere mit 29"-Laufrad definiertes Heck mit ausreichend Reserven
  • gute Uphill-Eigenschaften
  • vielfältige Anpassungs-Möglichkeiten

Contra

  • 29"-Laufräder erst ab Rahmengröße L serienmäßig
  • verbesserungsfähige Details
  • hoher Preis
# Für den gesalzenen Preis von 8.999 € bekommt man mit dem Merida One-Sixty 8000 ein sehr gut funktionierendes Enduro-Bike, das uns gerade in der 29"-Konfiguration enorm viel Freude auf dem Trail bereitet hat.

Testablauf

Wir haben das Merida One-Sixty mehrere Monate lang sowohl auf ausgiebigen Hometrail-Touren als auch auf einem mehrtägigen Bike Park-Ausflug getestet. Dabei wurde fleißig getreten, aber selbstverständlich auch ausgiebig auf Shuttle- und Liftunterstützung zurückgegriffen.

Hier haben wir das Merida One-Sixty getestet

Tester-Profil: Christian Franke
Körpergröße 184 cm
Schrittlänge 88 cm
Oberkörperlänge 65,5 cm
Armlänge 72 cm
Gewicht 83 kg
Christian ist Jahrgang 1986 und verdient seine Brötchen als Berufsschullehrer für Zweiradmechatroniker und Fahrradmonteure. Auch in seiner Freizeit spielen Zweiräder bei ihm eine große Rolle. Dementsprechend trifft man den MTB Narr, wenn er nicht gerade dabei ist seine Vespa zu zerlegen, mit dem Enduro-Bike im heimischen Taunus an.
Fahrstil
verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
Ich fahre hauptsächlich
Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
flotter Rebound, wenig Compression, hinten etwas softer als vorne
Vorlieben bei der Geometrie
Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
Tester-Profil: Arne Koop
Körpergröße 184 cm
Schrittlänge 87 cm
Oberkörperlänge 67 cm
Armlänge 63 cm
Gewicht 74 kg
Arne ist seit 2010 auf dem Mountainbike unterwegs. Am liebsten scheucht er Enduro- oder Trailbikes auf ruppigen, natürlichen Trails bergab. Wenn sich die Gelegenheit bietet, springt er jedoch liebend gern aufs Downhill-Bike oder dreht eine Runde mit dem Rennrad.
Fahrstil
sauber, hohes Grundtempo
Ich fahre hauptsächlich
Enduro, Trail, Downhill
Vorlieben beim Fahrwerk
vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
Vorlieben bei der Geometrie
moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel

Tester-Profil: Moritz Zimmermann
Körpergröße 186 cm
Schrittlänge 85 cm
Oberkörperlänge 61 cm
Armlänge 61 cm
Gewicht 93 kg
Moritz ist seit vielen Jahren auf dem Mountainbike unterwegs – vor allem auf Enduro- und Trailbikes, gerne aber auch im Bike Park.
Fahrstil
Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
Ich fahre hauptsächlich
Trail, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
relativ straff mit viel Dämpfung, Heck eher langsam
Vorlieben bei der Geometrie
mittellanges Oberrohr, hoher Stack, lange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel

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