Norco Optic im Test: Mit dem neuen Optic gehen die Kanadier von Norco einen mutigen Schritt und präsentieren ein kurzhubiges Trail Bike mit Highpivot-Hinterbau. Alle Infos und einen ersten Testeindruck zum neuen Norco Optic gibt’s hier.
Steckbrief: Norco Optic
Einsatzbereich | Trail |
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Federweg | 140 mm/125 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Aluminium, Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 15,1 kg |
Rahmengrößen | 1, 2, 3, 4, 5 (im Test: 3) |
Website | www.norco.com |
Das neue Norco Optic ist wahrlich nicht das, woran man als erste denken würde, wenn man 125 mm Federweg am Heck hört. Statt des vielleicht zu erwartenden leichtfüßigen Downcountry-Flitzers hat Norco nämlich ein waschechtes Trail Bike mit Highpivot-Hinterbau aus dem Hut gezaubert. Highpivot mit nur 125 mm Federweg? Ja, genau. Norco bestreitet mit dem Optic einen ähnlichen Pfad wie Forbidden mit dem Druid (Forbidden Druid Test). Die 125 mm Federweg am Heck werden mit einer 140 mm Federgabel, 29″-Laufrädern und einer durchweg abfahrtslastigen Ausstattung kombiniert. Wer es lieber verspielter mag, hat zudem die Chance, das Optic als Mullet-Bike mit 27,5″-Hinterrad zu fahren. Auch beim Rahmen-Material überlassen euch die Kanadier die Wahl: Das Optic ist sowohl in Carbon als auch Aluminium erhältlich.
In Deutschland wird allerdings vorerst nur das Carbon-Rahmenkit des Optic angeboten. Aluminium-Rahmen und Komplettbikes gibt es erstmal nicht. Wir hatten dennoch bereits die Möglichkeit, die Top-Ausstattung mit Carbon-Rahmen und Highend-Komponenten kurz für euch anzutesten. In dieser Konfiguration bringt unser Testbike in Rahmengröße 3 15,08 kg auf die Waage.
Neben dem neuen Optic hat Norco übrigens auch das Sight neu aufgelegt. Alle Infos zum langhubigeren Geschwisterchen findet ihr hier: Neues Norco Sight 2024.
Im Detail
Das neue Norco Optic unterscheidet sich rein optisch stark von seinem Vorgänger. Der Hauptgrund hierfür ist schwer zu übersehen und findet sich am Hinterbau: Hier setzt Norco auf eine überarbeitete Variante des vom Enduro-Bike Range bekannten Highpivot-Systems. Der hohe Drehpunkt sorgt für eine nach hinten gerichtete Raderhebungskurve und soll den perfekten Mix aus Laufruhe und Dynamik bieten. Neu in Norcos Highpivot-Welt ist die Position des Umlenkröllchens. Dieses sitzt nun direkt auf dem Drehpunkt in der Kettenstrebe. Diese Position soll nicht nur Kettenlängung und Pedalkickback ausgleichen und unterbinden, sondern auch für ausgezeichnete Pedalier-Eigenschaften sorgen. Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings, dass genau diese Position bereits patentiert ist. Hier muss Norco also in den sauren Apfel beißen und das I-Track Patent lizenzieren.
Aufmerksame Betrachter werden sich wohl bereits gefragt haben, was es mit der verschraubten unteren Dämpferaufnahme auf sich hat. Die Antwort ist einfach wie offensichtlich: Die variable Ausführung ermöglicht die Verwendung von 29″- oder 27,5″-Hinterrädern, ohne dass man durch den Umbau Kompromisse bei der Geometrie eingehen muss. Möchte man sein Optic auf die jeweils andere Laufradgröße umbauen, muss man lediglich die Umlenkwippe und die untere Dämpferaufnahme austauschen. Beides wird separat als sogenanntes Missing Link-Kit zum Kauf angeboten.
Besonders interessant ist weiterhin, dass Norco dem Optic nicht nur einen ausführlichen Kettenstreben-, Sitzstreben- und Unterrohr-Protektor, sondern auch einen Shuttle-Guard verpasst hat. Sowas findet man selbst in höheren Federwegsklassen nur selten und zeigt deutlich die kanadischen Wurzeln des Trail Bikes auf. Weiterhin darf man sich über komplett intern geführte Leitungen, die nicht durch den Steuersatz verlaufen, freuen. Auch ein geschraubtes Tretlager, genügend Platz für eine Trinkflasche sowie eine zusätzliche Werkzeugaufnahme sind natürlich mit von der Partie. Zudem kommt das Optic ab Werk mit einem Bashguard.
Außerdem legt Norco viel Wert auf den neuen „Ride Aligned Setup Guide“. Dieser soll Kunden einen bestmöglichen Startpunkt zur Einstellung ihres neuen Bikes geben. Neben Vorschlägen zur Fahrwerks-Einstellung werden hier auch Tipps für das perfekte Cockpit-Setup und den optimalen Reifendruck geliefert.
Geometrie
Wie einige andere Marken wendet sich auch Norco von der herkömmlichen Größenbezeichnung S, M und L ab. Stattdessen nummerieren die Kanadier ihre Rahmengrößen fortan einfach durch. In Kombination mit kurzen Sitzrohren, die dennoch langhubige Variostützen aufnehmen können, soll dies mehr Variabilität bei der Größenwahl ermöglichen.
Abgesehen davon gibt es hier größenspezifische Sitzwinkel und ziemlich kurze, mitwachsende Kettenstreben, die sich allerdings natürlich beim Einfedern längen. Kombiniert wird das ganze mit Reach-Werten, die sich von 422 mm bis zu gewaltigen 522 mm erstrecken. Die Tretlagerabsenkung beträgt 32 mm und der Lenkwinkel fällt mit 65° relativ flach aus.
Norco Optic 29″
Rahmengröße | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 422,5 mm | 447,5 mm | 472,5 mm | 497,5 mm | 522,5 mm |
Stack | 608 mm | 617 mm | 626 mm | 635 mm | 644 mm |
STR | 1,44 | 1,38 | 1,32 | 1,28 | 1,23 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel, effektiv | 76,5° | 76,8° | 77° | 77,3° | 77,5° |
Oberrohr (horiz.) | 568 mm | 593 mm | 6.117 mm | 641 mm | 665 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Sitzrohr | 350 mm | 370 mm | 385 mm | 430 mm | 445 mm |
Überstandshöhe | 675 mm | 677 mm | 678 mm | 707 mm | 705 mm |
Kettenstreben | 421 mm | 425 mm | 429 mm | 433 mm | 437 mm |
Radstand | 1.159 mm | 1.193 mm | 1.226 mm | 1.259 mm | 1.292 mm |
Tretlagerabsenkung | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm | 32 mm |
Tretlagerhöhe | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm |
Federweg (hinten) | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm |
Federweg (vorn) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Norco Optic Mullet
Rahmengröße | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
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Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 422,5 mm | 447,5 mm | 472,5 mm | 497,5 mm | 522,5 mm |
Stack | 608 mm | 617 mm | 626 mm | 635 mm | 644 mm |
STR | 1,44 | 1,38 | 1,32 | 1,28 | 1,23 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel, effektiv | 76,5° | 76,8° | 77° | 77,3° | 77,5° |
Oberrohr (horiz.) | 568 mm | 593 mm | 6.117 mm | 641 mm | 665 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Sitzrohr | 350 mm | 370 mm | 385 mm | 430 mm | 445 mm |
Überstandshöhe | 675 mm | 677 mm | 678 mm | 707 mm | 705 mm |
Kettenstreben | 415 mm | 419 mm | 423 mm | 427 mm | 431 mm |
Radstand | 1.154 mm | 1.188 mm | 1.221 mm | 1.254 mm | 1.287 mm |
Tretlagerabsenkung | 11 mm | 11 mm | 11 mm | 11 mm | 11 mm |
Tretlagerhöhe | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm | 346 mm |
Federweg (hinten) | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm | 125 mm |
Federweg (vorn) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Ausstattung
Für diesen Test hat uns Norco die Top-Ausstattungsvariante des Optic zur Verfügung gestellt. Diese umfasst neben einem Fox Factory-Fahrwerk und einem SRAM XO Transmission-Antrieb weitere Feinheiten wie die Crankbrothers Synthesis Carbon-Laufräder, SRAM Code-Bremsen und einer 210 mm langen OneUp Variostütze. In Rahmengröße 3 pendelt sich das Optic in dieser Konfiguration bei einem Gewicht von 15,08 kg ein.
In Deutschland wird es diese Konfiguration allerdings zumindest vorerst nicht zu kaufen geben. Stattdessen wird ausschließlich das Carbon-Rahmenkit des Optics angeboten. Dieses beinhaltet einen RockShox Vivid Air Select+ Dämpfer sowie das Missing Link Kit und ist in der Farbe unseres Testbikes erhältlich. Preislich liegt das Rahmenkit bei 4.199 €.
- Federgabel Fox 36 Factory (140 mm)
- Dämpfer Fox Float X Factory (125 mm)
- Antrieb SRAM X0 Eagle T-Tpye
- Bremsen SRAM Code Ultimate
- Laufräder Crankbrothers Synthesis Carbon
- Reifen Maxxis Minion DHF Exo+ / Maxxis Dissector Exo+
- Cockpit Deity Skywire Carbon (770 mm) / CNC Alloy (40 mm)
- Sattelstütze OneUp Variostütze (210 mm)
Auf dem Trail
Wir konnten das Norco Optic bereits bei den aktuell sehr nassen Bedingungen auf unseren Hometrails im Taunus testen. Von der Haustüre aus starten wir, erst über Asphalt, dann weiter über durchgeweichte Waldautobahnen in Richtung Traileinstieg. Die verbaute Reifenkombination aus Maxxis Minion DHF vorne und Maxxis Dissector Exo+ am Hinterrad läuft wie Schmitz‘ Katze und auch an der Geometrie gibt es nichts auszusetzen. Die Position in mittlerer Sattelstellung fällt ganz leicht gestreckt aus und lässt einen ordentlich Watt in die Pedale drücken. Wer es richtig steil bevorzugt, schiebt den Sattel nach vorn. Dank des ausreichend steilen und größenspezifischen Sitzwinkels sollte hier jeder glücklich werden.
Der Hinterbau des Optics ist nicht ganz antriebsneutral. Zwar lässt sich Norcos neuste Trail Bike auch mit offenem Dämpfer wirklich gut pedalieren, allerdings ist man mit gelocktem Dämpfer, insbesondere an steilen Rampen, effizienter unterwegs. Der entsprechende Hebel ist glücklicherweise problemlos zu erreichen. Doch wie ist es um die Effizienz der Kettenumlenkung bestellt? Solange das Bike sauber und die Kette ordentlich geschmiert ist, fällt das High Pivot System mit dem prominent platzierten Zahnrädchen in keinster Weise negativ auf.
Allerdings fingen Antrieb und insbesondere die Umlenkrolle je nach Intensität des – zu dieser Jahreszeit nicht ausbleibenden – Schlammbeschusses irgendwann hörbar an zu mahlen. Ob dies neben der ungewünschten Geräuschkulisse auch die Effizienz des Antriebs negativ beeinflusst hat, können wir aufgrund der weichen Böden und nicht ganz optimalen Testbedingungen nicht mit Sicherheit sagen. Es hat uns jedenfalls nicht daran gehindert, auch ausufernd lange Fahrten durch die Matschepampe mit dem Optic zu unternehmen.
Gewichtstechnisch spielt das Norco Optic mit seinen 15 kg in einer Liga, die in der Regel eher von Bikes mit mehr Federweg beherrscht wird. Beim Blick in die Ausstattungstabelle wird allerdings schnell klar: Das Optic ist eben auch nicht ausgestattet wie ein Bike mit 125 mm Federweg, sondern boxt mit seiner Fox 36, dem Fox Float X-Dämpfer und den Crankbrothers Synthesis-Laufrädern einfach eine Gewichtsklasse höher. Wer hier die Uphill-Geschwindigkeiten eines Downcountry-Bikes erwartet, wird dementsprechend enttäuscht sein. Trotz des geringen Federwegs zielen Ausstattung und Ausrichtung des Norco Optics klar auf die Abfahrt.
Am Traileinstieg angekommen, ist die Vorfreude groß. Vor mir liegt ein von Wurzeln durchzogener, matschiger und triefend nasser Trail. Mir gehen noch so ein paar Dinge durch den Kopf. Wie wird sich diese Reifenkombination in diesen Bedingungen schlagen und wie fühlen sich diese 429 mm kurzen Kettenstreben in der Praxis an? Sowas Kurzes bin ich zuletzt an einem 26″ Bike gefahren. Lange ist’s her. Das Enduro-mäßige Cockpit und die Fox 36-Federgabel vermitteln direkt volles Vertrauen und animieren dazu, die Bremse offenzulassen. Allerdings wird man schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das straffe Fahrwerk sorgt für ordentlich Gegenhalt und man merkt natürlich, dass dieses Bike nicht die allererste Wahl für die aktuell äußerst widrigen Bedingungen ist, bei denen man über jedes Quäntchen Grip, dass man bekommen kann, froh ist. Hier spielen natürlich auch die Reifen eine große Rolle. So gut die verbaute Kombination bei trockenen festen Böden performt: Ein Dissector macht im Schlamm einfach nicht viel und auch der Maxxis Minion DHF am Vorderrad hält seine Spur durch die Matschlandschaft nicht immer perfekt.
Sobald der Untergrund sich aber nicht mehr ganz so garstig zeigt und man von einer Rut in die nächste fliegen kann, macht das Optic mit seinem präzisen Handling und dem poppigen Hinterbau richtig viel Spaß. Auch Bedenken ob der auf dem Papier sehr kurzen Kettenstreben bewahrheiten sich nicht. Durch das Highpivot-System längen sich die Streben so weit, dass das Bike zwar ziemlich verspielt ist, aber die Geometrie und die Radlastverteilung dennoch ausbalanciert werden. Auf Absprüngen gibt das Fahrwerk ordentlich Gegenhalt und sorgt so für fette Sprungeinlagen. Überschießt man eine Landung und klatscht ins Flat gibt es keine bösen Überraschungen in Form von Durchschlägen.
Die Geometrie hat Norco für unseren Geschmack bestens getroffen. Der Lenkwinkel mit seinen 65° verhindert Überschlagsgefühle und führt dennoch zu einem agilen, direkten Lenkverhalten. Der moderate Reach von 472 mm lässt einen wunderbar mit dem Bike spielen, ohne dass man sich gedrungen fühlt. So lässt sich das neue Norco Optic intuitiv und leichtgängig manövrieren. Bei all dem Lob muss allerdings auch erwähnt werden, dass wir nicht die für uns empfohlene Rahmengröße getestet haben. Unser Testbike in Größe „3“ wird von Norco für Fahrer*innen zwischen 1,70 m und 1,80 m empfohlen. Mit einer Körpergröße von 1,84 m ist unser Testfahrer etwas größer, würde aber dennoch nicht zum nächstgrößeren Rahmen greifen. Genau solche, auf den persönlichen Präferenzen basierenden Entscheidungen soll die von Norco eingeführte neue Größen-Benennung ja auch befördern.
Wer ein Bike für Trails mit viel Flow, Jumps und nicht ganz so wildem Untergrund sucht, findet mit dem neuen Norco Optic eine echte Spaßmaschine, mit der man problemlos lange Tage im Sattel verbringen kann. Wer allerdings vor allem Trails mit dicken Wurzeln und Steinen vor der Haustüre hat, wird wahrscheinlich mit einem Bike, dass etwas mehr Sicherheit in Form von mehr Federweg bietet, glücklicher.
Erster Eindruck – Norco Optic
Mit dem neuen Optic bewegt sich Norco abseits des Mainstreams und wagt einen interessanten Schritt: In unserem ersten Test konnte das Short Travel High Pivot-Bike mit einem spaßigen, direkten Fahrverhalten punkten. Allerdings hätten wir uns in der ein oder anderen Situation etwas mehr und weniger straffen Federweg gewünscht. Wir freuen uns schon darauf, diesem spannenden Konzept in den kommenden Wochen ausgiebig auf den Zahn zu fühlen und das Norco Optic gegen die aktuelle Trail Bike-Konkurrenz zu testen.
Wie gefällt euch das neue Norco Optic?
Testablauf
Wir konnten das neue Norco Optic bereits vor den Launch für einige Ausfahrten auf unseren Hometrails im Taunus testen.
Hier haben wir das Norco Optic getestet
- Taunus, Hessen Naturbelassene Trails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil. Außerdem gebaute Strecken, Flowtrails und Enduro-Strecken
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter rebound, wenig compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
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