Das Scott Velosolutions-Team hatte in Lošinj einen neuen Prototyp eines Scott Gamblers mit Viergelenker-Hinterbau im Gepäck. Doch fast noch interessanter als das Bike fanden wir das Datarecording-System, das die französischen Federungsspezialisten von BOS an Gaetan Vigés Bike montiert hatten. Wir konnten uns ausführlich mit den Technikern unterhalten und haben einige Infos zu dem geheimen System.
Dass das Scott Velosolutions-Team an einem neuem Scott Gambler-Downhillbike tüftelt, konnte man in den vergangenen Wochen schon dem ein oder anderen heimlichen Video oder Schnappschuss von lokalen Rennen entnehmen. Beim World Cup-Auftakt in Lošinj zog nun ein deutlich fertigeres Rad neugierige Blicke auf sich (hier unser Boxengasse-Artikel). Es handelt sich jedoch weiterhin um den bekannten Scott Gambler-Hauptrahmen mit einem neuen Viergelenker-Hinterbau, der den extrem auffälligen, abgestützten Eingelenker ersetzt. Wer auf ein neues 29er gewartet hat, wird allerdings enttäuscht sein – sowohl Brendan Fairclough als auch Gaetan Vigé waren auf 27,5″-Laufrädern unterwegs.
BOS / 2D Datarecording-System
Extrem faszinierend fanden wir jedoch das komplexe Datarecording-System, das sich am Racebike von Teamfahrer Gaetan Vigé befand. Systeme dieser Art sind im Downhill World Cup keine komplette Neuheit – insbesondere Loïc Bruni ist bekannt dafür, regelmäßig auf einem Datarecording-Rad Trainingsabfahrten zu absolvieren. Das vom neuen Teamsponsor BOS genutzte Messsystem am Scott-Prototyp verfügt jedoch über einige zusätzliche Sensoren. Wir konnten uns mit einem ihrer Techniker unterhalten und ihm einige Informationen über das Datarecording System entlocken, das zum Teil aus Geräten der Spezialisten von 2D sowie aus selbst entwickelten Sensoren besteht.
Das BOS-Datarecording-System misst verschiedene physikalische Parameter: Nicht nur der genutzte Federweg über die Zeit und die daraus leicht ermittelbare Geschwindigkeit und Beschleunigung des Fahrwerks wird ständig erfasst – in Verbindung dazu misst man auch die Beschleunigung des Lenkers und der Sattelstütze. Das hat vor allem den Sinn, dass man so einen guten Eindruck bekommt, wie effizient das Fahrwerk arbeitet: Ob es sich schnell wieder erholt oder große Schläge gut schluckt. Zudem wird die Drehgeschwindigkeit der Laufräder gemessen und über ein Gyroskop die Neigung des Bikes zur horizontalen Ebene. Auf die Frage, ob es komplex wäre, die gemessenen Daten zu interpretieren, wurde uns gesagt, das wäre ganz leicht – schließlich hätte man selbst ein spezielles Programm entwickelt, das diese aufbereitet und darstellt. Wie komplex es war, eben dieses Programm zu schreiben, wissen wir allerdings leider nicht.
Beim World Cup in Lošinj war das Datarecording-System am Scott-Prototyp von Gaetan Vigé installiert – allerdings hat auch Brendan Fairclough bereits ausgiebige Testfahrten damit unternommen. Das System wurde jedoch exklusiv für das neue Scott-Bike entwickelt und gebaut und BOS besitzt nur ein einziges – deshalb muss man sich vor jedem World Cup auf einen Fahrer festlegen. Während des Trainings hat Gaetan insgesamt vier Fahrten damit unternommen. Die dadurch erhaltenen Messergebnisse werden im Verbindung mit seinem Feedback als Grundlage für leichte Anpassungen des Fahrwerks an die Strecke genutzt. Bisher hat BOS die Erfahrung gemacht, dass das Feedback der Fahrer sehr gut mit den Ergebnissen des Datarecording-Systems übereinstimmt. In der Praxis wird das System jedoch genutzt, um die Kommentare der Fahrer zu validieren – nicht umgekehrt. Somit hilft es vor allem, die Wünsche der Fahrer besser zu verstehen und Problemstellen zu analysieren. Während man sich beim World Cup auf Anpassungen am Fahrwerk beschränkt, werden die Messungen bei Testsessions auch zur Entwicklung und Modifizierung des Prototyps genutzt.
Insgesamt kostet das von BOS genutzte Datarecording-System zirka 3000–4000 € – Gaetan sollte also besser nicht stürzen, was auf der extrem anspruchsvollen Strecke in Kroatien gar nicht so leicht ist!
Was haltet ihr vom Einsatz von solchen Datenerfassungs-Systemen in World Cup?
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