Celtic Cycles Chadh: Ein vielseitiges Mountainbike, das mit so ziemlich allen Industriestandards kompatibel sein und obendrein zum fairen Preis auf den Markt kommen soll. Wenn euch das aufhorchen lässt, dann könnte euch das Projekt von Richard Kapp – dem Gründer und Konstrukteur von Celtic Cycles – gefallen. Das Chadh soll durch seine variable Geometrie sowie Dämpfereinbaulängen eine Basis für den XC-Race, Tour, Marathon, Down-Country und sogar Trail-Einsatz bilden und ist zudem in Carbon, Aluminium und sogar Stahl als Rahmenwerkstoff erhältlich. Wir haben uns mit dem Erfinder in Verbindung gesetzt, um ein paar Details für euch herauszufinden!
Celtic Cycles Chadh: Ein XC-Bike für alle Standards
Die Gemeinde Glottertal, welche nur einen Steinwurf entfernt vom Bike-Hotspot Freiburg liegt, ist nicht nur Geburtsort von Richard Kapp, sondern auch der eines XC-Bikes, das alles können soll – oder zumindest für ein weites Spektrum eingesetzt werden will. So jedenfalls die Aussage des Erfinders. Angetrieben durch die ständig voranschreitende Innovation der Bikeindustrie – welche uns alljährlich mit neuen Standards und Konzepten eines Besseren belehren möchte – hat der Tüftler und Mountainbiker einen MTB-Rahmen konstruiert, welcher es mit so ziemlich allen gängigen Standards aufnehmen soll. Angefangen bei unterschiedlichen Dämpfereinbaulängen und Montagemöglichkeiten: Hier kann man sich zwischen 165 und 190 mm von Dämpferauge zu Dämpferauge entscheiden sowie aus Standard oder Trunnion-Mount wählen.
- Rahmenmaterial Carbon (alternativ als Aluminium und Stahl-Version erhältlich)
- Federweg 80–130 mm (vorne) / 70–130 mm (hinten)
- Hinterbau Eingelenker
- Laufradgröße 27,5″, 29″, Mullet-Varianten
- Besonderheiten komplette Eigenkreation, Aufnahme vieler Einbaustandards, multi-variabler Aufbau möglich, in drei Werkstoffen erhältlich, innenverlegte Züge
- Gewicht ca. 11,6 kg (Komplettbike ohne Pedale, Herstellerangabe)
- Rahmengrößen M (in Carbon, weitere Größen geplant)
- Verfügbar als Kleinserie verfügbar (3 bis 4 Monate Lieferzeit)
- www.celticcycles.de
Preis Celtic Chadh-Rahmenset ohne Dämpfer: 2.699 € (inkl. 4x Dämpferwippe für unterschiedliche Dämpfermontage, 2x Halter für schwimmende Dämpferlagerung)
Preis Celtic Chadh-Komplettbike: ab 5.000 €
Egal, ob Boost oder Non-Boost, ob 12 mm-Steckachse oder 9 mm-Schnellspanner – das Celtic Cycles Chadh ist dank selbst erdachtem Ausfallenden-Adaptersystem maximal variabel. Auch ein SRAM UDH-kompatibles Ausfallende ist schon in der Mache. Dazu gibt es 3-fach verstellbare Sitzstrebenlängen, welche mithilfe ihrer Teleskop-Bauweise zur Anpassung des Lenkwinkels dienen und hier jeweils 0,7° Veränderung bewirken.
Mit den unterschiedlichen Dämpfereinbaulängen werden von kurzhubigen 70 bis zu hin zu satten 130 mm Federweg am Heck des Chadh ermöglicht. Dabei steht einem mit Standard-Dämpfermontage (Auge/Auge) eine zusätzliche Bohrung für den Switch auf 12 % mehr Federweg zur Verfügung – hier kann mittels Schnellspanner in Windeseile umgestellt werden. Verstellbare Kettenstreben? Kein Problem, das Chadh kann mit 440 oder 448 mm dienen. An der Front ist es möglich, sich zwischen 80 und 130 mm Federweg auszutoben.
Auch Laufradkategorien werden bei Celtic Cycles durchbrochen, denn das Chadh kann neben den klassischen 27,5″- und 29″-Versionen, als Mullet (29″/27,5″) oder auch völlig gegen den Mainstream als 29″/26″-Mullet aufgebaut werden. Bei all den vielen Variablen bleibt immerhin der Sitzwinkel in der 29″-Version seinen relativ steilen 76° treu und das unabhängig davon, welche Geometrie-Modifikation man ausgewählt hat.
Laut Rainer Kapp wurde damit ein Mountainbike konstruiert, welches Merkmale aufweist, die sonst kein Hersteller auf dem Markt anbietet. Wer sich für das Chadh im Carbon-Gewand interessiert, muss sich jedoch aktuell mit einer Rahmengröße (M) begnügen, denn die Fertigungskosten sind bei der aktuellen Kleinserie noch zu hoch. Der Carbon-Hauptrahmen wird bei der Firma LT-Bikes in China gefertigt, die Backform ist jedoch Eigentum von Celtic Cycles. Die weiteren geplanten Größen L und XL könnten in Carbon laut Kapp erst nach einem wirtschaftlichen Erfolg angeboten werden. Bis dahin hat man die Möglichkeit, Rahmen auch in Alu oder Stahl in jeder gewünschten Größe anfertigen zu lassen.
Was das Heck des Alleskönners angeht, setzt man auf Aluminium (EN AW-7020/7005), welches in Deutschland verarbeitet wird und genau wie die Nicht-Carbon-Cahmen von Bendixen Bikes mit Sitz in Freiburg gefertigt werden. Wer sich für solch ein individuelles Mountainbike-Konzept interessiert, muss mindestens 5.000 € für ein Komplettbike oder 2.699 € für das Rahmenkit exklusive Dämpfer ausgeben.
Einsatzbereich des Celtic Cycles Chadh
Wenn es nach Richard geht, dann handelt es sich beim Chadh um ein „polyvalentes“ Mountainbike, was so viel bedeutet wie vielseitig einsetzbar. Denn das Chadh soll dank der unzähligen Anpassungsmöglichkeiten für Tour, Marathon, Race, Down Country und unter Umständen auch für das Trail Bike-Revier geeignet sein.
Celtic Cycles bedient sich bei der Kategorisierung seines Individual-Mountainbikes des internationalen Standards ASTM F2043-13, welcher insgesamt fünf Kategorien umfasst, bei denen alles von reiner Straßennutzung bis hin zu extremem Gelände mit großen Sprüngen abgedeckt wird. Hierbei wird aktuell Kategorie 3 ausgewiesen: Fahrräder dieser Kategorie sind für raue Trails, raues Gelände und auf schwierigen Strecken, die eine gute Fahrtechnik erfordern, einsetzbar. Sprünge und Drops sind hier bis zu einem bestimmten Grad einbezogen. Doch das Chadh will in Zukunft noch eine Kategorie weiter aufsteigen, hierfür will der Entwickler aber noch weitere Tests durchführen.
Ausgetüftelt und konstruiert wurde das Chadh, wie auch alle anderen Celtic Cycles Bikes, in der heimischen Werkstatt. Hierbei setzt Rainer Kapp aber nicht auf CAD-Programme – diese hatte er zwar mal angeschafft, aber dank teurer Software-Updates wieder verworfen – sondern bleibt seinem A0-Zeichenbrett treu. Denn so hat der pensionierte Maschinenbau-Techniker ca. 80 % aller Vorrichtungen und Maschinen in seiner langen Berufslaufbahn entwickelt und gezeichnet.
Der als Eingelenker ausgelegte Hinterbau des Chadh verfolgt mit seiner insgesamt recht langen Schwinge eine ähnlich senkrechte Rad-Erhebungskurve, wie es etwa ein Horst-Link-Bike vollführen kann. Was für einen kaum spürbaren Einfluss auf das Pedalierverhalten des XC-Renners sorgen soll. Laut Kapp könnte man so statt der gelagerten Sitzstreben theoretisch auch flexende Carbon- oder Fiberglas-Streben im Chadh verwenden.
Die zurzeit verfügbare Rahmengröße M wird aktuell von Fahrerinnen und Fahrern zwischen 1,64 und 1,86 m bewegt – hier wird im Geometrie-Setup sowie bei den Laufradgrößen auf die unterschiedlichen Belange eingegangen. Rainer Kapp befürwortet beispielsweise, dass Pilot*innen bis 1,72 m bei 27,5″-Laufrädern bleiben, um so Vorteile wie leichteres Beschleunigen und die tiefere und ergonomischere Sitzposition für sich zu nutzen.
Geometrie
Bei der Geometrie befinden wir uns im Bereich von Trek Supercaliber (Test) oder Canyon Lux (Tets) – also aktuellen Rennmaschinen für Freunde des Cross-Country-Sports. Vergleicht man es mit dem Trek, so misst man beim Freiburger-Rennpferd in Größe Medium ganze 19 mm mehr Reach (443,9 vs. 425 mm), was natürlich auch dem um 2° steileren Sitzwinkel von 76° und der daraus resultierenden Sitzposition geschuldet ist. Zusammen mit den bis zu 448 mm langen Kettenstreben, welche damit um 18 mm länger sind als die des Supercalibers, unterstreicht man Abfahrtstauglichkeit und das vielseitige Einsatzspektrum. Auch bei der Tretlagerhöhe setzt man um 4 mm tiefer an und will so wohl zu einem noch besseren Kurvengefühl beitragen.
Der Lenkwinkel im Standard-Setup beträgt XC-taugliche 69°, kann jedoch durch die 3-fach verstellbaren Teleskop-Sitzstreben um jeweils 0,7° angepasst werden. Beim Radstand baut das Chadh natürlich deutlich länger als ein Trek oder Canyon der angesetzten Kategorie – hier stehen 1.150 mm zu Buche, die jedoch um -8 bis +7 mm angepasst werden können. Der Stack-Wert dagegen hat keine Überraschungen zu bieten und pendelt sich wie beim Supercaliber in Größe M bei 594 mm ein. Alles in allem ein knackiger Cross Country-Renner, der durch seine Einstellmöglichkeiten auch als Down Country Bike eingesetzt werden kann.
Rahmengröße | M |
---|---|
Laufradgröße | 29″ |
Reach | 444 mm |
Stack | 594 mm |
STR | 1,34 |
Lenkwinkel | 69° |
Sitzwinkel, effektiv | 76° |
Oberrohr (horiz.) | 592 mm |
Steuerrohr | 100 mm |
Sitzrohr | 470 mm |
Überstandshöhe | 761,6 mm |
Kettenstreben | 448 mm |
Radstand | 1.150 mm |
Tretlagerabsenkung | 44 mm |
Tretlagerhöhe | 316 mm |
Gabel-Offset | 44 mm |
Interview mit Richard Kapp von Celtic Cycles
Wie kam es zur Gründung von Celtic Cycles? Warum der Name?
Ich wollte nach meinem langen, stressigen Berufsleben nicht auf der faulen Haut liegen nach dem Motto: „Jung bleiben ist keine Frage des Alters“. Der Name hat etwas mit meiner Affinität zu Irland zu tun, wo die Kelten auch viele Spuren hinterließen. Auch in meiner Umgebung gibt es etliche keltische Namen und Zuordnungen.
Welches war dein erstes selbst konstruiertes / gebautes Bike?
Das erste Bike war 1993 ein DH-Fully aus Alu 7020 für die Racer Manfred Stromberg und Kai Uwe Lof aus Dortmund. Sowie ein Hardtail für Mike Kluge nach seinen Vorgaben. Geschweißt wurde es von Fuchs in Rutesheim. Gleichzeitig entstand ein Prototyp für Cross-Country, mit straffem Hinterbau bei circa 5 cm Federweg, ähnlich wie heute Lee Cougan, und relativ antriebsneutralem Drehpunkt der Schwinge. 1996 gab es noch mal eine optimierte Position des Lagers für die Einarm-Schwinge, die dann weit vor der Kurbelachse lag. So wie jetzt auch beim Chadh.
Warum das Chadh und woher kommt der Name?
Chadh ist auch keltisch und bedeutet Krieger beziehungsweise Kämpfer, was mir besser gefällt.
Was würdest du als Highlights am Chadh benennen?
3-fach verstellbare Sitzstrebenlänge für das Tuning des Lenkwinkels, der Einbau von Dämpferlängen ab 165 mm (progressive Version, Kurzhub 70–84 mm am Heck) bis 190 mm und ca. 110–120 mm Federweg am Heck, die dazu Trunnion oder Standard bedienen. Auch der steile, gleichbleibende Sitzwinkel von 76° in der Grundeinstellung 29″/29″, egal wie weit die Sattelstütze ein- oder ausgefahren ist. Dazu die Position des Hauptlagerpunkts, der für hohe Effizienz beim Kurbeln sorgt.
Einsatzgebiete des Chadhs – wo siehst du das Bike?
Das Chadh ist polyvalent. Tour, Marathon, Race nach Gewichtsoptimierung, Down Country und sicher auch Trail.
Die aktuellen Modifikation-Optionen kann man auf deiner Homepage sehen. Wird das Rad noch weiter entwickelt oder hast du die letzte Iterationsstufe erreicht?
Auf meiner Homepage und im Test sind Prototypen unterwegs. In der Endversion ist die Alu-Schwinge komplett geschweißt und nicht geschraubt. Das war zunächst wegen größter Probleme bei der Materialbeschaffung nicht anders möglich.
Gibt es weitere Pläne für die Zukunft – ein Chadh 2 oder ein anderes Fully?
Die Pläne sind folgende: Zunächst möchte ich ein maximal wartungsfreundliches Chadh-Rahmenset so am Markt im Customer Bereich anbieten, dass der Kunde nicht immer gleich in die Werkstatt muss. Dazu gehört auch eine leichte Kurbel, welche absolut einfach, nahezu kinderleicht montiert und ohne Verlängerung (Krafthebel) demontiert werden kann. Die Designanmeldung läuft derzeit mit Patentanwalt. Eine Kurbel ähnlich ehemals Bikedrive, beziehungsweise aktuell O-Chain. Für beide Versionen liegen funktionierende Prototypen vor und werden gefahren. Ein Celtic Power-Bremssattel und ein Leichtgewicht Celtic-Tretlager ist in Arbeit.
Meinung @MTB-News.de
Wer schon lange auf der Suche nach einer Lösung für die vielen Industriestandards ist und gerne verschiedene Dämpfer und Laufräder in einem Cross-Country-Bike testen will, der könnte beim Celtic Cycles Chadh fündig werden. Die Bandbreite der Detaillösungen ist wirklich erstaunlich, die Anpassungsmöglichkeiten vielfältig. Allerdings muss man gewillt sein, bei all den Extras auf einen besonders cleanen Look zu verzichten. Dafür wird das Rampenlicht am Bike-Treff wohl auf dich gerichtet sein.
Was sagt ihr zum All-in-One-Cross-Country-Bike aus Freiburg?
58 Kommentare