Pole EVOLINK 110 29 XC – kurz & knapp
Bikes mit einem Reach von über 500 mm sind zum Glück von Menschen über 1,90 m keine Seltenheit mehr. Große Menschen haben sich jahrelang mit ellenlangen Vorbauten beholfen, um nicht eingeklemmt zu sitzen – kurze Vorbauten waren kleineren Körpergrößen vorbehalten. Die relativ junge finnische Marke Pole bedient nun ebenfalls diesen Zielgruppe mit Bikes, die nicht nur passen, sondern auch mit 455 mm am Heck weitläufige Meinungen zu kurzen Kettenstreben in Frage stellen. Nicht alles sind neue Ideen, aber in Summe finden sich schlaue Lösungen und das Konzept wirkt durchdacht. In der Testredaktion haben wir drei Fahrer über 1,90 m und da ich einer davon bin, war ich außerordentlich gespannt darauf, ein Pole mit dem etwas sperrigen Namen „EVOLINK 110 29 XC“ zu testen.
- Rahmen: Heat treated 7005 Aluminium alloy
- Federweg Front: 120 mm
- Federweg Heck: 110 mm
- Dämpfermaße: 184 mm x 44 mm
- Tretlager-Standard: 73 mm (SRAM GXP or SHIMANO Hollowtech compatible)
- Bremsaufnahme: Post mount 180 mm – 203 mm
- Sattelstütze: 30.9 mm (clamp 34.9 mm)
- Hinterradachse: 142 x 12 mm
- Laufradgröße: 29″
- Gabel-Offset: 51 mm
- Gabellänge (Achse bis Krone): 526 mm
- Rahmenfarbe: Pastel blue
- Rahmengewicht: ~3,3 kg ohne Dämpfer
- Komplettgewicht: ~12 kg
- Flaschenhalter: 2
- 5700 €
Pole EVOLINK 110 29 XC – Technische Daten
Geometrie
XS 150-160cm | S 160-170cm | M 170-180cm | L 180-190cm | XL 190-200cm | |
---|---|---|---|---|---|
Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° | 66° | 66° |
Reach | 420 | 450 | 480 | 510 | 535 |
Reach (effektiv) | 555 | 585 | 615 | 645 | 670 |
Tretlagerhöhe | −20 mm | −20 mm | −20 mm | −20 mm | −20 mm |
Sitzwinkel | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° |
Sitzwinkel (effektiv) | 77,5° | 77,5° | 77,5° | 77,5° | 77,5° |
Stack | 606 mm | 606 mm | 606 mm | 606 mm | 606 mm |
Radstand | 1188 mm | 1218 mm | 1248 mm | 1278 mm | 1308 mm |
Kettenstrebenlänge | 455 mm | 455 mm | 455 mm | 455 mm | 455 mm |
Sitzrohrlänge | 420 mm | 440 mm | 460 mm | 480 mm | 480 mm |
Steuerrohrlänge | 135 mm | 135 mm | 135 mm | 135 mm | 135 mm |
Gabel Offset | 51 mm | 51 mm | 51 mm | 51 mm | 51 mm |
Ausstattung
Tretlager | RACE FACE BSA |
Bremsen | SRAM GUIDE RS 180/180mm |
Kassette | SRAM XG1199 11-42 |
Kette | SRAM XX1 |
Kettenführung | MRP 1x V3 ISCG-05 26-38T |
Kurbel | RACE FACE NEXT SL DM30 |
Schaltwerk | SRAM XX1 Type 2.1 1×11-spd |
Gabel | DT SWISS OPM O.D.L 29 120mm |
Vorderradachse | 15x100mm |
Griffe | RACE FACE LOVEHANDLE |
Lenker | RACE FACE NEXT ø35mm 20mm 760mm |
Steuersatz | CANE CREEK FORTY ZS44 / ZS56 |
Hinterradachse | MAXLE ULTIMATE 12x150mm |
Sattel | VELO |
Sattelklemme | MJ CYCLE ø34,9mm |
Sattelstütze | EASTON EC90 ZERO |
Shifter | SRAM XX1 11-spd |
Dämpfer | DT SWISS X313 Alu 184×44 SAB |
Vorbau | RACE FACE TURBINE ø35mm 50mm |
Reifen | WTB Nine Line 2.25 TCS Light Dual DNA Lightweight |
Laufradsatz | DT SWISS XR 1501 SPLINE ONE 29 15×100 / 12×142 |
Pole EVOLINK 110 29 XC in der Hand
Leo Kokkonen ist der Gründer von Pole Bikes. Er habe einen Industriedesign-Hintergrund und dementsprechend suche er immer nach smarten Lösungen, erklärt er mir in unserem ersten Gespräch. Neben der neuen Geometrie und den damit verbundenen Fahreigenschaften, bei denen er sich unter anderem mit Matti Lehikoinen beraten hat, war ihm auch bewusst, dass so ein langes Rad Schwierigkeiten beim Transport mit sich bringt. So erdachte er eine Möglichkeit, das Rad ohne großen Aufwand „zu falten“. Was nach Reiserad im ICE-Abteil klingt, macht bei einem Radstand von über 1300 cm und 29 Zoll-Laufrädern durchaus Sinn. Hierfür ist es lediglich notwendig, dass man eine Schraube am Dämpfer löst und das Vorderrad herausnimmt. Clever!

Auf die Frage hin, ob die Bikes dann nicht grundsätzlich zu lang sind, gibt Leo nur schulterzuckend zu bedenken, dass jeder Fahrer sein Rad und dessen Größe immer nach seiner persönlichen Vorliebe aussuchen sollte. Wenn ein großer Fahrer dann doch lieber auf einem S-Rahmen fahren möchte, dann könne er das jederzeit machen und mit den neuen großen Größen ermöglicht er großen Leuten, einfach nun einen Rahmen zu fahren, den es sonst aktuell noch nicht von vielen Herstellern gibt.
Pole EVOLINK 110 29 XC auf dem Trail
Aktuell testen wir in der Redaktion viele Enduro- und Trailbikes. Dieser Schwerpunkt war auch in Kirchberg bei den anderen Magazinen erkennbar, denn die Bikes von Pole waren fast gänzlich ausgebucht. Das EVOLINK 110 29 XC in XL war dann aber den meisten dann mit einem Reach von 535 mm doch eher zu groß und für das Gelände nicht potent genug. Aber war es das wirklich? Ich ließ mich von 110 mm Federweg und den 2,25er WTB Nineline Reifen nicht schrecken und nahm es mit auf den teilweise sehr matschigen Fleckalmtrail.
Vorher schnappte ich mir noch ein Maßband, um die Dimensionen zu erfassen. 1335 mm Radstand. 455 mm Kettenstrebenlänge. Ein Reach von 535 mm (zirka um 2 cm durch den Spacerturm verringert). Zu groß? Zu sperrig? Erstaunlicherweise stellte sich das Gefühl nicht ein. Ja, es geht nicht so willig auf das Hinterrad wie ein Bike mit 3 cm kürzeren Kettenstreben. Aber wo auf dem Trail fährt man auch schon so langsam wie auf dem Parkplatz? Also ab auf den Trail!

Uphill
Fleckalmtrail gibt es einige Bergaufpassagen. Keine wirklich steilen Rampen, aber nur mit Schwung alleine ist da nichts zu holen. 110 mm Federweg, schnelle Reifen und eine Ausrichtung auf XC kündigten es bereits an: Das Pole rannte den Berg geradezu hinauf. Mit der langen Kettenstrebe ist kein lästiges Nach-vorne-legen notwendig, um einem steigenden Vorderrad entgegen zu wirken. Man blieb einfach in einer zentralen Position und hämmerte in Crosscountry-Manier in die Pedale, was ging – sehr zum Leidwesen der Mitfahrenden. Das DT-Fahrwerk war ebenfalls auf der straffen Seite angesiedelt und so marschierte das Pole Evolink extrem willig den Berg hinauf.
Downhill
Alle Passagen des Trails, die in der Sonne lagen, waren bereits komplett abgetrocknet. Im Wald, unter dem Schutz des Blätterdachs lauerten aber neben Schlammlöchern auch eine Menge schmieriger Wurzeln und engere Kehren in technischem Gelände. Ein Terrain, welches ein Rad dieser Ausstattung und mit diesem Federweg durchaus auf die Probe stellt. Wie zu erwarten, war der WTB NineLine in 2,25er Breite nicht der richtige Begleiter, um Traktion zu generieren und das DT-Fahrwerk, welches bergauf durch seine sehr stramme Abstimmung den Vortrieb unterstützt hatte, wollte sich mit dem Schlag-Stakkato nur ungern auseinander setzen. Fast schon bockig verhielt es sich trotz wiederholter Anpassung von Luftdruck und Zugstufe.

Wer jetzt glaubt, dass dadurch Schiebeeinlagen notwendig wurden, ist aber auf dem falschen Dampfer. Die schiere Länge und ausbalancierte Geometrie sorgten für ein skiartiges Fahrgefühl. Hinterrad rutscht? Meinetwegen – ich habe ja ewig Zeit es einzufangen, bevor es mich überholt – und auf seinem Weg wird es schon irgendwo Halt finden. Vorderrad kämpft um Grip? Die Front ist hoch genug, um hier beim Druckaufbau nie das „Über-den-Lenker-Gefühl“ zu generieren. In Summe blieb ich auch im widrigen, dem Rad nicht unbedingt entsprechenden Gelände, erstaunlich entspannt.

Wo ich allerdings wirklich zu kämpfen hatte, waren spitzkehrenartige Kurven voller nasser Wurzeln. Die Bereifung und das Fahrwerk waren natürlich Faktoren, die hier stark zum Tragen kamen; aber man muss sich bei einem Rad mit dieser Länge bewusst sein, dass man weit voraus schauen und seine Linie genauer planen muss. Spitz in eine Kurve reinfahren und sich dann mit einer kurzen Kettenstrebe herumretten war hier nicht möglich.

Fazit: Pole EVOLINK 110 29 XC
Der erste Eindruck, den Pole mit dem EVOLINK 110 29 XC hinterlässt, ist ein tiefer – trotz des bockigen Fahrwerkes und der etwas minimalistisch gewählten Reifen. Wie bereits eingangs erwähnt, haben viele Personen über 1,90 m nach wie vor nicht solch eine große Auswahl an passenden Bikes wie kleinere Fahrer. Pole bietet nun als ein weiterer Anbieter diesen Kunden die Möglichkeit, kurze Vorbauten zu fahren ohne komplett verkrampft auf dem Bike zu sitzen. Es bedarf einer gewissen Eingewöhnungszeit, um mit dem ungewöhnlichen Verhalten des Rades zurecht zu kommen, aber bereits nach kurzer Zeit profitiert man von der Balance der Geometrie, der Laufruhe, der Kletterfähigkeit und dem Bewegungsspielraum an sich. Abstriche macht man bei sehr technischem Gelände mit langsamen engen Kurven, die in Richtung Spitzkehre gehen. Hier ist mehr Planung bei der Linienwahl gefragt.
Weitere Informationen
Webseite: www.polebicycles.com
Text & Redaktion: Jens Staudt | MTB-News.de 2016
Bilder: Stefanus Stahl
82 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDer Wert zu Minnaars Kettenstrebe wurde mal von Rob Warner in einer Live-Übertragung genannt. Die Kettenstrebenlänge von Ratboy weiß ich von einem Bikecheck der demnächst kommt. Er hat einen Custom-Umlenkhebel hinter dem Tretlager.
Man darf nie vergessen, dass man ein Rad und dessen Geometrie im entsprechenden Gelände bewerten muss. Sprich ein Worldcup-DH-Bike sollte man eher um das durchschnittliche Gefälle drehen und dann die Fahrerposition darauf betrachten. Da sieht das alles schon wieder komplett anders aus. Barel meinte beim Sender-Launch ebenfalls, dass er auf steilen Strecken entgegen seiner generellen Vorliebe zu längeren Kettenstreben lieber kurze Kettenstreben fährt.
Was die Gewichtsverlagerung angeht versuche ich auf dem Rad eine Position zu haben in der ich zentral bleibe. Egal was kommt. Dieses ständige nach vorn und hinten gehen um Druck/Grip aufzubauen geht einfach nicht schnell genug und wenn man eine Strecke (Enduro) fährt die man nicht kennt hat man teilweise gar nicht mehr die Zeit um zu reagieren. Von daher bevorzuge ich ein System das ausbalanciert ist und das erreiche ich nur wenn die Kettenstrebenlänge zum Front/Center passt und die Federelemente entsprechend abgestimmt sind.
Mit Personenwaagen habe ich auch schon experimentiert und das Ergebnis ist extrem überraschend! Man glaubt gar nicht wie wenig notwendig ist um drastische Änderungen hervorzurufen.
Ja klar ist der Einfluss des Geländes enorm. Man muss sich eben nur mehr die Auswirkungen der Schwerpunktlage vorstellen, einmal im flachen und einmal im richtig steilen Gelände. Wäre es anders, würden Rennräder auch anders aussehen.

Ich habe auch nicht die Reaktionsgeschwindigkeit, um ständig groß mein Gewicht zu verlagern. Ich brauche schon die ganze Gehirnleistung um das Rad in die Kurven zu drücken, die Pedale halbwegs sauber zu belasten und den Kopf in die richtige Richtung zu halten. Ausnahmen davon sind eher selten.
Früher habe ich auch geglaubt, dass das perfekte Bike technisch/physikalisch die krassesten Eigenschaften haben sollte - heute bin ich davon überzeugt, dass sich für einen wie mich das Bike so gutmütig wie möglich verhalten sollte.
Für mich passt ein Bike, wenn ich bei einem Drop oder einer Stufe das Gewicht nicht nach hinten verlagern muss.
Wie geschrieben, persönlich komme ich mit Kettenstreben/Radstand von ~ 1/2,65 relativ gut zurecht. Nach vorne etwas länger zu werden, werde ich trotzdem mal ausprobieren. Aktuell habe ich auf meiner Teststrecke nur eine Stelle, wo das Vorderrad ab geht. Das ist auf einem Übergang von einer Böschung auf einen Forstweg. Dort muss ich meinen Körper aktiv nach vorne verlagern.
Es ist schon lustig, wie lange man braucht, um relativ einfache physikalische Vorgänge in die eigenen Fahrerei einzubinden. Wenn ich nur dran denke, wie lange ich den Sag auf Grundlage falscher Annahmen falsch eingestellt habe. Peinlich.
...eine Waage reicht da auch aus. (Brett unter das Hinterrad) Da kommt genau das in kg heraus, was das Verhältnis Rear Center zu Front Center sagt. Interessanter ist, wieviel Druck in kg durch Gewichtsverlagerung an der Front min und max. möglich sind.
..betreffend Neigung....pro Grad Neigung wird der Rear Center um 1,7cm länger (Annahme Schwerpunkt 1m über dem Boden => Hüfte stehend gefahren)....bei 5 Grad Neigung ist somit der Rear Center (Kettenstrebenlänge z.B.44cm + 5x1,7cm).....so kommt man auch auf die in Minnaars Artikel angegebenen Gewichtsverteilung bei 5 Grad (55% Hinten/45% Vorne). Was Minnaars Vorbaulänge betrifft - da hatte er heuer in der Schweiz einen 45mm Vorbau.
Stimmt das sicher mit der Klassifikation 5 lt. ASTM (beim airdrop edit v2) wenn ja, dann wäre das mein nächster Rahmen!
Steht das irgendwo geschrieben? Hab da leider nichts gefunden
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