Steckbrief: Müsing Specter
Einsatzbereich | Cross-Country |
---|---|
Federweg | 100 mm (vorn) |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 9,8 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.muesing-bikes.de |
Ein Renngefährt für die Anforderungen moderner Rennstrecken: So beschreibt Müsing die Eigenschaften ihres 29″-Race-Hardtails Specter. Mit 100 Millimeter Federweg, einer progressiven Geometrie und einigen spannenden Detaillösungen hievt sich Müsing nicht ohne Grund in die Höhen der Beliebtheitsskala im Marathon- und Cross Country-Segment. Insbesondere im ambitionierten Breitensport-Bereich sind die Räder der Bikeschmiede aus dem Westerwald – und damit inbegriffen das Specter – nicht wegzudenken.
Entwickelt von BETA Bicycles in der Schweiz, lackiert und montiert Müsing die Räder in Deutschland nach individuellen Wünschen – und sorgt somit für ein Gesamtpaket, das sowohl auf der Rennstrecke als auch auf den Trails viel Freude bereiten soll. Darüber hinaus erhielt das von uns getestete Specter Aufmerksamkeit im Rahmen des MCi-Konzepts von Magura, das mit einem maximal aufgeräumten Cockpit erst kürzlich von euch im Rahmen der MTB-News User Awards 2021 als innovativstes Produkt des Jahres ausgezeichnet wurde. Nicht nur aufgrund des Einsatzbereiches tanzt das Müsing Specter zwar etwas aus der Reihe unseres Deutschland-Spezials bei MTB-News – in Anbetracht der Popularität im XC- und Marathon-Bereich und vor allem aufgrund der vielfältigen Individualisierungs-Optionen erschien es uns aber als spannender Kandidat einer deutschen Fahrrad-Firma.
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Im Detail
Mit den steigenden Anforderungen der Cross Country- und Marathon-Rennstrecken im Hinterkopf legten die Ingenieure von BETA Bicycles bei der Entwicklung des Specter-Rahmens gezielt Wert auf bestimmte relevante Funktionen: Ein leichtes Gewicht für eine hohe Effizienz beim Klettern, hohe Steifigkeitswerte für einen schnellen Antritt und eine komfortable Dämpfung sollen demnach in Kombination mit einer durchaus progressiven Geometrie dafür sorgen, dass das Specter auf dem Markt der schnellsten XC-Hardtails bestehen kann.


Was bedeutet dies konkret? Gewichts- und Steifigkeits-Optimierungen wurden anhand von Technologien aus dem Straßenbereich übernommen, ebenso Eigenschaften der Aerodynamik. Zudem soll durch ein gezieltes und glattes Design der Rahmenoberfläche gewährleistet werden, dass keinerlei Dreck am Rahmen haften bleibt. Weiterhin sind die Sitzstreben so konzipiert, dass sie in vertikaler Richtung viel Flexibilität ermöglichen und so eine dämpfende Wirkung auf den Trails erzeugen. Gleichzeitig besitzen diese laut Müsing eine hohe horizontale Steifigkeit, die für ein sicheres Fahrgefühl sorgen soll.
Neben diesen grundlegenden Eigenschaften bei der Konstruktion des Rahmens legten die Entwickler*innen beim Rahmen des Specter sehr viel Wert auf Systemintegration. Dabei sticht besonders die Cockpit-Integration ICH ins Auge, bei der die Züge für das Schaltwerk, die Hinterradbremse und eine etwaige absenkbare Sattelstütze unterhalb des Lenkers in den Vorbau geführt werden. Von dort aus werden die Kabel innerhalb des Rahmens an die jeweilige Position weitergeleitet. Wie bereits angedeutet ist das Müsing Specter kompatibel mit absenkbaren Sattelstütze – der Durchmesser der Sattelstützen-Aufnahme beträgt 30,9 Millimeter.



Geometrie
Herzstück des Müsing Specter ist die für Cross Country-Bikes fortschrittliche Geometrie, die insbesondere auf den Trails bergab dazu beitragen soll, dass das Specter schneller ist als andere Räder auf dem Markt. Die Ingenieure versuchten dabei, die Erfahrungen aus den eher bergaborientierten Bereichen des Mountainbike-Sports einfließen zu lassen – ohne dabei die notwendigen spritzigen Fahreigenschaften eines Hardtails zu verlieren. Ziel sei es demnach gewesen, ein stabiles Fahrverhalten bei hohen Geschwindigkeiten zu gewährleisten. Zudem soll eine zentrale Position auf dem Rad es ermöglichen, dass der Fahrer beziehungsweise die Fahrerin bei steilen Passagen nicht zu weit hinter den Sattel gehen muss.
Konkret bedeutet dies, dass das Specter einen recht langen Reach von 470 Millimeter in Größe L, kurze 430 Millimeter-Kettenstreben, einen flachen Lenkwinkel von 68° und einen eher steilen Sitzwinkel von 74° besitzt. Zum Vergleich: Das 2020 vorgestellte Specialized Epic S-Works Race-Fully (zum Artikel: Specialized Epic S-Works Test) besitzt ebenfalls einen Reach von 470 Millimeter in Rahmengröße L und weist mit einem Lenk- und Sitzwinkel von 67,5° respektive 75,5° nur unwesentlich progressivere Werte in dieser Hinsicht auf.
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 415 mm | 445 mm | 470 mm | 495 mm |
Stack | 598 mm | 608 mm | 617 mm | 631 mm |
STR | 1,44 | 1,37 | 1,31 | 1,27 |
Lenkwinkel | 68° | 68° | 68° | 68° |
Sitzwinkel, effektiv | 74° | 74° | 74° | 74° |
Oberrohr | 587 mm | 620 mm | 647 mm | 676 mm |
Steuerrohr | 93 mm | 105 mm | 113 mm | 123 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 440 mm | 480 mm | 535 mm |
Überstandshöhe | 662 mm | 684 mm | 698 mm | 721 mm |
Kettenstreben | 430 mm | 430 mm | 430 mm | 430 mm |
Radstand | 1.110 mm | 1.144 mm | 1.173 mm | 1.204 mm |
Tretlagerabsenkung | 65 mm | 65 mm | 65 mm | 65 mm |
Federweg (vorn) | 100 mm | 100 mm | 100 mm | 100 mm |

Ausstattung
Individualität ist Trumpf: Seit vielen Jahren setzt Müsing wie kaum ein anderer Hersteller auf dem Markt auf hoch individualisierte Räder. Ob Wahl der Rahmenfarbe oder der Komponenten: Müsing lässt den Kund*innen freie Hand bei der Umsetzung des jeweiligen Traumbikes. Doch wie ziemlich jeder Hersteller in der Branche leidet auch Müsing derzeit unter den prekären Verhältnissen auf dem Komponenten-Markt, sodass zumindest die Wahl der Anbauteile aktuell eingeschränkt ist. So reicht in normalen Zeiten die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vom günstigen Shimano Deore-Aufbau bis hin zu einem edlen Shimano XTR-Setup mit High-End-Carbon-Komponenten. Aktuell müssen sich Kund*innen jedoch mit einem Basismodell mit Shimano XT-Austattung und Rock Shox Reba RL-Fahrwerk zurechtfinden.

Einige Änderungen wie etwa die Umstellung auf einen SRAM GX Eagle-Antrieb oder die Wahl einer teureren Rock Shox SID-Federgabel und insbesondere Anpassungen bei der Wahl des Cockpits können weiterhin vorgenommen werden. Im Falle einer „normalen“ Marktsituation würde sich die Spannweite der Preise vom Müsing Specter im Bereich von 2.000 bis 7.630 Euro bewegen. Die Basisvariante Müsing Specter 3.0 wird aktuell mit 2.999 Euro gelistet. Müsing betont jedoch, dass im Falle von besonderen individuellen Wünschen in Bezug auf die Wahl der Komponenten Kund*innen sich direkt mit ihnen in Verbindung setzen sollen und gemeinsam nach einer idealen Lösung gesucht werde.
Im Zuge der etwas komplizierten Situation auf dem Teile-Markt hat uns Müsing zu Beginn des Testzeitraums im Frühjahr 2021 ein Testrad zur Verfügung gestellt, das in dieser Art und Weise aktuell nicht erhältlich ist. Insbesondere der Shimano XTR-Antrieb am getesten Rad ist derzeit nicht im Konfigurator erhältlich, zudem fuhren wir auf einem Rock Shox SID Ultimate-Fahrwerk und DT Swiss Spline One XR 1700 Laufrädern. In dieser Konstellation bringt das Specter in Rahmengröße L 9,8 Kilogramm auf die Waage – ein sehr respektabler Wert angesichts des zusätzlichen Potenzials in puncto Gewichtseinsparung bei Laufrädern und Co.
- Federgabel Rock Shox SID Ultimate (100 mm)
- Antrieb Shimano XTR
- Bremsen Shimano XT
- Laufräder DT Swiss Spline One XR 1700
- Reifen Schwalbe Rocket Ron / Schwalbe Racing Ralph
- Cockpit Syntace Vector Carbon (760 mm) / Müsing Aviator (90 mm)
- Sattelstütze Syntace P6 Carbon Highflex
Mit der Bitte um Beachtung: Müsing besitzt einen Konfigurator, der aktuell aufgrund der weltweiten Komponenten-Krise nur limitierte Anpassungsmöglichkeiten bietet. Grundsätzlich kann jedoch insbesondere die Farbe jedes einzelnen Rades weiterhin individuell bestimmt werden. Das getestete Rad wurde von Müsing für uns konfiguriert und ist leider aktuell nicht in derselben Version erhältlich. Weitere Informationen zu den verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten befinden sich auf der Webseite von Müsing.
Specter 4.3 (individuelle Konfiguration, aktuell so nicht erhältlich) | Specter 4.3 | |
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Rahmen | Specter Carbon UD | Specter Carbon UD |
Federgabel | Rock Shox SID Ultimate RLC 100 mm | Rock Shox Reba RL 100 mm |
Kurbel | Shimano XTR M9100 | Shimano XT M8100 |
Schalthebel | Shimano XTR M9100 | Shimano XT M8100 |
Schaltwerk | Shimano XTR M9100 SGS Shadow Plus | Shimano XT M8100 SGS Shadow Plus |
Kette | Shimano CN-9100 | Shimano CN-8100 |
Kassette | Shimano XTR M9100 10-51t 12-Speed | Shimano XT M8100 10-51t 12-Speed |
Bremsen | Shimano XT M8100 | Shimano SLX Disc 203 |
Laufräder | DT Swiss XR 1700 Spline 25 mm | DT Swiss XR 1700 Spline 25 mm |
Reifen | Schwalbe Rocket Ron 2,25" / Schwalbe Racing Ralph 2,25 " | Schwalbe Rocket Ron 2,25" / Schwalbe Rocket Ron 2,25 " |
Vorbau | Müsing Aviator 90 mm | Müsing Aviator |
Lenker | Syntace Vector Carbon 760 mm | Müsing |
Sattelstütze | Syntace P6 Carbon Highflex | Müsing |
Sattel | Ergon SM10 Sport | Ergon GA20 |
Preis | 4.279 € (ehemaliger UVP) | 2.999 € (UVP) |



Auf dem Trail
Wie schlägt sich nun das Müsing Specter im Gelände? Kann es seinem Ruf als regelrechter „Marathon-Klassiker“ gerecht werden? Der erste Eindruck des Rades wird auch beim Müsing Specter maßgeblich durch die individuelle Optik bestimmt: Die weiß-graue Lackierung unseres Testrades zieht auf Anhieb die Blicke auf sich und wirkt sehr hochwertig. In der Tat konnten wir während des rund zweimonatigen Testraums keine großen Mangelerscheinungen des Lacks feststellen, sogar ein Sturz auf die linken Sitzstreben hinterließ nur wenige äußere Beeinträchtigungen.
Darüber hinaus sticht das für ein Race-Hardtail eher untypisch hohe Cockpit ins Auge: Standardmäßig wird das Specter mit drei unterhalb des Vorbaus montierten Spacern ausgeliefert, sodass der Sattelüberstand zunächst auf ein Minimum schrumpfte. Rennsport-ambitionierte Kunden müssen hier zwangsläufig Hand anlegen und die Spacer ummontieren. Dies gestaltet sich jedoch aufgrund der speziellen Cockpit-Lösung, welche die Züge für Bremsen und Schaltung über den Vorbau und vor dem Steuersatz in den Rahmen führt, komplizierter als zunächst vermutet. Die Spacer können aufgrund der über den Vorbau verbundenen Kabel nicht einfach auf den Steuersatz gesteckt werden, da sie aus zwei Teilen bestehen, die um die Kabelleitungen greifen. Dieses Stecksystem funktioniert insofern, als dass die jeweiligen „Spacer-Hälften“ um die Kabelleitungen herumgelegt werden können und dann dort ineinandergreifen. Dabei fallen diese jedoch leichter auseinander als man es sich wünschen würde, sodass das Experimentieren mit verschiedenen Lenker-Höhen etwas schwerer fällt als gewünscht.



Falls man sich schließlich, so wie wir unserem Test, für ein Absenken des Vorbaus entscheidet, sorgen die zusammengesteckten Spacer oberhalb des Vorbaus für ein etwas unschönes Bild, da diese zusätzlich eine Öffnung für die Kabelverlegung besitzen. Wer an dieser Stelle die Optik optimieren möchte, kann für die über dem Vorbau verwendeten Spacer klassische runde Spacer verwenden oder gegebenenfalls sogar den Gabelschaft kürzen.
Trotz Absenken des Cockpits auf ein Minimum bleibt der Lenker des Specter vor allem aufgrund des für ein Hardtail recht langen Steuerrohrs von einer Länge von 113 Millimeter in Rahmengröße L für unseren Geschmack noch etwas zu hoch. Renn- und trailerfahrene Sportlerinnen und Sportler werden auf Dauer vermutlich etwas Druck auf das Vorderrad vermissen. Müsing empfiehlt Kunden in dieser Hinsicht, einen Blick auf eine kleinere Rahmengröße als sonst üblich zu werfen und die Ansprüche an das Rad individuell abzuwägen.

Des einen Leid, des anderen Freud: Umso mehr können sich Fahrerinnen und Fahrer mit weniger Erfahrung im Rennsport oder mit einem größeren Interesse an einer komfortableren Ausrichtung der Sitzposition über das etwas höhere und somit komfortablere Cockpit erfreuen. Das Müsing Specter vermittelt dementsprechend von Beginn an ein enorm hohes Maß an Kontrolle und verhindert auch auf längeren Strecken wie beispielsweise im Marathon-Renneinsatz jegliche denkbare Ermüdung im Oberkörper.
Neben dem eher komfortabel ausgerichteten Cockpit macht sich auf den ersten Metern auf dem Specter der für ein Race-Hardtail verhältnismäßig lange Reach bemerkbar. In Kombination mit dem 90 Millimeter langen Vorbau und einem für Hardtails recht typischen Sitzwinkel von 74 Grad ergibt sich eine relativ gestreckte Sitzposition. Auch hier gilt, dass sich Kunden beim Kauf durch die vielzähligen Möglichkeiten des Konfigurators von Müsing bewusst für eine kürzeren oder eventuell auch längeren Vorbau entscheiden können, um so den eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden. Vorteile der eher lang ausgerichteten Sitzposition an unserem Testrad ergeben sich vor allem auf der Langstrecke, bergab erfordert dies in gewisser Weise Kompromisse. Dazu an späterer Stelle mehr.
Im Anstieg präsentiert sich das Specter als treuer Begleiter, der seine Dienste – wie man es sich von einem Hardtail erwünscht – zuverlässig erfüllt. Das Gewicht von 9,8 Kilogramm ist in dieser Preisklasse sehr akzeptabel, sodass es sich grundsätzlich sehr leichtgängig mit dem Specter klettern lässt. Insbesondere im Antritt kann der sehr steife Carbon-Rahmen seine vollen Stärken ausspielen und treibt seine Pilotin beziehungsweise seinen Piloten mit viel Beschleunigung an. Auf den Trails kann das Specter bergauf in puncto Komfort im Bereich des Hinterbaus mit vielen anderen Race-Hardtails mithalten. Wenn es jedoch sehr steil wird, steigt das Vorderrad aufgrund des erhöhten Cockpits häufig etwas früher an als erhofft.


Jagt man mit dem Specter nach erklommener Steigung wieder ins Tal, machen sich vor allem die Tugenden der eher länger ausgerichteten und durchaus fortschrittlichen Geometrie des Specter positiv bemerkbar. Mit einem für Hardtails sehr hohen Maß an Laufruhe rollt das Specter über grobe Hindernisse und bleibt auch bei steigenden Geschwindigkeiten spurtreu. Das höhere Cockpit ergänzt diesen Effekt durch zusätzliche Kontrolle auf den Trails. Was sich jedoch bei eher schnellen und weniger steilen Passagen als Vorteil herausstellt, wird bei steilen und engen Passagen teilweise zur Problemzone. Grundsätzlich hat das Specter im Vergleich zu manch anderen, quirligeren Hardtails aufgrund seiner Geometrieausrichtung bei engen Kurven Probleme. Zudem rückt der Körperschwerpunkt durch das verhältnismäßige lange Oberrohr etwas weit nach hinten. Dies bewirkt, dass man mit eher gestreckten Armen bergab unterwegs ist und somit wenig Spielraum für Ausgleichsmanöver des Oberkörpers auf dem Trail hat. Diesbezüglich könnte der Wechsel auf eine kleinere Rahmengröße helfen, was jedoch für zusätzliche Belastungen im Oberkörper sorgt.
Zusätzlich entfacht der nach hinten verlagerte Körperschwerpunkt eine weitere Problematik, die vor allem bei sehr steilen Passagen zutage tritt: Wenn der Hintern sich weit hinter dem Sattel befindet und man sich anschließend nach vorne bewegt, kommt es des Öfteren zu ungewollten Zusammenstößen mit dem Sattel. Wer auf eine absenkbare Sattelstütze setzt, hat damit aber nichts zu tun – der umfangreiche Konfigurator von Müsing bietet in dieser Hinsicht viele Möglichkeiten.




Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass das Müsing Specter seine Aufgaben jedoch im Wesentlichen zuverlässig erfüllt und insbesondere angesichts der vielen Konfigurationsmöglichkeiten und des akzeptablen Preis-Gewichts-Verhältis sehr überzeugen kann. Wer nicht gerade die reinrassige Rennmaschine sucht und vielmehr ein Sportgerät für den Hobby- und Amateurbereich, findet mit dem Specter einen treuen Begleiter. Dies bedeutet keineswegs, dass klassische Rennfahrer beim Specter falsch aufgehoben sind. Vielmehr müssen diese sich ernsthaft fragen, ob es im Vergleich zu anderen Rahmen im Race-Hardtail-Bereich eine Rahmengröße kleiner sein darf, damit das Rad den gewünschten Anforderungen entspricht.
Das ist uns aufgefallen
- Spacer und Innenverlegte Züge Das voll integrierte Cockpit mit Leitungsverlegung über den Vorbau und keinerlei Öffnungen des Rahmens am Steuerrohr sind ohne Zweifel eine optische Augenweide. Wer jedoch häufig mit der Einstellung seiner Lenker-Höhe durch die verschiedenen Spacer herumexperimentiert, hat nur wenig Freude mit der Umsetzung dieser Lösung. Klassische Spacer können durch die von Müsing konzipierte Konstruktion nicht montiert werden, es werden spezielle zweiteilige Spacer benötigt, die sich zusammenstecken lassen. Diese fallen bei der Montage jedoch leichter auseinander als manch einem lieb ist und machen die Montage teilweise zum Geduldsspiel.
- Sattelstütze Leichtbau und Haltbarkeit: das haben sich die Komponenten-Experten von Syntace auf die Fahne geschrieben. So ist es auch sehr lobenswert, dass sich am Müsing Specter mit dem Lenker, dem speziellen Vorbau und der Sattelstütze viele Carbon-Anbauteile von Syntace mit diesen Eigenschaften befinden. Die Sattelstütze ließ sich jedoch erst nach Auftragen einer dicken Schicht Carbon-Montagepaste fest fixieren und rutschte anfangs immer wieder beim Fahren herunter. Zudem verkratzte die Stütze dabei stärker als man es sich wünschen würde. Die Lösung für den ein oder anderen Kunden? Direkt im Konfigurator auf eine absenkbare Sattelstütze wechseln, die solche Probleme nicht besitzt.
- Sattel Der SM10 Sport-Sattel soll laut den Ergonomie-Spezialisten von Ergon Sitzprobleme bei Mountainbikerinnen und Mountainbikern nachhaltig verhindern. In unserem Test war jedoch genau das Gegenteil der Fall: der SM10 Sport-Sattel sorgte für unerwartet viele Probleme mit häufig aufgescheuertem Hintern. Sicherlich eine sehr individuelle Problematik – Abhilfe schaffen auch in diesem Fall die vielen Konfigurationsmöglichkeiten von Müsing.
- Lenkeranschlag-Schutz Müsing verzichtet wie viele andere Hersteller auf einen integrierten Lenkeranschlag-Schutz im Steuersatz oder am Rahmen. Optisch mag das zwar die bessere Lösung sein. Wir finden jedoch, dass an dieser Stelle der Schutz des wertvollen Rahmens höhere Priorität genießen sollte. Insbesondere Fahrerinnen und Fahrer, die ein tiefes Cockpit bevorzugen, können beim Einklappen des Lenkers den Rahmen treffen und diesen so nachhaltig beschädigen.
- Abdeckung des Steuerrohrs Zwischen oberem Ende des Steuerrohrs und den Spacern beziehungsweise dem Vorbau befindet sich beim Müsing Specter eine Abdeckkappe, die einen optisch sauberen Übergang ermöglicht. Diese wirkt bei gerade ausgerichtetem Lenker äußerst ansehnlich, steht aber bei Kurven immer leicht nach außen ab. Ob das letztlich schöner als bei anderen Herstellern ist? Die Meinungen dazu dürften unterschiedlich ausfallen.




Fazit – Müsing Specter
Wenn ein Rad die Aufgaben erfüllt, die von ihm erwartet werden, dann haben Produktmanager und Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Der Ansatz von Müsing, mit externer Ingenieursleistung, hoher Individualisierung und daraus resultierend recht fairen Preisen eine breite Masse an radsportbegeisterten Menschen zu erreichen, geht vollkommen auf. Das Müsing Specter ist in seiner Grundausrichtung ideal geeignet für ambitionierte Hobby- und Amateursportler, da es aktuelle Trends der Branche in Bezug auf eine fortschrittliche Geometrie mit den grundlegenden Tugenden eines klassischen Race-Hardtails vereint.
Für rennerfahrene Kund*innen könnte die etwas gestreckte Sitzposition mit hohem Cockpit sowohl bergab als auch bergauf zum Ärgernis werden. Müsing empfiehlt in diesem Fall auch eine Rahmengröße kleiner zu wählen. Zudem gibt es an der ein oder anderen Stelle wie an der Sattelstütze, dem Lenkeranschlag-Schutz und dem besonderen Cockpit noch etwas Optimierungsbedarf, der jedoch insgesamt überschaubar ist.

Pro / Contra
Stärken
- spritzig & leicht
- hohe Laufruhe & Spurtreue
- faire Preise
Schwächen
- etwas gestreckte Position bergab & schwergängig um Kurven

Testablauf
Das Müsing Specter wurde von mehreren verschiedenen Testern unterschiedlicher Größen und Gewichtsklassen gefahren. Dabei war das Rad meistens in typischem Mittelgebirgsgelände im Einsatz und wurde sowohl auf anspruchsvollen Trails wie auch in einfacherem Gelände gefahren.
Hier haben wir das Müsing Specter getestet
- Schwäbische Alb, Baden-Württemberg Kalksteinboden, der insbesondere bei nassen Bedingungen besondere Herausforderungen bietet. Die Trailbeschaffenheit wechselt von vielen wurzeligen und steinigen Passagen bis hin zu engen, aber meist flowig zu befahrenen Spitzkehrentrails
- Fahrstil
- Bergab zügig, aber saubere Linie; bergauf meist gleichmäßig
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für eine optimale Traktion – auch in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kompakte Sitzposition; kurzer Hinterbau für mehr Agilität; tiefe Front
- Fahrstil
- Hohes Tempo bergab, mit Blick auf die saubere Linie – bergauf spritzig und schnell
- Ich fahre hauptsächlich
- XC, vereinzelt Marathon- und Etappenrennen
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, für Reserven bei groben Absätzen und eine optimale Traktion in Anstiegen
- Vorlieben bei der Geometrie
- Sportlich; Tiefes Cockpit, nicht zu gestreckt
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- Kavenz VHP16 im Test: Nicht nur virtuell richtig schnell!
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25 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumMan muss das wohl lesen wie ein Arbeitszeugnis.
es stimmt, es sind viele punkte (zu recht) negativ aufgefallen.
die überschrift ist trotzdem entscheidend, hieße sie tatsächlich "das hat uns gefallen", wäre sie schlicht falsch.
Es ändert wie gesagt aber nichts an der Aussage meines Posts.
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