Prime Thunderflash im Test: Das Prime Thunderflash ist ein waschechtes Race-Enduro und verfügt über 165 mm Federweg am Heck sowie 170 mm an der Front. Wir haben den schicken 29″-Carbon-Flitzer ausgiebig für euch ausprobiert. Hier gibt’s unseren Testeindruck.
Steckbrief: Prime Thunderflash
Einsatzbereich | Enduro |
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Federweg | 170 mm/165 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,8 kg |
Rahmengrößen | M,L,XL (im Test: L) |
Website | primebicycles.com |
Preisspanne | 3.499 € bis 8.499 € |
Die noch junge polnische Marke Prime Bicycles setzt auf Qualität statt Quantität. Aktuell sind lediglich zwei Mountainbikes in der überschaubaren Produktpalette gelistet. Das Downhill-Bike Rocket und das Enduro Thunderflash. Diese beiden haben es allerdings faustdick hinter den Ohren und zeigen klar den Fokus der Marke auf: Gravity.
Wir haben das Prime Thunderflash in den vergangenen Monaten ausführlich für euch getestet. Das Enduro-Bike verfügt über 170 mm Federweg an der Front sowie 165 mm am Heck, rollt auf 29″-Laufrädern und bringt in Rahmengröße L mit Stahlfeder-Dämpfer 14,8 kg auf die Waage. Preislich liegt das von uns getestete Topmodell bei rund 8.500 €
Im Detail
Anhand der flotten Formsprachen und dem ikonischen Sitzdom kann man es bereits erahnen: Das Prime Thunderflash wurde in Zusammenarbeit mit Cero Designs rund um den Firmengründer Cesar Rojo entwickelt. Der Entwicklungsdienstleister ist im Bike-Business wahrlich kein Unbekannter, sondern hat sein Können bereits bei einigen anderen Bikes unter Beweis gestellt. So zählen Unno, Intense und Mondraker zur Kundenliste. Auch das Thunderflash stammt unverwechselbar aus der Feder der Katalonier. Die schicken Sichtkanten und das flüssig in die Kettenstreben übergehende Oberrohr sorgen dafür, dass das Thunderflash einfach schnell aussieht und sich deutlich von anderen Bikes mit ihm Rahmen stehenden Dämpfer abhebt.
Genau wie der Hauptrahmen sind auch die beiden Umlenkwippen aus Carbon gefertigt. Diese rotieren beim Einfedern in die gleiche Richtung und erzeugen so einen virtuellen Drehpunkt. Der Hinterbau stellt 165 mm Federweg zur Verfügung, pendelt sich bei einem Anti-Squat-Wert von um die 100 % ein (Anti-Squat und Anti-Rise erklärt) und soll dank ausreichend Progression sowohl mit Luft- als auch mit Stahlfeder-Dämpfern kompatibel sein. Ungewöhnlich ist, dass Prime auf der Antriebsseite des unteren Umlenkhebels gleich zwei Kugellager nebeneinander einsetzt. Dadurch soll die seitliche Steifigkeit und so die Antriebseffizienz erhöht werden. Zudem sind alle Lagerbolzen zusätzlich mit Dichtungen versehen, um Dreck und Wasser draußen zu halten.
Wie es sich für ein Mountainbike dieser Preisklasse gehört, ist das Prime ausführlich geschützt: Neben dem obligatorischen Kettenstreben-, Sitzstreben- und Unterrohr-Protektor sind auch ein Shuttelguard sowie ein integrierter Fender mit von der Partie. Zudem sorgt eine kleine Gummi-Dichtung an der Sattelklemme dafür, dass hier kein Wasser eindringen kann.
Die Leitungen verlaufen komplett im Inneren des Rahmens und werden dort durch Liner direkt zu ihren Bestimmungsorten geführt. Genau wie bei Trek und Konsorten setzt auch Prime auf einen Steuersatz mit integriertem Lenkanschlag. Selbstverständlich ist im Hauptrahmen ausreichend Platz für eine Trinkflasche vorhanden. Einen Kofferraum oder eine zusätzliche Werkzeugaufnahme gibt es allerdings nicht. Auch auf ein SRAM UDH-Schaltauge muss man leider verzichten. Als Trostpflaster steht allerdings eine lebenslange Garantie auf den Rahmen zu Buche.
Geometrie
Prime bietet das Thunderflash in drei Größen von M bis XL zum Kauf an. Alle Rahmen teilen sich die mit 445 mm relativ langen Kettenstreben und geräumige Reach-Werte. Der Stack rangiert von 617 mm bis 634 mm und der Lenkwinkel liegt bei 64°. Dazu gibt es einen mit zirka 78° sehr steilen Sitzwinkel und eine Tretlagerabsenkung von 25 mm. Einen Flipchip zur Geometrie-Verstellung gibt es nicht.
Rahmengröße | M | L | XL |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 460 mm | 480 mm | 505 mm |
Stack | 617 mm | 626 mm | 634 mm |
STR | 1,34 | 1,30 | 1,26 |
Lenkwinkel | 64° | 64° | 64° |
Sitzwinkel, effektiv | 77,6° | 77,8° | 78° |
Oberrohr | 602 mm | 624 mm | 651 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm |
Sitzrohr | 423 mm | 443 mm | 473 mm |
Kettenstreben | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | 1.243 mm | 1.267 mm | 1.296 mm |
Tretlagerabsenkung | 25 mm | 25 mm | 25 mm |
Tretlagerhöhe | 346 mm | 346 mm | 346 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 165 mm | 165 mm | 165 mm |
Federweg (vorn) | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Ausstattung
Dass sich das Prime Thunderflash nicht an Mountainbike-Einsteiger richtet, sollte jedem klar sein. Dementsprechend wird auch keine Budget-Ausstattungsoption angeboten. Alle Aufbauten lassen nahezu keine Wünsche offen und sind durch die Bank weg im hochpreisigen Segment angesiedelt. Preislich geht’s mit 3.499 € für den Rahmen los. Das günstigste Komplettbike wandert dann für einen Preis von 7.299 € über die Ladentheke, während für das von uns getestete Prime Thunderflash R ein Preis von 8.499 € aufgerufen wird.
Dafür bekommt man feinste Öhlins-Federlemente, Industry Nine-Laufräder, einen SRAM X01 Eagle-Antrieb und eine Bikeyoke Revive-Variostütze mit 185 mm Hub. Nicht ganz ins Bild passen hingegen die für ein Bike dieses Kalibers zu schwachbrüstigen SRAM G2-Bremsen. Das Gewicht liegt in dieser Konfiguration in Rahmengröße L bei 14,8 kg ohne Pedale.
- Federgabel Öhlins RXF 38 M.2 (170 mm)
- Dämpfer Öhlins TTX22 M.2 (165 mm)
- Antrieb SRAM X01 Eagle
- Bremsen SRAM G2 RSC
- Laufräder Industry Nine Hydra Enduro S
- Reifen Maxxis Assegai Exo+ MaxxGrip / Maxxis Minion DHRII DD MaxxTerra
- Cockpit Renthal Fatbar Carbon (800 mm) / Renthal Apex (40 mm)
- Sattelstütze Bikeyoke Revive (185 mm)
Auf dem Trail
Das Prime Thunderflash wird als Enduro-Race-Bike beworben und sieht auch so aus. Ein Merkmal, das allzu oft mit einer etwas trägeren Bergauf-Performance einhergeht. Prime scheint davon allerdings noch nichts mitbekommen zu haben. Dank steilem Sitzwinkel, einem trotz Stahlfeder-Dämpfer praktisch komplett antriebsneutralen Hinterbau und dem geringen Gesamtgewicht ist das Thunderflash bergauf ziemlich zügig unterwegs. Und das, obwohl Prime hier im Gegensatz zu einigen Konkurrenten direkt ab Werk Enduro-taugliche Reifen verbaut.
Selbst auf asphaltierten Straßen oder Forstwegen mussten wir nie zum Lockout greifen und konnten uns am zügigen Antritt erfreuen. Auch auf technischen Anstiegen und steilen Rampen überzeugt das Heck mit ausreichend Traktion und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Das Ganze wird kombiniert mit einer angenehmen Sitzposition, die auch nach einigen Stunden im Sattel noch Freude macht, und sorgt für Bestnoten in der Enduro Uphill-Kategorie.
Trotz all der Uphill-Lorbeeren kackt die Ente bei einem Enduro-Bike bekanntlich in der Abfahrt. Hier weiß das Prime Thunderflash mit einer sehr ausgewogenen und angenehmen Geometrie zu überzeugen. Alles fühlt sich direkt ab dem ersten Aufsitzen stimmig und richtig an. Es bedarf keinerlei Eingewöhnungszeit, die richtige Balance zwischen Front und Heck zu finden. Vielmehr findet man sich direkt in einer intuitiven, zentralen Fahrposition mit viel Druck auf der Front wieder und kann beide Reifen schön gleichmäßig mit dem Boden verzahnen.
Dadurch lässt sich das Prime optimal in Kurven legen und durch Anlieger drücken. Selbst in offenen, rutschigen Kurven überzeugt der Donnerschlag mit seiner Traktion und dem sehr berechenbaren Handling. Allerdings ist man mit dem Prime am besten auf der Raceline unterwegs: Sauber außen angefahrene Kurven mag der Carbon-Bolide nämlich lieber als spitz rein und rumrutschen. Wer vorrangig mit einem hecklastigeren Fahrstil unterwegs ist, wird im Prime Thunderflash nicht unbedingt sein Traumbike finden.
Eine Sache, die das Thunderflash ziemlich gern und auch ziemlich gut macht, ist schnell fahren. Der hervorragend funktionierende Hinterbau sorgt mit seinem feinen Ansprechverhalten für jede Menge Grip, ohne gleichzeitig zu viel Hub freizugeben. Dadurch hat man jederzeit genug Traktion und ist in Wurzelsektionen, Steinfeldern oder andere ruppigen Passagen schnell und wie auf Schienen unterwegs, ohne dass sich das Prime jemals sackig oder behäbig anfühlt. Auch bei großen Schlägen hatten wir trotz Stahlfeder-Dämpfer keinerlei Probleme mit Durchrauschen oder überraschenden Bottom-Outs.
Braucht man den Gegenhalt für aktive Fahrmanöver, ist dieser direkt und sehr ausgeprägt da. Dadurch geht das Prime – egal ob an einer Absprungkante oder der nächsten Wurzel – effizient und freudig in die Luft. Eine Charakteristik, die dafür sorgt, dass man auch auf nicht ganz so anspruchsvollen Trails viel Spaß haben kann. Hier macht sich neben dem direkten Handling auch positiv bemerkbar, dass der Rahmen insgesamt recht steif ausfällt und sich auch dadurch sehr präzise fahren lässt. Auf langen, ruppigen Abfahrten ist dies allerdings etwas anstrengender und nicht ganz so fehlerverzeihend, wodurch das Prime vielleicht nicht die beste Wahl für eher ungeübte Enduristen ist.
Ein nahezu perfektes Enduro-Bike also? Wäre da nicht die eine Sache, die es eben nicht ausbremst: Die SRAM G2-Bremsen haben für ein Bike dieses Kalibers leider viel zu wenig Bremskraft und limitieren das Prime Thunderflash spürbar.
Das ist uns aufgefallen
- Loam-Pocket Zugunsten eines tiefen Schwerpunkts wurde der Dämpfer tief in den Rahmen integriert. Die Mulde, in der sich die Dämpferbefestigung befindet, eignet sich allerdings auch perfekt zum Matsch sammeln.
- SRAM G2 RSC Die SRAM G2 RSC-Bremse konnte uns schon an deutlich kurzhubigeren Fahrrädern nicht überzeugen. Wie Prime auf die Idee kommt, diese Bremsanlage an einem so abfahrtslastigen Bike zu verbauen, ist uns ein absolutes Rätsel. Vor allen in Kombination mit der kleinen 180 mm-Scheibe am Heck muss man richtig am Bremshebel zerren. Hier wird das Potenzial des Bikes deutlich geschmälert und wir würden empfehlen, die Bremse bereits vor der ersten Fahrt auszutauschen.
- Rahmengrößen Prime bietet das Thunderflash lediglich in den drei Rahmengrößen M, L und XL an. Gerade für kleinere Fahrer*innen wird das zum Ausschlusskriterium. Denn mit einem Reach von 460 mm in der kleinsten Größe kommt wahrlich nicht jeder zurecht.
Fazit – Prime Thunderflash
Das Prime Thunderflash ist ein ausgezeichnetes Enduro-Bike, das nicht nur schnell ist, sondern auch noch jede Menge Spaß macht. Der Hinterbau arbeitet exzellent und liefert die nötige Traktion, ohne sich dabei jemals schwammig anzufühlen. In Kombination mit der gelungenen Geometrie ergibt sich ein präzises, intuitiv zu fahrendes Race-Enduro, das lediglich von seiner schwachen Bremsanlage limitiert wird. Mangels kurzer Rahmengrößen schauen kleinere Fahrer*innen hier allerdings in die Röhre.
Pro / Contra
Pro
- perfekter Mix aus Ansprechverhalten und Gegenhalt
- ausbalancierte, gelungene Geometrie
- antriebsneutral und zügig bergauf
Contra
- zu schwache SRAM G2-Bremsanlage
- keine Rahmengröße für kleine Fahrer*innen
Testablauf
Das Prime Thunderflash wurde in den vergangenen Monaten ausgiebig von verschiedenen Fahrern getestet. Die meisten Höhenmeter wurden dabei aus eigener Kraft zurückgelegt. Allerdings wurde auch auf Shuttle-Unterstützung zurückgegriffen.
Hier haben wir das Prime Thunderflash getestet
- Taunus, Hessen Naturbelassene Trails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil.
- Darmstadt, Hessen Gebaute, flowige bis technische, naturbelassene Trails mit sandigem Boden.
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter rebound, wenig compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
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