Mit dem HFS bietet die kleine Marke Scar Cycles aus der Schweiz ein sehr spannendes High Pivot-Bike aus Stahl an. Wie im Vorjahr hatte Firmengründer Stefan Lorenz ein Custom Scar Cycles HFS mit im Gepäck – dieses Mal allerdings ohne Pinion-Getriebe und mit einigen Lösungen, die gut zeigen, wie man bei Scar Cycles individuell auf Kundenwünsche eingehen kann.
Vier, maximal fünf Rahmen im Jahr produziert Stefan Lorenz, der gemeinsam mit seiner Frau die Marke Scar Cycles gegründet hat. In Handarbeit entstehen in der Schweiz sehr spannende High Pivot-Rahmen, bei denen die Herzen aller Stahl-Fans höher schlagen dürften. Schon im Vorjahr hat das Scar Cycles HFS bei den Craft Bike Days für Furore gesorgt. Nun hat Stefan Lorenz eine weitere Variante präsentiert, bei der das Pinion-Getriebe gegen eine klassische Kettenschaltung ausgetauscht worden ist.
Scar Cycles HFS – High Pivot-Unikate aus Stahl
2017 hat Stefan Lorenz erstmals zum Lötkolben gegriffen und einen eigenen Hardtail-Rahmen ins Leben gerufen. Seine eigenen Kreationen wurden bei MTB-News schon mehrfach als Bike der Woche gezeigt – und auch heutzutage handelt es sich bei den Rahmen, die bei Scar Cycles entstehen, noch um ziemliche Unikate. Das HFS ist dabei das Modell mit dem meisten Federweg im Programm der Schweizer. In der gezeigten Konfiguration generiert das High Pivot-Modell satte 165 mm Federweg am Heck.
Bei den 165 mm handelt es sich aber nicht um einen herkömmlichen Federweg, sondern um feinste High Pivot-Fluffigkeit. Langhubige Bikes mit solchen High Pivot-Hinterbauten, also solche, bei denen der Haupt-Drehpunkt sehr weit oberhalb des Tretlagers platziert ist, liegen seit einigen Jahren im Trend. Beim HFS hat Stefan Lorenz einen vergleichsweise radikalen Ansatz realisiert: Drehpunkt und Kinematik sind so gewählt, dass die Raderhebungskurve über den gesamten Federweg ausschließlich nach oben, hinten gerichtet ist. Dadurch soll das Hinterrad bei Schlägen und Hindernissen ausweichen, statt an diesen hängenzubleiben. Um die negativen Einflüsse des hohen Drehpunkts zu kontern, ist die typische Kettenumlenkung notwendig.
Doch nicht nur der High Pivot-Ansatz macht das Scar Cycles HFS zu einem besonderen Bike. Beim Rahmenmaterial setzt Stefan Lorenz auf einen Mix aus Reynolds 853-, Columbus Zona- und Dedacciai-Stahl – perfekt für Fans von Heavy Metal! Die Lötnähte werden dabei verschliffen, was auch zur besonderen Optik beiträgt. Außerdem handelt es sich beim in diesem Jahr gezeigten Rahmen um ein maßgefertigtes Unikat für einen Kunden, der keine Kompromisse beim Stack eingehen wollte. Entsprechend lang fällt das Steuerrohr aus.
Der Aufbau selbst hat es auch ganz schön in sich: Als schweizerischer Vertriebspartner von Pi Rope dürfen natürlich die sehr auffälligen Laufräder mit den außergewöhnlichen Textil-Speichen am HFS nicht fehlen. Die Upside-Down-Federgabel aus dem Hause Bright sieht man ebenso selten wie die Bremsen von 612 aus der Schweiz. Deutlich gewöhnlicher kommt da schon der verbaute SRAM Eagle Transmission-Antrieb daher, was ein weiterer Unterschied zum bei den Craft Bike Days 2022 gezeigten Scar Cycles HFS ist – damals wurde eine Variante mit Pinion-Getriebe ausgestellt, doch auch gewöhnlichere Ansätze wie eine klassische Kettenschaltung in Verbindung mit dem SRAM UDH-Ausfallende lassen sich von Stefan Lorenz problemlos realisieren.
Interview
MTB-News: Hey Stefan! Was hast du uns in diesem Jahr zu den Craft Bike Days 2023 mitgebracht?
Stefan Lorenz, Scar Cycles: Ich habe euch wieder ein High Pivot-Enduro, das Scar Cycles HFS, mitgebracht. Letztes Jahr hatten wir ja schon unseren Prototyp mit Pinion-Getriebe dabei. Dieses Jahr gibt’s quasi eine Weiterentwicklung – mit konventionellem Tretlager, also ohne Getriebe, und dafür mit UDH-Ausfallende. Damit findet die neue SRAM Eagle Transmission auch gleich Platz.
Hat sich denn abgesehen vom Getriebe auch was am Hinterbau geändert?
Nein, die Kinematik ist gleich geblieben. Der Drehpunkt ist so hoch, dass die Raderhebungskurve ausschließlich nach oben hinten geht. Das heißt: Das Fahrrad wird beim Einfedern immer länger – insgesamt um 30 mm.
Das ist ziemlich ordentlich! Wie lang sind denn die Kettenstreben?
Statisch liegen die bei 440 mm. Im voll eingefederten Zustand messen die dann folglich 470 mm.
Davon abgesehen verfolgt ihr einen Custom-Ansatz, richtig?
Genau – der Hauptrahmen ist custom angefertigt. In diesem Fall ist die Hauptrahmen-Geometrie individuell mit dem Kunden entwickelt und auf ihn angepasst. Deshalb haben wir hier zum Beispiel auch ein sehr langes Steuerrohr mit 145 mm und einem entsprechend hohen Stack. Normalerweise haben für diesen Kunden alle konventionellen Rahmen ein zu kurzes Steuerrohr, sodass er sehr viele Spacer fahren muss …
… und Spacer kürzen den Reach …
… richtig. Und durch das lange Steuerrohr konnten wir nun Stack und Reach optimal auf die Bedürfnisse des Kunden anpassen, damit er die ideale Sitzposition auf dem Bike hat.
Interessant! Um zurückzukommen zu Scar Cycles: Woher kommst du? Hast du noch Kollegen und Mitarbeiter – oder machst du das alles in Eigenregie?
Wir sind in der Schweiz zu Hause – genauer gesagt im Schweizer Mittelland, zwischen Zürich und Bern. Wir: Das sind meine Frau und ich. Wir sind zu zweit. Sie unterstützt mich und wir bauen Deep Custom-Rahmen, immer in Einzelanfertigung. Insgesamt kommen wir auf vier bis fünf Rahmen pro Jahr.
Neben Scar Cycles kümmerst du dich auch um sehr interessante Laufräder …
Genau: Wir machen zusätzlich noch den Vertrieb von Pi Rope in der Schweiz (zum Pi Rope Laufrad Test). Das ist ein zweites Standbein, was sich entwickelt hat. Wir machen keinen Laufrad-Bau und verkaufen auch keine Parts, sondern sind einfach der Vertriebspartner für Pi Rope. Das heißt: Wenn Kunden Probleme mit den Laufrädern in der Schweiz haben, kommt das Rad zu uns und wir finden eine Lösung, damit es nicht zurück exportiert und wieder importiert werden muss.
Wie geht’s denn zukünftig bei Scar Cycles weiter? Kannst du uns vielleicht einen kleinen Ausblick geben?
Nach dem Projekt ist ja irgendwie immer auch vor dem Projekt – dann fängt der Kopf wieder an zu drehen. Aktuell ist ein Freund von mir, für den ich schon zwei, drei Rahmen gebaut habe, mit einer Idee an mich rangetreten: ein Enduro, aber kein High Pivot – da sind wir nun quasi in der Anfangsphase der Entwicklung. Es gibt eben immer was Neues zu tun!
Abschließende Frage: Wie wird dein nächster Ride aussehen?
Wahrscheinlich auf den Pumptrack im Dorf, um dort den Abfall zu leeren – ich bin aktuell noch an der Schulter lädiert und kann dadurch im Moment noch nicht wirklich wieder fahren!
Danke fürs Interview und gute Besserung!
Mehr Informationen zum Scar Cycles HFS und den Machern gibt es hier: www.scarcycles.ch
Mit oder ohne Getriebe? Welches Scar Cycles HFS gefällt dir besser?
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