Norco Sight Carbon 9 im Test: Norco hat für die Saison 2017 seine Produktpalette ordentlich überarbeitet und dabei unter anderem dem Trailbike Sight einen komplett neuen, schlichten Carbon-Rahmen spendiert. Wir haben getestet, wie viel Kanada in dem 29er mit 130 mm Federweg am Heck steckt!
Steckbrief: Norco Sight Carbon 9
Einsatzbereich | Trail |
---|---|
Federweg | 140 mm/130 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 13,7 kg |
Rahmengrößen | M, L, XL |
Website | www.norco.com |
Norco hat für 2017 neben dem Enduro-Boliden Range auch das Trailbike Sight gründlich überarbeitet. Dieses soll ein echter Allrounder sein, effizient klettern und bergab dank ausgewogener Geometrie und abfahrtstauglichem Fahrwerk für Fahrspaß sorgen. Das Norco Sight rollt auf 29″-Laufrädern und bietet 140 mm Federweg vorne und 130 mm Federweg hinten, ist wahlweise aber auch als 27,5″-Variante mit jeweils 10 mm Federweg mehr erhältlich. Der Hauptrahmen des Norco Sight besteht aus Carbon, der Hinterbau ist aus Aluminium gefertigt. Außerdem hat die kanadische Firma für 2018 eine günstigere Variante des Sights angekündigt, die komplett aus Aluminium besteht. Wir haben das Norco Sight Carbon als 29er in der mittleren Ausstattungsvariante für 5.499 € getestet!
Geometrie
Die Geometrie des Norco Sight Carbon 9 ist durchaus modern. Norco setzt auf einen relativ geräumigen Reach und einen mit 67° für ein Bike dieser Kategorie moderaten Lenkwinkel. Wie bei Norco üblich wachsen die Kettenstreben mit jeder Rahmengröße um 5 mm. Als 29er ist das Norco Sight nur in den drei Größen M, L und XL erhältlich. Die 27,5″-Variante gibt es hingegen in vier Größen von XS bis L. Bei den Ausführungen mit kleineren Laufrädern hat Norco den Reach etwas verkürzt und den Lenkwinkel um 0,5° abgeflacht. Dafür kommen allerdings auch standardmäßig 10 mm längere Vorbauten zum Einsatz. Unser 29er-Testmodell hat einen Reach von 458 mm, ein 470 mm langes Sitzrohr und 435 mm lange Kettenstreben.
Rahmengröße | M | L | XL |
---|---|---|---|
Sitzrohrlänge | 435 mm | 470 mm | 510 mm |
Lenkwinkel | 67° | 67° | 67° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,1° | 73,7° |
Oberrohrlänge | 601 mm | 632 mm | 662 mm |
Steuerrohrlänge | 94 mm | 94 mm | 104 mm |
Tretlagerabsenkung | 36 mm | 36 mm | 36 mm |
Tretlagerhöhe | 337 mm | 337 mm | 337 mm |
Radstand | 1159 mm | 1191 mm | 1222 mm |
Kettenstrebenlänge | 430 mm | 435 mm | 440 mm |
Reach | 432 mm | 458 mm | 480 mm |
Stack | 611 mm | 611 mm | 620 mm |
Überstandshöhe | 790 mm | 788 mm | 793 mm |
Ausstattung
- Federgabel RockShox Pike RC (140 mm)
- Dämpfer RockShox Deluxe RT3 DebonAir (130 mm)
- Antrieb Shimano XT
- Bremsen Shimano XT
- Laufräder Race Face ARC 30 / Shimano XT Boost
- Reifen Schwalbe Magic Mary (2,35″) / Schwalbe Nobby Nic (2,35″)
- Cockpit Race Face Atlas 35 (800 mm) / Race Face Æffect 35 (50 mm)
- Sattelstütze RockShox Reverb (150 mm)
Sight C7.1 | Sight C9.1 | Sight C7.2 | Sight C9.2 | Sight C7.3 | Sight C9.3 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Gabel | RockShox Pike RCT3 150 mm | RockShox Pike RCT3 140 mm | RockShox Pike RC 150 mm | RockShox Pike RC 140 mm | RockShox Yari RC 150 mm | RockShox Yari RC 140 mm |
Dämpfer | RockShox Deluxe RT3 DebonAir | RockShox Deluxe RT3 DebonAir | RockShox Deluxe RT3 DebonAir | RockShox Deluxe RT3 DebonAir | RockShox Deluxe RT DebonAir | RockShox Deluxe RT DebonAir |
Lenker | Race Face SixC 800 mm | Race Face SixC 800 mm | Race Face Atlas 800 mm | Race Face Atlas 800 mm | Norco 780 mm | Norco 780 mm |
Vorbau | Race Face Turbine R 60 mm | Race Face Turbine R 50 mm | Frace Face Aeffect 60 mm | Frace Face Aeffect 50 mm | Norco 55 mm | Norco 45 mm |
Bremsen | SRAM Guide RSC | SRAM Guide RSC | Shimano XT | Shimano XT | SRAM Level T | SRAM Level T |
Schaltgruppe | SRAM X01 Eagle | SRAM X01 Eagle | Shimano XT | Shimano XT | SRAM NX | SRAM NX |
Kurbel | SRAM X01 Eagle Carbon | SRAM X01 Eagle Carbon | Shimano XT | Shimano XT | SRAM NX | SRAM NX |
Naben | DT 240 | DT 240 | Shimano XT | Shimano XT | Novatec / SRAM MTH 746 | Novatec / SRAM |
Felgen | Race Face ARC 30 | Race Face ARC 30 | Race Face AR 30 | Race Face AR 30 | WTB STP I 29 TCS | WTB STP I 29 TCS |
Preis | 6.499 € | 6.499 € | 5.499 € | 5.499 € | 3.999 € | 3.999 € |
Im Detail
Bis auf die Kettenstreben und den auffälligen, in der Mitte verschraubten Link besteht der knallig-gelbe Rahmen unseres Testbikes komplett aus Carbon. Die Rahmenform des Norco Sight Carbon ist relativ organisch und schlicht, wenngleich die Rohre ein etwas eckigeres Profil haben, als man es von vielen anderen Carbon-Rahmen gewohnt ist. Das Trailbike aus Kanada setzt auf den Norco-eigenen A.R.T.-Hinterbau, bei dem es sich um eine Version des viel verbreiteten Viergelenker-Systems handelt.
Integrierte Protektoren am Unterrohr sowie der antriebsseitigen Druck- und Kettenstreben sollen den Rahmen vor Schäden durch Steine und die Kette schützen. Die Züge sind innenverlegt und führen dicht hinter dem auffällig kurzen Steuerrohr über relativ große, abschraubbare Abdeckungen in das vordere Rahmendreieck. Während die Bremsleitung oberhalb der Kettenstrebe geführt wird, macht das Schaltkabel eine Schlaufe unterhalb des Tretlagers, um dann wieder in der Kettenstrebe zu verschwinden. Das ist nicht unsere Lieblingsposition, sollte sich im Praxiseinsatz jedoch als unproblematisch erweisen. Beim Wechseln von Schaltzug und -hülle sollte man jedoch darauf achten, dass man die Schlaufe groß genug macht.
Ein interessantes Detail am Norco Sight Carbon, das auch am beim großen Enduro-Bruder Range zum Einsatz kommt, ist, dass die Kettenstreben mit jeder Rahmengröße um 5 mm in der Länge wachsen – die Firma aus Kanada bezeichnet das als Gravity Tune. Während das Sight in Größe XS 420 mm kurze Kettenstreben hat, sind diese bei der XL-Ausführung 440 mm lang. Laut Norco soll diese Anpassung die Gewichtsverteilung auf dem Rad optimieren und dafür sorgen, dass sich auch die kleinen und großen Rahmengrößen balanciert und ausgewogen fahren.
Der 800 mm breite Lenker, der kurze Vorbau und der 1×11-Antrieb inklusive kleiner Kettenführung machen schnell klar, dass das Norco Sight Carbon ein modernes Trailbike mit kanadischen Wurzeln ist. Dazu passt auch, dass Norco auf den Boost-Standard vorne und hinten und ein PressFit-Tretlager setzt. Das vordere Rahmendreieck bietet genug Platz, um einen Flaschenhalter zu montieren. Von der schicken Rahmen-Hardware bis hin zur schicken Lackierung wirkt das Norco Sight Carbon hochwertig verarbeitet, was man bei einem Preis von 5.499 € allerdings auch erwarten kann. Mit einem Gewicht von 13,74 kg (Größe L, ohne Pedale) ist das Trailbike außerdem kein Leichtgewicht. Stattdessen liegt der Fokus eher auf Haltbarkeit und stabilen Anbauteilen.
Auf dem Trail
Bergauf muss man auf dem Norco Sight Carbon keine Passage fürchten. Durch den geräumigen Reach und den breiten Lenker hat man keine Probleme, das Vorderrad auf dem Boden zu halten. Auch die mit der Rahmengröße wachsenden Kettenstreben tragen ihren Teil dazu bei. Es gibt es im Trailbike-Segment zwar antriebsneutralere Hinterbauten, verstecken muss sich das Norco jedoch nicht: Es klettert durchaus effizient. Geht man aus dem Sattel in den Sprint, kann man den Hinterbau zum Wippen provozieren. Ein Griff an den blauen Plattform-Hebel des RockShox Deluxe RT3-Dämpfers sorgt jedoch für Ruhe – hierauf haben wir jedoch fast immer verzichten können.
In technischen Anstiegen bleibt der ART-Hinterbau aktiv und generiert auch in steilen Passagen ausreichend Grip. Vorne setzt Norco auf ein 30 Zähne kleines Kettenblatt. In Kombination mit der Shimano-Kassette mit einer Abstufung von 11 bis 46 Zähnen ist das für die allermeisten Anstiege mehr als ausreichend. Der Sprung vom zweitgrößten auf das größte Ritzel fällt bei der Shimano-Kassette jedoch sehr groß aus: Das zweitgrößte Ritzel der Kassette ist nur 37 Zähne groß. Der Rahmen des Norco Sight Carbon verfügt außerdem über eine S3/E-Type Umwerfer-Aufnahme, sollte man zu einem eher Touren-orientierten Aufbau tendieren.
Doch wie schlägt sich das Norco Sight Carbon, wenn der Trail nicht bergauf, sondern bergab zeigt? Beim Blick auf die Geometrie-Tabelle könnte man meinen, dass es sich beim Sight um einen modernen Allrounder handelt, dessen Geometrie jedoch nicht allzu extrem ausfällt. Die Herkunft des Rades und die Ausstattung sprechen jedoch wiederum dafür, dass die kanadischen Ingenieure dem Sight wohl einiges an Abfahrtspotential zutrauen. Und wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen: Das Norco Sight hat Allround-Qualitäten, ist jedoch definitiv nicht gemächlich. Bergab fühlt man sich sofort wohl und hat sehr schnell das Gefühl, nicht auf sondern im Bike zu sitzen.
Als idealer Begleiter hat sich das Norco Sight Carbon für Spielereien auf dem Trail erwiesen. Hierzu trägt auch der sehr poppige A.R.T-Hinterbau bei. Dadurch lässt sich das Norco Sight praktisch mühelos aus Kompressionen und Senken katapultieren. Der moderate Reach, die ausgewogene Kettenstreben-Länge und der nicht zu flache Lenkwinkel bieten einen sehr guten Kompromiss aus Laufruhe und Verspieltheit. Auch in langsamen Sektionen macht das Norco Sight Carbon sehr viel Spaß, wird bei höheren Geschwindigkeiten aber nicht nervös.
Gleichzeitig ist das Fahrwerk nicht das progressivste. Auf offenen, flowigen oder auch natürlichen, engen und mit Wurzel gespickten ist das Norco Sight Carbon dank seiner Wendigkeit und dem aktiven Fahrwerk voll und ganz in seinem Element. Auf verblockten Trails mit vielen harten Schlägen gerät der Hinterbau jedoch an seine Grenzen und fühlt sich etwas harsch und bockig an. Ein wichtiger Faktor hierfür ist das Setup des RockShox-Dämpfers. Mit einem Sag von 30 % fühlt sich der Hinterbau zwar sehr sensibel an, neigt jedoch insbesondere bei höherem Fahrergewicht zum Durchschlagen. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass das Norco Sight Carbon in erster Linie ein Trailbike ist und irgendwann die 130 mm Federweg am Heck einfach aufgebraucht sind. Je nach Fahrweise dürfte es sich durchaus lohnen, den ein oder anderen Volumenspacer in den Dämpfer zu stecken, um die Endprogression zu erhöhen. So oder so bleibt das Sight jedoch jederzeit kontrollierbar, steht am nächsten Absprung wieder hoch in der Luft und saugt jede Landung sicher auf.
Das ist uns aufgefallen
- Vielseitigkeit Das Norco Sight Carbon macht auf nahezu jedem Trail eine gute Figur. Dank stabilen Komponenten ist das gelbe Trailbike auf den meisten Abfahrten ein zuverlässiger Begleiter, der sich mit schwereren Reifen, einem größeren Dämpfer oder dem Einsatz von Volumenspacern und einer 200 mm großen Bremsscheibe vorne noch mehr in Richtung Enduro trimmen lässt. Gleichzeitig ist das Rad auch auf flacheren Trails und in technischen Anstiegen nicht überfordert – insgesamt ist das Norco Sight Carbon ein sehr vielseitiges Trailbike.
- Integrierter Rahmenschutz Der integrierte Rahmenschutz am Unterrohr, an der Kettenstrebe und der Sitzstrebe ist ein schönes Detail, das man bei einem Rad dieser Preisklasse jedoch auch erwarten darf. Noch schöner wäre es jedoch, wenn zumindest der Kettenstrebenschutz mindestens eine Nummer größer ausfällt.
- Verarbeitungsqualität Das Norco Sight Carbon hat unseren Test trotz Einsatz auf hartem, steinigen Gelände inklusive zahlreichen Steinschlägen sehr gut überstanden. Lackierung und Verarbeitungsqualität machen einen sehr guten Eindruck.
- Steuerrohr Mit gerade einmal 94 mm fällt das Steuerrohr unseres Testbikes in Größe L sehr kurz aus, auch der Stack ist mit 611 mm relativ niedrig. Die Lösung dafür ist ein stattlicher Spacerturm unter dem Vorbau, der nicht nur den effektiven Reach verkürzt, sondern mit Sicherheit auch keine Schönheitspreise gewinnt.
- Ausstattung Insgesamt ist die Ausstattung des Norco Sight Carbon 9 sehr solide und durchdacht. Zwar findet man keine Anbauteile aus Carbon, auch das Gewicht ist für ein Trailbike nicht unbedingt rekordverdächtig. Dafür ist das Norco Sight Carbon jedoch auch ein treuer Begleiter, auf den man sich in nahezu jeder Situation verlassen kann.
- 27,5″ oder 29″ Je nach Rahmengröße ist das Norco Sight entweder als 27,5″-Variante oder als 29er erhältlich – in den Größen M und L hat man die Wahl, welche Laufradgröße man bevorzugt. Auch wenn uns der direkte Vergleich zwischen zwei Norco Sights mit beiden Laufradgrößen fehlt sind die 29″ großen Laufräder unserer Meinung nach eine sehr gute Wahl für ein Rad dieser Kategorie.
Fazit – Norco Sight Carbon 9
Mit dem Norco Sight Carbon hat die kanadische Firma ein Trailbike im Programm, das nicht nur sehr allroundfähig ist, sondern vor allem auf vielen Trails sehr viel Spaß macht. Die Ausstattung ist solide und insgesamt sinnvoll gewählt, wenngleich es leichtere Trailbikes gibt. Auf wirklich ruppigen, schnellen Trails kommt der nicht allzu progressive Hinterbau hin und wieder ans Limit. Den positiven Gesamteindruck trübt das jedoch kaum.
Pro / Contra
Pro
- solide Ausstattung
- gute Balance aus Verspieltheit und Laufruhe
- ausgewogene Geometrie
Contra
- Hinterbau gerät in ruppigem Gelände ans Limit
Hier haben wir das Norco Sight Carbon 9 getestet
- Bad Kreuznach: Eine bunte Mischung aus felsigen und flowigen Trails mit etwa 300 Höhenmetern am Stück
- Feldberg/Hessen: Naturbelassene, technisch anspruchsvolle Trails, von steinig bis zu weichem Nadelboden ist alles dabei.
- Testername: Moritz Zimmermann
- Körpergröße: 186 cm
- Gewicht (fahrfertig): 93 kg
- Fahrstil: Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Was fahre ich hauptsächlich: Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk: Relativ straff mit viel Dämpfung, Heck langsam
- Vorlieben bei der Geometrie: Mittellanges Oberrohr und Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
- Testername: Gregor Sinn
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht (fahrfertig): 68 kg
- Fahrstil: verspielt, gerne abziehen
- Was fahre ich hauptsächlich: Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk: unauffällig, hinten progressiv, vorne wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie: ausgewogen, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach
30 Kommentare