Radon Jealous 10.0 SL – kurz und knapp
Das Ziel Radons war es nicht, ihrem alten, etablierten Hardtail-Modell ein Facelifting zu verpassen und es so den neuen Standards anzugleichen – stattdessen versuchten die Entwickler es mit einem kompletten Neuanfang und stellten das Vorgängermodell Black Sin in die Ecke. Mit einem Rahmen, der unter 900 Gramm (Herstellerangabe, Größe 16″) wiegt und dem neuen Boost-Standard angepasst wurde, will sich das Team aus Bonn an die Spitze der weltbesten Racehardtails katapultieren.
- 29″ Hardtail mit 8,78 kg (Größe L, entspricht 20″)
- Vacuum Bagging Process ermöglicht dünnwandige Rahmen-Rohre
- Boost-Standard für eine besser Laufradsteifigkeit
- Erhältlich in den Rahmengrößen: 16″, 18″, 20″ (getestet), 22″
Preis: 4.999€ (UVP) | Bikemarkt: Radon Jealous 10.0 SL kaufen

Geometrie
Schon beim ersten Blick aufs Rad sticht dem Bikeexperten das voluminöse Unterrohr ins Auge, das aus technischer Sicht gleich mehrere Eigenschaften übernimmt: Zum einen kann die Steifigkeit im Tretlagerbereich signifikant erhöht werden, weshalb der STW-Wert im Vergleich zum Vorgängermodell laut Radon um 34 Prozent gesteigert werden konnte. Zum anderen können durch das große Tretlagergehäuse die Kettenstreben etwas kürzer gehalten werden, da sie minimal weiter unten angebracht sind. Auf dem Trail könnte dies für mehr Agilität und Wendigkeit sorgen.
Damit man den heutigen technisch anspruchsvollen Kursen gerecht wird, entschied sich Radon den Lenkwinkel anzupassen (69,6°) und die Sitzstreben kurz zu halten. Die Folge ist unter anderem ein verlängerter Radstand, der auf schnellen Abfahrten für Laufruhe und ein sicheres Fahrgefühl sorgen soll. Wie bereits erwähnt, wird auch bei Radon auf den neuen Boost-Standard gesetzt, wodurch eine höhere Laufradsteifigkeit erreicht wird. Zusätzliche Steifigkeit im Bereich der Lenkzentrale wollen die Ingenieure durch eine massive Rahmenkonstruktion rund um das Steuerrohr erzielen.
16" | 18" | 20" | 22" | |
---|---|---|---|---|
Sitzrohrlänge | 400 mm | 445 mm | 490 mm | 535 mm |
Oberrohrlänge | 576 mm | 602 mm | 624 mm | 646 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 69,6° | 69,6° | 69,6° | 69,6° |
Sitzwinkel | 73,6° | 73,6° | 73,6° | 73,6° |
Kettenstreben | 432,5 mm | 432,5 mm | 432,5 mm | 432,5 mm |
Radstand | 1076 mm | 1102 mm | 1125 mm | 1148 mm |
Stack | 617 mm | 627 mm | 634 mm | 643 mm |
Reach | 394 mm | 418 mm | 437 mm | 457 mm |
Tretlageroffset | 68 mm | 68 mm | 68 mm | 68 mm |
Ausstattung
Die Ausstattung beim Radon Jealous 10.0 SL? Das Feinste vom Feinsten natürlich! Schließlich soll der Betrachter von diesem Bike „jealous“ werden. Beschleunigt wird mit der neuen SRAM XX1 Eagle-Schaltgruppe, während das Bike mit der Level Ultimate Bremse aus gleichem Hause wieder zum Stillstand gebracht wird. Das niedrige Gesamtgewicht des Bikes kommt unter anderem auch durch die neue Fox 32 Float Gabel zustande, die im Boost-Standard verbaut ist. Bei den Anbauteilen setzten die Bonner vollkommen auf die bayrische Komponenten-Schmiede Syntace und auch bei den Laufrädern werden ausschließlich edle Parts verwendet: Die DT Swiss XRC 1200 Spline Carbonlaufräder sind mit ein Faktor, dass das Radon auf sein schlankes Gewicht kommt.
Gabel | Fox 32 Float Factory SC, 100mm |
Steuersatz | Acros AiX IS41/IS52 |
Vorbau | Syntace F109 75mm/90mm |
Lenker | Syntace Vector Carbon High 10, 31.8 x 720 mm |
Griffe | Ergon GE1 |
Sattelstütze | Syntace P6 Carbon 30.9 x 400 mm |
Sattel | Selle Italia SLR Kit Carbonio |
Schalthebel | Sram XX1 Eagle Matchmaker, 12-fach |
Schaltwerk | Sram XX1 Eagle 12-fach |
Kurbelsatz | Sram XX1 Eagle 12-fach, 36 Zähne |
Innenlager | Sram GXP, Pressfit 92 |
Kette | Sram XX1 Eagle |
Kassette | Sram XX1 Eagle XG-1299, 10-50 Zähne |
Bremsen | Sram Level Ultimate 180mm/160mm Scheiben |
Laufräder | DT Swiss XRC1200 Spline |
Bereifung | Continental X-King, Race Sport 2.2" |

In der Hand
Als das Radon bei uns eingetraf, zögerten wir selbstverständlich keine Sekunde, das Bike aus dem Karton zu holen und genauestens zu begutachten. Sofort sticht der voluminöse Rahmen ins Auge: Die Meinungen, ob der Rahmen einem gefällt oder nicht, gehen dabei in der Redaktion schnell weit auseinander. Schlussendlich liegt es in der Ansicht des Betrachters, ob der Rahmen designtechnisch voll gelungen ist oder eher weniger.
Zusätzlich fällt uns rasch die außenverlegte Bremsleitung auf. Um eine optimale Balance zwischen Optik und Wartungsfreundlichkeit zu finden, sind die Züge und Leitungen innen wie auch außen verlegt. Bei den Schaltzügen entschied man sich im Hause Radon für eine Verlegung im Rahmen, die Bremsleitung ist außen am Unterrohr befestigt, um eine bessere Wartung zu ermöglichen. Dies ist zwar optisch nicht das allerschönste Detail, kann für Rennfahrer im Zweifelsfall bei einer Reparatur aber von sehr praktischem Nutzen sein. Des Weiteren ist für technisch schwierige Strecken eine Öffnung für die Leitung einer absenkbaren Sattelstütze am unteren Ende des Sitzrohrs vorgesehen. Kleine Komponenten wie das serienmäßig verbaute 36er Kettenblatt an der Eagle-Schaltgruppe dürften Rennfahrer schon vor der ersten Ausfahrt ebenfalls erfreuen. Die Laufräder können, ähnlich zum Scott Scale und dem Bulls Black Adder, statt per Schnellspanner lediglich mit einem Tool ausgebaut werden, was in einer Rennsituation ungünstig sein könnte.
Zusätzlich erwähnt werden soll an dieser Stelle, dass wir die erste Hälfte des Tests auf einem Rahmen einer Vorserie absolvierten, der wie auf den Bildern zu erkennen ist, weiß lackiert war. In der zweiten Hälfte wurde der Rahmen zum aktuellen, schwarz lackierten Serienrahmen ausgetauscht. Die Geometrie sowie Gewicht und Anbauteile sind allerdings identisch. Das Gesamtgewicht den Serienrades ergab – nachgewogen – 8,80 kg (zum Vergleich: Das Komplettbike der Vorserie wog 8,78 kg).

Auf dem Trail
Uphill
Schon nach wenigen Metern fühlt man sich wohl auf dem Radon Jealous 10.0 SL – es ist kein langes Anpassen nötig, um eine optimale Position auf dem Bike einzunehmen. Das sind erste, klare Merkmale für ein gelungenes Gesamtkonzept des Rahmens. Am Setup selbst kann man bei Bedarf allerdings etwas tüfteln: Schon früh auf der ersten Ausfahrt fällt uns auf, dass man sehr aufrecht auf dem Rad sitzt. Dafür verantwortlich ist vor allem die hohe Front, die durch den Syntace Vector Lenker sowie den 6°-Vorbau zustande kommt, der ab Werk verbaut ist. Wem diese Position nicht gefällt, kann durch Tauschen dieser Parts sehr schnell eine etwas gestrecktere Rennposition einnehmen.

Am Berg selbst ist das Bike eine richtige Rakete. Durch die spürbar hohe Steifigkeit des Rahmens und der Laufräder wird jeder Krafteinsatz auch in Antriebsenergie umgewandelt. So ist es klar, dass man die 8,80 kg schnell auf Geschwindigkeit bringt. Bei diesen Eigenschaften ist es kein Wunder, dass das Radon vor allem bei kurzen steilen Rampen im Vergleich zu unseren anderen Testbikes die Nase vorne hat. Bei eben diesen kurzen Antritten kann auch die XX1 Eagle mit sehr präzisen und schnellen Schaltvorgängen voll und ganz überzeugen. Selbst nach Monaten im Test blieben die Schaltvorgänge exakt.

Auf flachen Wiesenpassagen oder über Wurzelteppiche neigt das Radon Jealous dazu, etwas unruhig zu werden. Dies wird vor allem durch den sehr steifen Rahmen hervorgerufen, der nicht die allergrößte Flexibilität bietet. Die Syntace P6 Sattelstütze sorgt zwar im Sitzen für eine Absorption der gröbsten Schläge, doch für Biker, die auf solchen Streckenabschnitten leicht zu Rückenschmerzen neigen, könnte dies zeitweise ein Problem darstellen. Gerade was die Flexibilität angeht bieten das Bulls Black Adder und das Scott Scale in unserem Vergleich mehr Komfort.

Downhill
Antrittsstark präsentiert sich das Radon also schon einmal. Doch wie verhält sich das Jealous im Downhill? Das hohe Cockpit, der sehr breite Lenker (740 mm) und der lange Radstand machen das Radon bei High-Speed-Abfahrten sehr laufruhig und vermitteln dem Biker zu jeder Zeit ein sicheres Fahrgefühl – im Vergleich zur Konkurrenz in unserem Test das laufruhigste Bike! Ebenso auf verblockten Trails lenkt das Rad den Fahrer oft in die Ideallinie und glänzt mit einem tollen Überrollverhalten. Nachteil des langen Radstandes ist die geringere Agilität und Wendigkeit, die wir beim Jealous etwas vermissten. Gerade durch sehr enge Kurven bzw. Spitzkehren konnten wir das Radon nicht immer flüssig durchmanövrieren.
Dafür zeigt sich die neue Fox 32 Float Gabel von seiner besten Seite. Über hohe Absätze und Wurzelteppiche arbeitet das Federelement zuverlässig und vermittelt dem Biker stets ein sicheres Fahrgefühl. Lediglich die RS-1-Federgabel am Bulls war vom Ansprechverhalten in unserem Test eine Klasse besser – beachtet werden sollte allerdings, dass die Fox Gabel merklich leichter ist als ihr Pendant von Rock Shox. Auch die SRAM Level Bremse arbeitete zuverlässig, nur der minimal wandernde Druckpunkt trübte dieses Bild etwas.

Haltbarkeit
Wie bereits erwähnt, testeten wir zuerst den Rahmen der Vorserie, der nach drei Monaten ausgetauscht wurde. Jegliche Anbauteile und Lager bleiben beim Umbau allerdings erhalten, sodass wir über die Haltbarkeit trotzdem ein fundiertes Feedback geben können. Einmal mehr konnte die SRAM XX1 Eagle Schaltgruppe mit ihrer Performance voll überzeugen, die während des Tests ohne Fehl und Tadel funktionierte. Auch die übrigen Parts leisteten über die gesamte Testdauer einen tollen Job und konnten uns definitiv überzeugen. Lediglich der Lockout der Gabel ließ gegen Ende des Tests in seiner Performance nach.
Fazit zum Radon Jealous 10.0 SL
Macht das Bike „jealous“? – Definitiv! Das Bike ist extrem leicht und sehr steif, die Kombination mit den sehr guten Anbauteilen macht es zu einer absoluten Rennmaschine. Das ab Werk eingestellte hohe Cockpit ist unter Umständen nicht jedermanns Sache, doch mit wenigen Handgriffen kann man dies mit einem anderen Lenker und Vorbau anpassen. Bergauf ist das Jealous voll in seinem Element und punktet vor allem durch ein sehr hohes Maß an Antrittsfreude. Bergab glänzt es durch eine enorme Laufruhe, muss in Sachen Wendigkeit und Agilität allerdings etwas zurückstecken. Nichtsdestotrotz kann man mit Fug und Recht behaupten, dass Radon ein sehr gutes Racebike gelungen ist, welches auf den Rennstrecken dieser Welt ganz vorne mitmischen kann und zudem ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.
Stärken
- Leicht
- Sehr steif
- Tolle Funktionalität der SRAM XX1 Eagle
- Sehr antrittsfreudig
- Hohes Maß an Laufruhe
Schwächen
- Abstriche bei der Wendigkeit und der Agilität
- SRAM Level-Bremse mit wanderndem Druckpunkt
- Lockout nach längerer Zeit nicht mehr voll funktionsfähig

Testablauf
Hier haben wir getestet:
- Hometrails Schwäbische Alb
- Trailpark Nove Mesto pod Smrkem (Tschechien)
- Trails im Schwarzwald
- Trails in Ligurien (Italien)
- XC-Weltcupstrecke Albstadt
Wer hat getestet?
Tobias Sindlinger
- Körpergröße: 182 cm
- Gewicht: 73 kg
- Fahrstil bergab: zügig, stets bedacht mit dem Blick nach vorne auf die saubere Linie
- Fahrstil bergauf: gleichmäßig, über kurze Rampen meist im Wiegetritt
- Rennerfahrung: hauptsächlich XC (Bundesliga, internationale Rennen)
Gabriel Sindlinger
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht: 73 kg
- Fahrstil bergab: agressiv, mit Blick auf die Idealllinie, verspielt
- Fahrstil bergauf: antrittstark
- Rennerfahrung: Weltcup, Bundesliga, verschiedene Marathonrennen
Christian Schöllhorn
- Körpergröße: 183 cm
- Gewicht: 68 kg
- Fahrstil bergab: flüssige und meist saubere Linie
- Fahrstil bergauf: konstant bei langen Anstiegen, schnellkräftig bei kurzen Rampen
- Rennerfahrung: Bundesliga XC und XCE, Marathonrennen
Bernhard Mast-Sindlinger
- Körpergröße: 180 cm
- Gewicht: 72 kg
- Fahrstil bergab: kontrolliert, aber auch zügig
- Fahrstil bergauf: gleichmäßig, kontrolliertes und zügiges Tempo
- Rennerfahrung: Marathonrennen
Um euch den bestmöglichen und breitesten Testeindruck zu bieten, fahren immer mehrere Tester ein Bike. Im direkten Dialog stellen wir das richtige Setup sicher und dokumentieren in gemeinsamen Ausfahrten die Eindrücke. Dies stellt sicher, dass wir alle Eigenheiten eines Bikes in allen Bereichen beurteilen können.
Weitere Informationen
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Racehardtails-Vergleichstests 2017:
- Das beste XC-Hardtail 2017: Vier Rennmaschinen im Vergleichstest
- Bulls Black Adder im Test: Allrounder für den Renneinsatz
- Radon Jealous 10.0 SL im Test: Rennmaschine mit Neidfaktor
- Ghost Lector 8 LC im Test: Preis-Leistungs-Knüller für die Rennstrecke
- Scott Scale RC 900 im Test: Goldener Wolf im Schafspelz
Website: www.radon-bikes.de
Text & Redaktion: Christian Schöllhorn | MTB-News.de 2017
Bilder: Jens Staudt
51 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDas Bike wurde ohne Pedale und ohne Flaschenhalter gewogen. Das Gewicht bezieht sich natürlich auf unsere geteste Rahmengröße, das heißt L bzw. 20". Die Gewichtsangaben bei Radon auf der Homepage beziehen sich auf die kleinste Rahmengröße.
Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: