Marin Alpine Trail im Test: Marin hat das Enduro-Bike Alpine Trail einem kompletten Make-Over unterzogen. Dieses präsentiert sich nun als Mullet-Bike mit 170/160 mm Federweg, setzt auf einen Alu-Rahmen samt Staufach sowie eine potente und vielfältig anpassbare Geometrie. Wir konnten es bereits testen.
Video: Marin Alpine Trail im Test
Steckbrief: Marin Alpine Trail
Einsatzbereich | Enduro |
---|---|
Federweg | 170 mm/160 mm |
Laufradgröße | 29ʺ, Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Gewicht (o. Pedale) | 17,4 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: M) |
Website | www.marinbikes.com |
Preisspanne | 3.499 € – 5.945 € |
Neben einem komplett neuen Alu-Rahmen mit stark modernisiertem Look hat das neue Marin Alpine Trail auch ein Federwegs-Upgrade spendiert bekommen. So kitzelt der MultiTrac 2 LT-genannte Viergelenker-Hinterbau nun 160 mm Federweg aus dem standardmäßig verbauten Stahlfeder-Dämpfer, der mit einer 170 mm Federgabel ergänzt wird. Ausgeliefert wird das Enduro-Bike nun stets als Mullet-Bike mit 27,5″-Hinterrad, wobei ein Umbau auf 29″ dank Flip Chip möglich sein soll. Zu den Features des Rahmens gehört zudem ein Stauraum im Unterrohr und ein spezieller Steuersatz, über den sich der ziemlich flache Lenkwinkel justieren lässt. Marin bietet drei verschiedene Modelle sowie ein Rahmenkit für 1.899 € an. Wir haben das mittlere Marin Alpine Trail für 5.059 € getestet.
Im Detail
Schon rein optisch hebt sich das neue Marin Alpine Trail sichtbar vom Vorgänger ab, doch auch an den inneren Werten haben die US-Amerikaner einiges justiert. So werkelt am Heck inzwischen der MultiTrac 2 LT-Hinterbau, wobei es sich um ein Viergelenker-System handelt. Bisher hat man hier auf einen abgestützten Eingelenker gesetzt. Als Vorteil gibt Marin etwa an, dass der Anti-Rise gesenkt werden konnte, wodurch der Hinterbau auf der Bremse aktiver bleiben soll. Zudem soll so der Gegenhalt in der Federwegsmitte erhöht worden sein. Im Zuge der Umstellung wurde ein Flip Chip im Kettenstreben-Drehpunkt untergebracht, über den sich die Kettenstrebenlänge sowie die Tretlagerhöhe justieren lassen.
Ein weiterer Flip Chip ist zwischen Hinterbau und Umlenkhebel untergebracht und erlaubt es, ein 29″-Hinterrad einzubauen. Standardmäßig kommt das Alpine Trail nämlich als Mullet-Bike mit 29″-Vorderrad und 27,5″-Hinterrad. Damit hört es nicht auf, denn auch der proprietäre Steuersatz erlaubt es, den Lenkwinkel um ±0,75° zu justieren. Dazu benötigt es lediglich eine zweite obere Schale, die im Lieferumfang enthalten ist.
Beim Rahmen-Material setzt Marin weiterhin auf Aluminium, was die Ingenieure jedoch nicht davon abgehalten hat, ein Staufach im Unterrohr unterzubringen. Dieses nennt sich „Bear Box“ und versteckt sich unter dem Flaschenhalter. Der gedichtete Kunststoff-Deckel kann mit zwei Handgriffen komplett entnommen werden. Darunter befindet sich eine schmale Öffnung und ein schlanker, allerdings nicht gepolsterter Sack, in den die nötigsten Utensilien reinpassen. Zusätzlich gibt’s unter dem Oberrohr eine Aufnahme für Tool-Mounts oder Ähnliches. In den Flaschenhalter sollen Marin zufolge in allen Größen 700 ml-Falschen passen.
Sämtliche Kabel treten hinter dem Steuerrohr ins Innere des Rahmens – auf eine Führung durch den Steuersatz haben die Kalifornier glücklicherweise verzichtet. Im Inneren werden sie allerdings weder geführt noch gepolstert – lediglich im Bereich des Staufachs sind die Gabel in Kunststoff-Führungen eingeklipst. Interessant ist, dass die eingeschraubten Leitungseingänge wasserdicht sein sollen: An der Öffnung befindet sich eine dünne Gummi-Membran, die bei erstmaliger Nutzung von der Leitung durchstochen wird. Wer später eine schlankere Leitung verbauen möchte, kann die Eingänge bei Marin nachkaufen. Diese führen die Kabel zudem vom Rahmen weg und sollen so Schleifspuren verhindern und auch ohne innere Führung klappernde Leitungen unterbinden.
Natürlich hat Marin im Bereich der Kette dämpfende Gummi-Schoner vorgesehen. Auch am Tretlager ist ein verschraubter Schoner vorgesehen, der sich bis über den auffälligen Knick im Unterrohr erstreckt. Ein kleines Schutzblech befindet sich zudem am Drehpunkt zwischen Kettenstreben und Rahmen und soll diesen vor Schlammbeschuss durch den Hinterreifen bewahren. Das Tretlager selbst wird übrigens zur Freude aller Mechaniker in den Rahmen geschraubt. Am Ausfallende gibt’s ein UDH-Schaltauge, das auch die Montage einer SRAM Transmission erlaubt.
Geometrie
Die Geometrie des Alpine Trail wurde stark modernisiert und folgt nun ganz dem Motto: lang und flach! Im neutralen Steuersatz-Setting (mit langer Kettenstrebe und tiefem Tretlager) beträgt der Lenkwinkel bereits flache 63° und kann noch um ±0,75° justiert werden. Das ist schon fast DH-Bike-Terrain. Mit vier Größen deckt Marin einen breiten Geometrie-Bereich ab – allerdings sind die Sprünge im Reach mit 3 cm zwischen den Größen auch recht groß. Dazu gibt’s über alle Größen hinweg modern-hohe Stack-Werte und einen ziemlich steilen Sitzwinkel. Die Kettenstreben sind zwischen 435 mm und 442 mm justierbar, allerdings schrumpft dabei die Tretlagerhöhe von 352 mm zu 345 mm. Der dritte Flip Chip in der Sitzstrebe ist dazu da, die Geometrie-Änderung durch den Einbau eines 29″-Hinterrad zu kompensieren.
Geometrie-Tabelle mit neutralem Lenkwinkel, tiefem Tretlager und langen Kettenstreben:
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 | Mullet 29/27,5 |
Reach | 623,9 mm | 454,5 mm | 484,5 mm | 514,6 mm |
Stack | 623,9 mm | 637,5 mm | 646,6 mm | 651,2 mm |
STR | 1,00 | 1,40 | 1,33 | 1,27 |
Lenkwinkel | 63° | 63° | 63° | 63° |
Sitzwinkel, effektiv | 78,7° | 78,5° | 78,3° | 78,1° |
Oberrohr (horiz.) | 557,9 mm | 593,2 mm | 627,7 mm | 660,5 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 115 mm | 125 mm | 130 mm |
Sitzrohr | 400 mm | 420 mm | 430 mm | 460 mm |
Überstandshöhe | 676 mm | 682,6 mm | 687,3 mm | 690,6 mm |
Kettenstreben | 442 mm | 442 mm | 442 mm | 442 mm |
Radstand | 1.218,2 mm | 1.254,8 mm | 1.289,8 mm | 1.321,5 mm |
Tretlagerabsenkung | 14 mm | 14 mm | 14 mm | 14 mm |
Tretlagerhöhe | 345 mm | 345 mm | 345 mm | 345 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 160 mm | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Federweg (vorn) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Ausstattung
Marin bietet das Alpine Trail in insgesamt 3 Ausstattungsvarianten an, wobei eine echte High-End-Variante nicht im Programm ist. Wer sein Rad gerne selbst aufbauen möchte, kann einfach zum Rahmenset mit RockShox Super Deluxe Ultimate-Stahlfederdämpfer für 1.899 € greifen. Los geht’s mit dem Alpine Trail für ziemlich günstige 3.499 €, das auf ein Fox-Fahrwerk, bestehend aus 36 Rythm-Federgabel und Float Performance-Dämpfer, setzt. Dazu gibt’s eine Shimano Deore-Schaltung mit 12 Gängen und TRP Slate Evo 4-Kolben-Bremsen.
Wir hatten das mittlere Alpine Trail XR im Test, das für 5.059 € einen interessanten Mix aus High-End-Fahrwerk von RockShox (mit Zeb Ultimate und Super Deluxe Ultimate Coil) und Mitteklasse- oder Eigenmarken-Komponenten bietet. So wird mit einem SRAM GX-Antrieb geschaltet, während die SRAM DB8-Mineralöl-Bremse für ausreichend Bremspower sorgen soll. Dazu gibt’s Marin-eigene Laufräder mit Formula-Naben und eine TranzX-Sattelstütze mit 150–200 mm Hub, je nach Größe. Für knapp 900 € mehr gibt’s das Marin Alpine Trail XR AXS, das – wenig überraschend – eine elektrische SRAM GX AXS-Schaltung bietet. Dazu gibt’s SRAM Code Bronze-Bremsen und eine kunterbunte Lackierung.
- Federgabel Rock Shox Zeb Ultimate (170 mm)
- Dämpfer RockShox Super Deluxe Ultimate (160 mm)
- Antrieb SRAM GX
- Bremsen SRAM DB8
- Laufräder Marin-Felgen mit Formula-Naben
- Reifen Maxxis Assegai
- Cockpit Marin Trail (800 mm) / Marin CNC (35 mm)
- Sattelstütze TranzX (170 mm)
Marin Alpine Trail | Marin Alpine Trail XR | Marin Alpine Trail XR AXS | |
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Rahmen | All New Series 4 6061 Aluminum, 29" Wheels, 160mm Travel MultiTrac LT Suspension Platform, Integrated Downtube Storage, Adjustable Headset & CS Length/BB Height, Full Internal Cable Routing, Chainstay Mounted Post Mount Disc Brake, 148x12mm Boost Thru- Axle, 73mm Threaded BB w/ ISCG05 Tabs | All New Series 4 6061 Aluminum, 29" Wheels, 160mm Travel MultiTrac LT Suspension Platform, Integrated Downtube Storage, Adjustable Headset & CS Length/BB Height, Full Internal Cable Routing, Chainstay Mounted Post Mount Disc Brake, 148x12mm Boost Thru- Axle, 73mm Threaded BB w/ ISCG05 Tabs | All New Series 4 6061 Aluminum, 29" Wheels, 160mm Travel MultiTrac LT Suspension Platform, Integrated Downtube Storage, Adjustable Headset & CS Length/BB Height, Full Internal Cable Routing, Chainstay Mounted Post Mount Disc Brake, 148x12mm Boost Thru- Axle, 73mm Threaded BB w/ ISCG05 Tabs |
Gabel | Fox 36 Rhythm, 170mm, 29", Grip Damper, 110x10 Kabolt, 44mm Offset | RockShox Zeb Ultimate, 170mm Travel, 29", 110x15mm Maxle Stealth, 44mm Offset | RockShox Zeb Ultimate, 170mm Travel, 29", 110x15mm Maxle Stealth, 44mm Offset |
Dämpfer | Fox Float Performance, 205x65, 30xM8 Lower Hardware, Custom Tune | RockShox Super Deluxe Coil Ultimate, 205x65, 30xM8 Lower Hardware, Custom Tune, Spring Rates S/M: 350lbs, L/XL:400lbs | RockShox Super Deluxe Coil Ultimate, 205x65, 30xM8 Lower Hardware, Custom Tune, Spring Rates S/M: 350lbs, L/XL:400lbs |
Laufräder | Marin, Double Wall Alloy, 29mm Inner, Pinned Joint, Disc Specific, 32H, Tubeless Compatible / Shimano Hubs | Marin, Double Wall Alloy, 29mm Inner, Sleeved Joint, Disc Specific, 32H, Tubeless Compatible / Formula-Naben | Marin, Double Wall Alloy, 29mm Inner, Sleeved Joint, Disc Specific, 32H, Tubeless Compatible / Formula-Naben |
Reifen | Vee Tire Co. Snap WCE, 29x2.6" Front 27.5x2.6" Rear, Top 40 Compound, Enduro Core, 90 TPI, Tubeless Compatible | Maxis Assegai MAXX GRIP, Front 29x2.5 EXO+, Rear 27.5x2.5" DoubleDown, Tubeless compatible | Maxis Assegai MAXX GRIP, Front 29x2.5 EXO+, Rear 27.5x2.5" DoubleDown, Tubeless compatible |
Schaltwerk | Shimano Deore | SRAM GX Eagle | SRAM GX AXS T-Type |
Schalthebel | Shimano Deore | SRAM GX Eagle | SRAM AXS Pod MMX |
Kurbeln | FSA Comet Heavy Duty, Modular 1x, 32T Direct Mount Chainring | SRAM GX Eagle, 32T, 55 mm CL, 170 mm | SRAM GX Eagle, 32T, 55 mm CL, 170 mm |
Tretlager | FSA MegaExo 73mm BSA | SRAM DUB | SRAM DUB |
Kette | KMC X-12 Silver and Black| | SRAM NX Eagle | SRAM GX Eagle T-Type |
Kassette | Shimano, Deore M6100 12-Speed, 10-51T | SRAM GX 1275 T-Type 10-52T | SRAM GX 1275 T-Type 10-52T |
Bremse | TRP Slate EVO, 4-Piston Hydraulic Disc, Resin Pads, 203mm Rotor | SRAM DB8 4-Piston Hydraulic Disc, HSC 200mm Rotors | SRAM Code Bronze 4-Piston Hydraulic Disc, HSC 200mm Rotors |
Lenker | Marin Mini-Riser, 6061 Double Butted Aluminum, 780mm Width, 28mm Rise, 5° Up, 9° Back | Marin Trail, 35mm Clamp, 7000 Alloy Bar, 800mm Length, 20mm Rise, 5 Degree Up, 8 Degree Back | Marin Trail, 35mm Clamp, 7000 Alloy Bar, 800mm Length, 20mm Rise, 5 Degree Up, 8 Degree Back |
Vorbau | Marin 3D Forged Alloy, 35mm | Marin CNC, 35mm Length, 35mm Bar Bore | Marin CNC, 35mm Length, 35mm Bar Bore |
Griffe | Marin Grizzly Lock-On | Marin Grizzly Lock-On | Marin Grizzly Lock-On |
Steuersatz | FSA Custom, Adjustable HTA Design | FSA Custom, Adjustable HTA Design | FSA Custom, Adjustable HTA Design |
Sattelstütze | TranzX, YSP39 1x Remote, 34.9 Seatpost Diameter, Travel S = 150mm, M/L = 170mm, XL = 200mm | TranzX, YSP39 1x Remote, 34.9 Seatpost Diameter, Travel S = 150mm, M/L = 170mm, XL = 200mm | TranzX, YSP39 1x Remote, 34.9 Seatpost Diameter, Travel S = 150mm, M/L = 170mm, XL = 200mm |
Sattel | Marin Speed Concept | Marin Speed Concept | Marin Speed Concept |
Preis (UVP) | 3.499 € | 5.059 € | 5.945 € |
Auf dem Trail
Ich konnte das Marin Alpine Trail XR in Größe L im Rahmen des Bike Connection Winters zunächst für eine kurze Ausfahrt in Massa Marittima in der Toskana entführen. Später hat Marin mir das Rad in Größe M für etwa vier Wochen vor der offiziellen Vorstellung überlassen. Leider sind die Sprünge zwischen den Größen recht weit geraten – idealerweise hätte ich genau die Mitte zwischen M und L gewählt. Im Zweifel greife ich jedoch lieber zu kleineren Größe, da ich damit vor allem auf verwinkelten Enduro-Trails aktiver fahren kann und Unterschiede im Setup spüre. Ich habe allerdings den 35 mm-Vorbau gegen ein Modell mit 50 mm Länge getauscht.
Zunächst bin ich mit dem empfohlenen Setup von Marin gestartet: Mit einer 400 lbs-Feder ergeben sich bei meinen etwas über 80 kg (fahrfertig) genau die angegebenen 25 % Sag. Hier sollte man jedoch die teils relevante Streuung von Stahlfedern beachten und den Sag immer selbst messen. Das geht dank aufgedruckter Skalierung am Super Deluxe sehr bequem. Den Rebound habe ich nach Gefühl recht schnell eingestellt, Lowspeed- sowie Highspeed-Druckstufe und HBO (hydraulischer Durchschlagschutz) zunächst im mittleren Setting belassen. Der Flip Chip war bei Lieferung im hohen Setting.
Beim ersten Aufsitzen fühlt man sich direkt gut ins Rad integriert. Der Sitzwinkel fällt recht steil aus, was in flachen Passagen viel Druck auf die Hände verlagert, aber aktuell en vogue ist. Die Sitzposition ist natürlich in steilen Passagen hilfreich, doch eine Bergziege ist das Alpine Trail trotzdem nicht. Wohl auch bedingt durch die recht hohe Front und abfahrtslastige Geometrie, muss man das Gewicht in technischen Passagen spürbar nach vorn verlagern, um ein steigendes Vorderrad zu verhindern. Der Hinterbau generiert viel Grip, wippt allerdings etwas. Dazu kommt das ziemlich hohe Gewicht und der sehr schlecht rollende Assegai-Reifen in MaxxGrip-Mischung an Front und Heck. Zumindest bei der Reifenwahl hätte Marin etwas mehr Rücksicht auf die Allround-Eigenschaften des Bikes nehmen können. Summa summarum hat das dazu geführt, dass ich trotz recht rundem und ruhigem Tritt bergauf zum Lockout gegriffen habe, was ich normalerweise nicht tue.
Abgesehen vom Sattel hat man es jedoch recht bequem auf dem Marin Alpine Trail und kommt wohlbehalten, wenn auch etwas später, am Gipfel an. Die komplette Ausrichtung des Bikes schreit jedoch nach der Abfahrt. Schon im hohen Flip Chip-Setting steht man hier gut integriert im Bike. Der Hinterbau spricht sensibel an, bietet jedoch bereits recht früh einiges an Gegenhalt. Das sorgt bei vielen aufeinanderfolgenden Schlägen für ein etwas unruhiges Heck. Geometrie und Gewicht hingegen ergeben richtig viel Laufruhe, erschweren aber auch das verspielte Platzieren des Bikes auf dem Trail. Um zu schauen, ob ein weicheres Heck das Marin vielleicht in eine Dampfwalze verwandelt, habe ich eine 375 lbs-Feder eingebaut, die 30 % Sag liefert. Damit saß das Rad bei aufeinanderfolgenden Schlägen jedoch zu tief im Heck und ist auch gelegentlich unangenehm durchgeschlagen.
Also ging es zurück zur strafferen Feder, mit relativ offener Dämpfung und -1 Klick HBO. Mit dem Flip Chip im flachen Setting steht man nochmals sicherer im Bike, was meiner Meinung nach besser zur Abfahrts-orientierten Ausrichtung passt. Dadurch habe ich nicht viel Eingewöhnungszeit gebraucht, um es auch auf harten Strecken laufen zu lassen. Auf feinen Schlägen bietet das Alpine Trail fast schon Downhill-Bike Feeling, vermittelt viel Vertrauen und spricht sehr sensibel an. Für so ein potentes Rad geht es zudem ziemlich flink um die Kurve und lässt sich gut aus Anliegern und Senken pressen. Der Alu-Rahmen fühlt sich vergleichsweise steif an und dürfte sich pudelwohl auf Anlieger- und Jumptrails fühlen.
Man muss sich in bei harten, aufeinanderfolgenden Schlägen eben dazu zwingen, diese aktiv wegzuschlucken oder, wenn möglich, einen auszulassen. Letzteres ist mir auf verblockten Enduro-Trails nicht immer gelungen – es gibt definitiv Räder, die sich leichter auf eine andere Linie bugsieren lassen. In steilen Sektionen ist mir kein unangenehmes Bremsstempeln aufgefallen. Gleichzeitig schafft es das Marin Alpine Trail, seine Geometrie auch bei harten Bremsmanövern zu bewahren und taucht nicht übermäßig vorne ein.
Das ist uns aufgefallen
- Flaschenhalter Zumindest mit dem von mir verwendeten Noname-Sidecage ist die Flasche beim Einfedern an den Dämpfer gestoßen. Mit 500 ml ist noch Platz nach oben und andere Flaschenhalter lassen sich vielleicht höher schieben. Das Problem ist mir so noch nie untergekommen, dürfte sich aber lösen lassen.
- Setup-Empfehlung Zum Test-Zeitpunkt waren diese noch nicht online. Löblicherweise bietet Marin jedoch Setup-Empfehlungen, die immerhin die korrekte Federhärte, beziehungsweise den Luftdruck für das günstigste Modell, bieten.
- Komponenten Mit dem Großteil der Marin-Komponenten hatte ich keine Probleme – nur die Griffe waren mir etwas zu dick. Der Sattel hat mir jedoch nicht behagt, außerdem ist der Hebel der sonst problemlos funktionierenden Sattelstütze merkwürdig rund geformt und hat einen recht hohen Widerstand zu Beginn. Man muss allerdings den Preis beachten, weshalb das alles Meckern auf hohem Niveau ist.
- Felgen Vielleicht war es Pech, ich hatte auf der sehr ruppigen Enduro-Strecke am Schöckl jedoch Probleme mit einem sich stark verdellenden und ausspeichenden Hinterrad. Nachdem ich allerdings aufgegeben hatte, den durch eine starke Delle verursachten Seitenschlag rauszuzentrieren, sondern einfach alles gleichmäßig festgezogen habe, hat das Laufrad den restlichen Tag problemlos gehalten.
- Reifenwahl Das Alpine Trail ist ein potentes, wohl eher Gravity-lastiges Bike. Allerdings sollte es als Enduro auch bergauf fahren können. Eine etwas andere Reifenwahl hätte die Bergauf-Performance deutlich gesteigert, ohne Abstriche bergab machen zu müssen.
- Verarbeitung Hier gibt es an sich wenig zu meckern. Die Dämpferbolzen und Flipchips sitzen recht fest im Rahmen, haben dafür jedoch kein Spiel entwickelt. Unser Testbike hat nach kurzer Zeit leicht beim Pedalieren geknarzt, war allerdings auch schon gebraucht. Ob es das Tretlager oder der Rahmen war, konnte nicht festgestellt werden.
- Staufach Dieses ist an sich ziemlich praktisch und löblich. Die ovale Öffnung fällt allerdings recht schmal aus. Ich habe trotzdem eine sehr kleine Pumpe, CO2-Kartuschen und Flicken hineinbekommen.
- Ausstattung Es ist ein sehr sinnvoller Ansatz, einem Rad ein High-End-Fahrwerk zu spendieren und lieber an anderen Ecken etwas zu sparen. Das senkt den Preis deutlich mehr als die Performance. Die SRAM DB8-Bremsen fühlen sich zwar nicht sehr hochwertig an, hatten jedoch auch auf den alpinen Strecken am Schöckl ausreichend Power und Standfestigkeit.
Fazit – Marin Alpine Trail
Mit dem Marin Alpine Trail haben die US-Amerikaner ein überarbeitetes Enduro-Bike vorgestellt, das nicht nur auf dem Papier so wirkt, als ob es auch im Bikepark zu Hause sein könnte. Dank Staufach, steilem Sitzwinkel und gut erreichbarem Lockout steht zwar auch längeren Touren nichts im Wege – diese kosten durch das hohe Gewicht und die Reifenwahl allerdings ein paar mehr Watt. Bergab sorgt die DH-inspirierte Geometrie für viel Vertrauen und Laufruhe, was das Alpine Trail für den Bikepark-Einsatz prädestiniert. Auf sehr verblockten Trails kann das Heck hingegen etwas harsch werden. Richtig viel Spaß macht dieses Enduro jedoch auf ausgebauten Strecken mit viel Luftstand.
Marin Alpine Trail Pro / Contra
Pro
- Geometrie vermittelt viel Vertrauen bergab
- hochgradig anpassbarer Rahmen mit vielen Features
- sinnvolle Ausstattung mit gutem Preis-Leistungsverhältnis
Contra
- hohes Gewicht
- Hinterbau stempelt bei harten Schlägen etwas
Testablauf
Wir konnten das Marin Alpine Trail XR in L für eine kurze Ausfahrt in Massa Marittima entführen. Anschließend hat uns Marin ein identisches Bike in Größe M vorbeigebracht, mit dem wir mehrere Wochen lang die Trails rund um Graz, den Schöckl und Maribor unsicher gemacht haben.
Hier haben wir das Marin Alpine Trail XR getestet
- Massa Marittima, Toskana: Trailpark mit einer großen Variation an Trails, die allerdings eher langsam und teilweise recht verblockt sind.
- Graz, Österreich: Teilweise ziemlich steile, ausgewaschene Enduro-Trails ohne viele gebaute Features. Hier steht man viel auf der Bremse und ist auf der Suche nach einer smoothen Linie.
- Schöckl, Österreich: Bikepark mit einem ziemlich ruppigen und verblockten Enduro-Trail. Dazu gibt’s eine Variation aus teils sehr schnellen und steilen Strecken, sowie einige Anlieger und Sprünge.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Trail Bikes
- Vorlieben beim Fahrwerk
- ausbalanciert, Gegenhalt über die Feder, Druckstufe eher offen, mittelschneller Rebound
- Vorlieben bei der Geometrie
- eher kurz, hoher Stack, ausgewogener Sitz- und Lenkwinkel
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